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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.05.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070523015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907052301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907052301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-23
- Monat1907-05
- Jahr1907
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<ZezuaS»PreiS für Leftwa uud Vororte durch aatereLräaer und Spediteure ms -aus erbracht: tiluS- c.ave L nur morgens) oierteliadrlich 1M., monatlich c M.^ Ausgabe s morgen» und abend») oierteliäbrlich 4 50 monatlich 1.50 M. Lurch di« Poft oezogeu (I mal täglich) innervalb Lrmichlands und der deutschen Kolon en vieiteltädritch 3 M., monatlich I M. ausschl. Posibestellgeld. für Orüerreich-Ungarn vierteljädrlich 5 L 4öb. Ädonnement-Annahm«: Augustusvlatz 8. bei nuferen Träger». Mia len. Spediteure» und Anuahmenelleu. sowie Postämteru und Brirttrügeru. Di« einzelne Nummer koket LV Pf». Aedattton ««» Srvedttiou: Iodaunisgasse Teleph. Nr. 14692. Sir. 14683. Nr. 14684. Berliner NedaktionS-Bnreau: Berlin XIV. 7, Prinz Louis sferdiuaud- Straße 1. Telephon l. Nr. 9275. Nr. 141. Morgen-Ausgabe 3. Handelszeitung. Amtsblatt des Nates und des Nolizeiauttes der Ltadt Leipzig. ' . , ....... .. . Douverötag 23. Mai 1907. Auzeiqen.PreiS für Inserate au« Leipzig n. Umgebung die 6gespalten« Petttzeile 25 Pf, finantirlle Sn- zeig« 30 Pf^ Reklamen 7bPf.; »o« auswärts 30 Ps., Reklamen 1 M.; »o» Ausland 50 Ps.. ftaan» Anzeigen 75 Pf, Reklamen l.5O M. Inserate v.Behörden im amtlichen leit 40Ps. BeUaqegrbühr 5 M. p. Tausend ex kl. Post- gebütn. GrschästSanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Larii Keslertriltr Aufträge können nicht zurück- gezogeu werden. Für das ikricheiurn an befttüuulen Tagen uud Plätzen wird kein» Garantie übernommen. >»zei-e» - Auuahme: Auguftustzlay 8. bet sämtlichen Filialen n. alle» Annoncen- Expeditionen «s In- und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin: TarlDu o ck«r.Hrrzgl.Bayr.Hosbuchhaudlg, Lützowstraße 10 lTel. Vl, 4603). 101. Jahrgang. Vas lvichtigur vsm läge. * Frau Baronin v. Saalburg, die morganatische Ge mahlin des Fürste» Neuß j. L, ist in Dresden gestorben. sS. Sachsen.) * Der Verein Hamburger Reeder hat sich bereit erklärt, über Wünsche der Seeleute in Verhandlungen zu treten, wenn diese Wünsche ihnen von einer Kommission aktiver Seeleute übermittelt werden. sS. Dischs. R.) * Unter dem Vorsitz des Reichstagsabgeordneten Schrader trat gestern in Wiesbaden der 23. Deutsche Protestantentag zu einer dreitägigen Sitzung zusammen. In Straßburg wurde der 18. Evangelisch, soziale Kongreß eröffnet. sS. Dtschs. R. u. Letzte Dep.) * In Weimar trat der Verein für deutsch« Erziehung zu seiner vierten Tagung zusammen. (S. Letzte Dep.) ' * Der Allgemeine Deutsche Schulverein tagt iu Essen. sS. Dtschs. R.) * Die Königin von England ist iu Rom einge troffen. * Die französische Regierung wird heute den Kammern «in neues Weiugesetz vorlegen, welches scharfe KontrollLestimmungen enthält. (S. Ausl.) * Am nächsten Sonntag soll auf eine« sozialistischen Kongreß der Minister Briand aus der sozral- demokratischen Partei ausge stoßen werden. peiroaslia. Herr Staatssekretär Der «bürg bat eiue« Unterstaats