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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.06.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070619022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907061902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907061902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-06
- Tag1907-06-19
- Monat1907-06
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Bekanntlich ist Wolffs Bureau der Meldung des .Lokal- Anzeigers^ eutgegengetreten, daß Besprechungen zwilchen Vertretern der maßgebenden Parteien und der leitenden Breite daS Ergebnis gehabt batten, es komme als Nachfolger des Herrn von Studt nur jemand in Frage, der derselben politischen Richtung angehöre, wie der jetzige Kultusminister. Da ras Scherlscbe Blatt auch gegenüber dem Wolfffchen Bureau seine Behauptung aufrechterbält, sei mitgeteilt, daß vie Auslassung des Wolffschcn Bureaus — wie wir von be rufenster Seite hören — unmittelbar vom Reichskanzler ver anlaßt worden ist. Aus dieser Tatsache ergeben sich sür die Ankunft andere Schlüffe, als der „Lokal-Anzeiger" andeutet. Tic geplante Automobil-Rennbahn. Wir berichteten schon vorgestern aus Frankfurt a. M. die inis von dort von zuverlässiger Stelle verbürgte Nachricht, daß der Kaiser lebhaft für den Plan eintritt, zur Abhaltung großer Automobilrennen eine besondere Rennbahn zu schaffen, deren abgesonderte und in sich abgeschlossene Lage es erwog- licht, die Rennen ohne allgemeine Verkehrsstörungen und ohne Fährlichkeiten für das Publikum abzuhalten. Wie Geh. Kommerzienrat Fritz v. Friedlaaver-Fuld, der mit dem Kaiser mehrmals die Angelegenheit besprochen hat, einem Mitarbeiter deS „Lokal-Anz." mitteilte, wird Herr v. Friedländer in den nächsten Tagen mit dem Minister des Innern eine Unter redung über die Angelegenheit haben, und dann wird eine Kommission gebildet, um die Vorarbeiten in die Hand zu nehmen. Außer der Lüneburger Heide sind noch andere Gegenden, wie die Eifel und die Umgegend des Fürsten waldes, in Vorschlag gebracht worden. Man erwartet, daß die Städte, in deren Nähe die Automobil-Rennbahn gebaut wird, sich an der Deckung der Kosten beteiligen werden. Die Finanzierung des Unternehmens bleibt späteren Erwägungen Vorbehalten. Die Lage in der Provence scheint eine sehr ernste Wendung zu nehmen. Alle gestern abend aus dem Süden eiogetroffenen Nachrichten stimmen darin überein, daß di« Weiuintereffenten die bisherigen Beschlüsse des Parlaments vollkommen unzureichend finden. Die Regierung nimmt die Sache sehr ernst. Elemenceaus gestrige Kammrrrede enthält Andeutungen sehr bedenklicher Natur. Nack Schluß der Kammersitzung ersuchten die mit ihm befreundeten Deputierten vergeblich, ihn zur Aufklärung seiner auf der Tribüne gesprochenen Worte: „Die größten Schwie rigkeiten unserer Lage kennen Sie noch garnicht," zu veran- lassen. Clemenceau verweigerte entschieden jede Auskunft. Es ist nicht unmöglich, daß die in neuerer Zeit wieder sehr rege gewordene orleanistische Bewegung die Aufmerk samkeit der Regierung erheischt. — Der Verdacht, daß monarchistische Umtriebe die Hand im Spiele haben, ist schon längst aufgetancht. Der heutige Tag scheint der kritische zu sein. Elemen- eau brachte die Nacht in feinem Bureau im Ministerium Mittwoch 19. Juni 1907. 