Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.05.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070525010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907052501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907052501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-25
- Monat1907-05
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezuas-Preis ftir Letvsta und Vororte durch unsere Trift» und Spediteure m» vauS gebracht: A»S- gäbe L nur morgen«) oierteljährltch 1M., monatlich t. M. "tuSgabe ck .morgen« und abend«) oiertetiährlich 450 M„ monatlich 1.50 M. Lurch die Poft vezogeu (1 mal raglich) innerbalb Deutschlands und der deutschen Kolonien vieltelsäbrlich 8 M„ inouailich l M, ausschl. Postbestellgeld, für Oeslerreich-Ungaru vierteljährlich 5 L 45 b. Abounement-Äunahme: AugustuSplatz 8. bet unseren Träger». Filiale». Spediteure» und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Di« einzelne Nummer kostet Kt Psg. Nedattton und Erpedttion: Jobanuisgasse Teleph. Nr. 14692, Sir. 14693, Nr. 1.4694. Berliner Redattions-Bnreau: L»liu 7, Prinz Louis Ferdinand- Straß« 1. Telephon I. Nr. 9275. Morgen-Ausgabe 8. MpMr TaMalt Handelszeitnng. Ämtsölatt des Males und des MEzeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeiqen-PreiS für Inserate aus Leipzig u. Umgebung die 6gespaltene Petitzeile 25 Pf^ finanzielle An zeige» 30 Pf^ Reklamen 75Pf.; voa ouSwärt« 30 M., Reklamen I M.; vom Ausland 50 Pf., finanz Anzeigen 75 Pf.. ReNamen 1.50 M. Jus»ate v.Behörden im amtlichen Teil 40Ps. Beilagegebühr 5 M. p. Tausend rxkl. Post gebühr. GeschästSanzeigrn an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Toni. FeslerteiUe Aufträge können nicht zurück- gezogen werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie üderuommen. rluzeigeu - Annahme: AuguftuSplaft 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionea des In- und Auslandes. Haapt-Atliale Berlin: CarlDuncker,Herzgl.Bayr.HofbuchhandIg.. Lützowstraße 10 (Tel. Vi, 4603). Nr. 143. Var Llichtigue vom Lage. * Heute feiertKönigFriedrrch August von Sachsen seinen 42. Geburtstag. (S. d. des. Artikel.) * Der Kaiser hat Cadiuen wieder verlassen. * Die wirtschaftliche Lage der Kolonie Samoa er möglicht es bei dem Etatsvoranschlag für 1908 zum ersten mal«, den Etat ohne Reichszuschuß auszustellen. * Die HandelSkommissiou des preußischen Herren hauses hat die Berg-Novelle angenommen. * An der Landtagsersatzwahl im Wahlkreise Stenin IV wurde mit sämtlichen abgegebenen 348 Stimmen Landgerichtsdirektor Böhmer-Geus gewählt. Eia Gegenkandidat war nicht aufgestellt wordeu. * Die russischen Konferenz-Delegierten sind instruiert, sich an den Verhandlungen über die Abrüftungsfrage zu beteiligen. ' * Obwohl die Hamburger Reeder Verhandlungen abgelehnt haben, wollen die Seeleute aufs neue über die Fortsetzung deS Ausstandes ia geheimer Ab stimmung entscheiden. (S. Dtschs. R.) * Am 5. Juni findet vor dem vereinigten 2. und 3. Straf senate deS Reichsgerichts die Verhandlung gegen Johann ParezewSkiWegesSpiouageverbrechenSstatt. (S. Gerichtes.) * Bor der 2. Strafkammer deS Landgerichts I zu Berlin wurde gestern von neuem gegen den Geheimen Sekretariats assistenten Oscar Poeplau wegen Vergehens ßegen den sog. Arn im Paragraphen verhandelt. (S. Genchtssaal.) * In München