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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.05.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070528027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907052802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907052802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-28
- Monat1907-05
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Anzeigen-PreiS Abend-Ausgabe 8 Be^uaS-Preis itipMcrTagtlilai! Haudelszeitung Äwtsölatt -es Nates und -es Notizeiamles -er Ltadt Leipzig Dienstag 28. Mai 1907 Nr. M 101. Jahrgang Haupt-Filiale verlin: CarlDun cke r,Hrrzgl.Bayr.Hofbuchhandlg Lützowstraße 10 (Tel. VH 4603,'. für Leipzig und Vorort« durch unser« Trüg« und Spediteure in» Hau» gebracht: Aus gabe (nur morgen-) vierteljährlich 3 M., monatlich 1 M.: Ausgabe v (morgens und abends) viertel,Lhrlich 4.80 M., monatlich 1.50 M. Durch di« Poft bezogen (1 mal täglich) innerhalb Deutschland- und d« deutschen Kolonien vierteljährlich 3 M-, monatlich 1 M. auSschl. Postbestellgeld, sür Orsterrrich-Ungaru vierteljährlich 5 L 45 b. Abouuement-Aunahme: AugustuSplatz 8, bei unseren Trägern, Filiale», Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer kostet 1v Pfg. Redaktion und Expedition: IobanniSqasse 8. Teleph. Nr. 14692, Nr. 14W3, Nr. 14694. Berliner RedaMouS-vurean: Berlin WV. 7, Prinz Louis Ferdinand« Straße 1. Telephon I, Nr. 9275. für Inserate au» Leipzig u. Umgebung die 6gespaltene Petitzeilt25Pf., finanzielle An zeigen 30 Pf^ Reklamen 7öPs.; von auswärts 30 Pf., Reklamen 1 M.z vom Ausland 50 Pf., finanz. Anzeigen 75 Pf, Reklamen 1.50 M. Inserate ».Behörden im amtlichen Teil 40Ps. Beilagegebühr 5 M. p. Tausend exkt. Post- gebühr. GeschäftSanzeigen an beoorzuglcr Stelle im Preise erhöht. RabaU nach Tarn Festerteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Für daS Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: AugUftuSplay 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In- und AuSlaades. Vas Neueste vom Tage. (Di, nach Schluß d«r Redaktio« eiugegaugeneo Depeschen stehe» auf der S. Seite de- HanptblatteS^ Die Braunschweiger Regentenwahl. Der Braunschweiger Landtag wählte in seiner heutigen Sitzung den Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg einstimmig zum Regenten des HerzogtumeS. Die Wahl trug uur noch einen formellen Charakter, da ja eine andere Fürstlichkeit als Kandidat nicht mehr in Be tracht kam. , Der Herzog Johann Albrecht ist am 8. Dezember 1W7 in Schwerin geboren und seit dem 6. November 1886 mit Elisabeth Prinzessin von Sachstm-Weimar-Eisenach vermählt. Diese ist im Jahre 1854 geboren. Der Herzog hat den Rang eines Generals der Kavallerie ä In suite des Kgl. preußischen Lrio-Garde-Husareu- Regiments und ist Chef des Großh. mrckleub. JägerbataillonS Nr. 14. Bekanntlich steht er au der Spitze der Deutschen Kolouialge>ellschaft und ist Mitglied des Kolouialrats. Er ist ein Onkel des regierenden Großherzogs Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin. Bon der ReichSschuUommtsston. Die Reichsschulkowmission ist i« Frankfurt a. M. unter dem Vorsitze des Wirk!. Geh. Oberregierungsrate« Dr. Kelch zu ihrer FrühjabrStaguug zusammengetreten. An dieser nehmen als Mitglieder teil: Der königl. prenß. Geheime Oberregieruugsrat, Vortragender Rat im Unterrichts ministerium, Dr. Koepke-Berlin, der königl. bayrische Geheime Hofrat und ordentliche Professor, z. Z. Pro rektor der Technische» Hochschule in München, Dr. Ritter v. Dyck, der königl. sächsische Geheime Schulrat und Vortragende Rat im Unterrichtsministerium Dr. Seeliger- Dresden, der Ministerialdirektor im königl. württ. Kultus ministerium Dr. v. Ableiter-Stuttgart, der großberzogl. meckl. Schulrat Dr. Strenge-Schwerin und der Direktor des Katharineurns Professor Dr. Reuter- Lüheck. Die Kom mission wird nach Beendigung ihrer Beratungen verschiedene Schulaastalten in der Provinz Hessen-Nassau und dem Groß- herzvgtmn Hessen besuche». Der Besuch der argltscherr Journalisten tu Deutschland. Die .Tribüne" schreibt: Die euglifcheu Journalisten sind gestern nach einer durch die großartige Gastlichkeit des Nord deutschen LloydS auf daS angenehmste verlaufene» Ueberfahrt io Breme» gelandet. Wir hatten wohl erwartet, daß die gute Natur des deutschen Volke« sich bei dieser Gelegenheit deutlich zeige» werde, aber auf eine» derartig überwältigenden Empfang Ware» wir doch nicht vorbereitet. Schon jetzt ist e« ersichtlich, daß der Besuch in mehr als konventionellem Sinne ein geschichtliches Ereignis darstellt, und die Engländer aller Parteien und Klasse» werde» den Wunsch haben, ihren tiefstgefuhlten Dank und die herzlichste Erwiderung der freund schaftlichen Aeußerungen allen denen in Deutschland zum Ausdruck zu bringen, die an dieser großartigen Kundgebung teilgenommen haben. Die Abreise der englische» Journalisten von Bremen nach Hamburg ist programmaßig heute früh 8 Uhr erfolgt. Der Kampf im Berliner Baugewerbe. Der größte Teil derjenigen Baugeschäste, die bisher weiter gearbeitet hatten, hat die neuen Forderungen, die gestern von den sieben vereinigten Arbeitnehmerorgauifationen durch deren Deputierte überreicht worden sind, rundweg ab gelehnt. Auf diesen Bauten sind die Maurer, Zimmerer und Hilfsarbeiter in den Generalstreik getreten, so daß heute auf fast allen Bauten Groß-Berlins die Arbeit ruht. Reue -eutsch-frauzösischc Differenzen? Das .Eco de Paris" und der „Eclair" bringen die ander- weit nicht bestätigte Meldung, daß zwischen dem deutschen Gesandten Dr. Rosen und dem französischen Geschäfts träger Reguault Differenzen ausgebrochen seien, weshalb Rosen einen Urlaub nachgesucht habe. Dagegen erklären aber beide Blätter auch, daß die Gerüchte über einen Rück tritt RoseuS bisher keine amtliche Bestätigung gefunden haben. — Sollten wirklich persönliche Differenzen vorge- kvmmen sein, so wird unsere Regierung hoffentlich Festigkeit genug zeigen, ihren Vertreter zu schützen und uur dann sort- zuuehmen, wenn der andere gleichzeitig geht. Die Präfidentschafts-Aandibatur Taft scheint eine totale Umwälzung der amerikanischen Parteiverhältuisse herbeisühren zu wollen. „Morning Post" meldet aus Washington: Die Schutzzöllner hatten Tast gedroht, seine Präsidentschaftskandidat»!!: bekämpfen zu wollen, falls er sich nicht für die Aufrechterhaltung des gegen- wärtigen Zolltarife« erkläre. Nachdem sich Taft darauf hin offen für eine Revision des Zoll tarife S ausgesprochen hat, wird die politische Situation insoferu schwieriger, als