sekretär bekommen. Herr» v. Linde qu ist, biSber Gouverneur von Deutlch-Sürw.'Nasrika. und diele Kolonie eiue» neuen Gouverneur, Herrn v. Schuckmaua. Uud wen» man sich nuu noch die Namen des neuen Direktors im ReichSkolonial- amt Dr. Conze und deS Wirklichen LegationSratS Dr. Schnee merkt, der mit der Wahrnehmung vou Direktorialgeschästen beauftragt worden ist, so weiß man das Wichtigste au» den Personalien deS neue» ReichkamtS. Das heißt, weuu mau diese Namen auch zu deute» weiß. Herrn DernburgS Lage ist uicht beneidenswert. Seine Ernennung zum Leiter der Kolonialabteilung hat zu viel Aufsehen gemacht, vielleicht mehr al» ihm selber lieb war, jedenfalls mehr als einem politisch reifes Volke ziemt. Sie hat zu viel Erwartungen erweckt, uud die kurze amtliche Laufbahn war zu reich aa Seusatioueu. Da» muß auf dem Man» lasten, unv es gehört die ganze Sicherheit eines Herreum-nschen dazu, um unter dem Druck dieser Er wartungen nicht in» Schwanke» zu kommen. Da» aber wäre sehr gefährlich. Nicht nur steht Herr Derubarg auf einem sehr exponierte» yerantwortungsvollen Poste», er hat diesen Polten auch als Outsider auSzusüllen, und hundert Augen lauer» auf Blöße», um in den Iubelschrei ausbrecheu zu können: «Seht, er strauchelt, der Fremde! Wir vou der Kaste sind doch andere Kerle." Nun bat er sich Herrn v. Liudequist al» UuterstaatSsekretar gesichert, einen au» dem Bau, wa» au sich sehr verständlich uud verständig scheint. Hat aber doch seine Merk- Würdigkeiten uud Bedenke». Herr v. Liudequist ist in seiner Kolonie noch gar nicht warm grworveu, hat über haupt nur dreiviertel Jahr iu ihr gewirkt uud die übrige Zeit seiner um eia Äahr längere» Gouverneurschaft in Berlin regieren Helsen müssen. Da» ist nicht seine Schuld. Vielmehr darf unumwunden anerkannt werden, daß er sich in der Kolonie sehr schnell großes Vertrauen uud in seiner Berliner Tätigkeit viel Sympathie erworbeu hat. Aber das ist gerade daS Auffällige, daß mau den besten Mann für Südwestafrika nicht dort laßt, souderu iha aus der Praxis iu die Bureaukratie nimmt. Immerhin mag kein anderer zur Verfügung gewesen fei». Aber nun sein Nachsolgerk Hierdurch erst gewinnt diese Verschiebung ihren verblüffenden Cbarakter. Sein Nach folger in Afrika wird Herr v. Schuckmann, der konservative LaudtagSabgeordnete und zur Disposition stehende Geheime LegationSrat, ein Herr von fünfzig Jahren und stark morali- siereuden Neigungen. Die kolouialeu Neigungen de- Herrn v. Schuckmann könne» »»möglich alt sei», zähle» wahr scheinlich erst »ach Tagen. Di« Zugehörigkeit zu irgend einer bürgerlich-politischen Partei ist, für na-, kein Grund, einem Mann bei seiner Berufung in ein Amt zu mißtrauen. Hier handelt es sich aber um eine» Fanatiker der behördlich abgestempelten Moral, dazu um ei»r» Man«, der i» kurzsichtiger Weise, wie er iu seiner bekannte» LasdtagSrede gezeigt hat, a« den Symptomen herumvokteru möchte, so daß ihm sogar von rinem königlich preußischen Minister, Herrn v. Bethmann- Hollweg. auf die Finger geklopft werden mußte. Wenn Herr v. Schuckmau» auch in Afrika die Sittlichkeit vor allem durch polizeilich« Verordnuuge» hebe» wil^ d«m kaon sich die Kolonie gratuliere». Diese Eruenuung mutet »och seltsamer au, werm man erfährt, daß sie auf die Initiative de» »eaen UuterstaatS- sekretär» v. Liudequist