101. Jahrgang. zu, wo er sich ein Bett aufschlagen ließ. Auch der Direktor der allgemeinen Sicherheit, Hennion, verließ das Ministerium nicht. Der große Schlag scheint schon erfolgt zu sein. Zwar bat die Behauptung der Blätter, daß die Negierung Truppen aus Nancy nach dem Süden senden werde, sich als übertrieben erwiesen. In Wirklichkeit sind nur in der Umgegend von Montpellier und Uesbonne abends 3 Kavallerieregimenter aus Lyon eingetroffen. Ein Teil der Truppen besetzte in der Nacht ArgelierS, wo Mcrcelin Albert und sein Agitationskomitee ihren Sitz haben. Zwar sind die gestern früh schon in Paris verbreitet gewesenen Gerüchte über die Verhaftung Albertö und Ferrouls entschieden unrichtig gewesen, da Ferroul gestern noch eine sebr aktive Rolle gespielt hat, und zwar dieses Mal in ver söhnendem Sinne, wohl in der Erwartung, daß die Sache schief gehen tönne und er jetzt seine juristische Position zu verbessern trachten müsse. Der Aufruhr in Narbonne ist nämlich in vollem Gange gewesen. Es wurde die Sturm- glocke auf dem Rathause geläutet, um die Bevölkerung, die in den Straßen am Bau der Barrikaden arbeitete, dorthin zu rufen. Ferroul hielt eine Ansprache an die Menge, in der er sagte, er wolle keine Barrikaden, er werde sich der Justiz stellen; er wolle nicht, daß Blut vergossen werde. Ferroul forderte die Bevölkerung auf, die Barrikaden niederzureißen und legte selbst dazu Hand an. Der Aufforderung wurde Folge geleistet, die Barrikaden wurden abgerissen. Unweit des Fleckens Eoursan waren die Eisenbahnschienen, w:e gemeldet, aufgerissen und die Tele- graphendrähte zerschnitten worden. Zur Reparatur ent sandte Arbeiter, sowie der Staalsanwalk und Untersuchungs richter, die sich nach den betreffenden Stellen begeben batten, mußten umkehren. Ferroul hat die Bevölkerung anfgefordert, die Wiederherstellung der Telegraphenleitnng und die Aus besserung der Schienen nicht zu hindern. Keine Lcffcntlichkettl Im Haag hat gestern eine Besprechung der Konferenz mitglieder stattgefunden, in der man sich überwiegend gegen die Oeffentlichleit der Verhandlungen erklärte. Aufruhr in Rußland. lieber die Soldatenunruhen in Kiew werden folgende Einrelheiten gemeldet: 500 Soldaten deS GeniebataillonS bemächtigten sich in der Nacht des Zeughauses, erbeuteten scharfe Patronen und gaben eine Salve in die Luft. Der berbcieilenve Bataillonsches wurde mit noch drei anderen Offizieren getötet. Von den Soldaten sind 260 verwundet und 250 verhaftet worden. 190 flohen. — In Kiew wurde der Generalstreik vorbereitet. 98 Personen wurden v^- haftet. — 8 Dragoner-Regimenter werden aus dem Militär bezirk Polen nach den Wolgazouvernemcnts kommandiert, um dorr die Agrarnnruhen zu unterdrücken. Ferner gehen aus Warschau mehrere Truppenteile nach Zarskoje Ssclo. Insgesamt verlassen 9l00 Angehörige der berittenen Truppen den Militärbezirk Polen. — Gestern ergingen an sämtliche Gouverneure einschränkende Verfügungen für die Presse. — In Wilna wurden am Montag über 100 Verhaftungen vor genommen, man sand auch viel kompromittierendes Material; so wurde festgestellt, daß das Zentrum für die revolutionäre Propaganda unter dem Militär in Wilna zu suchen ist, wo eine geheime Druckerei entdeckt wurde, die die sämtlichen Garnisonen mit revolutionären Aufrufen versorgte. Ein stürmischer Auftritt. Im englischen Unterhaus«: kam cs zu erregten Austritten bei der Besprechung von Fragen, die an den Staatssekretär sür Indien Morley in der Angelegenheit der Deportation der indischen Agitatoren Laosckpalrai und Adsckit-Slngh ge richtet wurden. Mehrere radikale Redner, sowie Mitglieder der Arbeiterpartei und irische Nationalisten stellten Fragen in dem Sinne, daß sie betonten, Ladschpatrai stebe nickGn Beziehung zu der aufrührerischen Agitation des Adschit-Smgh und ver diene verschieden behandelt zu werben. Diese Behauptung stellte Staatssekretär Morley in Abrede. Während er sprach, machte der Konservative Howard Vincent mit halblauter