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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.06.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-06-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070604015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907060401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907060401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-06
- Tag1907-06-04
- Monat1907-06
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Umgebung die «-gespaltene Petrtzeile 25 Ps., finanzielle An- zeigen 30 Reklamen 75Pf.; von au-wärt» 30 Ps„ Reklamen 1 M.; Vom Au-laud bOBs.,sinanr Äazeigeu75Ps„ Reklamen l.5ü M. Iuierate v.Behörden im amtlichen Teil 40Ps. Beilagegebüdr 5 M. p. Tausend exkl. Vost- gebüvr. Äeschäftsanzeigen an bevorzugter stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Toni Festertrilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen«Annahme: AuguftuSPlaH 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen de- In- und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncke r,Hrrzgl.Bayr.Hosbuchbandlg. Lützowstraßr 10 (Tel. Vl, 4603'. Nr. 153. Dienstag 4. Juni l9V7. 101. Jahrgang. die Pfarrer Grandinger mit so großer Mehrheit gewählt wurde, begrüßen wir als ein Zeichen emer besseren Zu- unft. Die Nachricht, daß die Sozialdemokraten zu seinen Gunsten ihre Kandidatur zurückgezogen hätten, war übrigens alsch. Sie haben ca. 1800 Stimmen erhalten. Der Krieg im Zentrum Hai vorläufig so geendet, wie ich es ooraus- agte. Nur in einem Wahlkreise ist der von Zentrums männern ausgestellte Gegenkandidat gewählt worden, sonst gelang es überall den offiziell abgestempelten Kandidaten, >en Sieg zu erringen, auch — trotz Dr. Heim — dem Frei. Herrn von Malsen. Bald werden sie sich in „christlicher Liebe" wieder iu den Armen liegen. Hocherfreulich ist trotz mancher Mißerfolge di? bedeu tende Zunahme der liberalen Stimmen im ganzen Lande, voran in der Hauptstadt, in der das Zentrum völlig ansge- pielt hat. Bei der Landtagswahl im Jahre 1405 erhielten die Liberalen 14558, das Zentrum 14172, oie Soziald-mo- kraten 25372 Stimmen. Diesmal fielen auf d:r Liberalen 22 535, auf das Zentrum 15356, auf die Sovaldemokraien 28 553. Die Sozialdemokraten haben also um rund !U>00, das Zentrum um 1200, die Liberalen aber nm 8000 zuge nommen. Trotzdem sind dank der Wahlkreiseinteilung von 12 Mandaten nur vier für die Liberalen, 8 für die Sozial demokraten gewonnen worden. Solcher Lichtblicke wie in München wären viele >m Lande zu verzeichnen. Sie werden den Liberalismus im Kampfe stärken. Einstweilen bleibt aber für die nächften sechs Jahre noch Zentrum Trumpf, und der Regierung ist das, soweit ich sie kenne, recht angenehm. Die Herren Daller, Schädler und Genossen werden auch fürder Herren Bayerns sein. Vie dsverirche» caMagrivadlen. (Don unserem Münchener Korrespondenten.) Ende März habe ich an dieser Stelle di« Wahlaussichten in Bayern einer Betrachtung unterzogen. An ihre Spitze mußte der unumstößliche Satz gestellt werden, daß dank der dem Zentrum auf den Leib zugeschuittenen gesetzlichen Wahlkreiseinteilung selbst ein Zusammenschluß aller Par teien dem Ultramontanismns nicht die absolute Mehrheit nehmen könnte. Und die Zahl der Mandate wurde dem- gcfliäß bei 163 Sitzen aus ungefähr 17 für die Sozialdemo kraten, IS für Bauernbund und Konservative, einige dreißig für den liberalen Block unter der Voraussetzung berechnet, daß im ganzen Lande auf der einen Seite ein Kompromiß mit dem Bauernbund zustande käme, auf der anderen Seite ein solches zwischen Zentrum und Sozialdemokraten ausge