zurückzuführe» ist. Die Herreu v. Schuck mann und v. Liudequist sind CorpSbrüder, alte Herren der Heidelberger Saxo-Boruffen, uuh auch sonst eug Inert. Die Reaktivierung de» Geheime» LegativnSratS z.D. gilt deshalb als da» Werk de» ExgouverueurS. Aber Herr v. Liodeqnist ist uicht der Leiter de» Kolonialamt», trägt auch nicht die Verant wortung für die Ernennungen. Die hat allein Herr Tein- burg zu tragen. Und nun müssen wir gestehen, daß uns das Verständnis zu fehlen beginnt. Bisher haben doch die be rühmten Nerven des neuen SiaatssekretärS sich bewährt, hat er auch alle noch so geschickten Einwick-lung-versuche vereitelt. Hier scheint ihm doch daS Urteil seines ersten Mitarbeiters mehr gegolten zu habeu als sein eigenes. Oder sollte Herr Dernburg in einer schwachen Stunde daS Wohl wollen gewisser feudaler Kreise über Gebühr ge schätzt baden? Sollte er sich haben einkaufen wollen? DaS wäre sehr schlimm. Denn um daS Ziel durch Konzessionen zu erreichen, müßte er sein ganzes System drangeden und würde doch immer nur als letzter in der Reihe gelten. Den Leuten imponiert mau nur durch Per sönlichkeit, und dabei vollzieht sich die Umwertung ganz von «elbst. Es sind Zweifel, die hier austaucheu, Zweifel au Qualitäten, uud es winde für die Nation eine große Enttäuschung sein, wenn sie berechtigt waren. Herr Dernburg hat nicht nur für sich zu stebeo, er hat auch durch die Geschichte eiue Art Borkämpierrolle übernommen, dem Bürgertum den Weg in die SlaaiSverwaltung zu bahnen. Er har auch die dankbaren Sympathien der Wähler zu recht fertigen, die rhm zu einer Mehrheit für das selbständrge Reichsamt verhvlfeu Haden. Möchte ihm daS trotz Herrn v. Schuckmann gelingen. ES gibt eiu altes französisches Sprichwort: U u'^ » pas si doa ctrevul, gut uv drouove. Auch der Beste kann einmal straucheln. Wenn er nur uicht zu Fall kommt. viplomsiircber aus Italien. (Vou »ufere« römische» Korrespondenten.) In Italien sieht mau sich häufig gedrängt, «in wenig über den Zusammenhang zwilchen innerer und äußerer Politik -u philoiophieren. Das eine Rial bewegt man sich dann auf der in dreiem Lande per stärksten Drvergenz zwischen Won und Tat bevorzugtes Bahn, daß dre Verwandtschaft der inner- politischeu Tendenzen Meier Nationen deren außerpolitcjchen Zusammenhalt befördere, und givt den üaüenijchön sogenaua- ten Libera.en und Radikalen ganz recht, wenn sie, wre z. B. Lei den letzren deutlichen Reicystazswatzlen, die Niederlage des Zeutruzus unh Sozialisten und den Fortschritt det Liberalen als Mittel und Symptom der innerlichen und innigeren Verknüpfung der beiden Verbündeten bezeichnen. Das andere Mal deduziert »an aus der demokratischen Ver fassung und Gebarung Italiens ein logisches Verhältnis Mischen dem Willen der Mehrheit der Natron und der äußer politischen Tendenz der Regierung und ist trotz aller drplo- matifchen Geheimvraris davon überzeugt, daß eine Regie- rusg auch in erheblichen einzelnen Akten den positiven Kon takt mit der Mehrheit der Nation nicht zu vernachlässigen habe. Solche Ideologie liegt uns Deutschen einigermaßen im Blute, aber sie ist erweisbar schlecht. Was das mit der Trag- weite der innerpolitischen Tendenzverwandtjchaft betrifft, so ist nur daran zu erinnern, daß die italienischen Liberale» ufw. sich gerade jetzt in einer klerusfreundlichen Strömung