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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.06.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-06-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070607013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907060701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907060701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-06
- Tag1907-06-07
- Monat1907-06
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Wanverversammtung dcrDeulschen Landwirt» jchaftögcsellschaft eröffnet. (S. Dlschs. R.) * Die Darmstädter Stadtverordnetenversamm lung beschloß gestern gegen eine ganz geringe Minderheit oie Einführung völliger «Sonntagsruhe rm Handels gewerbe durch Ortsftatut vom l. Januar 1908 ab. * Kaiser Franz Joseph ist heute nach Budapest abzerefft. * Der französische Marinemiuister hat den Aus stand der Seeleute für beendigt erklärt. (S. Ausl.) * Der Kaiser von Oesterreich hat dem päpstlichen Staatssekretär Merry del Bal das Großtreuz des Stephans-Ordens verliehen. * In der Familie des Zaren ist die DiphthcritiS auSgebrochen. (S. Ausl.) * Die französischen GeneralratSwahlen finden am 2l. Juli statt. I» Ungnaäe. Ern Gespräch unter „Eingeweihten": Die Kamarilla. Häuptlinge sind in Ungnade gefallen. Harden hat sie ge stürzt. Wieso? Seit wann lanziert mau in Berlin Prcßan- griffe nicht mehr zur Befestigung der Angegriffenen in ihrer Stellung? Ja, sehen Sie. Diesmal ist die Sache anders: ä 175. Und dann wurde die Angelegenheit vom Kronprinzen aufgegrisfen und des Kaisers Majestät vorgetragen. Der Kronprinz war von Regimentskameraden unterrichtet wor- den. Woher wußten denn die Bescheid? Die Hardenschen Angriffe waren doch ganz mysteriös! War das die Kontre- mine? 6ui bc>uc>? Es ist eine tolle Zeit in Berlin. Die Tage der anonymen Briefe tauchen wieder auf. Ein unglaubliches Mißtrauen macht den Verkehr unbehaglich, und die abenteuerlichsten Ge rüchte gehen um. Nur ganz wenige Leute wissen, was eigent lich los ist. (Ob Harden zu ihnen gehört, ob er nicht ebenso düpiert wird wie die ganze Öffentlichkeit, ist schwer zu sagen. Manches spricht dafür. Vor allem das Eine, daß der Effekt seines Feldzuges gegen den Fürsten Eulenburg und Genossen seinem eigenen intimsten Feinde, dem Fürsten Bülow, vor läufig den größten Nutzen gebracht hat.) Und die wenigen Wissenden schweigen. Aus Vorsicht. Denn noch tobt der Kamps. Die Tafelrunde fühlt sich noch nicht definitiv be siegt. Und morgen kann ihr die Gnadensonne wieder scheinen. Alles ist unsicher. Also Vorsicht. Man muß sich an die Tatsachen halten. Ihrer sind nur wenige. Gegen den Schluß des verflossenen Jahres, im November, setzten die Hardenschen Angriffe gegen den Fürsten Eulenburg von neuem ein. Der Fürst wurde in der „Zukunft" beschuldigt, eine Ncbcnregierung etabliert und seinen Einfluß zum größten Nachteil des Deutschen Reiches ausgeübt zu haben. Nicht zum ersten Male wurde er dessen beschuldigt. Auch von anderer Seite war ihm das schon vorgeworfeu worden. Aber Harden verband da mit Vorwürfe anderer, persönlicher Natur, deren Charakter nicht klar wurde. Als wichtigstes Stück in der Reihe dieser aufs Schärfste zugespitzten Artikel, Entrefilets und Notizen gilt die „Zukunfts"-Attacke vom 24. November des verflosse nen Jahres, den