schlossen wäre. Tas Gesamtresultat, über das merkwürdigerweise viele in Verwunderung geraten, stellt sich nunmehr: 99 Zentrum, 25 Liberale, 20 Sozialdemokraten, 19 Bauernbund. Für die Liberalen haben sich di« von uns genannten Bedingungen, wie ich bereits vorher mitteilte, nicht erfüllt. Durch das unqualifizierbare Verhalten der Konservativen in Mittelfranken gingen ihnen 3—4 Sitze verloren, darunter Erlangen an die Sozialdemokrat««, denen vielleicht auch Fürth zu entreißen gewesen wäre. Der Verlust in Erlangen ist doppelt schmerzlich, weil die sozialdemokratische Mehrheit nur ca. 60 Stimmen beträgt, und damit der Vorsitzende der nationalliberalen Partei in Bayern, der geistvolle, in Dil- dungSfragen unersetzliche Professor Geiger, unterlag. Dazu trat das schwarz-rote Bündnis in der Pfalz, das die Liberalen abermals 3 Sitze kostete. Auch hier haben sie einen großen Verlust in der Person des Seminardircktvrs Dr. Andreae zu beklagen. Die partielle Erneuerung dieses schwarz-roten Bünd nisses ist das interessanteste Ereignis, wenn es auch keines wegs völlig überraschend kam. Seinen Grund habe ich be reits früher angegeben: es handelte sich nicht allein um die abermalige parlamentarische, sondern auch um die finan zielle Versorgung einiger Genossen, die an der Vertretung des „werktätigen" Volkes mehr Geschmack als an der Be rufsarbeit gewonnen haben. Damit wird natürlich die sozialdemokratische Parteileitung, die davon recht gut unter richtet war, nicht im mindesten entlastet. Der „rote Jesuit", Herr v. Vollmar, hat noch vor wenigen Tagen in einer Ver sammlung in München es als die künftige Ausgabe der Sozialdemokratie erklärt, die ultramontane Herrschaft zu brechen. Welchen Weg Vollmar dazu wählt, zeigt sich aufs neue. Wie die Sozialdemokratie unter seiner glorreichen Führung die Mehrheit und Herrschaft des Zentrums ge- ichaffen hat, so arbeitet sie auch jetzt noch an deren Festigung. Herr v. Vollmar, der seit geraumer Zeit auch von den ver trauensseligsten Liberalen erkannt ist, und noch manch anderer seiner Mitführer verdienten die Ehrenmitgliedschast der Zentrumspartei, wenn sie ihnen nicht schon im geheimen zuerkannt wurde. In München gibt es heute genug, die Vollmar für einen Affiliierten des Jesuitenordens halten. Ich gehöre nicht dazu, aber die Meinung ist begreiflich. Di« beiden Verbündeten befinden sich bei der Sach« nicht recht wohl: sie haben sich noch einen Rest von Schamgefüh gerettet. In ihren zur Entgegennahme deS Wahlresultats abgehaltenen Versammlungen haben sie kein Wörtchen von der Verbrüderung in der Pfalz verlauten lasse», nur die „Münchener Post" hat die Stirn, zu behaupten, daß alle sozialdemokratischen Erfolge durch eigene Kraft errungen worden seien. Die Zentrumsorgaue berühren den kitzlichen Punkt nur mit wenigen harmlosen Worten und nennen das Kompromiß eine „allgemeine lleberraschung", um so — ver gebens — die Verantwortung von der Partei abzuwälzen. Den Gipfelpunkt edler Dreistigkeit erklimmt aber das sozial demokratische Organ, indem «S auSführt, die Zentrums mehrheit sei keine Gefahr, da Zentrum und Regierung wüßten, daß sie durch ein Bündnis zwischen den Sozial- demokraten und — Liberalen gebrochen werden könnte. So sucht man die Wähler eiuzululleu, so sucht mau ihnen die Tatsache zu verschleiern, daß der Terrorismus des Zen- trumS abermals sechs Jahre auf Bayern liegen wird. Was die Wahlen selbst angeht, so ist keine einzige Nach wahl uöftg geworden — ein Vorteil des sonst dem Zentrum zugute bMmvtd« Systems der relative» Mehrheit. Daß lange vertragen würde. Wenn er jetzt wurzelständig ist, wenn er an dem gebildeten