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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.07.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070701019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907070101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907070101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-07
- Tag1907-07-01
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Morgeu-WkrSgabe. Wp.ügtr Tageblatt HandelSzeitnng. Amtsblatt -es Aales ««d des NolizeiamLes der Lladl Leipzig. (lelephim VI, «r. 4M3). «erlwr Nr. 18S. Montag 1. Juli 1V07. M. Jahrgang. Da« tvichtigft« vonr Lag«. ^»Die .Norddeutsche Allgemeine Zett«««'' Meldet: Der «eich'». ^«»zlarFürstBülov «pfiua gester» be» frühere» französi» -sche« 5tzrjegsmi»istrr, Mitglied der Deputiertenkammer, Vt-jm»»«. - , - '*9»Drx»1o«gMdo0G«rLchtvo»^k»erigro1e«^Schiff<- ck wta st r »pH e. Ein Kr e»-»r soll »st eiae» Tor pedoj Lge r an cher -Lste von Algier -ufammeuaestoße» sein, 69 Matrose» ^olle»..dabei.ihrLebe» eingebüßt habe». lS. Letzte Dep.) < ^DaS Pariser »Amur »al de» DLLatr^ ieschSftigt sich »it MacüchM» vo» einer Mögliche» de»tsch-frau-Sfischeu M»to»tg i» Pol^uäalsirmgea. (S. Letzte Dep.) ' M Die chtalck<»< siche Kanr»r»r hat den Gesetzentwurf über Le» jWckauf dexJmfeb Egerer« durch Lea Staat augenommeu. pf' ^Die H«nrLe1tta«m er» von Tokio haben eine Kund^ Mgunstem.de» Frieden« mit Amerika erlassen. (S. ME - ' - /d EstW'ch«»<k<rVkst-k^che Lanifestatio», Lei der e» -u L^ardd-oLALSschr ei tanger kam, hat gestera in Weinberge ^sBorstadt Loa Pragjstattgoftmdeu. lS. Letzte Dep.) Llemoceau. Motgchagke leben lange. Um die Zahreswende wurde in Pariser Korrespondenzen der Starz Elemenc aus für die Idee des März vor- agt. Die Nee» de» März uv' des Mai ginge« vorüber. Wir »äher» aas der Juli-Idee, und da Kabinett Elemencea» lebt noch stnnuer. Uebersteht es auch den Term n nach den lemckommin des Natio- ^nalfrstes, bann gibt es Parlameutss rien, dann darf «S bis über die .'vierten 15er Ideen des Jahr-s hina s oha« Furcht vor dem Morgen ijsich allabendlich ruhig Liederlogen. Für den 65jährigen ist die Bettruhe kein nnabtveisliches Bedürfnis. tWähread der höchstkritischen Nächte des W-in-eraufruhr» hat er sich nicht -nach feiner Behausung begeben, sondern im Ministerium kampiert. Aber Ar-estSsreadigkeit ist zwar ein« schätzenswert« Eigenschaft, macht aber -Len großen Mann so wenig aus, daß sie bei den Größten gar nicht «in- Mal immer auch nnr im normalen Grade vorhanden ist. Engvne Elemeneeaa wird bis hevte »och niemand -n de» ganz Großen rechne». Er hat sogar in den 8 Monaten seiner Präsident schaft seine Verehrer i« ganze» enttäuscht. Freilich kann das avch an den -Verehrer» liegen. 8 Monate sind eben gar nicht». Man spricht immer von unserer schnellebigen Zeit. Mer die Dinge in der Zeit geschehen vielleicht nicht schneller als früher. Vielleicht sogar langsamer. Wegen Her größeren Konzentration des geistigen Lebens in den Jahrhunderte» ivor dem 19. entwickelte sich die Menschheitsgeschichte im Grunde doch in stetiger Linie. Die gegeutmlige Ansicht ist eine Täuschung, durch die Nichtberücksichtigung der quantitativen Erweiterungen der Kirlturkreise -herbeigeführt, die mit qualitativen Verschlechterungen