befinden; sind doch bezeichnenderweoe auch die Sympathiekundgebungen für Frankreich von der Tagesordnung der regierungsfähigen Parteien gestrichen, seitdem die Republik ihre Kirchengefetzgebung durchgesetzt und mit ihrem Verfahren, hier Schule zu machen, scheinbar begonnen hat! Und was das logische Verhältnis von Demokratie und Diplomatie in Italien ongeht, so sollte es wohl bestehen, aber es besteht nicht: 1) ist die Mehrheit l^j der Nation analphabetisch oder semianalphabetisch; 2) ist die Nation noch durchaus nicht eine politische Einheit, son dern regional gespalten, so daß der in Neapel als kommandie render General stationierte Verwandte des Königs in Paradeuniform -um Wunder des hl. Genuaro gehe» muß proptsr esptünckLiu bsnavolsntiain der unter Umständen zur Festigung der Dynastie Savoyen recht nötigen südlän dischen Volksmengen: 3) ist die Mehrheit der Deputierten kammer ein Konglomerat von Personen ohne fundierte Ueber-eugungen und Ideen und ohne einen anderen morali. schen Charakter, als den aus Spekulation auf Dummheit und materielle Interessen der Wähler, sowie auf den durch viele Kanäle gehenden Regierungseinffuß im Wahlkreise und in der Besetzung guter Posten resultierenden; 4) ist die Ne gierung selbst einerseits daS einfache, nur durch Antrigen und persönliche Eigentümlichkeiten em wenig verschrobene Produkt dieser Mehrheit, anderseits eine Wesenheit, die zwar letzten Endes um ihrer Selbsterhaltuna willen auch sach gemäß politisieren muß, die aber gemeinhin der Selbsterbal- runq die meiste und keineswegs .mmer spiegelblanke Be tätigung widmet: 5) läßt sich jedes diplomatische Verhältnis und jede diplomatische Maßnahme wegen ihrer komplizierten und mehrdeutigen Voraussetzungen so drehen und wenden und ausstaffieren, daß Herr PopuIuS nach Bedürfnis auch daS Gegenteil der Wahrheit als die Wahrheit hinnimmt. Sind die Verhältnisse hier nun so, und mangelt es selbst an einer einzigen führenden Persönlichkeit, die durch Geist und Moral über da» Niveau ragt, dann wird die Obliegen heit eines ausländischen Diplomaten recht schwierig. Selbst die Bäume des berühmten Monsieur BarrSre sind in Italien nicht in den Himmel gewachsen, wenngleich sie um em gut Stück besser glichen sind, als die des Herrn Äraren Mont». Aber «- sind dock auch die Bäume von Sir Egerton und Herrn v. Lützow-Wien höher gekommen, als die des Herrn Grasen Monts. ES muß also wohl daran liegen, daß diese Männer die Personen und Verhältnisse hier besser angefaßt hoben, daß sie selbst sich besser zu ihnen stehen, als der Ver treter Deutschlands: denn daß Deutschland für Italien heute welliger -u bedeuten hätte als früher und vornehmlich weniyer als Frankreich, England oder Oesterreich, ist doch nur in soweit «zugebeu, al- unsere Staatsmänner unser« Werte uicht Haven anS Licht stellen können oder wollen. Italien würde sich heute schwerlich die Freiheit genommen habe», trotz der Erinnerungen an die Wirkung von Algecira» m,eiu«r diplomatischen Versammlung abermals nicht aus der Seite seiner Verbündeten -u stehe», wen» eS vor uu» de« Respekt noch hätte, der. e» vor Jahren noch gehabt hat, u»d den Nutzen erwarten würde, den ihm eine verständige deutsche Diplomatie vorspiegel« und gewähren kann. Heut« liegen die Dinge schon so, daß wir den Italienern nicht einmal mHr al- trait ck'uuiou