wir nochmals zitieren: „November 1906. Nacht. Offenes Feld im Uker- gebiet. Der Harfner: „Hast du's gelesen?" Der Süße: „Schon Freitag." Der Harfner: „Meinst du, daß noch mehr kommt?" Der Süße: „Wir müssen mit der Möglichkeit rechnen: er scheint orientiert, und wenn er Briefe kennt, in denen vom Liebchen die Rede ist . . ." Der Harfner: „Undenkbar! Aber sie lassen's überall abdrucken. Sie wollen uns mit Gewalt an den Hals." Der Süße: „Eine Hexenzunft. Vorbei! Vorbei!" Der Harfner: „Wenn nur Er nichts davon erfährt!" Ein Deutungsversuch kann sich nur auf einige nebensäch liche Punkte erstrecken. Wer der Harfner sein soll, ist ohne weiteres klar — Fürst Eulenburg, der Dichter des Aegrr- sanges, der „Troubadour". Aber wer ist „der Süße"? Auch das kann man jetzt mit einiger Sicherheit sagen. Mit dem „Süßen" ist der französische Botschaftsattache Lecomte ge meint, ein sehr guter Freund des Fürsten. Man muß sagen, daß schon dieses intime Freundschaftsverhältnis zwischen dem Duzbruder des deutschen Kaisers und einem französischen Diplomaten, dem Angehörigen einer nicht gerade defreunde- len Nation, sehr unbehagliche Gefühle wecken muß, auch wenn man an die völlige (politische! Harmlosigkeit der Eulenburg- ichen Gefühle für den süßen Franzosen glauben kann. Was der „Süße" schon „am Freitag" gelesen hat, ist wohl auch zu erraten. Gemeint ist der Angriff auf Eulenburg in der am Freitag erschienenen „Zukunsts"-Nummer. Tie „Briefe, in denen vom Liedchen die Rede ist", sind natürlich die Stelle, wegen der die Notiz überhaupt geschrieben wurde. Dem Fürsten soll gezeigt werden, daß Harden von ihrer Existenz weiß. Was sie enthalten? Unnützes Kopfzerbrechen. Wo- möglich ist es gar von Bedeutung, daß in dieser Notiz, bei der jedes einzelne Wort genau berechnet ist, gerade ein sächliches Substantiv das Objekt oder Subjekt der Liebe kennzeichnen soll. Wer weiß es? Harden? Wer das groß geschriebene „Er "sein soll, braucht nicht gesagt zu werden. Es ist nicht gerade eine liebliche Beschäftigung, sich mit diesen Rätseln zu befassen. Und wenn Harden nicht sehr triftige Gründe anführen kann, die ihm diese Form der Kriegführung aufnötigten, so wird er sich manches harte Ur teil gefallen lassen müssen. Aber es läßt sich nicht bestreiten, daß es sich hier tatsächlich um bedeutsame politische Ereig nisse handelt, um die man nicht mehr herumkommt, auch wenn man keinen Geschmack an der überpikanten Sauce fin det, in die sie getaucht sind. Das sieht man am Unzweideutig sten daran, daß die Bülow-offiziöse Presse so betriebsam sund ungeschickt! wie kaum jemals arbeitet. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" hatte ohne ersichtlichen Anlaß eine Notiz über den bekannten Kamarilla-Ausspruch des Kanzlers gebracht und dabei betont, der Kanzler habe nicht die Existenz einer Kamarilla bestritten, sondern gesagt, Kama rilla sei eine fremde Giftpflanze, die nie ohne Schaden für Fürst und Volk bei uns eingeiuhrt worden sei. Das wurde sofort «ufgegriffen und von der Gegenpartei sehr geschickt verwertet Der Kanzler habe damit dem Gerede neue Nah rung gegeben und cs gewissermaßen gestempelt. Dann kam aber ein nicht übler Gegenzug. Es wurde in dem Kanzler blatte zitiert, wie Bülow die Selbständigkeit und unbeein flußbare Gesinnung des Kaisers gerühmt hatte. Es fragt sich