Stimme eine Zwischenbemerkung. Diese wurde jedoch von den Nationalisten gehört und gab ihnen Anlaß zu stürmischer Protestkundgebung. Wie sich h rauSstellte, hatte Howard Vincent zwochengerufen, warum man den Ladschpatrai nicht er schieße. Es entstand starte langandauernde Unruhe. Der Sprecher wurde von den Nationalisten aufgefordert. Howard V ncent zur Zurücknahme seiner Bemerkung zu zwingen. Letzterer er klärte, es sei nicht seine Absicht gewesen, daß seine Bemerkung gehört werden solle. Der Sprecher sagte darauf, daß er die Bemerkung nicht gekört habe, ermähnte jedoch Howard Vincent, Zwischenrufe zu unterlassen. Staats>ekretär Morley erklärte dann auf Aufforderungen von seilen der Natio nalisten, daß er sich der Bemerkung Vincents keineswegs an schließe. Damit war der Gegenstand erledigt. Lustmörder Tctznow begnadigt. Der geisteskranke mehrfache Lustmörder Teßnow ist, wie uns ein Prioattelegramm aus Greifswald meldet, zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadi gt worden. politisches. Oeffentliche Arbeitsnachweise gemeiunütztger Art. 'Das Königl. Ministerium des Innern hatte, wie seiner zeit erwähnt, am 30. November 1906 an die Knceishaupt- mannschasten ein Rundschreiben gerichtet, in dem der Wunsch ausgedrückt wurde^ daß die weitere Ausbreitung und Ausgestaltung der öffentlichen Arbeitsnachweise ge meinnütziger Art tunlichst gefördert werde. In den einzel nen Regierungsbezirken, so auch in dem Dresdner Bezirk, sind schon eine große Zahl solcher gemeinnütziger Arbeits nachweise vorhanden, teils rein beruflicher Art, teils auf wohltätigen Stiftungen basierend, teils aber auch unter unmittelbarer Kontrolle der Ortsbehörden arbeitend. Es hat sich nun durch eine genaue Feststellung der Staats behörden hcransgestellt, daß die Zahl der vermittelten Ar beitsgelegenheiten in den meisten Fällen bedeutend geringer ist, als die der gemeldeten Arbeitsgesuche und offenen Stellen. Um dieses Mißverhältnis nach Möglichkeit zu be seitigen, beabsichtigt die Königl. Kreishauptmannschast Dresden wegen Schaffung einer Zenlralvermittelungsftelle für den Regierungsbezirk Dresden, etwa nach süddeutschem Vorbildc, mit den Vertretern der besti een Arbeitsnach weise, sowie der beteiligten Behörden, Körperschaften usw. zu verhandeln. Eine vorläufige Besprechung soll aut Donnerstag, den 4. Juli, im Kaiser Wilhelm-Saale des Hauptbahnnofes in Tresden-A. srattfinden. Aus dem Rundschreiben des Ministeriums an die Kreishauptmann schäften, das in seinen vier gedruckten Folioseiten durch weg moderne Anschauung und praktischen fortschrittlichen Sinn zeigt, seien nur folgende Stellen erwähnt: Es ist ein sozialpolitisch wichtiger Gesichtspunkt, daß die in den Facharbcitsnachweisen vielfach wirksamen Be strebungen entweder der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer auf einseitige Beherrschung des Arbettsmarkrcs nacli Möglichkeit ausgeschalten werden. . . . Das Ministerium des Innern kann es nicht als einen befriedigenden Zu stand erachten, daß sich das Vorhandensein ausreichend eingerichteter gemeinnütziger Arbeitsnachweise bisher auf Leipzig und Chemnitz beschränkt, kält es vielmehr sür dringend erwünscht, daß ihre Errichtung eine noch Zahl und Form fortschreitende Entwickelung nehme und sich ans alle Orte ausdckne, in denen die Verwendung zahlreicher Arbeitskräfte stattfindct, oknr daß der Ar- beitsmarkt völlig übersichtlich wäre. — Als solche Orte sieht das Ministerium alle Städic nni mehr als 10000 Einwohnern an. Schließlich fei noch erwähnt, was das Ministerium über den Charakter der Leitung der öffentlichen Arbeitsnachweise sagt: Sie 'ollen unparteiisch und daher