tritt das Gerücht mit großer Bestimmt heit auf, der Gen eral-Juteud aut Freiherr v. Speidel werde infolge des HostheaterprozeffeS zu rück treten. kr lebe cler fisnigb Am heutigen Tage vollendet König Friedrich August IH. sei» 42. Lebensjahr. Der reiche Frühlingsschmuck, in dem die Natur prangt, vereinigt sich mit dem Festschmuck, den Stabt und Land angelegt haben, zu dem großen Festgewand, m dem Sachsen seinen König an diesem Tage begrüßt. Noch sind nicht drei Jahre vergangen, seitdem König Friedrich August den Thron seiner Väter bestiegen hat. Und doch darf er sich schon dessen bewußt sein, daß er in seinem Lande ein volkstümlicher Fürst geworden ist, dem weit über das gebotene Maß der Ehrerbietung und äußeren Hul digung hinaus unser Volk freudig entgegenjubelt, wenn er die Städte und Landschaften Sachsens bereist; dem e:n reiches Maß von Liebe und Dankbarkeit in Stadt und Land entgegengebracht wird. Niemand zweifelt daran, daß er, von der schweren Verantwortung seines hohen Amtes erfüllt, die Pflicht der Förderung des Gemeinwohls sich allezeit vor Augen hält und mit voller Hingabe an seinen königlichen Beruf in diesem Sinne allein seine Regierung gestalten will. Damit aber ist in unserer Zeit, in der der Glaube an daS Gottesgnadentum der Könige in fast allen Volkskreisen geschwunden ist, die Basis geschaffen, auf der das Ver trauen des Volkes zu seinem König zur festesten Stütze des Königtums geworden ist. Dafür legten die Reichstagswahlen dieses Jahres ein beredtes Zeugnis ab. König Friedrich August darf sie gerade im Hinblick auf Sachsen als einem Er folg auch seiner Regierung begrüßen. Niemanden mußte das Wort vom roten Königreich mehr kränken, als ihn. Nun aber, wo es anders geworden ist, wo ein glänzender Erfolg über die Bekenner der revolutionären, antimonarchistischen Sozialdemokratie erfochten wurde, weiß er, daß die Tage vergangen sind, in der die erdrückende Mehrheit des sächsi- schen Volkes sich offen Mr Gegnerschaft gegen die Monarchie bekannte. Möge eS ihm beschieden seim, das Vertrauen des sächsi schen Volkes zu seiner Person und seiner Regierung immer iveiter zu festigen ^urch eine weise, fortschrittliche, volks freundliche Politik. Möge seiner Regierung gegeben sein, die schweren politischen und sozialen Aufgaben, die die Gegenwart stellt, in jenem richtigen Ausgleich sich wider streitender Interessen zu lösen, der nach den Jahren harter Kämpfe eine Zeit beglückenden Friedens für Sachsen herauf führt. Er darf dessen gewiß sein, daß alle nationalen VolkS- krerse Sachsens bei dieser Aufgabe ihm treu zur Seite stehen werden. Das geloben sie ihm an dem heutigem Festtag. Und sie verbinden damit den aufrichtigen Wunsch aus treuen Herzen, daß dem Könige in seiner Person und seiner Familie ein frohes, glückliches Lebensjahr beschieden sei, das ihn an der Spitze seines treuen Sachsenvolkes die Jahre schweren Kummers und ernster Sorge vergessen läßt. fielt fieinirr mrü Oer Monirtenbrma. Die Gerechtigkeit erfordert es festzustellen, daß dem Kieler Professor Reinke, dem Antimonistenredner des preußischen Herrenhauses, in der Presse vielfach Unrecht zugefügt worden ist. Gerade das, was ihm als größte Sünde eines Wissen schaftlers vorgeworfen wurde, er habe die staatliche Gewalt einer wissenschaftlichen Lehre gegenüber zu Hilfe gerufen, hat er nicht getan. Der Wortlaut des stenographischen Berichts lagt ganz unzweideutig: „Ich bin mir ganz klar darüber, daß eia gewaltsames Einschreiten gegen di« Agitation des MmlistevfiundeS ausgeschlossen ist, weil es sich um eine gristige Bewegung handelt, die nur mit geistigen Waffen be Sonnabend 25. Mai 1907. 