Deutschland einen festen Halt hat, so wird dies, bescheiden gesagt, doch wohl ein wenig mit der Tatsache Zusammenhängen, daß er zwei Jahrzehnte ge hegt und gepflegt worden ist. Und nun die eigentliche Streitfrage. Die Kolonialgesell schaft soll kämpfen! Gewiß soll sie das; aber welche Mittel sind ihr erlaubt, welche nicht? Herzog Johann Albrecht — von dem auch der heftigste Gegner der Leitung nicht zu behaupten wagte, daß er sein Amt nur von der deko rativen Seite nehme — wies die Aufforderung zum Kampf mit deu Worten zurück: „Wir sind und können keine parteipolitische Gesellschaft sein." Er hat damit nichts Neues gesagt. Gerade die Schwierigkeiten, die sich im Flottenverein ergeben haben anläßlich der letzten Wahl agitation, warnen vor Nachahmungen. Für die politischen Parteien ist der Kampf Lebenselement, für eine zu fried- sicher, kultureller und wissenschaftlicher Arbeit gegründete Gesellschaft, die sich vom Parteiwesen um ihres Bestandes willen unabhängig erhalten muß, birgt der politische Kampf die Gefahr der Selbstzerstörung in sich. Das sollte man be denken und statt deS Tadels gegen die Gesellschaft lieber zeigen, wie man diesen Gefahren entgehen könnte und doch als Kampsorganisation wirken. Im einzelnen war eS die Haltung der „Kolonialzeitung", die' als Beweis für den Mangel an Tatkraft angeführt wurde, aber dafür_ ist die Hauptleitung nicht direkt verantwortlich. Sie ist überdies einverstanden, daß an diesem Punkte abgeholfen und das Blatt unter andere Leitung gestellt wird. Hätte wohl schon früher geschehen können, doch mit der eigentlichen Streit frage hängt das nur los« zusammen. Auf einem anderen Blatte hat man die Frage zu suchen, ob die „Kolonialgesellschaft" heute ganz auf der Höhe ihrer Aufgabe steht. Hier tut eine Nachprüfung not. Sie wird sich fragen müssen, ob jetzt, nachdem zum ersten Male das deutsche Volk selbst sein Wort über die koloniale Aufgabe gesprochen hat, nicht die Zeit gekommen ist, ihrer ganzen Sache einen mehr volkstümlichen Zuschnitt zu geben. Tie Werbung neuer Anhänger ist in Volkskreisen durch die sehr hohe Beitragsleistung erschwert. DaS muß sich ändern lassen. Mögen doch alle diejenigen, die wegen des Ausfalls an Einnahmen keine Aenderung wollen, ruhig ihre Beitragsleistuny freiwillig beibehalten: mögen sie sie, der Vorsicht halber, verdoppeln, und jeder Schaden ist abgewendet. Wir nehmen an, daß diese nun schon so lange schwebende Frage aus der angckündigten außerordentlichen Tagung aus^tragen und auch andere zweckmäßige Aende- »ckngen in den Satzungen vorgenommen werden. Ganz be sonders zu loben ist dic Absicht, das Verständnis für kolo niale Dinge im Volke durch Massenverbreitung leicht ver ständlicher, anschaulicher Schriften, Flugblätter kräftig zu fördern. Das ist ein gutes Mittel zum guten Zweck, und der Geldaufwand wird sich lohnen. Warum die Hauptleitung durchaus so töricht sein sollte, den Arbeitseifer begeisterter Kolonialfreunde durch passiven Widerstand lahmzulegen, ist nicht einzusehen. Sie wird, hoffen wir, die Gelegenheit wahrnehmen und das Gegenteil beweisen. Var wichtigste vom Lage. Im ReichSjustizamt ist gestern eine Konferenz Vertretern der größeren Justizverwaltungen sammengetreteu, um die Vorschläge zu beraten, die ReichSjustizamt für die Organisation der gerichte uuv für die Ausgestaltung deS l »rvzesseS vorgelegt worden sind. Auf Grund dieser Beratungen wird di« Reichsjustizverwaltuna. nachdem sie die Zustimmung der beteiligten preußischen Nessor:« gesunden hat, die für den Bundesrat bestimmte Vorlage fest- justelkea haben. * Bischof Ab«rt von Bamberg hat sich nochmals über