mit de« Oesterreichern nötig erscheinen; falt scheint «» dem Beobachter der gesellschaftlichen Verhältnisse der Diplomaten sogar, daß sich im Gegenteil Oesterreich -u einer Art trnit ck'uoicm zwischen Italien und Deutsch land herausbiidet. Das ist ein kurioses Spiel. Jtauen und Oesterreich haben eine große Reibungsfläche und starke gegensätzliche Tendenzen, aber sie mindern einigermaßen die Reibungssläche, und sie suchen die politisch bedeut- samen Gegensätze durch Verständigungen zu beschränken, zu mildern, Punkt nach Punkt aufzuhebcn. In diesem Bemühen, das w i r ermöglicht und gefördert haben, sind sie schon ein ansehnlich Stück vorwärts gekommen, und vor allem brauchen sie uns nicht mehr. Deutschland ur.d Italien haben keine Reibungsfläche, haben keine politisch in die Wagschale fallende gegensätzliche Tendenz, im Gegenteil, Italien hat Deutsch land sehr vieles zu verdanken und könnte von ihm noch vieles gewinnen, — aber wir werdey Italien von Tag zu Tag gleichgültiger, und, da man uns im Widerspruch mit England weiß, bedenllicher, so daß man vorzieht, von uns abzurucken. Die Begleit- und Folgeerscheinungen Rapallos beweisen es. Was die Diplomatie verabsäumt oder verpfuscht, daS pflegt die Presse, soweit sie kann, zu bilanzieren. , lieber unser Verhältnis zu Italien Hai der weitaus überwiegende Teil der deutschen selbständigen Presse in fast konsequentem Kontrast mit der offiziellen Beschwichtigungs- und Be- schönigungsdiplomatie dasjenige Urteil gefällt, das "ich be währt hat. Man sollte nun meiner. daß die Diplomatie sich Wese» und Wirken der Presse zu Nutze mache. Aber selbst hierin hat sich in letzter Zeit v n neuem offenbart, daß die Diplomatie falsche Wege geht. DaS Lied von dem miserablen Kontakt -wischen Diplomatie und Presse im allgemeinen wollen wir nicht wiederholen, trotzdem die billigen Ausfälle der sich so nennenden Verantwortlichen auf die sogenannten Unverantwortlichen neuerdings dazu drängen. Aber wir möchten oail einen sehr lehrreichen, konkreten Fall aufmerksam machen. Da verbreitete neulich Hirschs Telegraphenbureau einen tendenziös mischen Text einer kleinen Rede deS Königs von Italien: das Telegramm provozierte heftige Ausfälle eines Teiles der deutschen Presse gegen Italien, die man hier mit gut gespielter Erbitterung auittierte; es folgte die offi ziöse Richtigstellung des Textes; Hirschs Bureau kündigte „Ermittelungen" an, wie sein falscher Text habe zur Welt kommen können; von dem Ergebnis der „Ermittelungen" ist bis beute sd. h. in 25 Tagen) nicht die Spur zu vernehmen gewesen. Warum hat d'e EonsultL, deren Interessen durch ein solches Telegramm durchkreuzt erscheinen, nichts getan, um den Absender des Telegramms, das sehr merkwürdiger, weise die Telsgraphenzensur bat passieren können, berauS- zustellen? Warum hat das Berliner Auswärtige Amt die EonsultL nicht dazu gedrängt und sie darauf aufmerksam gemacht, daß man namentlich in A nbe t rack t frü herer analoger Vorkommnisse in Deutschland leicht zu der Meinung kommen kö' rte. daß eS ein Agent der EonsultL gewesen sei, der in seiner Eigenschaft alS Korre- spondent dieses Bureaus und deutscher Zeitungen mit dem Effekt des provokatorischen Telegramms der EonsultL erne diplomatische Karte habe in di« Hand spielen wollen? Warum tat man in Berlin nichts, um von dem