nur, ob diese Parade noch rechtzeitig gekommen ist. Vor allem aber geht hieraus hervor, daß der Kampf noch wütet und der Kanzler sich noch nicht absolut sicher fühlt. Das ist nicht so befremdlich, auch wenn man die Enlen- burgschen Freunde einen nach dem andern fallen sieht. Graf Kuno Moltke, der Kommandant von Berlin, ist erledigt, ebenso der dem kaise^sichen Hau'e nahe verwandte Graf Hohenau und der Potsdamer Rittmeister. Fürst Eulenburg selbst hat seine Entlassung aus dem diplomatischen Dienst ser stand noch im Dispositionsverböltnis) genommen und wird wohl in diesem Jahre aus Liebenberg keine Kaiser-, standarte aufziehen lassen können. Indessen — der Eulenburgschc Einfluß reicht weit und hat noch lange nicht alle Trümpfe ausgespielt. Und der Kanzler rechnet offenbar mit weiteren Kämpfen, auch wenn er sich augenblicklich als Herr der Situation fühlen kann, wozu ihm Harden ver halfen hat. Eine kuriose Konstellation für jeden Politisch Unterrichteten. Man wird der Dinge nicht froh, auch wenn man dem verantwortlichen Staatsmann den Sieg über die Unverant wortlichen gönnt. Viele Bedenken und sonderbare Gedanken tauchen aus. Ist cs ein Wunder, daß so vieles im Argen liegt, wenn der Kanzler des mächtigen Deutschen Reiches seine beste Kraft an solchen Kram setzen muß? Und ist es nicht beinahe unvermeidlich, daß in einer solchen Atmosphäre neue Giftpflanzen erwachsen? Es wäre doch geradezu wunderbar, wenn nun die reine Unschuld zur Herr schaft kommen sollte. Und schließlich ist cs doch auch an der Zeit, daran zu erinnern, daß hier die Folgen eines bedenk lichen Zustandes offenbar werden. Wer sein Wirken auf Gnade und Ungnade fundieren muß, steht auf schwankendem Boden. Es wäre besser, sich nur auf Ruhe und Pflicht ver lassen zu können. knizclmäungrzeblsÄt rwircden Qurtr una lrriem gewerde in Amerika? Vor mehr als vierzig Jahren ging es in der großen amerikanischen Republik auf Leben oder Tod. Die Hälfte der Staaten, den ganzen Süden, behaupteten die Sklaven halter, die nördliche Hälfte gehörte der freien Arbeit. Ter Sieg des Nordens besiegelte den Untergang der Sklaverei. England war mit deren Abschaffung voraufgegangen: dem Beispiel der Vereinigten Staaten folgten die anderen noch mit dem schweren Schaden der Sklaverei belasteten Länder, zuletzt Spanien mit Kuba und Puertorico. Es war ein großer, welthistorischer Kampf. Die Besitzer der Neger sklaven beriefen sich vergebens aut das uneingeschränkte Eigentumsrecht, unter dem sie das Herrentum über die Schwarzen erworben hätten, vergebens auf die Minder wertigkeit der Negerrasse, die zur freien Arbeit ungeeignet sei, vergebens auf die größere Produktivität der Landes kultur. Ter Grundsatz der menschlichen Freiheit und Rechtsgleichheit drang durch, daneben auch die Rücksicht aus die freien weißen Arbeiter, die man nicht der Konkurrenz durch Sklaven aussetzen wollte. Wieder sind es jetzt die Vereinigten Staaten, wo ein Kampf um die freie Arbeit ausgcfochten wird — vielleicht, wenn es gut geht, für alle Länder. Jetzt erscheint der liöchste Grad gemeinschädlicher Rücksichtslosigkeit in einem anderen Teil des weitverzweigten Baumes des Eigentums und Unternehmertums. „Reiche Räuber" — kein Geringerer als der Präsident der Vereinigten Staaten bezeichnet die Uebeltäter so. Er wirst den Trusts vor, daß