diese Erklärung die gesamten Schutz zöllner gegen ihn mobil machen dürfte, die immer die Haupt stütze der republikanischen Partei gewesen sind und den größten Teil der erforderlichen Wahlmittel aufgebracht haben. — Da Taft ohnehin einen schwereren Stand als Roosevelt selber, sein Prorektor, haben wird, so gewinnt ein Sieg der demokratischen Partei bei den Wahlen von 1908 immer mehr au Wahrscheinlichkeit. Der denwkrattsche König al« Gast der Republik. Zu Ehren des Königs und der Königin von Norwegen fand im Elysäe ein Festmahl statt, bei dem Präsident FalliöreS einen Triokspruch ausbrachte, in dem er ausführte, der Besuch des Königs und der Königin se» ihm ein Unter pfand der Gefühle, welche diese beseelten, und ein Beweis für die freundschaftlichen Beziehungen, die zwischen beiden Ländern veMMn. Der begeisterte Empfang, der dem Könige und der Königin bereitet worven sei, werbe sie von der allgemeinen Sympathie des französischen Volles überzeugt baben. Der Präsident trank auf den König, seine glückliche Regierung, auf den Prinzen Olaf und auf das Wohlergeben Norwegens. In seiner Er widerung sagte der König, er beglückwünsche sich zu dem Besuche und danke für die Entsendung eines Vertreters zu seiner Krönung. Ein kostbares Unterpfand sei ihm die Sym pathie Frankreichs sür Norwegen. Er hoffe auf die Fort- dauer der guten Beziehungen zwischen beiden Lcvvern. Der König schloß mit einem Hoch auf den Präsidenten und die Größe und vas Wohlergehen Frankreichs. Nach jedem Toast wurde die betreffende Nationalhymne gespielt. Ungarn und Kroaten. Entgegen der Meldung, daß es zu einem völligen Bruch zwischen Ungarn und Kroaten gekommen sei — man hatte schon von einer bevorstehenden Ministerkrisis gesprochen — wird offiziös gemeldet: Die ungarische Regierung hat bezüglich der Sprache im Eisenbahndienst gegenüber den kroatischen Forderungen bedeutende Zugeständnisse gemacht. Die äußere Amtssprache soll kroatisch sein, ebenso der Ver kehr mit den kroatischen Aemtern, und es sollen nach Mög lichkeit nur Kroaten angestellt werden. — Indessen erscheint uns das chronologische Verhältnis beider Meldungen zweifelhaft. Die Unruhen iu 4?hina werden als ziemlich ernst bezeichnet. „Daily Cbronicle" meldet aus Hongkong: Die Zahl der Empörer in Kwantung beträgt etwa 30 000. Die Bewegung geht von einem Ge heimbunde aus. politisches. * Zur Landlagswahl im 4«. ländliche» Wahlkreise. In einer Zusammenkunft der freisinnigen Wahlmänner des 45. ländlichen Wahlkreises ist nach einem Referat des Abgeord neten Oskar Günther der Oberlehrer Brückner in Mark neukirchen als Kandidat der Freisinnigen VolkSpartei ausgestellt worden. Er hat die Kandidatur angenommen. I». Der neue Kommandant von Berlin. Generalmajor v. Boehn ist erst nach dem Kriege, und zwar am 12. April 1873 Offizier geworden. Generalmajor ist er seit 16. Ok tober 1906. Er kommandierte die I. Garde-Kavallerie- brigade, welche sich aus dein Regiment der GardedukorpS und dem Garoe-Kürassierregiment zusammensctzt. Sehr bekannt geworden ist Herr v. Boehn als diensttuender Flügeladjutant des Kaisers. Als Graf Walversee daS Armeeoberkommando in Ostasien erhielt, wurde der damalige Oberstleutnant v. Boehn auf direkten Befehl des Kaisers dem Feldmarschall v. Waldersee