i» ihren An fängen verknüpft zu sein pflegen. DaS Kulturleben der Gegenwart, wahrscheinlich noch mehr der Zukunft, schlängelt sich in mörderische» Krümnmngen, schon allein aus dem Grunde, weil der Menschheitsfort- schrstt seine instinktive Unbefangenheit verloren hat, und seine be wußte Arbeit den nicht zu beschleunigenden natürlichen Entwicklungs fristen vorauSläuft. Die Spannung -v schen Wille und Verwirklichung sist gewachsen und damit auch die p< ssvnliche Schaffensbefriedigung vermindert. Noch ungünstiger wirft natürlich d e demokratische Bermehrfachuag . der für die politische Arbeit maßgebend n Wille» auf das Quantum der gesetzgeberischen Taten. ES ist sehr unp recht, Elemencea» daraus «inen Vorwurf -u machen, daß er in 8 Mm ate» »och keine einzige Reform ' geschaffen habe. Mit der diktatorischen Machtsülle «in«» Julius Eäsar, eines Napoleon darf der Parlamentärs -e Demokrateuführer natürlich nicht i» Vergleich gesetzt werden. Eiae große Reform, eiae sehr not- qpeichige, ist bereits aus dem Kabinett Elemencea» hervorgegangen: die progressive Einkommensteuer. D» ist Ist geblieben? Bi» zum heutigen Tage steckte sie in der Kammerkommission; morgen soll sie vor» Plenum ebwcht werde». We»n ihre Aussicht«» »ach wie vor höchst zweifelhaft »d. so ist die» da» Ergebnis der »«gemein starken pl»tokrotischen öidmstände auch noch in der hochdemokratische» Bolk»vertret»»g von S06. Nir werLea abwarte« müsse», ob e» Ele«e»eea» geliuge« wird, iese Widerstände zu breche», »ud Li» zur «»gültige« Entscheid«» mit ilferÄu Urteil zurückhalte», ob di« Schuld eine, unfruchtbare» rstkisstrschaft ihm z»r Last stillt. Elemencea» staatSptäunische Qualitäten besitzt, ist ebe» i» Seine A»dienzaewähr»»a an - ei» volk»psych-logischeM«eisterstück. Sollt- a»ch -i»e Bo. »ichtißang der Provenzale» »och uicht gesinge» ^ die letzte, WWtz Mtter Teilaatzme vo» Prof. Do » » »orf, der stadttschea Behörde» und DdvSKustlerkreisedoö Doundorsm»scum feierlich eingeweiht ^lvd-^Mchsisi»et vorder. Der Gesunteindruck war sehr wirkungsvoll. ^Bek Le« gestern beendeten RingweNkämpfe» i« Kristall- pakcht «rhieft Eb«rl« de» erste» Preis u»d den Goldpokal des Krtstallplckastrs, P^troff dvr -weiten, Antoaitz sch de» dritten and LoLaroh« vnertew-PreiS. IS. L. des. Art.) . ,.^i... . ? PrvstS Viva Leipzig wurde Peter Günther»Köln sLtchlrr. —De» Münchner So ldvoka! wie auch den Mu nach! a- spr«»» gowaa» R oLI. lS» Sport) . . ENekder gestrige»«4 Lrißert-Regatta auf der Elbe ckMwßla» Ltt^Lei^iger RstderverA» ..G tnrmvogel" M-iSvo ß «» Ach^EL, "" De» Pri? sto Dwv»e«, -0«0 ,frcS., gewann gestera in -»il Herr» S. v. Tepper-Laskis „Minus" mit Herrn !»tla»b^.r g^im Sattel. lS Sport.) , richte» lauten wieder bedenklicher — so bleibt auf alle Fälle es ein großer Gewinn, daß der populärste Führer der Bewegung in einer ein zigen Viertelstunde moralisch vernichtet ist. Das Bild des Rebellen häuptlings, der sich das Reisegeld für die Rückfahrt borgt — er hat eS nicht einmal aus eigener Tasche zurückerstattet — ist z« grotesk. Wenn auch der ästhetische Instinkt seiner Landsleute diese Ungehener- lichkeit nicht mehr hinunterwürgen konnte, so ist doch die ganze Be- wegnng dadurch der Lächerlichkeit überliefert, daß sie einen solchen Operettenhelden