101. kämpft werden darf." Was man dem Antihaeckelianer Reinke mit Recht vorwerfen kann, ist ganz anderer, viel subtilerer Natur. Zunächst ist es überhaupt eine Frage des Geschmacks, ob es jemand fertig bringt, einen wissenschaftlichen Gegner, mit dem man eben heftig disputiert hat, in einer politischen Körperschaft anzuklagen. Weder ist das Forum zur Erörte rung solcher Dinge geeignet, noch ist dem Gegner die Mög- lichkeit gegeben, auf der Stelle zu antworten. Tann aber muß doch auch gesagt werden, daß Herr Reinke, der zunächst tapfer für Toleranz eintrat, der „jede wissenschaftliche Ucber- zeugung, auch den Atheismus", toleriert wissen will, das ganze Spectaculum nur aus dem einen Grunde aufgeführt hat, weil die Monisten Haeckelscher Richtung „die in der Schule gepflanzte Weltanschauung aus dem Gemüt unseres Volkes auszurotten suchen". Mit Verlaub. Das ist uns doch eine eigene Toleranz, die auf dasselbe hinauszulaufen scheint, was die katholische Kirche lehrt: „Die Wissenschaft ist frei, soweit sie mit den Lehren der Kirche oder den ewigen Heilswahrheiten übereinstimmt." Was an diesem höchst unerquicklichen Streit besonders auffallen muß, ist die ganz seltsame Verwirrung, die in den Köpfen vieler Wissenschaftler über die Grenzen der Erkennt nis herrscht. Philosophische Thesen, religiöse Ueberzeugungen, wissenschaftliche Feststellungen — alles wirbelt durcheinander. Und speziell zwischen Religion und Wissenschaft wird nir gends eine heilsame Unterscheidung gemacht. Herr Reinke zum Exempel spricht vom Atheismus als von einer wissen schaftlichen Ueberzeugung. Tann muß man auch wissen- schaftliche Gründe für die Existenz Gottes zulassen. Und dann sind wir wieder mitten drin im schönsten mittelalter lichen Scholastikerstreit. Die ganze Wissenschaft hat mit dem Glauben an Gott überhaupt nichts zu tun. Glauben ist ein höchst persönlicher Gemütsvorgang, der jeden wissenschaft lichen Beweis ausschließt, der ihn von vornherein ablehnt, der infolgedessen auch nicht von den Schlußfolgerungen irgendwelcher wissenschaftlichen Erkenntnis abhängig ist. Diese ganz einfache Tatsache ist leider noch lange nicht zum Gemeingut des Volkes geworden, nicht einmal der wissen schaftlichen Welt. So ist auch den Haeckelianern, soweit sie im Monistenbunde tätig find, der Vorwurf nicht zu ersparen, den auch Reinke ganz richtig erkannt, nur schlecht formuliert hat, daß die Monisten aus naturwissenschaftlichen Forschungen religiöse Schlußfolg-ruHgcu ziehen. Reinke drück! >aZ so ans: „Ich brandmarke nur die Maßlosigkeit einer Agitation, die ohne jeden wissenschaftlichen Nechtstitel im Namen der Naturwissenschaft auftritt und die in der Schule gepflanzte Weltanschauung aus dem Gemüt unseres Volkes auszurotten sucht." Ein unzweifelhaft richtiger Grundgedanke in sehr angreif barer Form. Jede wissenschaftliche Ueberzeugung hat das Recht zu agitieren. Sie kann sogar so „maßlos" agitieren, wie sic will. Das geht weder den einzelnen nach den Staat etwas