die parlamentarische Tätigkeit des Pfarrers Gran dinger ausgesprochen. (S. DtjchS. R.) * DaS preußische Herrenhaus «ahm gestern feine Sitzungen wieder auf. ES beriet über die Berggesetzvor- lag«. (S. DtschS. R.) * Der Münchner Hoftheaterskandal scheint eine Fortsetzung finden zu sollen. (S. DtschS. R.) * Heute sollen die Verhandlungen über den Zusammen schluß der deutschen Parteien Oesterreichs zum Ziele geführt werden. (S. AuSl.) * Die schwedischen Kammern sind geschlossen. * In Amritsir wurde ein gefährlicher indischer Agi- tator verhaftet. Lmitrr säcbrizcher MitteManartag in vrercken. s. Dresden, 3. Juni. Zu der öffentlichen Hauptversammlung der Mittelstands vereinigung im Königreich Sachsen, die am Montag, vor- mittags 11 Uhr, im großen Saal des Gewerbehauses statt- fand, waren die Freunde der Mittelstandsvereinigung aus allen Teilen des Königreichs erschienen, und man bemerkte unter den Anwesenden Vertreter fast aller politischen Par teien. Ebenso waren Vertreter staatlicher und städtischer Be hörden erschienen. Den Vorsitz in den Verhandlungen führte Ingenieur Jritzsch-Leipzig. Eröffnung. Der Vorsitzende begrüßte die Versammlung mit herz lichen Worten, bankte den Vertretern der Behörden für ihr Erscheinen und ging dann mit einigen Worten auf den Stand der Mittelstandsbewegung ein, indem er darauf hin wies, daß der Mittelstandsvereinigung nach ihrem raschen Wachstum in der letzten Zeit nicht weniger als 300 Korpora tionen im Königreich Sachsen und ungefähr 120 000 Einzel- Mitglieder angehören. Ganz besonderen Wert legte der Redner auf die Feststellung der Tatsache, daß die Mittel standsbewegung nicht einer einzelnen Partei dienst bar sei. Sie wolle keine Sonderinteressen fördern, sondern das Wohl der Gesamtheit und der Nation. Redner schloß mit einem Hoch auf Ihre Majestäten den deutschen Kaiser und den König von Sachsen, in das die Anwesenden begeistert einstimmten. Im Namen der Stadt Dresden begrüßte Oberbürgermeister Dr. Beutler die Versammlung mit folgenden Worten: Meine hochgeehrten Herren! Es gereicht mir zu besonderer Freude und Ehre, die Mittelstandsoereinigung im Königreiche Sachsen bei ihrer Tagung in Dresden begrüßen und namens der Stadt willkommen heißen zu können. Meine Herren, ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich es ausspreche, daß der Mittelstand in unserer Stadt auch in der Zeit, wo seine Lage in ganz Deutschland durch die rapide Entwickelung der Großindustrie am schwierigsten geworden war, eine verhältnismäßig feste und gesicherte Stellung ringe- nommen hat, und daß er es verstanden bat, sich den ibm gebührenden Einfluß auf die städtische Verwaltung, wie auf die politischen Wahlen zu erhalten. Ich glaube aber auch ferner, daß wir auf diesen Umstand in unserer Stadt stolz sein können, denn es ist dadurch nicht nur eine gewisse Stetigkeit und gleichzeitig ein gesunder Fortschritt in der städtischen Verwaltung gesichert worden, sondern es ist auch möglich geworden, daß wir sachgemäße und zweck mäßige Maßnahmen zur Kräftigung und Förderung deS Mittelstandes selbst haben einleiten können. Meine Herren! Wer die foizale Gestaltung unseres Volkes ohne Voreingenommenheit überblickt, wird die Notwendigkeit, einrp gesunden, lebensfähipen und tatkräftigen Mittelstand zu erhalten, nicht einen Augenblick bestreiten. Aus ihm heraus, der seine Söhne und Töchter von Jugend an zu einem einfachen Leben und -ur Arbeit ebenso, wie zur Vaterlandsliebe und treuen Hingabe an das öffentliche Wohl erzieht, erwachsen unsere besten Bürger. Wir können ihn darum nicht entbehren, wenn wir unser Reich und unseren Staat und wenn wir