lange Wochen hindurch als ihren Heiland an ihre Spitze zu stellen vermochte. Wir dürfen schon jetzt mit Zuversicht er- warten, daß eine etwas größere Anzahl von 160 Jranesnoten genügen wird, die ganze Herde der Tartarins zur Rückreise in ihre friedlichen Weinlauben zu bestimmen. Es wäre auch großes Unrecht, ClemenceauS auswärtige Politik der Erfolglosigkeit zu zeihen. Marokko hat er freilich noch immer nicht erobert, aber doch wenigstens Udjda in Marokko. Wir zweifeln, ob Herr Delcassv wenigstens so weit gekommen wäre. Die Zeiten der Khrunnirs sind nun einmal vorüber, als man das noch bündnislose Italien als qrumtitS nogligssdlo behandeln durfte. Vor den Siegern von Sedan hat man doch etwas mehr Respekt. Dazu treten als positive Leistungen die neuen Verträge. Mag der spanische die Tinte nicht wert sein, die manche Journalisten bei seiner Besprechung verbraucht haben: die Garantie der indochinesischen Be sitzungen durch Japan, die asiatische Rückendeckung für occidentalische Unternehmungen ist «in glänzender Gewinn. Wir wollen uns hüten, den Staatsmann Elemencea» vorzeitig ge ring zu achten. Seine bisherigen Leistungen widersprechen durchaus dem Urteile seines Neides. Daß er nicht in jedem Augenblick Staats mann ist; daß seine Unfähigkeit, den glänzenden Satiriker einer 30jäh- rigen Oppositionszeit vor der Tür des Ministerhotels zurückzulassen, den Eigenschaften eines Staatsmannes freilich schnurstracks zuwider, läuft, ist die Achillesferse, an der er sterblich ist und wahrscheinlich ein mal die Todeswunde empfangen wird. Aber hatten nicht auch die Größten ihr« Schwächen, an denen sie schließlich zugrunde gegangen sind? ZUM SchrvuvgemchtOproblem. Hierzu nimmt nun auch der bekannte Rechtslehrer und Professor o.a der Berliner Universität, Geh. Justizral Dr. Kohler, Stellung in seinen: soeben bei B. G. Teubner in Leipzig in der rühmlichst bekannten Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt" erschienenen Buche über Moderne Rechtsprobleme (geh. 1 ^l, geb. 1,25 ^), in welchem er be- sonders die Probleme des Strafrechts, des Strafprozesses, des Ge nossenschaftsrechts, Zivilprozesses und Völkerrechts behandelt. Was er speziell über die Schwurgerichte sagt, für die er als Jurist eine Lanze bricht, erscheint uns so beachtenswert, daß wir seine Ausführungen hier im Wortlaut wiedergeben. Ein prozessualisches Hauptproblem der heutigen Zeit ist das, ob die Schwurgerichte beibehalten werden sollen oder nicht. Man hat sich dagegen ausgesprochen, uud die Strafprvzeßkommission will die Schwur gerichte beseitigen und durch eine besondere Art von Schöffengerichten ersetzen, deren Konstruktiv» aber in der Luft schwebt und als völlig un praktisch erscheint. Die ganze Frage gipfelt darin: ist es für die Rechtspflege von Vorteil, wenn das Laienelement, und zwar nicht etwa bloß als Zierat, sondern durch maßgebende Tätigkeit daran beteiligt ist? Ich glaube, es bedarf nur der richtigen Fragestellung, um sie zu bejahen. Allüberall, wo in Sachen der Lebenserfahrung und Lebensbeurteilung der Laien stand zugezogen worden ist, wie -. B. bei den Handelsgerichten, Ge werbegerichten usw., hat er sich als segensreich erwiesen, und nun erst in Strafsachen, welche noch viel mehr die Lebenserfahrungen und prak tische Lebenspsychologie erfordern ajs die Streitigkeiten des bürger lichen Rechts! Sowohl die Prüfung der Indizien oder Jnzichten, a»S denen Schuld oder Unschuld ermittelt werden soll, als auch die Be- Messung der inneren Schuld und der äußeren Umstände, in welche sich die Schuld mit ihrer Sozialwidrigkeit hineingetaucht hat, setzen lwr allem ein« Vertrautheit mit dem Volke und seiner Denkweise und «ne Kenntnis jener Seelenstimmungen voraus, welche den verschiedenen Kreisen des Volkes bei ihrem Tun und Lassen innewohnen. Auch «Les, was den physischen und den Moralischen Schaden angeht, der aus der Untat stammt, Schrecken, Bestürzung, Furcht, verderbliches Beispiel wird am besten von denjenigen beurteilt, die im Volke leben und darum wissen, wie es denkt und fühlt. Allerdings stehen die Naturen, welche di« Schuld auf sich geladen haben, häufig als Verbrechernaturen außerhalb des Kreises der staatS- erhaltenden Gesellschaft und gehören zur negativen Klaffe der Bevölke rung; allein einerseits sind die zu beurteilenden Untaten nur zum Teil Untaten dieses schmarotzerhaften Gesindels, großenteils stammen sie von Personen, welche eine aktive Beschäftigung haben und nur nebenbei in ihr gedeihliches Tun ouch sozialwidriges Gift einmischen; aber auch was die Berbrecherseele betrifft, so kann der Mann aus dem Volk« sie viel leichter beurteilen, denn diese Entartungen sind häufig die Folgen nega tiver Strömungen, erkeimend aus sozialen Schäden, für die der Laie meist besseres Verständnis hat als der der Wissenschaft (wen» auch der praktischen Wissenschaft) sich widmende Jurist. Sodann kommt noch eines in Betracht. Die viele Beschäftigung mit den ftraftrechtlichen Elementen bewirkt unwillkürlich eine gewisse Voreingenommenheit. Wer mit lauter Unregelmäßigkeiten zu tun hat, wird überall Unrechtmäßigkeiten finden, und nicht selten das Gefühl verlieren für die viele» Abstufungen, welche -wischen dem wahrhaft Positiven und dem wahrhaft Negativen in der menschlichen Tätigkeit liegen. Das Benehmen von Verbrechern hat vielfach solche gemeinsame Züge, daß der Versuch nabe liegt, allüberall, wo gewisse Aehnlichkeitetz hervortreten, ein Verbrecherseele und ei« verbrecherisches Tun.^ Witter», und nicht daran zu denken, daß sehr häufig der Schein trW »«L da» ständig mit der Nacht.arbeitende Auge sich auch wieder an. da» Tageslicht gewöhnen muß, will H den Erscheinungen he» Leben» gerecht werden. Gegen diese Einseitigkeit stäadigerMiminqlistischer Täsigvit gibt e» kein bessere» Gegenmittel al» daßMwGu^iehen de» Laiwt- elemente», La» i» seiner LebenSerfahrun^WWHhwarz «nd veiß zO- gleich sieht und von selbst erkenne» Wiß, wMhgDM^Ha»» Böse Mr verakUzelt ist »nd die verbrecherische« meist' MUe Mischmig von G»t und Schlecht enthalten. iWMel Züge von^Kerffch- lichkeit, welche Summe wohlwollenden Humors liegt nicht oft in der Verbrecherseele, was alles dem technischen Juristen mehr und mehr ver- loren geht. ' Noch nach einer andere« Seit« hi» muß ich die Heranziehung des LaienelementS für glücklich halten, nämlich als Gegenmittel gegen die Jnquisitionsweise. Diese wird bei Laien kaum auf so günstigen Boden fallen wie bei Juristen, und namentlich wird die Verteidigung, di« beste Abwehr dieser Jnquisitionsbedrängung, bei den Geschworenen meist einen dankbaren Boden finden. Alles was man gegen das Geschworenengericht ausgeführt hat. namentlich in bezug auf mißverständliche Wahrsprüche, beweist immer nur die menschliche Fehlerhaftigkeit im einzelnen, in welcher Beziehung die Juristen an die eigene Brust klopfen können. Ein wirklicher Einwurf gegen die Geschworenengerichte ist vielleicht hinsichtlich der Psychologie der Aussage zu erheben. Man kann folgern: kaum daß die Juristen allmählich das Trügerische des Vorstellungs und Gedächtnisbildes «rfassen, — wie werden die Laien in dieser Be- Ziehung fehlen, wenn die Juristen über die Schwierigkeit nicht Hinweg kommen? In dieser Beziehung aber kann man sich trösten, denn: 1) pflegen die Lai«n in bezug auf die Jtrtumsfähigkeit der Erinne-' rung meist viel richtigere Vorstellungen zu haben als die Juristen,- welche jahraus, jahrein Aussagen vernehmen, protokollieren, Dinge fest setzen und dadurch von selbst zu Beurteilungen kommen, di« dem Leben nicht mehr entsprechen und auf einer übertriebenen Schätzung des Dar-, stellungsmaterials beruhen. , 2) In allen Fällen kann die Verteidigung di« Vernehmung von Gerichtsärzten verlangen, welche auf die Jrrtumsfähigeit und die viel-, fachen Störungen normaler seelischer Tätigkeit Hinweisen. Man behauptet aber außerdem, daß der Laie nicht gewandt genug- sei, den gerichtlichen Vorgängen mit der gehörigen Aufmerksamkeit zu' folgen, um sich in kurzer Zeit ein Bild der Gründe für und wider z«' machen, und man hat insbesondere hervorgehoben, daß die Suggestiv» des Redners sehr viel auf die Geschworenen einwirken könne, so daß sie' unwillkürlich gleichsam dem letzten Redner zum Opfer fielen. Das ist aber alles sehr übertrieben und setzt ein mangelhaftes Ge- schworenenmaterial voraus. Sind die Geschworenen Verkehrs- and gcschäftsgewandte Leute, stehen sie im öffentlichen Leben der Gemeinde, oder des Staates, dann werden sick sicher in der Lage sein, ebenso Lu der Gerichtsverhandlung mit ihren sorgfältigen Beweiserhebungen ei»' richtiges Bild zu erlangen, wie sie tagtäglich, wenn im Leben Ent scheidungsfragen an sie herantreten, sich zu konzentrieren und den Ent- schcidungsstoff zusammenzufassen und zu bcherrschxn verstehen. WaS abrr die Rednersuggestivn betrifft, so wird ihr Einfluß ebenfalls stark überschätzt; d«nn gerade ein« lebenswidrige Behandlung der Sach« wird im Gegenteil den Widerspruch Hervorrufen und die Geschworenen eher in die Gegnerschaft bringen, wie ich das früher aus den Beobachtungen' in den Schwurgerichten deutlich wahrgenommen habe. Die einzige wirkliche Schwierigkeit besteht darin, daß die Ge schworenen sich juristisch irren können. Das hängt aber vielfach mit dem Formalismus unseres Schwurgerichtswesens zusammen. Es hängt auch damit zusammen, daß niemand vorhanden ist, welcher den Ge schworenen im Beratungszimmer die entsprechende Auskunft geben- kann. Darum wäre es nicht uneben, zu bestimmen, daß unter den Ge schworenen immer ein Jurist sein müsse. Vor allem wäre aber der. Formalismus der Fragestellung zu vermeiden, der schon zu vielen Irr»! tümern geführt hat. Deutsches Reich. Leipzig, 1. Jnl'r. * Zur Kaiserreise nach England. In der Angelegenheit der Kaiser reise nach England hat sich der Berliner Korrespondent