an, solange nicht gesetzliche Vorschriften verletzt werden. Auch wir werden uns Wohl hüten, wegen der nach unserer Ueberzeugung irrtümlichen Verquickung von Religion und Wissenschaft den Monisten ihre Agitation verwehren oder auch nur verübeln zu wollen. Nur den Irrtum selbst möchten wir doch möglichst klar hcrvortreten lassen, daß man dem lieben Gott mit Mikroskopen zu Leibe gehen zu können meint. Sollte dieser Streit nicht einige nützliche Anregung geben können? Vielleicht erinnert man sich bei dieser Gelegen heit an den aus Berlin vertriebenen Schwenninger, der die ketzerische Ansicht hat und sie sogar aussprach, es gebe keine medizinische Wissenschaft, und der gute Arzt sei kein Wissen- schaftler. Diese Ansicht, auf die Theologie übertragen, ist das, was uns fehlt. Wollten doch die Theologen endlich ein sehen, daß sie an sich rein gar nichts mit der Wissenschaft zu tun haben, daß ein streitbarer Theologe ein Unding ist. Sie haben ganz andere, feinere Aufgaben, die von aller wissen schaftlichen Forschung unabhängig sind. Werden aber Theo logen Wissenschaftler, zum Beispiel Historiker, so haben sie die Theologie säuberlich zu Haus zu lassen und der Wissen schaft mit der absoluten Voraussetzungslosigkeit zu dienen, die jeder wahre Forscher haben muß. Das Unheil kommt ausschließlich von der fortwährenden Verquickung von Reli gion und Wissenschaft. Und gesündigt wird täglich in beiden Lagern. Religiöse wollen die Wissenschaft beeinflussen und Wissenschaftler die Religion. Und ehe nicht wahre Toleranz auch zwischen diesen beiden Lagern herrscht, wird kein Friede sein. Leider ist dazu wenig Aussicht. Es gibt noch immer streitbare Theologen genug, der überheblichen Wissenschaftler freilich auch. parnell in Oer Mrtentarche. (Von unserem Londoner Korrespondenten.) Die Ablehnung seiner kl ei non Homerule-Bill durch die irische Nationalkonvention ist sicherlich ein Schlag für das liberale Kabinett. Aber man würde sehr irren, wenn man einen großen vernichtenden Schlag darin sehen wollte, wie es die konservative Presse wünscht. Gesetzt den Fall, die Bill sei wirklich endgültig tot, — was nicht einmal alle Führer der irischen Nationalisten annehmen — so ist doch nur der Plan durchkreuzt, diese Bill vom Obechause ablehnen zu lassen. Wann irgend jemand daran geglaubt hätte, die Bill könnte von den Lords überhaupt sanktioniert werden, so ist es sehr fraglich, ob die Herren, speziell die geistlichen Herren, die für die Dubliner Resolution verantwortlich sind, ein so kategorisches „Nein" ausgesprochen hotten. Der tartius gsrnlens ist in Wahrheit nur die konservative Oppo sition d«s Oberhauses, mit der das Unterhaus uub nicht zuletzt sie Iven, die in den Lords die Barriere gegen icde ernstliche Homerule-Bill gesehen haben, über ein kurzes doch einen Waffenavnq ohne Binden und Bandagen ausfechten wollen. Im Ernste können die Konservativen daher ncht erwarten, daß sie Irland auf ihre Seite ziehou werden, na<y- dem di« Dubliner Konvention soeben erst wieder einmütig aus gesprochen hat, daß die Birrelscke Homerule-Bill zwar unaw. nehmbar, aber doch noch tausendmal besser ist, al« da« Beste, was Nassaur einen Sommer lang den Iren zu bieten ge dachte, als das Dunravensche Devolutionsprojekt, das schließ lich am meisten dazu beitrug, den Unionisten das Vertrauen