einem überwiegenden Einflüsse der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer entzogen fern. Zu diesem Zwecke ist die Berufung eines nach keiner Seite hin ver pflichteten oder voreingenommenen Vorsitzenden, der also grundsätzlich weder zu den Arbeitgebern noch zu den Arbeit nehmern gehören soll, angezeigt, auch soll die Verwaltung nicht burcaukratischer Natur sein, und es empfiehlt sich daher, dem Vorsitzenden einen aus Arbeitgebern nnd Ar beitnehmern in gleicher Zakl gebildeten Ausschuß zur Seite zu stellen. * - Zu Dernbnrgs Reise. In der offiziellen Begleitung des Staatssekretärs des Rcichskolonialamts Ternburg. der sich bekanntlich am 13. Juli nach Deutfch-Ostafrika begibt, wird sich, wie nunmehr bekannt wird, auch Oberstleutnant Quade vom Kommando der Schutzrruppcn befinden. Außer dem Vorgenannten begleiten den Staatssekretär noch der Geheime Baurat Baltzer und Rittmeister Graf Henckel zu Donnersmarck, Referent für Spezialaufträg; des Staats sekretärs. * Aufbesserung der Bcamtrngchältcr und preußischer Etat 1!M. Wie die „Vossischc Zeitung"-crsäbn, üben die im nächsten Jahre zu erwartenden erheblichen Mehrausgaben für die Aufbesserung der Beamtcngehälter bereits auf die Vorarbeiten für den preußischen Etat f"08 -Kren Einfluß auS. Der Finanzminisler Hst sämtliche Ressorts zur äußersten Einschränkung ikr-'s Geldbedarfes, besonders in Extraordinarien, angeregt. Die Gebaltsausbesicr ungen werden sich aus die unteren, mittleren und oberen beziehen, soweit sie überhaupt zu berücksichtigen sind, und sollen so bemessen werden, daß sür eine.ganze Reihr pon Jahren ein Abschluß erreicht wird «<I. Kriegervereinc und Wclfentum. rer striegerocrein in Lüneburg-Bleckede beschloß, diejenigen Kameraden, die den eingelegten welfischeu Reichstagswahlvrot'it mit unter zeichnet haben, aus dem Kricgcrvercin auszu schließen. * Studentenschaft nnd Politik. Der beantragte Anschluß des bekannten sozialdemokratischen Abgeordneten und Redak. teurs Geck aus der Burschenschast „Teutonia' wurde am Feuilleton. Jean Pank. G D Schlechte Schriftsteller sollte man vor, große nach ihren Büchern kennen lernen, um jenen mehr die Bücher, diese mehr den Büchern zu vergeben. Es ist ein betrübender Anblick, wenn ein Schriftsteller vor unseren Augen, angesichts des ganzen Publikums, allmählich alt wird. Heine. Rraftentfaltttng «nd Formgestaltung in der Natur. Von M. Schoen (Leipzig). Dre gesamte menschliche Kulturtätigkeit kann auf zwei Grundelemente zurückgefüyrt werden: einmal auf die Kraft entfaltung und zweitens aus die Formgestaltung. Beide Elemente verhalten sich wie Inhalt und Form eines Kunst werks zueinander. Aus ihnen setzt sich im Grunde genom men jedes menschliche Tun zusammen, mag man nun Wisscn- 'chast oder Kunst, Philosophie oder Technik oder irgend eine praktische Tätigkeit des Menschen betrachten. Nun darf man ober nicht vergessen, daß die Grundlagen der Kultur in dem Naturgeschehen zu suchen sind. Die Kultur ist ein absolutes Tätigkeitsprodukl des Menschen, und dieser wiederum wur zelt mit seinem ganzen Sein in der Natur. Die Kräfte, welche in der Kulturwelt tätig und wirksam sind, verdanken ihr Dasein der Natur. Wohl mag es dem oberflächlichen Beobachter anfangs erscheinen, als seien Kultur und Natur im Prinzip zwei verschiedene, ohne leglichcn Zusammenhang bestehende Erscheinungswelten; tatsächlich weisen sie die innigsten Beziehungen zueinander auf. Die beiden Urele mente — Kraftentsaltung und Formgestaltung, — welche wir als im Kulturgeschehcn wirksam 'erkannt haben, sind ebenso in der Natur tätig. Der Rückschluß, den wir hier mit vom Kulturgeschchen zum Naturqeschchen