zugeteilt. Als Oberst hat Herr v. Boehn das I. Garve-Ulanenregimrnt in Potsdam befehligt. kk. Ist Ltrcikunterstützung cinkommcnsteucrpflichtig k Auf eine Anfrage, ob Streikunterstützungen einkommensteuer pflichtig sind, hat daS sächsische Finanzministerium entschieden, Laß die Steuerpflichtigkeit der aus einer Verbandskasse an Ausständige gewährten Unterstützungen nach 8 19 Ziffer 3 deS Einkommensteuergesetzes zu beurteilen ist. Dieser Be stimmung zuiolge sind die bezeichneten Unterstützungen in der Hand ihrer Empfänger steuerpflichtig, wenn sich der Verband zu ihrer Verabreichung rechtsgültig verbindlich gemacht bat, den Empfängern also ein klagbares Recht auf jene Unterstützungen zusteht. Trifft diese Voraussetzung nicht zu, so sind die gezahlten Unterstützungsbeträge kein Bestandteil des steuerpflichtigen Einkommens der Empfänger, sondern gehören zu den in H 15 Z. 2 des Einkommensteuer gesetzes erwähnten außerordentlichen Einnahmen. Da Streik unterstützungen in der Regel nicht einklagbar sind, werden sie wie alle anderen Unterstützungen, sür die ein Anrecht aus dem Klagewege nicht geltend gemacht werden kann, al* steuerfrei betrachtet werden müssen. * Tcr Arbeitskamp» im Tchncipergewcrbc. Aus Breslau wird gemeldet: Während heute die Entscheidung über die Lohnsrage der Zuschneider in der Herrenkonfektion fallen soll, bereiten sich die Herren- und Knabeakonfeklionsschneider vor, in den Lohnkampf einzutreten. Es kommen hierbei 10- bis 15 000 Arbeiter und Arbeiterinnen in Betracht. mlc. Die amrrikanische Station. Vor drei Jahren unter hielt die Marine eine ostamerikanische Kreuzerdivision unter dem Befehl eines Kommodore. Damals kreuzten vier deutsche Kriegsschiffe an den Küsten Amerikas, nämlich der große Kreuzer „Vineta", die kleinen Kreuzer „Bremen" und „Falke", sowie das Kanonenboot „Panther". Im Jahre 1905 wurde „Vineta" in die Heimat zurückberufen. In diesem Früh- jahr kehrte der „Falke" in die Heimat zurück und im Sommer d. I. verläßt „Panther" die amerikanischen Ge wässer, um nach Westafrika zu gehen. Als einziges Schiff bleibt nur „Bremen" zurück. Hoffentlich wird die ameri kanische Station recht bald wieder verstärkt, denn in den letzten Jahren hat sich wiederholt gezeigt, daß die Anwesen- heit deutscher Kriegsschiffe an den langgestreckten Küsten Amerikas zum Schutze der deutschen Interessen dringend notwendig ist. Ein einziges Schiff kann diefen Interessen nicht ausreichend dienen. * sozialistische BizepriisivcntschaftS - Kandivatur. Die Sozialisten fordern, wie die „Neue Freie Presse" mitteilt, eine Vizepräsidentenstelle im Abgeordnetenhäuser sie haben als Kandidaten hierfür Pernerstorffer aufgestellt. * Ungarisches Jubiläum. Ministerpräsident Wckcrlc legt einen Gesetzentwurf vor, der zur Erinnerung an die vor 40 Jahren stattgehabtc Krönung des Königs Franz Joses die Errichtung eines Arbeirerkrankeyhauses und einer Reihe von Volksakademien, bestehend aus einem Arbeiter- heim und einer Bibliothek in Pest und in der Provinz, in Aussicht nimmt. Ferner sieht der Gesetzentwurf die Er richtung einer Kirche an der Grabstätte Arpads in Obuda und die Erweiterung des Handelsmuseums in Agram vor. Für diese Stiftungen wird ein Kredit von 3 400 0M Kronen angefordert. In der Begründung Les