der Wähler zu entziehen. So energisch jetzt in Dublin ver sichert wurde, daß zwischen dem Liberalismus und den Nario- nalistan keine „Allianz" besteht, so wenig können die Iren daran denken, die unleugbar bestehende „Entente" der beiden Parteien noch weiter zu lockern, als es zeitweilig durch den Dubliner Schwabenstreich geschehen ist. Wo blieben sonst die von Mr. Redmond wieder in den Vordergrund der prakti schen irischen Politik gestellten Pläne, die Universitätsbill und die Landrmormcn während der laufenden Session im Unterhause durchzudrücken? Es ist zweifellos, daß die Regierung, wie sie ist, cs in der Hand hat, bei der Durchführung dieser Pläne die extremen irischen Nationalisten etwas abzukühlen und einer Reaktion im irischen Lager zum Durchbruch zu verhelfen. Die in irischen Fragen gewöhnlich am besten unterrichtete „West minster Gazette" deutet an, daß dies der Plan wenigstens Les Premiers ist. Bereits aus der Dubliner Konvention yat des ruhigere Element ein weit gemäßigteres Urteil über die Bill Mr. Birrels abgegeben und sie mit Aenderungen alS annehmbar bezeichnet. Die extremsten Nationalisten, Mr. Heald.und O'Brien, die hauptsächlich die Agitation gegen die Reform geschürt habem, sind der Konvention überhaupt sernoeblieben. Ein so guter Ire und so erfahrener Politiker wie T. P- O'Connor hat sich für sie ausgesprochen. Mr. Redmond, der Beantrager der ablehnenden Resolution, hat, wie wir aus bester Quell« wissen, dis in die letzten Tage vor der Konvention in seiner Stellungnahme geschwankt und war im Grunde für eine Verbesserung der Bill gestimmt. Vor zwei Elementen in der irischen Partei ist er zurückgewichen. Vor dem katholischen Klerus, vertreten durch Männer wie den Kardinal Segne und den berühmten Kanzelredner Dr. O'Dwyr, und vor den Bosses der lokalon Parteimaschinerie. Der Klerus traute dem Unterrichts-Birrel, dem Vater der nicht konfessionellen Education-Bill, nicht über den Weg und fürchtete von den Kommissionen des prsponserten Irish Council eine Schmälerung sei'nes Einflusses. Ihm hat Redmond das Zugeständnis machen müssen, die katholische Universität für Dublin durchzusetzen. Die lokalen Partei häuptlinge sahen voraus, daß die Rolle der kleinen Tammanies auf dem Lande, die Ausnutzung dez parlamen tarischen Einflusses in Westminster zur Erzielung immer neuer Gelderpressungen für die Landreform und die partei politisch lokale Verwendung dieser Gelder aufhören werde, wenn die Kommissionen des Irish Council ihre Arbeit aus nähmen. Kommissionen, gemäßigt durch den Einfluß deS nicht gewählten, sondern ernannten Mitgliederelements. Und Kommissionen, finanziell beschränkt durch dle Festlegung der Ucberweisungen an Irland. Sie plädierten mit ihrer ganzen Macht für die Fortsetzung des parlamentarischen Er pressungssystems. Redmond drückte das dahin aus, daß di« Nationalpartei in Westminster hätte aufhören müssen, wenn man die Bill annehmen. Diese Erkenntnis kann ihm nicht erst jetzt gekommen sein. Denn das Aufhören der politischen Erpressung durch die Nationalisten war eben das eigentliche Ziel aller Homerüle-Programmc, die die Liberalen jemals aufgestellt haben. Parnell würde nicht umgesallen sein, wie Redmond. Er würde entweder die Bill glatterdings abgelehnt oder mit der Macht seiner allerdings unvergleichlichen