Hirschbureau reinen Wein eingeschenkt zu bekommen und ihm unter ent- sprechsukcr nachdrücklicher Betonung reinen Wein eirnv- schenken? Warum vor ollem duldet man in Berlin, daß der von den beteiligten deutschen Amtsstellen rückhaltlos als Agent der Con>ultL angesehene Korrespondent nickt bloß großen Wiener Zeitungen, sondern neuerdings selbst einer so gut wie offiziösen großen Berliner Zeitung als politischer Berichterstatter dient? Man bat natürlich in Berlin tausend versönliche Rücksichten und Bedenken, um eine energische Reinigung des Milieus zu verschieben und zu unterlassen. Aber wir meinen, daß alle diese Rücksichten und Bedenken trotz ibrer moralischen Minderwertigkeit auch für Diplomaten zu schweigen haben, wenn di« wichtigsten Inter- esse» des Vaterlandes durch die Fortdauer des NebelS ge fährdet werden. Osn Qrntrin über Sie Zcdlacdtleiaer Ser MsnttÄvrel. L Auf die hohe Kuppe nördlich Siaoyansi hatte sich der Hauptangriff der Japaner gerichtet. Hier zeigte uns der führende Offizier zwei auf dem Abhänge übereinander liegende Schützengräben, die ca. 10 Meter voneinander ent- fernt waren. Em japanisches Bataillon hatte hier bei Tage unter entsetzlichen Verlusten über die deckungslos« Ebene den Berg herauf den Ansturm durchgeführt und hatte sich 10 Meter vom Gegner entfernt in dem unteren Schützen graben emgenistet. Von hier aus gingen die letzten Reste des tapferen Bataillons dem Gegner mit dem Bajonett zu Leibe. Die Javaner konnten diesen Teilerfolg des helden mütigen Angriffes nicht ausnutzen, da ihr Angriff an den übrigen Punkten im feindlichen Feuer zusammenbrach. Es sind wohl noch niemals in modernen Kriegen der artige Positionen von solch überragender, alles beherrschen der Höhe, über die deckungslose Ebene hrnweg, auf der die letzten 400 Meter kein Baum und kein Strauch zu finden ist, angegriffen worden. Und das gegen einen Feind, dessen Zähigkeit in der Geländeverteidigung anerkannt ist. Wenn man in den russischen Schützengräben steht und die Bilder der wiederholten Angriffe aus diese Stellungen vor sich oufleben läßt, überkommt einen das Gefühl rück haltloser Bewunderung vor der Todesverachtung, — um nicht zu sagen dem Fanatismus — die hier die Japaner endlich am 1. September zum Ziele, der Wegnahme dieser Positionen, führte. Die russische Stellung zwischen Sinlitun und Zolantvn zieht sich im allgemeinen durch die Ebene hin und gibt zu besonderen Bemerkungen keine Veranlassung. Auch hier sind noch überall die Schützengräben zu sehen, sobald der Boden steinig wird. Desgleichen zeigen die Granatruf- schläge auf felsigem Untergrund die Spuren deS Kampfes. Gegen abend kehrten wir nach Liaoyana zurück. Um zu dem Schauplatz auf dem linken russischen FlügrI zu gelangen, mußten wir am anderen Morgen den Taitzeho überschreiten. Er ist ein breiter Fluß, der in der Regen- zeit viel Wasser mit sich führt und dann ein bedeutendes Hindernis bildet. Jetzt war er ziemlich seicht, daS Wasser reichte den Ponys bis zur Mitte deS Leibes. Die Berge südwestlich und östlich Ludiasan zeigen den- selben Charakter, wie die südlich Liaoyang; kahl und massig erheben sie sich unmittelbar aus der Eben«, nur erreich«» sie hier eine Hobe von 150 Meter. Wir erstiegen die Kuppe dicht südlich Ludiasan. Gegenüber auf dem linken User breitete sich das Pono- rama des