namentlich auch unser blühendes deutsches Städtewesen uns erhalten wollen. Meine Herren, Sie werden daher überall, wo Sie tagen, vornehmlich aber in der Haupt- und Residenzstadt unseres Landes die lebhaftesten Sympathien finden, und wenn es Ihnen gelingt, die schwierigen Fragen der Gesetzgebung, die den Mittelstand in erster Linie berühren, einer gedeih lichen Lösung zuzuführen, so werden Sie sich nicht bloß um Ihre Standesgenossen, sondern um das ganze Vater land in hohem Maße verdient gemacht haben. Ich wünsche daher Ihren Verhandlungen den besten Erfolg und heiße Sie nochmals herzlich willkommen in Dresden. Im Name« des Nationalliberale» LandesvereiuS bemühte Landtagsabgeorbneter Dr. Vogel d'« An wesenden. Er wies darauf hin, daß seine Partei den Be strebungen der Mittelstandsvereinigung das aufrichtigste Interesse cntoegenbringe. Auf allen größeren Tagungen der Nationalliberalen sei die Mittelstandssrage aus dem Programm zu finden und die Tätigkeit seiner politischen Freunde im Reichstage und im Landtage sei ein Beweis sirr das Wohlwollen, welches den Fragen des Mittelstandes in der nationalliberalen Partei cntgegengebracht werde, wenn auch einzelne Angehörige der Partei in ihrer Ansicht über die Mittel, mit denen dem Mittelstände geholfen werben solle, von der Vereinigung abweichen. LandtagSabgeordneter Behren» übermittelte dem Mittelstandstage die Grüße und Wünsch« deS konservativen Landesvereins. Wer mit sehenden Augen durchs Leben gebt, führte er auS, der kann sich der Erkenntnis nicht verschließen, daß der Mittelstand vom Baterlande erhalten werden muß, und darüber, daß der Mittelstand sich in einer Notlage befinde und gestützt werden müsse, könne wohl niemand mehr im Zweifel sein. Von lavtem Beifall begrüßt, ergriff hierauf Reichstagsabgeordneter Aimmermaun das Wort, um die Versammlung im Namen der Deutschen Reformpartei zu begrüßen. Er erklärte unter allgemeinem Händeklatschen, seine und seiner politischen Freunde Tätig keit im Reichstag und im Landtag ließe wohl keinen Zweifel darüber, wie große Sympathien sie der Mittelstands- bewegung entgegenbrächten; er hoffe, daß den schönen Worten nun auch große Taten folgen werden. Heber de« gegenwärtigen Stand der Umsatzsteuerfrage referierte Landtagsabgeordneter Justizrat Dr. Spieß- Pirna. Nachdem er zunächst darauf hingevlefe» hatte, daß er nicht im kommenden Herbst zur Wahl stünde, also keine Kandidatenrede zu halten brauche, erklärte er rund heraus, daß der Stand der Umsatzsteuerfrage genau derselbe sei wie schon seit langer Zeit: die rechtsstehenden Parteien im Landtage befürworten in ihrer Majorität die Umsatzsteuer, während die Linke und auch die Kgl. Staats- reaierung ihr noch ablehnend oegenüberstehen. Im An schluß an die Rede wurde folgende Resolution angenommen: Tie Versammlung spricht ihr Einverständnis mit den Ausführungen des Herrn Dr. Spieß aus und beauftragt den Vorstand der Mittelstandsvereinigung, an Reaierung und Landtag abermals mit einer Petition um landes gesetzliche Regelung der Umsatzsteuerfrage heranzutreten. Ferner ist bei der bevorstehenden Landtagswahl die Unterstützung der Kandidaten von ihrer Stellung zur Konsumvereins- und Warenhaussteiler abhängig zu machen. Ueber Mittelstandsfragen and Snbmissionsordnung im sächsische« Landtag sprach Landtagsabgeordneter Baurat Enke-Leip- zig. Er unterzog die Haltung der Liberalen aller Schattie rungen einer sehr abfälligen Kritik und trat für Einführung der Submissionsordnung als Landesgesetz ein und erklärte, die Vorlage werde so lange wiederkommcn, bis die Regierung ihren Widerstand aufgebe. Wünschenswert wäre es