Persönlichkeit den Konvent unter seinen Willen gezwungen und die Annahme durchgesetzt haben. Redmond liebt es sonst, Parnell zu spielen. Jetzt hat er die Parnell-Attribute in die Westen tasche gesteckt! Eine rasche Wandlung binnen kurzen vierzehn Tagen. Als Parnell in der Westentasche aber wird er von nun an vom gemäßigten Liberalismus behandelt werden. Seitdem er von der Partei geführt wird, statt sie zu führen, hat nicht nur sein Wert, sondern auch seine Gefährlichkeit für den Liberalismus abgenommen. So nüchtern« Köpfe wie Camp hell-B annerman werden die Schlußsumme aus dieser Rech nung zu ziehen nicht unterlassen. Das Birrelsche Gesetz ist vorläufig begraben; ob es wirk lich tot ist, dürfte erst nach den Neuwahlen, die nun doch -n Sichtweite kommen, festzustellen sein. Wahlen ohne Homerule- Schrei wären für den Liberalismus sicherlich minder ge fährlich. Um'd sollte die Resolution von Dublin hierzu führen, so wäre das Ergebnis des Redmondschen „Verrats" am Ende eher eine Stärkung der Partei, wenigstens an der Wahlurne. Die Mäßigung der Birrelschen Bill wäre dann sogar eine Empfehlung für die Liberalen. Der radikale Flügel des Liberalismus, der an und für sich lieber die ge mäßigten Elemente des Kabinetts, vor allem den unglück lichen Birrel, ausgeschaltet sehen und den Premier als Peer ins Oberhaus versetzt und dort zur Ruhe gesetzt wissen möchte, damit unter einem schärferen Führer im Unterhaus d«r Kampf gegen die Lords und um Free-Trade mit einem vollen Homcrulc-Programm zur Wahlparole verbunden wer. den könnte, dieser radikale Flügel, mit dem auch der „Ver räter" Redmond zu spekulieren scheint, ist bis jetzt noch nicht entschlossen und stark genug, um eine solche Partei- revolution durchzuführen. Es ist möglich, daß die protektio nistischen Debatten, welche die jetzt erheblich geschlossener zum Schutzzoll stehenden Unionisten in den nächsten Wochen her beiführen werden, bei dem Premier und seinen gemäßigten Freunden im Kabinett die Ueberzeugung ressen lassen, daß «in« Radikalisierung des Kabinetts dessen Stärkung hedeutet. Dann würde wohl auch eine Annäherung an die Jron un- ausbleiblich sein, und würde Parnell wieder aus der Westen tasche hervorgeholt werden. Campbell Bannerman hat be wiesen, daß er vor derben Mitteln in der Politik nicht zu- rücklchreckt, wenn Mäßigung und Pedanterie ihn in eine Sackgasse gebracht haben. * R. London, 24. Mai. (Privattelegramm.) Die Ereig- nisse auf der Dubliner Nationalkonvention werden offenbar eine schwere Krise innerhalb der irischen Partei Hervorrufen. Der extreme sowohl, wie der gemäßigte Flügel erklären die United Irish League, gleichbedeutend mit der Parlaments-Fraktion in Westminster, für tot, und Red monds Plan, den Liberalen Konzessionen auf anderen Ge bieten abzupressen, für hoffnungslos. Redmond bat die Führung der Partei anscheinend wirklich eingebüßt. Obrien, dem die Führerschaft zufollen dürfte, erklärte Redmonds Führerschaft für eine Periode des Ruins. In liberalen Parlamentskreisen herrscht Genugtuung. Man wünscht die Forderungen für die laufende Session los zu sein. Die Eltern haben ein Recht, zu Deutsches Deich. Leipzig, 25 Mai. * Der Kaiser. Der Kaiser ist um IV2 Ubr nachmittags mit den Herren des Gefolges im Automobil von Cadinen über Elbing nach Marienburg abgereist. Der Kaiser