BerglandeS anS, durch das die Armee Kürbis ihren beschwerlichen Weg genommen batte. Unier uns schlängelte sich der Taitzeno durch sein breites Tal. Rechts Deutsches Keich. Leipzig, 23. Mai. * Reue Veränderungen i» militärische«» KammandofteSe». Die „Kölnische Zeitung" meldet aus Berlin: Laut Kabinetts order vom 21. Mai wurde dem kommandierenden Gmeral veS 9. Armeekorps General der Infanterie v. Bock und Polach der erbetene Abichied unter Stellung zur Dispo sition bewilligt; an seiner Stelle wurde Generalleutnant Frhr. v. Vietinghosf gen. Scheel, Kommandeur der 3. Division, mir der Führung deS Armcekorp« beauf tragt. Ferner wurde Generalmafor Kuutze. Komman deur der 4l. Infanterie-Brigade, mit der Führung der S. Division beauftragt; Oberst Frhr. v. Süßkiud, Kom- maudeur deS Füsiliei-Regiment- Nr. 80, wurde unter Be- sörderung zum Generalmajor zum Kommandeur der 41. Infanterie-Brigade und Oberst v. Costa, beim Stabe de- Infanterie-RegimcniS Nr. 116, zum Kommanvcur deS Füstlier-Regimcuts Nr. 80 ernannt. General der Infanterie v. Werneburg, Inspekteur der Verkehrstruppen, wurde zur TiSposition und gleichzeitig auch L In eutt« d«S Eiienbahn- RegimenleS Nr. 1 gestellt. An seiner Stelle wurde General major Frhr. v. Lyncker, Kommandeur der 39. Infanterie- Brigade, zum Inspekteur der VerlebrStrupven und Oberst v. Qua st, Kommandeur deS Kaiser Frauj-Garce-Grenadiei- RegimentS, unter Beförderung znm Generalmajor zum Kem- manreur der 39. Infanterie-Brigade unv Oberst Frhr. v. Esebeck, beim Stabe des Kaiser Alexanver-Garde- Greuabier-RegimenlS, zum Kommandeur deS Kaiser Franz- Garde-Grenadier-RegimeniS ernaunt. d. Die Kraftfahrabtrilonz »er verkctzrStrufipcn. Am 1. April ist bekannilich die Krastfahrabteilung der VerkebrS- »ruppen errichtet worden. Der Standort ist Berlin. Die Krastfahrabteilung ist al» zweite Kompagnie ter Versuchs abteilung der BerkebrStruppen unterstellt. D'e Krast fahrabteilung trägt die Uui-form der Versuchs abteilung mit dem Abzeichen der 2. Kompagnie. Die gesamte Versuch-abteilung der DerkehrSlruppen ist durch die Errichtung der Kraftfabrabteiluug wesentlich »mgegliedert worden. Es aibt a. dir BersuchSabtnluog, d. die Versuchs kompagnie sl. Kompagnie), e. die Kraftfahrabteilung (2. Kom pagnie). Di« BertuchSabteilnng besteht fast au«, schließlich aus Offizieren. Es sind im ganzen 22, da runter 3 Sachien. Ein Regiment-iouimanreur ,>t Borslant. Es kommen 3 Majore, 9 Hauptleute usw. Die VersnchS- kompagnie (1. Kompagnie) hat 5 Offiziere und 1>4 Manu. von uns, in westlicher Richtung, setzte sich der Höhenrücken aus Liaoyang fort und sendete zahlreiche Ausläufer hinad zum Taitzeho. Die meisten von ihnen waren mit ruijljchcn Schützengräben bis dicht an den Taitzeho besetzt. Daß hier kein enticheldendcr Angriff von den Japanern anzuietzen war, lag tlar auf der Hand. Der Austritt aus dem Ge birge hatte sich in der Hauptsache nur durch das Tal des Tanho, dem linken Nebenflüsse des Taitzeho, und auch hier nur unter großen Verlusten, bewerkstelligen lassen. Letzte rer Fluß bildete während der Regenperiode ein bedeutendes Fronthindernls, und der Angriff wäre nach Ueberwiudung dieser Schwierigkeit auf sine gleich starke Stellung geftoven, wie südlich Liaoyang. Wir ritten hinüber auf di« Höhen östlich Ludiasan. Schützengraben an Schützengraben windet