sie das Eigen tum weit mehr bedrohen, als Sozialisten uno Anarchisten. Ein Mann, der so etwas sagt, kann sich nicht etwa fernerhin damit zufrieden geben, daß einige Gesetze geschaffen wer den, die nach ernsten Maßregeln gegen die koalierten Riescnkapitalien aussehen, in Wahrheit aber alles bc.m alten lassen. Vor solchen Scherzen fürchten sich die Trusts nicht. Sie wissen, wie die großen Geldmächte mit ameri kanischen Strafgesetzen und mit der Staatsaufsicht um springen. Wenn die Richter nicht auf andere Weise kirre zu machen sind, so werden Formfragen aufgeworfen: es wird der altbewährte Kompctenzeinwand erhoben, daß das Gesetz gegen die Verfassung verstoße. Damit wird Zeit gewonnen. Schlimmstenfalls fügt man sich im Aeußerlichen und trifft eine neue Einrichtung, die das Gesetz umgeht. Formell ist der Pctroleumtrust durch höchsten Gerichtsspruch aufgehoben. In Wahrheit besteht er unter einem veränderten Aushänge schild weiter. Die amerikanische Gesetzgebung verbot eines Tages das Kegelspiel, das drüben den Namen r>it ok i-.iua führt. Anderen Tages zeigten die Kcgelwirte öffentlich an, bei ihnen könne man pib ock ton spielen. Sie fügten eben einen Kegel mehr ein, und seitdem spielt man in Amerika mit zehn Kegeln. Echt amerikanisch. Auch gegen die Trusts sind schon viele Gesetze erlassen: bis vor einem Jahre waren alle vergeblich. Die riesigen Kapitalverbindungcn schossen auf wie Pilze in der feucht- warmen Sommerlust. Ter Petroleumtrust machte den An fang: seitdem sind fast alle anderen Zweige der Groß industrie dem Trustwesen verfallen. Rockeseller, jetzt der reichste Mann, den jemals die Welt gesehen hat, wies den Weg. Tas Typische besteht darin, daß zunächst eine Anzahl von Großunternebmungen derselben Branche unter einen Hut gebracht werden. Die Eigentumstitel an allen, be stehen sie nun in privaten Besitztiteln oder in der Mehrheit von Aktien, werden einem Vertrauensausschuß übergeben, dem boarck ock prust«««. Alle werden nun nach gemein schaftlichen Gesichtspunkten und für gemeinschaftliche Rech nung verwaltet. Tie ehemaligen Eigentümer erhalten nur ihren Anteil an den Jahrcsgewinnen. Nun gilt es, cin solches schon zum Riesenunternehmen gewordenes Geschäft zum Privatmonopol zu machen. Die leitenden Kräfte suchen sich die Etablissements aus, die sie noch einbez'.ehen möchten. Zuerst versucht man es durch gütliche Verhand lungen, dann durch Drohungen. Man macht dem Wider spenstigen eine mörderische Konkurrenz: man überbietet ihn in allem, was er kaufen muß, man unterbietet ihn in allem, was er verkaufen will. Die Opfer, die man dabei vorüber gehend bringen muß, machen sich glänzend bezahlt, sobald man nach erlangter Monopolstellung die Preise willkürlich diktieren kann. Hat man das bekämpfte Etablissement mürbe gemacht, so kauft man cs aus Gnade und Barm herzigkeit sür einen elenden Preis an. Noch schlimmer ist der daran, den man nicht haben will. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als seine Fabrik zu schließen: sie ist veNlos. > 'cchcrall "risch-n Boston und dem M issifsippi liegen Hunderte von Etablissements, deren einst wohlhabende Besitzer auf diese Weise an den Bettelstab gebracht sind. Ein häufig an gewandter Trick ist, daß man durch heimliche Ankäufe die Mehrheit der Aktien eines Unternehmens an sich bringt; man braucht nur eine mehr als die Hälfte, dann i't man Herr über das Ganze. Dann kann man das Ganze ver kaufen, vielleicht zu einem Spottpreise, nachdem man zuvor eine Verwaltung eingesetzt hat mit der Aufgabe, die Ren tabilität zu zerstören. Handlanger bei diesen Raubzügen sind sehr oft die Eisenbahnen: deren Leiter werden dann auf die ein: oder andere Weile an dem Gewinn beteiligt. Alle Ei'cubadnen gehören Privalgcsellschaftcn, und diese treiben eine völlig willkürliche Frachtpolitik. Eine Zeitlang bestehen vielleicht gewisse Frachtraten, auf welche ein Produktionszweig an gewiesen ist. Sie bürgern sich ein. Nun aber kommt der Trust und schließt mit der Eisenbahn einen geheimen Ver trag, daß sic für seine Freunde die Raten auf oie Hälfte heruntersetzr, für seine Gegner aber aufs Doppelte erhöht. Damit ist die eine Gruppe ruiniert, die andere zu glänzen der Lukrativität gebracht. Es ist wohl vorgekommen, Laß die Eisenbahnverwaltungen selber die Urheber des Feldzugs waren. Hatten sic eine Gruppe in die Höhe gebracht, so verkauften sie ihre zuvor billig erworbenen Aktien und er setzten sic durch die inzwischen ganz entwerteten Aktien der anderen: dann kehrten sic das Spiel mit den geheimen Frachtrabatten um und verdienten nun wieder. Nach vielen fehlgeschlagenen Versuchen ist man diesen Mißbräuchen im Eisenbahnwesen endlich etwas beige kommen. Den auf einen Bundesstaat beschränkten Dahnen kann die Bundesgesetzgebung nicht an den Leib. Aber sür die, die mehrere berühren, schreibt das Gesetz vor, daß die Tarife stets öffentlich gehalten werden sollen, und daß ge heime Rabatte schwer geahndet werden. Sowohl die E-eu- bahn, als auch das sic benutzende Publikum wird bestraft. Und zwar sind bereits rechtskräftige Urteile über viels Millionen Dollars gefällt. Tie Trusts sind im Partciwesen sehr mächtig: sie liefern den schutzzöllnerischen Republikanern viele Millionen 'n die Parteikasse. Ja, viele glauben, daß letztere ohne sie gar nicht bestehen kann. Darauf hin droben die Trusts, die ganze republikanische Partei sprengen zu wollen, indem sie gegen Roosevelt oder den von ihm begünstigten Staarssetr-.iär Taft einen Gegenkandidaten ausstellen. Von letzterem haben sie die bindende Zusage verlangt, daß er den Zoll tarif unverändert erhalten wolle. Roosevelt aber, wie cr auch über den Zolltarif denken möge, will gegen die Trusts kämpfen. Er weiß, daß er der populärste Mann in ganz Amerika ist, und daß er vollends die ganze Nation h.nter sich hat, wenn er seine ganze Kraft auf den Kampf ocgen die Trusts verwendet. Durch seine Rede in Indianapolis hat er angekündigt, daß cr sich nicht von den „reihen Räubern" einschüchtern lassen will. Zunächst soll es weiter gegen die Eisenbahnen gehen, namentlich gegen die be trügerische Ueberkapitalisierung und gegen die Versuche, sich durch mörderischen Tarifkampf auf Kosten gutgläubiger Aktionäre gegenseitig zu erobern. Wir sagen: Glück aus! Vie airssiibrige sieisessiron. o. Je näher der Höhepunkt der Reisezeit rückt, desto mehr werden die Erwartungen von Verkehr, BcherbergungS- und ErquickungSgewerbe, sowie anderen Reise- und Bäder industrien herabgeschraubt. Schon an den Vorbereitungen ist es zu merken, daß die Reiselust in diesem Jabre viel matter ist als 1906. Die verschiedensten Umstände wirken dies mal zusammen, um