traf um 3 Uhr 43 Min. dort ein, besichtigte die Marienburg unter Führung des Geheimen Baurats Prof, Dr. Stein- brecht und reiste gegen 5 Uhr nach Danzig ab. * Militärisches. Das „Militärwochenblatt" meldet: Graf v. Moltke, Generalleutnant und Kommandant von Berlin, wurde zur Disposition gestellt. * Weltpostverein. Der im Jahre 1874 gegründete Welt postverein, welcher bei feinem Zusammentritt 22 Staaten mit 40 Millionen Quadratkilometern und 350 Millionen Ein wohnern um'aß'e, erstreckte sich 1906 auf ein Gebiet von 113 Millionen Quadratkilometer mit 1150 Millionen Ein wohnern, so daß mit Ausnahme deS innern Teils von China, Marokko und einiger Gebiete ZeutraiafrikaS alle Teile der Erde dem Weltpostverkehr erschlossen sind. Im Jahre 1905 sind im WelipostoereinSgcbiete etwa 31 Milliarden Brief sendungen und 4 Milliarden sonstige Sendungen befördert worden; der PostanweisungSverkehr, an dem nicht alle Vereinslander teiluehmen, erreichte den JahreSbetrag von 30 Milliarden Franken. * Deutsche Kolouialgesellschaft. Die gestrige Hauptver sammlung der Deutschen Kolonialgesell.scha.st wurde wieder 00-u Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg ge leitet. Zunächst kam folgender Antrag der Abteilung Lipp stadt zur Beratung: „Der Herr Reichskanzler wird ersucht, Vorkehrungen dahin zu treffen, daß die sür das Schutzgebiet Teutsck-Ostasrika gültigen allgemeinen Vorschriften, betr. Handel, Buchführung und Verkehr auch in vollem Umfange auf die Inder angewandt und, in Uebereinstimmung mit dem Sansibar-Vertrag«, nach dem Vorbilde der für die englischen südafrikanischen Kolonien geltenden Bestimmungen vervoll ständigt werden." Der Begründer des Antrages, Eich holz-Lippstadt, führte aus, daß die Inder in Deutsch- Ostasrika große Schmarotzer und Blutsauger seien. Man werde ihnen künftig scharf auf die Finger sehen müssen, sonst könnte es leicht kommen, daß der jetzige ostindische Aufstand auch nach Deutsch-Ostafrika überqrcift. Hierauf wird fol- gender Antrag Dr. H i nd 0 r f - Berlin angenommen: «Das Gouvernement soll Verordnungen erlassen, damit mehr als bisher die kleinen deutschen Händler und Ansiedler gegen- über den indischen geschützt werden." Die Annahme erfolgte einstimmig, nachdem vorher der Antrag Lipostadt zurück- oezogen war. Ein weiterer Antrag der Abteilung Lippstadt lautet: „Der Herr Reichskanzler möchte für Deutfch-Ost- afrika die Neichsmarkwährung baldigst einfübren und für Kiautschau und Samoa die Einführung der deutschen Währung vorbereiten lassen. Bis zur Einführung der Reichswährung möchten die Beamten der betr. Schutzgebiete, Lezw. des Pachtyebietes von Kiautscha-u vor Kursverlusten dadurch geschützt werden, daß die Neichsregierung die Kurs verluste bei der Gehaltszahlung den Beamten vergütet." Konteradmiral S t r a u ch - Berlin beantragt, den Antrag Lippstadt abzulehnen. Nach längerer Debatte, die keine neuen Gesichtspunkte zutage fördert, stellt sich die Kolonial gesellschaft unter Ablehnung des Antrages Lippstadt auf den Boden der Strauchschen Ausnihrunqen. Daraufhin wird ein Antrag der ?lbteilung Freiburg beraten, der Vorlesungen über koloniale Themata fordert. Dazu beantragt der Aus schuß: Die Deutsche Kolonialgeiellschast mög« an die be teiligten Regierungen das Ersuchen richten, zu veranlassen, daß an den deutschen