sich hier um die Höhenzüge. Eine halb« Stund« vor Sykwantun sanden wir auf einer vorspringenden Beranaie die Unterstände einer Battericstelluiig, die so neu aussah, als sei sie «Len erst zu Jnstruktlonszwecken angelegt worben. Die scharf abgeswche- nen Ränder waren sein säuberlich mit Kauoangstrvh aus- gelegt. Die Batterie hatte die Front nach Osten, Wahlschein- tich gegen eine etwa zu erwartende Umfassuug des linken rulsijchen Flügels. In Sykwantun machten wir ein« kurze Rast. Chinesisch« Soldaten, die mit dem japanischen Muratagewehr ausge- rüstet waren, und einen Patrouengürtel um die Schultern trugen, erzählten uns, daß sie in dem Bcrggelände auf Hun- chutzen Jagd zu machen hätten. Wir erstiegen bei Sykwantun den dicht nordöstlich des Ortes gelegenen Mandjchuyama. Hier hatte sich Kuroki nach seinem U«bergang über den Taitzeho am 1. September nach Vertreiben russischer Truppen des LVIl. Armeekorps zuerst festgesetzt. Am fo-geuden Tage l2. Stttember) redoch wurde ihm die Stellung durch einen Angriff dieses Korps in wütendem Kampfe wieder entrissen. Kurovatkiu selbst war auf diesen entscheidenden Flügel geeilt und hatte von der Südfront Liaoyangs alles Entbehrliche heranbesrdert. Inzwischen wurde auch nördlich Sykwantun bei de» Kohlen gruben 2-entai mit wechselndem Erfolg gerungen, so daß Kuroki, der von seinen beiden anderen Armeen weit ge- trennt war, zeitweise in einer gefährlichen Situation schwebt«. Schließlich gelang es seinen Truppen, an den Kohlengruben bei Aentai den Gegner noch am 2. September über den Haufen zu werfen, so daß Auropatkin nur mit Mühe durch das I. sibirische Armeekorps die Situation wieder Herstellen konnte. In der Nacht vom 2. zum 3. nahm Kuroki nochmals die Höhen bei Sykwantun un Srurm, so daß nun seine Position zu keine» Befürchtungen Veran lassung gab. Kuropatkin begann noch ii dieser Nacht da- russische Heer und die Bestände auS LiaoyaUg zurückzusübreu. Der Mandjchuyama erhebt sich als rundliche Kuppe euS dem welligen Gelände seiner Umgebung und beherrscht diese nach allen Seiten hin. Mit allen Zeichen der Ehrerbietung näherten sich unsere javanischen Begleiter dem Denkmal, das jetzt auf dem Gipfel errichtet ist. Es ist eine einfache, ca. 2 Meter hohe Stemtafel, auf steinernem Unterbau und von steinernem Geländer umgeben. Auf der einen Seite stehen in japanischen Schriftzügen die Worte: „Denkmal für di« treuen Seelen lGefalleuers der japanischen I. Armee." Auf der anderen Seite: „Errichtet von den Etappen der I. Armee." Auf einer der schmälere» Seiten: „April 1905." Herumliegende russische und japanische Ladestreifen er innerten an die Kämpfe, die hier getobt hatten. Unser weiterer Ritt führt« uns an diesem Tage längs der Höhen, die sich nach Dentai hinzichen, und um öi« Japaner und Russen am 2. September gerungen hatten, nach den Kohlengruben. Einige chinesische Köhlerhütten an den Ab hängen deuteten auf die schwarzen Schätze, die der Boden birgt. Die europäische« Anlagen in Uentai sind vollkom men zerstört. Einige Ruinen von Wohnhäuser» stehen trostlos da. In einem etwas ausaebesserten Häuschen liegt eine japanische Wache mit einem Offizrer, der von hier aus unsere Begleitung mit einigen Leuten übernahm, während sich die bisherigen Begleiter verabschiedeten. —
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