eine rechte Reiselust, wie sie im Vorfahre bestand, nicht auskommen zu lassen. Da ist vor allem die Fahrkarteusteuer, die nicht nur unmittelbar, sondern auch mittelbar einen ungünstigen Einfluß auf die Rest, lust ausübt. Denn einmal gibt es viele Leute, die Rei > c besonders größere Reisen aufgebcn und lieber in die Näi der Städte auf Sommerwohnung gehen, einfach, weil di. Fahrt den Sommeraufenthalt in der Ferne zu kostspielig macht. Sodann aber haben eine große Anzahl Leute in letzten Jahre die Gelegenheit noch auszunutzen gesucht und haben, da die Steuer erst für nach dem 1. August gelöste Fahr karten galt, im Juni und Juli größere Reisen begonnen, die dann gleich sür zwei Jahre vorhalten mußten. Die Prosperität des Verkehrsgewerbes im letzten Jahre spricht für die Richtigkeit dieser Auffassung. Nach dem übergroßen Andrang der Reisenden im Vorjahre dürste in diesem Jahre naturgemäß eine Reaktion eintreten. Wäre nun dieser Um stand allein schon genügend, um einen Rückgang der Reiselust zu erklären, so kommt als nicht zu unterlchätzender Faktor hinzu, daß im vorigen Jahre vor der Reisesaison im Mai und Juni die Witterung ganz unvergleichlich viel schöner und zum Reisen einladender war als in diesem Jahre. Rei sende, die Psingsttouren unternommen hatten, sind sehr skep tisch geworden: sie warten erst schöneres Wetter ab, um sich zu einer größeren, kostspieligen Reise zu entschließen. Tenn die Aussicht, nach einer teuren Fahrt bei Regen und Kälte in ungemütlichen Hotelzimmern sitzen zu müssen, verlockt zum Reisen nicht. Ändere, die bereits auf Sommerwohnung ge gangen sind, machen in ihren Bekanntenkreisen erst recht keine Stimmung zum Reisen. Schließlich kommt auch noch hinzu, daß so mancher Geschäftsmann angesichts des teuren Geldes sich überlegt, ob er das Geld nicht ersprießlicher anlegen kann als für eine Vergnügungsreise. So gibt es in diesem Jahre gar viele Hindernisse, durch die die Reise lust eine Abschwächung erfährt. Wie wirkt nun eine solche Abschwächung auf den Arbeitsmarkt zurück, speziell in den Gewerven, die durch die Reisesaison bis zu einem ge wissen Grade alimentiert werden? Ta liegen die Verhält nisse denn gerade in diesem Jahre recht prekär. Auf Grund der vorjährigen Hochflut zur Reisezeit hat sowohl das private Verkehrsgewerbe als das Beherhergungs- und Erguickungs- gewerbe vielfach Dispositionen getroffen, die sich für den diesjährigen Geschäftsgang als übertrieben erweisen dürf ten. Hat doch schon das Pfingstfest bedauerlicherweise Gast wirte und alle Leute, die von den Reisenden beansprucht wer den, arg enttäuscht, ihre Kalkulationen fast ganz zerstört. Wenn die Ungunst der Witterung nun noch einige Zeit an hält, dürfte es speziell im Gastwirtsgewerbe in diesem Jahre recht bedenklich aussehen. So schwer wie das Wirtsgewerbe werden nun zwar die andern in Frage kommenden Gewerbe und Berufszweige von einer Ermattung der Reoelutt nicht getrosf'n: immerhin entgehen aber auch sie den Wirkungen einer solchen nicht. Ter Abstrom, der jeden Sommer vom Arbcitsmarkt für Kellner, Gastwirtsgehilfen, Friseure, Dienstboten usw. aus Großstädten stattfindct, dürfte in die sem Jahre weniger bedeutend fein; die kleinen Handwerker, Blumen- und Nahrungsmittelgeschäite, Zigarrenhändler in Bade- und Kurorten Ricken dem Beginn der eigentlichen