aller- dings, wenn auch die Tarifverträge in dem Gesetze Aner kennung fänden. Bei Vergebung öffentlicher Arbeiten dürfe nicht allein darauf gesehen werden, wer den billigsten Preis mache, sondern auch darauf, daß der betreffende Unterneh mer durch solide Berechnung zu diesem Preise gekommen sei. Ferner sollten nach Möglichkeit diejenigen Unternehmer be rücksichtigt werden, die sich verpflichteten uur deutsche resp. einheimische Arbeiter zu beschäftigen, wenn auch zugegeben werden müsse, daß mau die ausländische» Arbeiter nicht ganz aus Deutschland verbannen könne. In derDebatte wurde die von dem Redner geäußerte Ansicht, daß die dem Mittelstände empfohlenen Warenein kaufsgenossenschaften dem Charakter der Mittelstands- bcwegnng zuwiderlausen und sich der Tätigkeit der Konsum- vereine selbst bedenklich nähern, lebhaft bekämpft. Vor Eintritt in die Debatte begrüßte Obermeister Un rasch im Namen der Versammlung den Herrn Finanz minister Dr. Rüger, der inzwischen im Saale erschienen war. Ferner wurde mit Zustimmung der Versammlung an Se. Maj. den König Friedrich August ein Huldigung«, telegramm gesandt. Punkt 4 der Tagesordnung: ein Referat des Vorsitzenden der Allgemeinen Deutschen Mittelstandsvereinigung, Ober meister C. Rahardt-Berlin, über Strrikwelen und Lohn- regelungen mußte ausfallen, da der Referent durch Krank heit in seiner Familie am Erscheinen verhindert war. An seiner Stelle begrüßte Rieseberg-Qucdlinburg die Vcr- sammlung im Namcu der Allgemeinen Deutschen Mittel standsvereinigung. Dann sprach über daS Thema: Der neue Reichstag und der Mittelstand Reichstagsabqeordneter Dr. Raab aus Hamburg. Nach- dem er mit Befriedigung den Umschwung konstatiert hatte, der sich vollzogen seit der Zeit, in der man nur von Forcie rungen derjenigen Klasse zu sprechen pflegte, die energisch nnd zielbewußt anftrat, des sogenannten vierten Standes. Heute sei jeder ernsthafte Politiker zu der Ansicht bekehr., daß der Mittelstand nicht nur das Recht habe, das zu for- dern, was ihm zur Sicherung seiner Existenz gebührt, son dern daß er nach und nach auch die Macht erlangen werde, sich diese» Recht zu verschaffen. Er streifte die Stellungnahme der einzelnen Parteien gegenüber oei Mittelstandsbewegung und verhehlte sein Mißtrauen nicht gegenüber der angeblich in letzter Zeit zutage getretenen MUtelstandLfreuudlichkeit der Sozialdemokraten. Schließ- Vie kolonislgerellrchakt eine ffampforganirstion? Man schreibt uns von geschätzter Seite: Auf der Tagung der Kolonialgesellschaft in Worms kam es zu heftigen Aus einandersetzungen. Ihr Ursprung ist in der Streitfrage zu suchen, ob die Kolonialgesellschaft berufen sei, als Kampforga nisation zu wirken oder nicht. Dic Hauptleitung, vor allem der Vorsitzende Herzog Johann Albrecht, verwarf den politischen Kampf, unter Berufung auf die Satzungen, und sie hatte die a,roße Mehrzahl der Vertreter auf ihrer 'e. Aker die gcoa.e ^Heftigkeit dc'^Angriffe dcu'Ue da-h aus ! starke Gegnerschaft, zum mindesten auf eine Unzufriedenheit, die nicht gleichgültig lassen kann. Man muß im Auge be halten, daß es sich hier nicht um den flüchtigen Tadel ver ärgerter Leute, sondern um sehr wohlgemeinte, von der Liebe zur Sache eingegcbene Borwürfe bandelt. Den Hauptvorwurf Hot das Leipziger Tagebfatt sNr. 149) aus den Verhandlungen übernommen und in dem Satz niederaelegt: „Mit dem Hinweis, keine Politik treiben zu dürfen, hat die Hauptleitung sich geweigert, zur Unter stützung der nationalen Politik beizutragen, zu einer Zert, wo Sein und Nichtsein der kolonialen Bestrebungen Gegen stand des Politischen Kampfes war." Hiernach könnte cs