Gesetzentwurfs wird hervorgehoben, daß in weiten Schichten der Nation ge wünscht werde, die Erinnerung an die Krönung des Königs sowie an die Wiederherstellung der Verfassung feierlich zu begehen. Es seien jedoch nicht rauschende Festlichkeiten in Aussicht genommen, sondern der große Gedenktag solle durch würdige dauernde Schöpfungen zum Wohle des Volkes gefeiert werden. Der Ministerpräsident Wckcrlc teilt ferner mit, daß aus Anlaß des Jubiläums die Prägung von Goldmünzen zu 100 Kronen angeordnet sei. Diese werden auf der Reversseitc eine die Krönung dar stellende Gruppe mit der Inschrift „Zur 40. JabreSw-ndc der Krönung" aufweisen. * Ter Baumwoll-Konzretz. Die Niedelösterreichisch: Handels- und Gewerbckammer gab gestern zu Ehren dec Teilnehmer am Internationalen Baumwoll-Kongreß im Kur salon einen Empfangsabeud. Auf eine Begrüßungsansprache des Vorsitzenden der Kammer Lindheim dankte Präsident Feuilleton. —— -.1 Ein Dersuch, sich auf seine Füße zu stellen, sich unabhängig zu machen, für sein eigen Selbst zu leben, er gelinge oder nicht, ist immer dem Willen der Natur gemäß. Goethe. Es ist gervitz, daß Männer, die einmal ihre Unabhängigkeit verlieren, am Ende auch ihre Kraft verlieren werden. Thomas Buckle. Jakob Wassermann. Bon Karl Fr. Nowak lBerlrns. Vielleicht ist es die .Zeit selbst, diese Unrast allzu naher Gegenwart voll bunter, gärender Entwicklungen, die Jakob Wassermann, den Franken, als einen ihrer Schildercr nicht zu Ende reifen läßt. Stattlich an Arbeit ist sein Wcrk.*j Vier oder fünf Romane schon, dazu eine Reihe Novellen und Novelletten, verhältnismäßig bei jungen Jahren^ da der Schriftsteller die Dreißig noch mcht um die Halste über schritt. Und Jakob Wassermann zahlt keiner Schule bei, ge hört keiner Gruppe an, wobei es seltsam ist, daß man ihn trotzdem nicht ganz und voll einen „Eigenen" nennen darf. Aber dann muß man ihn heute doch wieder unter Deutsch- lands merkwürdigsten Schriftstellern erwähnen, ihn, der von dem Besten klassischer Erzählungsmeister stets aufs neue lernt, unaufhörlich einem letzten Wesen in seinem Inneren nach- Ipürt und, mehr künstlerisch beseligt, als dichterisch, fast über all nur die gleiche, vornehm-ruhige, die kühle Vollendung der Artistik zeigt. Alles umfängt diese wovlaefeilten Bücher, alles streift sie, was die Zett bewegt: selten lodert die Flamme empor, selten verschwendet sich überschäumcnde Kraft ohne Rechnung, — überall mag man den Stil be wundern. Hier zieh das Wort nicht auf die sprachliche Feinheit allein. Es ist kein Kunstgriff, den Wassermann nicht »mißte, es ist keine Figur, vor deren Zeichnung er im Aeußerlichen lange ratlos stünde. Groß ist das Ziel, das sich bei Wassermann die Absicht fides Buches steckt, groß und eins dem andern ähnlich. Ent wicklungen sollen gezeigt werden. Wie eine nachdenkliche * Bon Jakob Wassermann erschienen bei S. Fischer in Berlin: Romane: „Die Juden von Zirndorf". „Die Ge- ichichte der jungen Renate Fuchs". „Der Molocb". „Alexan der in Babylon". Novellen: „Die Schwestern". „Der nie geküßte Mund". „Schläfst du, Mutter?" Frau aus behüteter Stille in den Lärm des Lebens auf eigenen Befehl tritt, wie sie, nicht mehr beschützt durch all die Traditionen, die sic so heftig sortwics. durch Schlamm und Elend zur Tiefe zu sinken droht und frei und stark, weise und rein am Ende doch auf stolzer Höhe rastet: dies die „Geschichte der jungen Renate Fuchs". Wie Arnold An sorge, hcrangereift an unmittelbarer gütiger Natur, erst ein keuscher Held der Gerechtigkeit, später in der Weltstadt strauchelt, in Versuchung und Gier sich selbst untreu wird und, da er die Treulosigkeit, den Niedergang erkennt, zuletzt das Todesurteil an sich vollzieht: dies das gezeichnete Schicksal im „Moloch". Lder Agathon Geyer, Lest en Tod nach langer Wanderfahrt Renate Fuchs verklärt, geht unter den „Juden von Zirndorf" grübelnd durch seine Kinder- tage, früh ringt er sich vom erstarrten Glauben der Väter los, früh findet er die Notwendigkeit eines neuen, seltsamen Christentums, das ohne Gottheit alle Lasten dieser lebens schweren Erde leicht und fröhlich heben wird, ein junger, glaubensheißer Prophet der Apostasie, der nach der Ent täuschung noch auf die Saat der Zukunft gelassen hoffen dars. . . . L^der Makedoniens umjubeltcr Sonnenkönig, Achills heroischer Nachahmer, der alle Reiche der Welt .zer ¬ trümmerte, die Becher der Lust austrank, den Mantel der Gottheit um die Schultern nahm und so der Menschheit ver- igaß, dieser längst einsame, sich selbst verräterische „Alexander <n Babylon" eilt irr und verzweifelt einem harten Sterben in Finsternis zu, gegen daS er umsonst sich all sein stolzes, kraftdurchbraustcs, unerhörtes Leben ausspielen sah: überall sollen Entwicklungen in großen Linien gezeigt werden, nach oben, nach unten, Lcbensstraßen, die einzelne zum Ende führen, oder doch sehen lassen, wo einst ihr Ende steht. Neber- all ist ein Ganzes das eZehntc Ziel, ein festes, straffes Schicksal, verflochten in Kämpfe, überall ein starker, ebrlich und breit einsehender Wille zur Kraft, doch nur selten bleibt die Kraft selbst bis zuletzt ohne Erschöpfung. Sie reichte bei Wassermann hin, daß er das Bildnis Alexanders, des lebensbeißcn Tatenvollbrinaers ohne andere Rücksicht, nahe zur Vollendung formte. Sic reichte auch hin, daß er glaubhaft den Bauern Ansorgc zeichnete, der kläglich unter geht, da er ein Stadtherr wird. Aber jnsi in den beiden Büchern, die Wassermann am schnellsten Ruf und Namen brachten, just an den .Juden von Zirndorf" und der „Re nate Fuchs", versagte diese Kraft. Denn sie vor allem hatte der Artist geschrieben. Der Artist Wassermann pocht auf die Künstlerschaft seiner Sprache, pocht auf die treue, kühle, gewissenhafte, sichere Ausmalung, die »oder Situation gerecht wird. Dann wird die Sprache ein Kult für sich, nicht inindex die Aus malung. Mit merkwürdiger Entschlossenheit wird dann die Handlung des Romanes gewaltsam duxchgerisscn. die immer bedenklichere Häusuna der Szenen-, der Lcrndscbasts- und beiläufiger Evisodenschilderung läßt die Dürftigkeit der Ge- schebinss« noch dürftiger werden. Und der Mangel tiefer, eigener Erfindung verfübrt immer wieder dazu, durch all die Helden die Stimme der Zeit ertönen zu lassen, dieser vielbewegten, raschen, fahrigen, entfesselten Zeit, die Wassermann versteht, der Wassermann als Künstler Helsen will, obne als Künstler ihr Meister zu sein. So sind »gissend Bestrebungen vage angedentet und alle erdenklichen Ereignisse aus naher historischer Wirklich keit, die der Dichter in