gemacht haben, 'st erlaubt, wenn man von der Grunderkcnntnis ausgeht, daß Natur und Kultur im innigsten Zusammenhang mit einander stehen. Einen solchen Rückschluß hat auch der große "arwin in seinem genialen Werke lieber die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl" getan. Von den Er- oebniffen der menschlichen Tier- und Pslanzcnzüchtnna aus gehend, schloß er aus das Vorhandensein einer in der Natur waltenden Zuchtwahl und gelangte dadurch zu io überraschen den Resultaten, daß kein Zweifel an dem tatsächlichen Da sein der natürlichen Zuchtwahl mehr übrig bleiben konnte. — Betrachten wir nun die einzelnen Naturerscheinungen genauer, jo können wir uns auch direkt von dem Wirken der beiden obengenannten Urelemente in der Natur über- zeuoen. Leider haben aber die Naturwissenschasten, und insbesondere die sogenannten exakten, bisher säst ausschließ lich das Prinzip der Kraftentfaltung in den Kreis ihrer Beobachtungen gezogen nnd die mehr ästhetische Seite im Naturgeschehen vernachlässigt. Dieses aber bedeutet eine Einseitigkeit, welche sich schon manchmal an ihren Urhebern gerächt hat. Die Betrachtung der Kraftäußerungen in der Natur lehrt uns immer und überall nur das eine, vermit telt uns immer wieder die allgemeine und gewissermaßen niederschmetternde Erkenntnis, daß sich alles in der Natur in einem ewigen, trostlosen Kreislauf befinde. Tas Master verdunstet und' verdichtet sich zu Wolkcngebildcn, um nach einiger Zeit wieder als Master auf die Erde zurückzuge langen, und so fort in alle Ewigkeit. Die Pflanze nährt sich von anorganischen Stoffen, das Tier von der Pflanze, also von organischen Produkten, während cs wieder anorganische von sich gibt: also wieder ein Kreislauf. Mas im Makro kosmos gilt, gilt auch im Mikrokosmos. Der Kreislauf des Blutes im Individuum gibt uns ein Beispiel dafür. Die Erkenntnis dieses Naturkreislaufcs ist für den Menschen tatsächlich niederdrückend. Er sraat sich mit Recht: wozu, weshalb, warum dies alles? Unbefriedigt von dieser unum stößlichen Tatsache, haben von jeher verschiedene Natur forscher nach Auswegen aus dem Labyrinth gesucht. Tas „Sektenwescn" in den Naturwissenschasten, wenn man so sagen darf, kann zum großen Teste daraus zuriickqesührt werden. Alle die Kämpfe zwischen Mechanismus und Vita lismus, Materialismus und Spiritualismus, und wie sie alle heißen mögen, sind zum nicht geringen Teile dadurch heraufbcschworen worden, daß sich dir offizielle Naturwissen schaft nur mit den Kräften in der Natur beschäftigen wollte, unter Außerachtlassung der formalen Elemente im Natur geschehen. Es gibt beute eine ganze Anzahl Naturforscher, welche sich zum sogenannten teleologischen Naturprinzip be kennen. Ihnen genügt die Erkenntnis des Kausalgeschehens in der Natur nicht, sie suchen nach dem „Zweck" der Er scheinungswelt. Zwar geraten auch sie bei ihren Spekula tionen auf Abwege, aber man kann wenigstens verstehen, aus welchem Grunde die offizielle Naturwissenschaft so man chen Forscher unbefriedigt läßt, so daß er nach neuen Pfa den sucht. Die Erkenntnis des Kreislaufes in der Natur führt als solche zu einer mechanischen Weltanschauung, und diese ist es gerade, welche so manchem widerstrebt. Er sucht das „Geistige" in der Natur, sozusagen die Seele der Natnr. Deshalb spricht er auch immer von dem ..sinnlosen Mechanis mus" und dem „öden Atvmismus". So sagt unter ande rem auch Butsche an einer Stelle: „Eine starre Natur anschauung, die von der lebendigen Natur nur ein schlottern des Gerippe übrig läßt, wirft die Sehnsucht nach Welt anschluß im Lebendigen ins Wesenlose: die Sehnsucht träumt und sie erfindet in jenes Skelett hinein nicht einen Geist, sondern ein Gespenst' sic horcht aus die Klopslaute eines Fisches und endet im Spiritismus der gröbsten Art." Mir sehen also, wohin die ciu'eitige Betrachtung der Natur- norgänge führen kann und tatsächlich auch führt. Man kraucht sich dann auch nicht mehr darüber zu wundern, daß es bedeutende exakte Naturforscher gegeben hat (und noch gibt), welche sich zum Spiritismus bekannt haben, wie z. B. der frühere Leipziger Astrophysiker Zöllner. Ader auch die minder krassen Fälle beweisen uns, daß icde Einseitigkeit vom Nebel ist. Der moderne Neooitalismus, welcher auch sein Dasein dem Unbefricdigtsein mit der offiziellen Natur forschung verdankt, ist ja, objektiv betrachtet, tatsächlich eine Verirrung, aber aus dem oben dargclegten Grunde zu be greifen. — Wie kann man sich nun aber aus diesem Dilemma herausfindcn, einmal ohne in Einseitigkeit zu verfallen, daS andere Mal ohne auf Abwege zu geraten? Da gibt es nur einen Ausweg: die Naturforschung muß sowohl die Kraft entfaltung als auch die Formgestaltung in den Kreis ihrer Betrachtungen ziehen. Wir haben oben einige Beispiele über den ewigen Kreislauf in der Natur kennen gelernt und haben uns dabei sagen müssen, daß die Erkenntnis des Naturkreislauses als solchen uns schließlich zur Verzweif lung bringen kann. Welch eine andere Gestalt erhält aber das ganze Problem, wenn wir noch das Moment der Form gestaltung unseren Betrachtungen unterziehen. Wohl bleibt der ewige Naturkreislauf bestehen, aber er erhält durch das formale Element ein edleres und milderes, versöhnendcres Antlitz. Tas Wasser verdampft zwar und treibt als Wolke am Firmament hin, aber diese Wolke ist nicht mehr bloßer Begriff, welcher sich schematisch in irgend eine bestimmte Gruppe von Naturerscheinungen einordnen läßt. Wir sehen diese Wolke leibhaftig vor uns. Sie steht nicht still, sondern bewegt sich bald schneller, bald langsamer; bald rast sie, wie von Furien gcpeistcht dahin, bald verweilt sie einige Augenblicke an einem Ort. Jeden Augenblick glaubt mau ein anderes Wolkengebildc vor sich zu sehen, während die Wolke nur ihre äußeren Umrisse ein wenig verändert. Wir sehen sic bald groß, bald klein, bald hell und luftig, bald dunkel und dräuend: bald erscheint sic weit von uns ent fernt, bald glauben wir sie mit unseren Händen greifen zu können. Und dann das Wasser selbst! Wohl ist Wasser eine chemische Verbindung, aber gehen wir in die freie Natur hinaus und schauen uns dort einmal das Wasser an! Ta sehen wir die große, bunte Fülle der Onellen, Bächlein, Flüsse, Ströme, Seen, Meere, bis zu den gewaltigen Wasser- becken der Ozeane sich vor uns ausbreiten. Auch sic alle leben und verändern sich. Bald plätschern sie leise und still murmelnd dahin, bald kommen sie mit gewaltigem Tosen dahergestürzt; bald glauben wir einen klaren nnd glatten Spiegel vor unseren Füßen liegen zu scbcn, bald rasende Urelemente, die sich gewaltig von ihrem Lager erheben, zu zürnen scheinen, gewaltige Wasterblöcke aufeinander zu tür men versuchen, nnd ihre eigene Arbeit wieder zerstören, zugleich alles um sich her zerschmetternd und zermalmend. — Eine solche Sinncnerkenntnis kann den Menschen nicht trostlos stimmen: denn hier verlieren sich alle Fragen nach dem Woher, Wozu und Warum? Die Majestät der lebendigen Natur laßt solche Fragen nicht aufkommcn. Im Gegenteil, der Mensch wird von Bewunderung für die Größe und Schönheit der Natnr hingerissen. So wie «S oben für die anorganische Welt gezeigt wurde, ist es auch in der orga nischen. Tie Pflanze nährt sich zwar in der Tat non an organischen Stoffen >ii'K Kat das seit jeher getan, ebenso