scheinen, als habe die Kolonialgesellschaft den Reichstags wahlkampf als eine Sache angesehen, die sie nichts angehe; ja, als habe sie ausdrücklich jedes Eingreifen abgelehnt. Der Wahrheit zuliebe verdient festgestellt zu werden, daß eine solche Auffassung denn doch nicht zutrifft. Am 13. Dezember wurde der Reichstag aufgelöst und schon am übernächsten Tage erschien der Aufruf der Kolonialgesellschaft, der in scharfen Sätzen auf die Sachlage verweist. „Die Mehrheit der Volksvertretung", heißt es darin, „hat versagt da, wo nationale Ehre und einfachste Pflicht gegenüber unseren in harten Kämpfen ihr Blut und Leben für des Reiches Wohl fahrt opfernden südwestaftlkanischeu Truppen einstimmige Annahme der Regierungsvorlage erheischte." Der Aufruf schließt: „Treten wir alle, wie und wo wir können, mit allen Kräften für unsere Kolonien ein! Dann wird es uns auch beschicken sein, in den Reichstag eine Volksvertretung ecn- ziehcn Zu sehen, die in ihrer Mehrheit unsere Kolonien gleich hoch bewertet wie wir. Koloniale Fragen sind keine Fragen der Partei; sie sind Fragen der Volkswirtschaft, sie berühren alle Kreise unseres Vv.keZ, jeder Partei und jedes Sranves." Das ist doch keine Weigerung, „zur Unrerftüizung der nationalen Politik beizutragen". Nun wäre es allerdings sehr zum Vorteil der Kolonialgesellschaft gewesen, .venu sie auf der Tagung in Worms gezeigr hätte, wie es um die Mit arbeit im Wahlkampfe bestellt war. Leicht hätte sic Hunscrte Nomen von Männern auszäblen können, dre über ganz Deutschland verteilt, ihr Wissen und Können mic großer Kampffreudigkcit öffentlich für dic Kolonialsache einsetztcn. Es wird kaum eine Stadt sein, wo nicht Männer der Kolo- nialgescllschaft mit an der Spitze standen. Die besten rednerischen Kräfte waren mobil; manche zogen wochenlang von Ort zu Ort, um durch ihr Wort und mir anschaulichem Bild auf die Massen zu wirken. Wir erinnern auch an die großartig verlaufene Versammlung in Leipzig, die unter Mitwirkung der Kolonialgesellschaft zustande kam und ledig lich der Kolonialfrage gewidmet war. Und Gleiches wäre aus anderen Städten zu berichten gewesen. Nun wissen wir wohl, daß mit jenem Vorwurf nicht so sehr die große Anhängerschaft der Kolonialgesellschaft als die Leitung getroffen werden soll. Sie soll es nicht ver- standen haben, den kolonialen Gedanken populär zu machen. Es ist richtig: Dernburg hat in wenigen Tagen in dieser Beziehung mehr ausgerichtet, als die Kolonialgesellschaft während zwanzig Jahren. Aber auch hier sei «in berich tigendes Wort eingeschaltet. Als die Kolonialgesellschaft entstand, war nichts einleuchtender, als daß zuerst das ge bildete Deutschland für die neue Sache gewonnen werden mußte. Das ging nicht im Fluge. Da konnte nur lang same, aber stetige Arbeit voranbringen. Wie viele Leute waren denn damals vorhanden, die aus gutem Verständnis heraus — von eigener Anschauung und praktischer Erfahrung ganz zu schweigen — der Kolonialpolitik als Apostel dienen konnten? Heute noch klagt Dernburg über den Mangel an Kräften, und er wird noch lange keinen Uebersluh haben. Wie sollte man aber die Massen gewinnen, ohne berufene Kenner und Könner! Was die Kolonialgesellschaft in laugen Jahren durch die Ausdehnung ihrer Organisation über ganz Deutschland, durch ihre Vortragstätigkeit leistete, läßt sich natürlich nicht auf die Wage legen; das war eben geistige und praktisch« Arbeit. Und ob man sie nun lobt oder tadelt — ohne diese Vorarbeit wäre der koloniale Gedanke heule ein TreibhauSgewächs, das die freie Luft schwerlich von zu- vom Straf- Straf-
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