des „Morning Leader" um eine direkte Information an den Fürsten Bülow gewandt. Der Kanzler hat ihm sagen lassen, daß König Eduard den Kaiser und die Kaiserin eingeladen habe, ihn ihm November zu besuchen. Der Korrespondent fährt fort: „Der deutsche Kanzler bedauert, augenblicklich nicht in der Lage zu sein, die politische Bedeutung dieses Besuches zu besprechen, und ich erfahre, daß er heute weniger als früher geneigt ist, Interviewer als Verösfentlichungsmittel für politische Erklärungen zu benutzen. Ich suchte heute abend das deutsche Auswärtige Amt auf, wo mir zu verstehen gegeben wurde, weshalb diese Frage bisber so zurückhaltend behandelt wurde. Man sagte mir, das Antwortschreiben des Kaisers > sei erst am 26. Juni abgcgangen. lieber den Inhalt wurde Geheim- nis bewahrt, ober ich erfuhr im Verlaufe der Unterhaltung, daß der Kaiser in herzlicher Weise die Einladung angenommen habe." Daß der Kanzler sich diese Zurückhaltung auserlegt hat in dem Ge- spräch mit dem Korrespondenten des „Morning Leader", ist um so an^ erkennenswerter, als er während seines letzten Aufenthaltes in Italien solche Vorsicht italienischen Ausfragern gegenüber nicht obwalten ließ. * Reichskolonialamt. Wir haben schon die Berufung des Ober- büi^ermeisters von Weißenfels Wad ebn in das Ncichskolonialamt er wähnt. Sie scheint zwar noch nicht amtlich vollzogen zu sein, aber die Nachricht von ihr wurde auch noch nicht dementiert. Aus seinem Leben sind folgende Daten bekannt: er wurde 1860 in Nentrich (DestpreußeH geboren, war als Referendar im Justizdienst, dann als Referendar bei der Breslauer Regierung. Von dort wurde er zum Bürgermeister in Greifenhagen (Pommern) gewählt, dann 1897 in Weißenfels. Sein Name wurde beim vorjährigen Stadtetag bekannt, als er sich gelegentlich der Jleischfraae mit stark agrarischen Anschauungen hervortat. Haben sie ihn vielleicht für das Reichskolonialamt besonders „befäbigt er wiesen?! Weiter wird gemeldet, A»aß in das Kolouialamt als Hilfs arbeiter anch der bisherige GerichtsassesHr, jetzige Regierungsrat Eduard Brückner berufen worden sei, gegen den Herr Roercn im Reichstage heftige Angriffe richtete. * Bülow »»L «allestrenl. Der frühere Reichstagspräsident Gras Ballestrcm erhielt bekanntlich anläßlich seines fünfzigjährigen Offiziers- jubiläumS ein Glückwunschtelegramm des Kaisers, welches die Ver dienste des Jubilars rühmend hervorhob. Die klerikale „Schles. Volks zeitung'.' hat quS diesem Anlaß die Frage aufgeworfen, ob wohl anch der Reichskanzler den Grasen Ballestrem beglückwünscht habe, und die» ver neinen'zu müssen geglaubt „im Hinblick darauf, daß Graf Ballestrem zwei Tage vor der Uirflösnng de» Reichstages den Reichskanzler gefragt hat, ob es richtig ftl, daß der Reichstag aufgelöst werden solle. Der, Reichskanzler Hatte do« in Abrede gestellt." — Äugeafcheinlich ist vo» dem klerikalen Blatt die ganze Frage nach der Gratulation Bülow» »ur eufaevorfen worden, am dieses bisher noch nicht bekannte Gespräch -wische» Kanzler »nd Reichstagspräsident -» erwähnen. Die Tendenz ist zu durchsichtig. Bülow soll hingestellt werde», al» hab« er Ballestrem täuschen wollen. Wer sich aber der Schnelligkeit erimrert, mit Her sich'
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