bedeutsame und typische erhöhen möchte, osi mit Angst als berechnete Wirkung für ein Buch gerettet. Renate Fuchs acht ihren Weg durch Cliquen und Gemeinschaften, durch Frauenbowegung und Literaten tum, durch Industrie- und Artistenkreise. Der ganze brennende Kreis modernen Lebens, heute hier, morgen da, oberflächlich von außen, gründlicher von innen, mit allen Ausblicken, allen Möglichkeiten, allen Verschiebungen soll ge zeigt werden. Der Künstler, der kultivierte Sti list, kann nicht sorglos fabulieren, also kon struiert er. Der Wille zur Kraft läßt ihn noch breite, stolze, jm Anfang sogar verblüffend sichere Expositionen schassen, Pie später keine Lösung finden, gut gemeinte glän zende Versprechungen, die später nicht gehalten werden. Dann müssen die Kämpfe der Zeil Rat schassen. Dann wird auch die Verwertung wahrer Begebenheiten nicht verschmäht, die dort beleben sollen, wo innerlich kein Leben ist. Und zum artistischen Mittel, ein unklarer Effekt, eine technische Auskunft wird zugleich auch ein zweiter Wesenszug Jakob Wassermanns: seine Mystik. Dort überall tritt diese Mystik aus, wo Wassermanns Helden die innere Erklärung ihrer Daten fehlt. Granmann in „Renate Fuchs" trägt mystisch. Züge, Graumann, der immer da ist, immer aus geheimnisvollem Dunkel kommt, immer durch Verkettung sonderbarer unwahrscheinlicher Um- stände Renates unbegreiflichste Entschlüsse bestimmt. Agathon Geyer, der Lehrer Bopcscn, Warissa Mirabell, Sara Malcolm, die Priesterin Liblichs, sie alle sind von derselben Art. Nur wo das Leben selbst wahr haftige Mystik umsängt, gelingt die dichterische Zeichnung auch Jakob Wassermann. Man glaubt die zerfahrene, hetzende Oual dem Desvoten Aleran- dcr, dem lebcnshungriqen, dessen bangem Blick schwere Pfor ten das Reich des Todes verschließen, man glaubt Archidäos, dem zerfallenen, schwachen Träumer, bei all seinen merk würdigen Taten, die in Alexanders Nähe sein irrer Geist vollbringt. Und man glaubt Johanna von Kastilien, wenn sie, durch Unglück gebrochen, um ihr Kind betrogen, mit der Leiche des spät geliebten, aus Eifersucht ermordeten Gatten durch alle Länder zieht. Man glaubt Wassermann, wo er wirklich Kranke krankhaft, ehrliche Phantasten phantastisch zeigt. Aber ex liebt das Gel-eimnisvolle, die Andeutung, das Ahnungsreiche viel zu sehr: wie er meist die Fabel gewalt sam durch Konstruktion ausfrischt, konstruiert er gern auch die Nkystik seiner Figuren. Die Namen säst aller seiner Helden sind ein betontes Aviso an den Leser. Einer, der unbesorgt durchs Leben gebt, nur zusiebt, wie vielfarbig eS sich gestalten könnte, heißt Wanderer. Einer, der prophetisch die Menschen das Gute lehren will, der edelste, der gütigfte seines Stammes, heißt Agathon. Renate Fuchs, die sich strahlend verjüngt, die neue, starke, wiedergeborcne Frau, muß sich wenigstens im Bornamen die Wiedergeborene nennen. Der gefällige Modeschriftsteller, der säuberlich Buch mm Buch schreibt, behaglich im Erfolge lächelt, muß sich als Gudstikker bezeichnen lassen. Und Granmann ist der Diabo lische, der Hcrenkerl, ein mystisches Gespenst. daS plötzlich, stets der Nacht entsprossen, gron, unheilvoll, verderben bringend dasteht. Und so sehr lieb! Jakob Wassermann seine Snmbolik, daß sie ihn mitunter zu den