Universitäten, den technischen, land- wirtschaftlichen und Handelshochschulen Vorlesungen über koloniale Themata in größerem Umfange aehalten werden. Wo irgend möglich, sollen auch koloniale Ferienkurse für Lebrer und Lehrerinnen einaerich'et werden. Auch sollte dafür aesorgt werden, daß in dem Unterricht der Geoaraphie und Völkerkunde aus den Lehreseminaren und den höheren und mittleren Schulen und den technischen Fortbildungs schulen mehr als bisher unsere überseeischen und kolonialen Angelegenheiten behandelt werden. Auch dieses Thema regte ,zu einer lebhaften Aussprache an. * v. Schuckmann. Die offiziösen „Berl. Pol. Nackr." schreiben in Erwiderung der Prcßangriffe gegm die Wabl des Herrn v. Schuckmann zum Gouverneur von SLdwcst- Afrika: Herr v. Schuckmann ist zwar ursprünglich Beamter gewesen und bat eine Reihe von Jahren im auswärtigen und kolonialen Dienste gestanven. Seil dem Jabre 1900 aber ist er praktischer Landwirt gewesen und zwar im vollen Snne deS Wortes. Er ist also fo wenig ein Mann des reinen Schreibtisches wie ein Kaufmann oder Industrieller, der in jungen Jahren einmal im Staatsdienste gestanden hat, und bringt für sein neues Amt die vollen Erfahrungen uno Anschauungen prak tischer wirtschaftlicher Tätigkeit mit. Daß aber in einer, i» der Hauptsacke landwirtschaftlich produzierenden Kolonie, wie iSÜdwest-Afrika, die Erfahrungen des praktischen Landwirtes auch sür den leitenden Gouverneur von besonderem Wert sind, wird der näheren Darlegung nicht bedürfen. Auch diese Ernennung kann daher bei unbefangener Würdigung nickt als ein Triumph des Affessorismus bezeichnet werden. Es entbehrt jeder tatsächlichen Unterlage, wenn behauptet wird, daß unsere Kolonialpolitik bei diesen neuesten Ernennungen von dem mit der Berufung deS StaatSselrelärS Ternburg an die Spitze der Kolonialoerwaltung eiageschlagenen Kur)« abgewichen sei. * Auf dem 23. Deutschen Protestantcntage zu Wies baden wurde die Frage des Religionsunterrichts in der Schule behandelt. Pastor Emde-Bremen, der Heraus geber des „Protestantcnblattes", erörterte das Interesse, das die Familie am Religionsunterricht habe. Ein richtiger Religionsunterricht lasse sich nicht in starre Regeln oder iu irgendeine Methode zwängen. Heute aber werde auch im Religionsunterricht alles sein säuberlich parzelliert und in Quadrate eingeteilt. (Heiterkeit.) Was habe z. B. die Länge und Breite der Arche Noah mit der Religion zu tun, was die Namen der vier Flüsse, die in den Paradiessluß geflossen sein sollen! (Heiterkeit. Die Eltern haben ein Recht, zu verlangen, daß ihre Kinder mit solchen Dingen in der Schule nicht gelangweilt werden. (Beifall.) Das Hauptziel im Religionsunterricht sei heute, daß der Katechismus möglichst gut sitzt. (Heiterkeit.) Eine rein äußerliche Dressur sei der Religionsunterricht geworden. Es seien die Klagen der Orthodoxen über den zunehmenden Atheismus in der Lehrer schaft, besonders unter den Volksschullcbrcrn, übertrieben- Die Zeiten, wo Büchners „Kraft und Stoss" das Lebens brevier der jungen Lehrer bildete, seien vorüber, aber auch die Zeit der Haeckellchen „Welträtsel". Der so oft beklagte Atheismus bei Tausenden unserer Lehrer sei nichts weiter als Unlust »nd gerechter Haß gegen »«erträgliche Zu-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite