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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.06.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070627027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907062702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907062702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-06
- Tag1907-06-27
- Monat1907-06
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Umgebung dir 6gespaltene Petitzeile 25 Ps., finanziell« An zeigen 30 Pf„ Reklamen 75Ps.; von au-wärt- 30 Pf., Reklamen 1 M.z vom Ausland 50 Pf., finanz Anzeigen 75 Pf. Reklamen 1.50 M. Inserate ».Behörden im amtlichen Teil 40Ps. Beilagegebühr 5 Ai. p. Tausend exkl. Post gebühr. (peschästSanzeigen an beoorzugler stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris Festerteilte Aufträge können nicht zurück- gezogrn werden. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: AugustuSPlau 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In- und Auslandes. Haupt-Filiale Berlin: EarlDuucker.Herzgl.Bcchr.Hofbuchhandlg^ Lützowstraße 10 (Tel. VI, 4603'. Nr. 176. Donnerstag 27. Zum 1907. 101. Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. (Die nach Schluß der Redaktion eingegaugenen Depeschen stehen auf der 3. Seite des HauptblatteS^ Gefahrvolle Situation des „Meteor". Aus Kiel wird uns mitgeteilt: Aus der kaiserlichen Jacht .Meteor" entstand durch das Springen einer Spannschraube am Wassersteg eine Havarie. Die Situation wurde durch die zunehmende Bö und den hohen Seegang noch kritischer. Der „Meteor" legte bart nach Backbord über, so daß sich die Kajüten mit Wasser füllten. Die an Deck befindlichen Herren, unter denen sich die Admirale von Köster und Thomsen befanden, und die Mannschaften standen bis an die Hüften im Wafser. Ein Geringes genügte, um das Boot zum vollständigen Kentern zu bringen. Auf der „Hohen- zollern" wurde die Situation sofort erkannt. Die Kaiserjacht löste Notschüsse, woraus ein Torpedoboot dem „Meteor" sofort zu Hilfe eilte und ihn iuS Schlepptau nahm. Tie provenzMlischc Revolution scheint vor der Hand durch Alberts Kapitulation beendet zu sein. Albert empfing eine Depesche von Clemenceau, in der dieser Akt nimmt von der Loyalität, mit der Albert die freiwillig gemachten Berfprechuagen auSgcführt hab«. Er, Clemenceau, werde alles tun, um eine Beruhigung der Gemüter herbeizusühren. — Das Komitee von ArgellierS hat telegraphisch zu einer Versammlung die lokalen Winzerfchutz- komitees einzeladen, die am Freitag abend stattfinden soll. E» soll über die Forderungen der Weinbauern verhandelt werden. — Die Anklagekammer hat gestern über den Antrag auf provisorische Freilassung Ferrouls und seiner Genossen noch nicht beraten, sondern wird dies erst heute tun. — Em Eisenbahnarbeiter sand auf den Schienen bei Montpellier große Steine, die wahrscheinlich von verbrecherischer Hand gelegt waren. Man vermutet, daß das Attentat dem Zuge galt, in welchem Marcellin Albert fuhr. Dir Aofien-Rechumrg Die militärische Aktion, die seit dem 18. Juni in den SüddepartemeutS erforderlich war, hat eine Extraausgabe von 3200 000 FrcS. verursacht, ohne die Kosten, welche aus der Versetzung des 17. Infanterieregiment- nach Tunis er wachtes Die Lage ia Ratzt an» wird grell durch die neue „Expropriation" von Tiflis be- leuchtet. ES ist nunmehr sestgHtellt, daß bei dem Ueberfalle auf den GeldtranSportwagen 341 000 Rubel geraubt sind. Ja dem durch die Bombe beschädigten Wagen wurde noch ein Paket mit 9500 Rubeln gesunden. Der Kutscher, der leicht verletzt ist, wurde verhaftet: auch andere Personen find noch festgenommen. Gelötet find zwei Polizeibeamte, verwundet über 50 Personen, darunter vier Kosaken von ver Eskorte des Wagens, ein anderer Soldat und zwei Polizeibeamte. Im Zusammenhang mit der Auslösung der Duma haben im Odessaer Kreis Unruhen der Bauern begonnen. Soldaten mußten di« Ruhe wiederherstelleu, wobei viele Bauern ver wundet wurden. ES kamen auch Morde und Plünde rungen vor. Nach bewährten Mustern wird den durch die Duma- Auflvsung vor den Kopf gestoßenen Liberalen ein Knochen zugeworfen: Schwanebach ist abgesägt! Der Zar unter- zeichnete gestern sein Abschiedsgesuch. Der Reichskontrolleur galt als äußerster Reaktionär. Im Kabinett Stolypin erfreute sich Herr v. Schwanedach keiner besonderen Sym pathie unter den Ministern. Besonders übelgesinnt war Schwanebach dem Grafen Witte, an dessen Sturz er seiner zeit mitgearbeitet hatte. Tic LbcrhanSrcsorm. Das Unterhaus lehnte mit 315 gegen 100 Stimmen das Amendement des Arbeiterparteilers Handcrson aus Abschaf fung des Oberhauses ab; die Minorität fetzte sich zusammen aus Arbeiterpartcilern, Nationalisten und wenigen Radi- kalcn. Sodann wurde die Resolution der Regierung zur Reform des Oberhauses msi 132 gegen 147 Stimmen angenommen. — Das Oberhaus nahm nach zweitägiger Debatte die zweite Lesung der Territorialarmee-Vorlage ein- stimmig an. Fievcnskottfcrcnz. Der englische Vorschlag zur Rechtsprechung ,n Seeprisen angelegenheiten umfaßt 16 Artikel. Er sieht die Schaffung eines permanenten internationalen Berufungsgerichts vor, dem die internationale Jurisdiktion über die Seeprisen obliegen soll. Es soll zuständig sein in jedem Falle, wo ein Prisengericht seine Entscheidung zum Nachteile der Inter essen einer neutralen Macht oder ihrer Untertanen ge fällt hat- Die neutrale Macht kann bei dem internationalen Appellgericht darauf beantragen, daß eine neue Entscheidung getroffen werde, entweder durch die Kassation des gefällten Urteils oder auf dem Wege der Berusungsverhandlung. Be züglich der Zusammensetzung des internationalen Appell gerichts besagt der englische Vorschlag, daß innerhalb der zwei Monate, die der Ratifizierung der Akte der gcgenwärti- gen Konferenz folgen, die Signatarmächtc, deren Handels- flotte insgesamt einen Gehalt von mehr als 800 000 Tonnen aufweist, je einen Anwalt von hohem moralischem Rufe zu ernennen haben, der auf dem Gebiete des internationalen Rechts maßgebend und bereit ist, als Richter zu amtieren. Jede Macht soll ferner einen stellvertretenden Richter er nennen, der dieselben Eigenschaften aufweisen muß. Der Präsident des Gerichts wird nach der alphabetischen Reihen- folge der Mächte gewählt, di« R'chter ernannt baden, und sieht sein Amt während der Tauer eines Jahres, gerechnet vom 1. Januar ab, vor. Das internationale Bureau des Haager Schiedsgerichts soll beauftragt werden, diese Be- stimmungen in die Praxis umzusctzen. Im Falle der Stim- mengleichheit soll die entscheidende Stimme dem Präsidenten zustehen. In dem Falle, daß bereits zwischen den zwei streitenden Mächten ein Uebereinkommen besteht, das die Regelung der Rechtsfrage Vorsicht, über die der Appell- gerichtshvf entscheiden soll, muß sich dieser an die Bestim mungen des Uebereinkommens halten. Ist eine solche Kon vention nicht vorhanden, und sind alle, zivilisierten Nationen über den Rcchtspunkt einig, so würde das Appellgericht seinen Spruch noch dieser allgemeinen Ansicht zu fällen haben. In dem Falle, wo diese Bedingung nicht vorhanden ist, soll der Ge richtshof das Urteil unter Anwendung der Grundsätze des Völ- kerrechts fällen. Die Signatarmächte, so heißt cs weiter, willi gen ein, sich dem Spruche des Gerichtshofes zu unterwerfen und ihn auch gegen die eigenen Staatsangehörigen zur Aus führung zu bringen und in ihrer Gesetzgebung die gemäß dem Urteilsspruche erforderlichen Abänderungen vorzunehmen. Eine wichtige Bestimmung des Antrages ist, daß die von den streitenden Mächten ernannten Richter bei dem Gerichtshof mitfungiercn sollen. Die Verhandlung kann stattfinden in Abwesenheit der beklagten Partei. Die Richter sollen außer- halb ihres Heimatlandes in Ausübung ihrer Funktionen die diplomatischen Privilegien genießen. Der letzte Artikel des Antrages besagt, daß die Artikel 22, 23, 25, 26, 37 bis 54 und 59 der Haager Konvention vom 29. Juli 1899 gelten mit den für das Funktionieren des Gerichtshofes erforderlichen Abänderungen. Der französische Vorschlag, der einen Ent wurf über das bei der Eröffnung vvn Feindseligkeiten zu beobachtende Verfahren enthält, besagt: „Die Vertrags- möchte erkennen an, daß die Feindseligkeiten zwischen ihnen nur nach einer vorausgcgangenen und unzweideutigen An- kündigung beginnen dürfen, die entweder die Form einer motivierten Kriegserklärung oder eines Ultima tums mit bedingter Kriegserklärung haben sann; der Kriegszustand muß den Mächten ohne Verzug mit geteilt werden." politisches. Vom Beirat für ArbeiterftatistiL. Die Protokolle der Sitzung vom 6. Mai liegen letzt im Druck vor Außer geschäftlichen Mitteilungen gelangten in dieser Sitzung zur Erledigung: Bericht des Ausschusses über die Ergebnisse der Erhebung im Fuhrwerksgewcrbe. l2. Teils: Bericht des Ausschusses über die Ergebnisse der Erhebung im Fleischergewerbe. s2 Teils; Bericht des Aus schusses über die Ergebnisse der Erhebung betreffend die Arbeitszeit in Plätt- und Waschanstalten, und Beschluß fassung über die weitere Behandlung der Angelegenheit «Vernehmung vvn Auskunftsperionens und Vorlage der Ergebnisse der Erhebung im Binnenfchrffahrtsgcwerbe und Beschlußfassung über die weitere Behandlung der An gelegenheit. Hinsichtlich des letzteren Punktes beschloß der Beirat: „Es sollen entsprechend dem Vorschlag des Ausschusses Aufklärungen über die in den Fragebogen enthaltenen An- gaben über die Arbeitszeiten der ununterbrochen fahren den Fahren durch Vermuttuna der Landesregierungen her- beigcsuhrt werden. Es sollen entsprechend dem Vorschlag des Ausschusses ergänzende Vernehmungen vvn Auskunfts- verionen für Dampfschiffe, einschließlich der Hamburger Hasendampfer, vvrgenvmmcn werden; diese sollen sich aus die Schifsahrtsgcbiete Nbein, Elbe und Märkische Wasser straßen erstrecken. Es sollen entsprechend dem Vorschlag des Ausschusses ergänzende Vernehmungen von Auskunfts- versonen für Legeischisse, insbesondere für Schleppkähne aus den Schnsabrtsgehieten I, HI und IV, einschließlich der Schuten und Leichter in Hamburg, vorgenommen werden. D'e Vernehmung der Auskuintspersonen sirr Dampfer und Segelschisie ;oll am Schluß der Schiffahrts periode, vor dem Beirat vvrge.nommen werden." Für das Fleischereigewerbe unterbreitete der Beirat wlgende Vorschläge: 1) Der Beirat für Arbeiterstatistik würde es als wünschenswert erachten, wenn der Bundesrat von den Befugnissen des § 120s der Gewerbeordnung Ge brauch macht, um durch eine Verordnung einen Maximal ¬ arbeitstag im Schlächlereigewerbe sestzuietzen, der geeignet erscheint, besonders üble gesundheitsschädliche Folgen von den Arbeitern dieses Berufes fernzuhalten oder doch zu mildern. 2s Nicht minder notwendig ist ein Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeil im Schic.., lhausbctrieb. Ferner dürfte in Fabriken, die ausschließlich der Wurslfabrikanon sich widmen oder in denen ein Teil des Betriebes der Wurslsabrikation ausschließlich dient, auch sür diese die Arbeitsruhe an Sonn- und Festtagen durchführbar sein. Dagegen wird auch an Sonn- und Festtagen die Arbeit zu gestatten sein, die ein Verderben von Fleischwaren ver hindern will und die der Transport und die Zubereitung der sür den SonntagSdetailbandcl notwendigen Waren aus den Kühlräumen erfordern. Aber c? wird anzuordnen sein, daß es vermieden wird, Arbeiten zu verrichten, die durch zweckmäßige Arbeitseinteilung noch am Sonnabend oder am Tag vor den Festtagen erledig, werden könnten. Die Arbeitszeit in Detailgeschäften dürste an Sonn- und Festtagen auf 3 Stunden zu beichränken sein. 3s Zu empfehlen wäre eine allgemeine Verordnung j§ 1H> der Gewerbeoödnunaj über Anlage der Betriebsräume und der Betriebsstätten, sowie einer Anordnung dahingehend, daß Schlaf- oder Wohnräume der im Betriebe bwchästigten Arbeiter nicht in unmittelbarer Nähe der Betnebsraum« liegen dürien, ferner eine dauernde wirksame Kontrolle in bezug auf die Sauberkeit und der sonst in der Fabrikation sür notwendig erachteten sanitären Anforderungen. 4l Es dürste sich emp'cblen. durch Bundesratsverordnung die Bestimmungen der 135—1:39 und 139b der Gewerbe ¬ ordnung auch auf die nicht'abrikmäßigen Betriebe anzn- wenden. * * Pvsadowsth. Dem Grafen Posadvwskv soll nach ver „Köln. Ztg." bei 'einem Rücktritt ein anderes hohes Staats amt angeboren worden sein: er habe dies aber, sowie weiter« Auszeichnungen mit der Erklärung, daß er als ein freier Mann auS seinem fetzigen Amt scheiden wolle, abgclehnt. Daß Graf Pvsadowsky aber nicht völlig aus der Politik lchei- den will, ergibt sich aus einer Notiz der „Köln. Ztg.", die be- sagt, daß der bisherige Staatssekretär nicht abgeneigt ist, in Zukunft einmal ein Reichstagsmandat anznnehmen. «1. Geht Althosf auch? Ein Privattelegramm meldet uns: Wie der „Hann. Courier" aus angeblich authentischer Quelle erfährt, steht das Ausscheiden des Ministerialdirektors Althosf aus dem Kultusministerium unmittelbar bevor. ock. Bergarbeiterbevegung. Aus Dortmund wird uns gemeldet: Eine am letzten Sonntag abgchaltcne Ver treterversammlung der Ruhrbergleute beschloß ein- stimmig die Wiederaufnahme der Gcneral- lohnveweyu ng sür den bevorstehenden Herbst. derungen wurden nvcb nicht formuliert. nie Kein „grober Unfug" durch den Fürsten Eulenburg! Der Geb. Juftizrat Meyer, der im „Rheinischen Courier" die Frage aufgeworfen batte, ob nicht durch die seitens oes Fürsten Eulenburg erfolgte Selbirbczichiiguna eine Ber- ubung des groben Unfugs vorliege, sieht sich jetzt in der Lage, das an die Staatsanwaltschast zu Prenzlau gerichtete Schreiben zu veröfientlichen, das die Zeugenvernehmung Hardens herbeiführte. Auf Grund dic'es Schreibens ge- langt Geb. Jusiizrot Mever zu der Ueberzeugung. daß ebensowenig ein Mißgriff des Ersten Staatsanwalts in Prenzlau durch sein Einschreiten, noch von einer Verubung groben Unfugs festens des Fürsten durch eine Anzeige und die vvn ihm infolgedessen veranlasste Unterinchung die Rehe sein könne. Feuilleton. A Undeutlich ist die Welt drinnen. L A Deutlich die Weit, die draußen liegt; j N S» Dem Sinnorgan nach verschieden, K A Sind als Vorstellung beide gleich. E Gaudapada's KLrik», zur Mündükva- A, llpanishnd II, 15. T Denn himmlisch ist der Geist, der ungestaltete, I A! Der draußen ist und drinnen, ungeboren. « A l Der odemlose, wünschclose. reine, A A Roch höher als das höchste Unvergängliche. A hsi Mundaka-Upanishad I, 2. K Lin deutscher 6eft »n Brasilien. Von Alfred Funke (Berlin).^ Der Fuhrmann Steffen hotte houtc durchaus leine Zeit, als er den Roten Berg hinter St. Jzabcl hrnauffuhr. Das merkte der Graue vorn an der Deichsel, als er nach alter Gewohnheit hier ein wenig zu faulenzen gedachte, denn er bekam eins übcrgezogen, daß er heftig in die Sielen sprang. Der Doktor im Städtlcin hatte Steffen ein Telegramm, das eben aus der Hauptstadt cingctroffcn, für den Pastor in der Pikadc Rio Vermelho mitgegebcn: Der deutsche Ge- 'andte wollte seine Landsleute in den Kolonien besuchen. Tietze. Ter Fuhrmann holte aus der Ottcrselltaschc des Gurlcs ein Maisblatt, schnitt Tabak, drehte gemächlich eine Ziga- rette und blies eine starke Wolke in den Nachmittag. Oo die ganze Geschickte nicht wieder auf einen Schwindel hinaus kam? Ganz so einen Schwindel, wie die Schlacht von San ta Cruz in der Revolution, wo Hunderte gefallen sein sollten? Und hinterdrein lag ein Maulesel aus dem Felde der Ehre, und eine Fensterscheibe bei Ferdinand Tatsch war schwer ver wundet. Aber die Geschichte hatte auch mit Telegrammen angesapacn und Steffen hatte dabei seinen besten Gaul ein- gemißt, den jetzt irgend ein Halunke auf dem Kamp drau- ßen ritt. Aber die Geschichte war diesmal kein Schwindel, denn in der „Kolonie war es bald darauf schwarz aus weiß zu lesen, daß Se. Exzellenz der deutsche Gesandte unter Hoch! *> Wir machen bei dieser Gelegenheit aus das Buch „Ans Deutsch-Brasilien" von Dr. Alfred Funke, Leipzig, B. A. Teubner, ausinertfiull. und Viva! und-Raketcngeknatter in der Hauptstadt getan-1 det und vom Staatspräsidenten mit den höchsten Ehren»! bezeugnngen empfangen sei. Der große Tag, an dem Exzellenz auch St. Jzobel seinen Besuch machen wollte, stand also vor der Tür, und die Bür ger wollten zeigen, daß ihre Stadt eine Kulturstation sei, kein „Spicßernest", wie der Doktor oft erklärt batte. Aber dem Doktor mußte man manches zugute halten, denn ein mal war er als Mediziner kein Christ, dann aber brauchte inan ihn an allen Ecken und Enden. In St. Jzabcl summte cS wie ein Bienenschwarm. Man sprach nicht mehr von Tabakpreiscn und Munizipaiwablen, nur noch vom Gesandten; die VorjtaudSsitzunaen in den Klubs nahmen kein Ende, die Liedertafel übte „Brüder reicht die Hand zum Bunde" und „Heil dir im Sicgerkranz", der Kommis Heinzelmann bat telegraphisch um die neuesten Stehkragen in Porto Alegre, die Schneiderinnen waren in einer fieberhaften Tätigkeit, und in der Redaktion der „Kolonie" kaute der Mann der Jeder an feinem Halter und sann über einen Leitartikel und Fcsthpmnus. Im Klub Germania fand sich die Festkommisfion zu ihrer ersten Sitzung zusammen, Stadtlcute und Männer der Pi- kaden.*I Der Doktor präsidierte als Vorsitzender des Kric- aervercinS, denn „der ist Nummer eins", erklärte er, „dem Verbände der deutschen Kriegervcreine in Rio Grande do Sul gehört ja auch Fürst Bismarck als Ehrenmitglied an. lind wer den nickt für Nummer eins hält, kriegt es mit mir zu tun!" Und Doktor Müller ließ nicht mit sich spaßen. Der graue Morgen dämmerte über St. Jzabcl, als Gott lob Fürst die ersten Böllerschüsse dröhnen ließ, und kaum war die Morgensonne aujgegangen, als die Ulanen auf den Pi- kodcn au; den Kamp hinaus!rabten. Junge Dauernburschcn, die Sonntags Ringstecken abhielten und aus Freude an der schmucken Uniform sich die Ausrüstung der Düsseldorfer Ulanen zugclegt hatten. Die roten Ausichläac der Mankos leuchteten, die iveißcn Haarbüsckc aus den blanken Czapkas nickten und wehten, die Säbel klapperten, die weißroten Fähnlein flatterten und die Gäule, prächtig gesattelt, schnaub ten in den taufrischen Morgen. Die brasilische Munizipal garde, die bald hinterdrein ritt, sah gegen die jungen Bauern schäbig aus. Hinter den Reitern rasselten die Plagen der Empsangskommission, in Frack und Seidenkmt und würdiger Miene rollten sie dahin: Herr Schneider, Kunz, Hans Lenz und die ersten Beamten der brasilischen Obrigkeit. — In den nächsten Stunden rasselten die grünen Wäglcin der Bauern in die Stadt, Hunderte von Reitern sprengten heran und die Gastwirte hatten alle Hände voll zu tun und wurden sogar grob. Und als Adam Scheel, der reiche Bauer vom Rio das Antas, beim Wirt Schulz nach alter Weise seinen Zwcrchsack ausbreitcte, Brot und Wurst her vorzog, um sich und die Seinen zu atzen, und eine Flasche Dünnbier mit sechs Gläsern dazu bestellte, da muckte der Wirt aus: „Du willst wokl das Lokal für eine Buddel Bier vachten, mein Junge? Entweder du beteiligst dich beim Festessen *1 Pikade ---- Bauerrrgemeinve, auch „Lchneij" genannt hier uud bezahlst deine drei Milreis, oder du kannst deinen Futtersack draußen auskramcn " Auf dem großen Platz vor dem Hotel des Gesandten ordneten sich die Vereine: die Schützen im dunklen Waffen rock mit grünen Aufschlägen, den Jägcrhut auf dem Kops, den Hirschfänger an der Seite; die Krieger, die daheim des Königs Rock getragen; da standen alte Graubärte, die noch in Frankreich und Oesterreich Pulver gerochen, und junge Leute, Kolonisten und Handwerker, Pastoren, Schul lehrer, Koiisicule und Reisende bereit, noch einmal den Pa rademarsch zu machen. Die Sänger mit vergoldeter Lyra folgten, und in endloser Reihe die Schulkinder, die Mädchen in weißen Kleidern, Kränze im Haar, die Knaben mit Fähnlein in der Hand. Die seidenen Banner der Vereine rauschten leise in der frischen Morgenluft, die schwarze Munizipalgarde schilderte mit aufgepflänztem Seitengewehr an der Tür des Hotels, Intendant und Richter in der gold gestickten Uniform warteten des hohen Gastes — da dröhn ten die Böller, die Glocken gingen, und die Spitze des Ehrengeleites tauchte am Eingang der Stadt aus. „Sie kommen!" ging es von Mund zu Mund, Hoch! und Viva! brauste cs über den Platz, Tücher wurden geschwenkt, Blu men geworfen,^Raketen knatterten und die Musik ietzte ein: „Heil dir im Siegerkranz!" Langsam fuhr der Wagen des Gesandten durch die Reihen. Vor dem Hotel nahm Exzellenz den Gruß der Landsleute entgegen, dann kommandierte der Doktor: „Achtung! Präsentiert das Gewehr!" Die Fahnen senkten sich, der preußische Präjentiermarsch erscholl, und der Pastor begrüßte den Vertreter des deutschen Kaisers mit herzlichen Worten. Exzellenz dankte, dann klang wieder die belle Stimme des Doktors: „Mt Sektionen vom rechten ^lügel — Bataillon marsch!" und unter den Klängen des Torgauer Marsches defilierten Krieger und Schützen mit Augen rcckts! an Exzellenz vorbei. Ter Gesandte war offenbar überrasch», hier tief im Urwald noch so viel deut- scheu Schneid zu finden. Feierlich redete er manchen Deut- schcn an. . „Sie haben auch Ihre drei Jahre in Potsdam gedient?" fragte er Wilm Fredrich, der zwar seine sechs Fuß maß, aber in der Batatenschneiz die erste Milch getrunken hatte. ,,Nein, aber ich habe fünf Jahre bei Heinrich Wegener gedient." Wilm war Pikadensuhrmann. Da lächelte der Gesandte, und Wilm hat oft daheim von diesem stolzen Augeicklick seines Lebens erzählt. Am Nachmittag tafelte ganz St. Jzabcl. Die Herren im Klub, und Sctxrcr hatte seine Sache gut gemacht. Nur einen Unzufriedenen gab eS, Herrn Bonmler. Den störten die Tafelrcdcn. Er war schon vom Intendanten beim Fisch unterbrochen worden, und der Doktor mußte natürlich ibn wieder stören, als er die dritte Ladung Spargel ans feinen Teller lxiuftc. Als aber die Stühle gerückt wurden, strich er trotzdem jchnauzelnd sein Bäuchlein: er hatte dem Wirte nichts geschenkt. Die Honoratioren ließen es sich im Klub lange wohl fein. Aber auch die anderen Wirte vielten ibr Mai bereit. Bei Johann Kneifer tafelten die „mittleren Buraer und beiicren Kolonisien", wie der Zigarrenfabrikant Wilde zu sagen ofleate. Am fidelsten aber g,ng es be, Michel Schulz zu. Da faßen die echten Bauern und hatten ein Ensen, wie cs ihnen sohl gefiel. Da dampfte die Hühnein'uppe, da prangte die <L«hweinekcmle in einem kleinen See von Fett, der Milch- reis türmlc sich in schimmernden Bergen und das Bier floß >n Strömen. Und als hier der Lehrer Paul aus Dono Josefa einen Tafelspruck anheben wollte, da rief Jakob Kritzler: „Jetzt hältst dei Maul, Schulmeister! Hernacher, wenn mer satt sin, da magst schwätze soviel de willst." Am Nachmittag knallten die Büchsen aui dem Scheiben- stand, die Kinder vergnügten sich auf dem grünen Anger, der schwarze Jraguim und der braune Antonio drehten die Rippeitttücke feister Ochsen am Spieß, und Vater Schulz bot den Gästen zum knusprigen Braten selbstgcbrautes Bier und schmunzelte, als ihm der Gesandte versicherte, daß es ihm lange nicht so gut geschmeckt habe. Am Abend flammten die Papierlatcrncn in farbiger Pracht, in den Fenfkern brannten Kerzen und Raketen stiegen in feurigem Bogen am Nachthimmel auf. Im Klub Germania war Konzert, dos Exzellenz anhoren wollte. Die Türen des Saales öffneten sich, und als der Gesandte eintrat, knickste Grete Kwnz zierlich, überreichte einen Strauß und sagte ihr Sprüchlein auf. Dos war gegen alle Abrede, und als Exzellenz artig dankte, da schwuren mehrere Vater und Mütter dem ehrgeizigen Kunz Rache Nach einer Stunde zag sich der hohe Gast zurück, und die Schleuien der Fröhlichen öffneten fick ungehemmt. Die Fenster des Saales wurden geöffnet und waren dicht be- lagert von den gewöhnlichen Sterblichen, welche neugierig die tanzenden Honoratioren musterten, lind in vorgerückter Stunde schwang sich manches Paar im Reigen mit, das nickt zum Klub gebvrte. Als aber Wilm Kubolz mit Hanne Hardt einen Walzer linksum schleifte und noch der Wen« der Löfselschneiz in der Wonne der Gesichte einen lauten Juchzer ausstietz. da ward er vom Ballordner hinausge- worscn und schimpfte mörderlich. An den Schenken wurde eifrig debattiert, und als er die sechste Flaiche Bier binnen hatte, dezweifelte Jakob Kritzler die Echtheit des Gesandten überhaupt: „Denn der Mann soll sür den Kaiser kommen — wo hoi er seine Krone? Eine Krone muß er haben!" Damit icklug er auf den Schcnktifch, daß die Gläser sprangen. Mitternacht war lange vorüber, als St. Jzabcl zur Ruhe ä'na. Am solgcndeii Pchrgen regnete es leicht Der geplante Ritt in die Pillrdc mußte auSsallcn und das seifte Rind Fritz Buinkes blicb leben. Aber auch in den Häuicrn der guten Stadi St. Jzabcl regnete es, nämlich spitze Reden der lieben Frauen, die es Kunz und seinem Grctlein nickt vergeben konnten, daß sic den Strauß überreicht. „So eine Niedertracht!" zeterte Frau Kaufmann Schnei der, und ich in meiner Torheit schneide der süßen Grete noch die besten Rosen in meinem Garten. Aallblumcn. log die Kröte, jawohl, schöne Bollblumen!" Frau Heidemann aber nabm Hans ?«n; vor und -ruo. ob es neck Manner >n Sl. Jzabcl gehe. Da 'chlua Hans au» seine sri'chyeplätteie Hemdenbrust und schwur »unz Rache-
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