unmöglichsten Roman schlüssen, zu recht bombastischen Apotheosen verleitet. Wenn schon der sterbende, völlig entkräftete Agatl)on Geyer in der ihm noch gänzlich fremden Renate siegesgewiß die Saal der Zukunft befruchtet und diese auch wahrhaftig gedeiht. . . Aber um zweier Bücher, dann um eines „Vorspiels" willen ragt Jakob Wassermann, wenn man diese drci Werke im ganzen betrachtet, dennoch weit über den landläufigen Schrift steller empor. Es sind dies „Alexander im Babylon", der „Moloch" und eben daS Präludium zu den „Inden von Zirn- Lors", das vielleicht besser ohne den nachschleppcnd-n Roman geblieben wäre. DaS Vorspiel ist ein Juaenmelodram aus dem 17. Jahrhundert, großlinia, stark, voll echten Kolorits, voll berauschender Schönheit, echt sogar in der Stimmung Les Wunderbaren, die über den Geschehnissen lieg,, echt also dies- mal auch in der Mystik. Die bedrückten armselig-zer- quälten Fürther Juden ziehen vorbei, die die morgonland scbc Kunde verwirrt, daß der Prophet erstanden sei, der sic riese, um sie zu erläsen. Und glänzend ist dann die ausslockernde Hoffnung, die wachsende Begeisterung, der »lammende Mut der Fanatiker, das tausendfache Weh der Enttäuschung, der neue Jammer das neue Elend geschildert Wundervoll vc>- flicht sich dabei dem großen schweren Schicksal aller das kleine schwere Schicksal der Jüdin Nahes, der allzu früh ee- priesencn Mutter der Heilandsbraut, die endlich das Kind ihrer Liebe als sündig und sterblich bekennen muß. Knapp fit hier der Stoss gefaßt, scharf rücken die Figuren ins Licht, knapp und klar ist alle Plastik. Und eS fit die gleiche Knapp heit mw .Klarheit, die gleiche selbstbewußte plastische Au'- rcibung verschollener Zeit, die kraftvoll die Tage „Alexan ders in Babylon" belebt. Meisterlich in diesem „Alexander" der Soldatenzug Lurch die Wüste, voll reifer, bunter, satter Farben die Siegesfiste in Babylon, farbig und r.ns Alexanders Wesen selbst. Wieder drängt freilich da und den überlaut allzu unwahrscheinliche Verworrenheit vor, aber eine gewisse Dunkelheit wird leichter durch diese Zeit gestaltet, in der Historie lxssb schon in Legende veriließt, überdies b> täubt von der Schwüle Les Orients. Und Alexanders Männ lichkeit ist wild, frei, ungekünstelt in aller Hcrrlickikcit, seine Ziigc sind von antiker, reiner »Klarheit, voll wahrscheinlichster Leben-nnöglicsikeit, — wie Wassermanns männliche Helden weit öfter gelingen, als die weiblichen, deren Seelen er stct.t nur im Experiment umtostet. Es ist kein .Kunstgriff, den Wassermanns Technik nick» »mißte, cs ist keine Figur, vor deren Zeichnung er im Aeußer. lichcn lange ratlos stünde Er hat eine leichte, unauffällige, eine virtuose und blendende Art. seine Gestalten eim-zufükre i, sie zu Gruppen zu sammeln, Gesellschaftsfienen zu beleuchten- ihre Bedeutung eindringlich oorzutragen oder abzuschwächoo. ferner die einzelrren immer wieder heroorzuholen. wo sie ge braucht werden, und verschwinden zu lassen, wo sie ihre Aus gabe erfüllten Der Fnbaft bei Wassermann sinn vornehm lich sseiten, Jeitepochen. Kampfe einer Zeit. Greist er in I ^.-mittelbare Gegenwart, so kann et dieic Gegenwart nicht > ganz überschauen, die Last des Einstürmenden erdrückt iha:
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