Reisesaison, dem Anfang Juli, unruhig entgeg'n: nach ihren bisherigen Erfahrungen zu urteilen, verspricht ihnen die diesjährige Reisesaison keinen großen Verdienst. veulschss Leipzig, 7. Juni. * Tic ManncSzncht in Heer und Flotte. Die soeben veröffentlichte Kriminalstaiistit für Heer und Flotte auf Las Jabr 1906 beweist von neueni, Laß es mit ter Mannes zucht in der denticben Wehrmacht nach w>e vor günstig bestellt isi. Was zunächst ras Heer aubelaugt, so ergeben die strafbaren Handlungen gegen die Pfl-chtcu der mili tärischen Unterordnung folgendes Bild, dem wir zum Vergleich mit den Verhältnissen des Jahres 1905 einen entsprechenden Hinweis in Klammern folgen lassen: Wegen ach, ringe widrig en Betragend wurden rm gesamten deutschen Heere 221 Personen Les Soldatenstandes bestraft (12 mehr); wegen Beleidigung von Vorgesetzten 96 (15 weniger); wegen Ungehor sams und ausdrücklicher Verweigerung des Gehorsams 799 (6t weniger); wegen Wirersetzung 100(21 in.br); wegen rät UchenA ngris fs auf Vorgesevte81 (12mehr ; wegen Auf forderung zur V-rietznng der SubordrnaiionSpftlckt, wegen Aufwiegelung, Erregen von Mißvergnügen und Meuterei 16 (8 mehr); wegen Aufruhrs 4 (1 weniger); wegen Be leidigung :c. gegenüber Wachen 62 (11 mehr). Bei der Flotte wurden bestraft: Wegen achtungcwidrigeu Betragens 33 (ebenso wie 1905); wegen Beleidigung 14 (2 medr); wegen Ungehorsams »c. 110 (29 mehr); wegen Wider!etzung 12 (6 weni.er); wegen tätlichen AngnffS 18 <5 weniger); w^gen Aufforderung zur Verletzung der Subordinai ons- pflicht Mw. 4 (4 mehr); wegen Au'rubrS 1 (1 mehr); wegen Beleidigung re gegenüber Wachen 10 (6 mebr>. Daß die vorstehenden Zahlen im Vergleich mit Len Hunderk- tamenden von Mannschaften die Manneszucht der deutschen Wehrma.lt von einer iebr vorteilhaften Seile zeigen, ist unbestreitbar. Besonders erfreulich ist. Laß bei einigen Gruppen strafbarer Handlungen em zum Teil erheblicher Rückgang der Verfehlungen emgctreten ist, während c e Ver mehrung unwesentlich blieb. In bezug auf die Flotte rft die Steigerung der Mannschasiszahl nicht zu vergessen. * Tcntschcr Besuch in Brüssel. Nach einer M leung LeS „B. T." ist ras offizielle Programm sür Leu Ve'uch der deutschen Bürgermeister und HanvelSkammeroorstanee Ler westlichen und südlichen Provinzen folgendes: Ankunft in Antwerpen am 17. Juni, abends Diner im Rathaus und Konzert unter LZiuug des be>ühmtcn flämstch.m K.'inponisteq Jau B cckb; am 18. Empfang in der Handelskammer, AuS- stug auf der Schelde an Bord eines DampterS L-S Nort- ccutichen Lloyd, abends Festessen, veranstaltet vom General konsul v. Bary; am 19. oisizieller Emp'ang in Brüssel, Be sichtigung des neuen Seehafens; am 20. Juni Besichtigung von Zeebrugge und Biugge. Voibebaltiich der Zustimmung LeS Ministers weiden die belgssch-n Se tadelten an Bord LeS deutichen Fün Masters „R. E R ckmerS" eine neun» monatliche UebungSreffe machen. J.izw lchen soll ein see tüchtiges belgNcheS Sckulichiff gebaui werden. * Tie parlamcntaitschc Informationsreise. Ueber die Fahrt ter vom Reichsmarineamt ;u einer Jniormationsreise gelarenen BundeSratsmiiglieder und R.ichsiagSabgeorLn.len auf Lein Linienichfffe „Schwaben- nach Sonderburg und Mucrwik wird berichtet: Am 5. Juni um 7 Uhr begaben sich
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