tie- ierte sic auch stets die organische Nahrung sür die Tiere. Aber dieser Kreislauf hat die große Mannigfaltigkeit der Pflanzen- und Tierarten hcroorgcrnfcn. Die Formensülle in der organischen Natur versöhnt uns mit der Erkenntnis des Kreislaufes auch in der organischen Well. Tas gleiche gilt für den Mikrokosmos. Der Blutkreislauf der höheren Tiere ist das ganze Leben hindurch wirksam, aber er hat zugleich das Gedeihen des betreffenden Individuums zur Folge. — Die ästhetische Betrachtung der Natur versohlst uns so mit dem starren Wirken der Naturkräste nach „ewigen, ehernen Gesetzen". Eine lebendige Naturanschau ung kann nur dann erstehen, wenn man den Kosmos nickt nur als ein Erkenntnisproblcm betrachtet, sondern zugleich auch als ein Kunstwerk. Wir haben soeben an ein paar Bei spielen (denen noch unzählige andere bcigesiigt werden können) gesehen, wie sich die künstlerische oder ästhetische Seite des Naturphänomens offenbart. Man braucht bei einer derartigen Naturausfassung keine bewußten Zweck prinzipien in dem Wirken der Natur anzunehmeii. um den- noch im innersten Grunde befriedigt zu sein. Die Natur, welche uns hierbei nichl als ein Gerippe von Formeln uud Gesetzmäßigkeiten erscheint, sondern als ein lebendiger, im ewigen Wirken begriffener Organismus, bewahrt uns dann selbst vor einer absolut mechanischen Weltanschauung, oknc uns dem naiven Vitalismus auszuliesern. Eine solche ästhe tische Naturanschauung wächst schließlich zu einer echt reli giösen aus. Man erkennt, um mit Schiller zu reden, „den ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht", die ewige har monische Einheit in der vergänglichen Mannigfaltigkeit. Man erkennt sich selbst als einen Teil in der Kette des Naturgcschehens, man fühlt sich mit der Natur innig ver- wachsen, und in diesem hohen Gefühl weiß man sich geborgen So verhilft uns die lebendige Naturanschauung zu einer einheitlichen, harmonischen, alle Erscheinungen von Natur nnd Kultur in sich enthaltenden Weltauffassung. * TaS Wormser Rofenfrst. Man schreibt uns: „Boll Achen einen Starten von einer Mrile Länge und eine kalbe breit" bcgte König Giblchs stolzes Tö.kterlcin Kriembilde in der Burgunder stadt nm Rbein. Den Ro'engarten zn WvrmS will man wieder aufblühen lassen. Nach Plänen von Cordes-Hamburg, die auch die Zustimmung dcS Großherzogs Ernst Ludwig gesunden. So erscholl auch dieses Jahr — dem vierten — der Rns zum Feie der Rosen. Mancherorts feiert man jetzt Roienfesie. Feste ru Ekren der Rose, dem strahlenden Svmbol der Lebenssreude. Bor Zeiten nnd in andren Landen galt zwar die Rose auch als Sinnbild der Berschwiegenbelt, oder <sts LiebcS« schützerin, oder als Preis der Jugend und Sittenreinkeit. Zur Worms ist di« Rose ein MebrereS. Hier ist sie die wundersame Blume, die die Gedanken zurücklenken soll zur Romantik und die in ibrem farbcnsroken Prangen an die wirkliche Macht und Größe von Worms erinnert, an jene Zeit, da deutsches LSeieil, deutsches Fühlen und deuticheS Lenken sich in so glanz- und prachtvoller Herrlichkeit offenbarte. Rein äußerlich erschien die Stadt nicht in dein wundervollen Blumenschmuck des vorjäbriaen Festes. Warum, wissen wir nicht. Aber im Feit selbst »igle sich die alte Sinnes art rosensrober. lebenslustiger Rbeinländer. Aus der Straße be- iranei- n-an dem Kchlichlesten Bnrgerrock geschmückt mit der Rose: >r Milchmann gar balle sein Rößlein mit dec Rose geziert, lind der Gartrn des sladlischeu Spie!- und Feslbauses war, wie es im Rasenaartenüed heißt, fürwahr der Garten „an Freud' und Wonne genug, bei. was der Garten Rosen und lichte Blumen
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