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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.07.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070706023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907070602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907070602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-07
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hoeNLIL. te rms- iroth. er. ms. k. on. u. /. Uhr. Bezug»Prei» str L«lp»iq und Vororte durch unsere TrLger »nd Spedneure int Hau» gebracht: Lut- gäbe t (nur morgen») vierteljährlich 3 M., monatlich 1 M., Ausgabe 8 (morgen» und abend») vierteljlhrlich 4.50 M„ monatlich ILO M. Durch die Poft bezogen (2 mal tigllch) innerhalb Deutschland» u der deutschen Kolonien vierteljährlich 5,25 M , monatlich 1,75 M. autschl. Poftdestcllgeld, für Oesterreich S X 66 d, Ungarn 8 K vierteljährlich. Adonnement-Annabme: Auguftu-Platz 8, bei unseren Drägern, Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Bries trigern. Die einzelne Nummer kostet 10 PfH Nedaktton und Expedition: Johann irgalse 8. Delephon Nr. 14692, Nr. 14693, Nr. 14694. A!re d-Avsgabe 8. KWMr.TMblM Handelszeitung. Amtsblatt -es Rates nnd -es Nolizeiamtes -er Stadt Leipzig. Nr. 185. Sonnabend 6. Juli 1907. Berliner Nedaktion».Bureau: Berlin kUV. 7, Prinz Loui» Ferdinand- Etraste 1. Delephon I, Nr. 9275. Ar-zeigen-Prei- sär Inserate -u» Leipzig und Umgebung di, «gespaltene Petit,eile 25 Pf., ftnanziell« «neigen 30 Ps., Reklamen 1 von -utwärt» 30 Ps , Reklamen 1.20 vom «utland 50Ps., finan,. Anzeige 75 Ps., Reklamen 1.50 M. Inserat« v. Behbrden im amtlichen Dail 40P' Beilagegebübr 5 vi. p. Dausend exkl. Pos,, gebühr, chelchästi-nzeigen an bevoruigtei Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Doris. Festerteilte «usträge können nicht zurück- gezogen werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Dagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Antigen-Annahme: «ugustutztzlatz 8. bei sämtlichen Filialen u. allen Stmoncen- Expeditionen de» In- und A itlinde». Haupt - Filiale Berlin: llarl Duncke., Herzog!. Bahr. Mösbuch handlung, Lützowstraße 10. (Delephon VI. Nr. 4603-. 101. Jahrgang. >llen* «1412 k II. Etage. lMdlliii lurotz «ko um. trbt. str.Kam„ or 1. Et. *114» ru verw. slläheres iiia Das wichtigste vom Tage. * Der Kaiser hat gestern Kopenhagen verlassen und seine Nordlandsfahrt angetreten. (S. Ausl.) * Pichonhat in seiner gestrigen Kammerrede die B e z i e h u n g e n -u Deutschland besprochen. (S. Artikel.) * Die luxemburgische Kammer hat die Thronfolge- Ordnung mit 41. : 7 Stimmen angenommen. 12. Ausl.) * Die italienische Deputiertenkammer hat sich gestern auf unbestimmte Zeit vertagt. * Die spanische Kammer hat die Wahlreform ange nommen. * Der Kultusminister bewilligte, wie aus Köln gemeldet wird, zur vollständigen Renovierung der Ruine der Kaiserpfalz in Kaiserswerth 15 000 .st, da die vorhandenen Mittel für die Er haltungsarbeiten nicht ausreichten. *JnEhrcnfcld und Bcnsberg erkrankten 46 Personen nach dem Genuß von gekochtem Fleisch und Konditoreiwaren. (S. N. a. a. W.) Lme rau zuni « Näh. N1S17 ung mtt l. «1077 , 1. Etag« 's 340 »2 Feuilleton. Größe ist, was wir nicht sind. Jakob Burckhardt. Lheateragenten. Bon Dr. Kurt Heinzmann (Leipzig).*) Der jüngste Münchner Hoftheatcr-Skandalprozcß — bei dem Genc- ralmusitdirektor Mottl ausgezeichnet, Irl. Wimmers Tugend in Engels, reine, des neuen Generalintendanten v. Speidel künstlerisches Wollen trotz noch etwas zu militärischer Schncidigkeit gar nicht übel, Regisseur Heine auf Grnnd von Heinz Monnards mutiger Zeugenaussage mit diversen blauen Augen, Mottls borglustige Gattin fast kläglich, der an- griffSfreudige Redakteur aber recht kleinlaut abschnitt — lenkte das öffentliche Interesse wiederum auf die Theateragcnten. Die Mehrzahl von allen ihren Mitglieder-Engagements lieh die Münchner Intendanz durch eine einzelne Theateragentnr vermitteln. Eifersucht eines weniger bevorzugten Agenten brachte dann den Stein ins Rollen, bis schließlich die Lawine vor dem Kadi niederging und das halbe künstlerische München, einschließlich seines abgcdankten alten Oberhäuptlings Possart, der mit tränenreicher Stimme über seine Verbannung klagte, vor dem Schöffengerichte versammelt war, um vor gespitzten Reporterstisten drei Tage lang schmutzige Wäsche zu waschen. Die Tätigkeit der Agenten kommt im Theaterrechte zweimal in Betracht: einmal ihre Vermittlung zwischen Bühnenleitern und Autoren und ein zweites Mal ihre Intervention zwischen Theaterleitnng und Bühncnmitgliedern. Nichl wenige Fachmänner sind es, die in dem Agentenwesen und -Un wesen den Keim alles Bösen im Theaterlcben erblicken. Besonders die Bühnenmitglieder selber wissen oft kaum Worte genug zu finden, nm ihre Sklavenhändler genügend zu charakterisieren. Die sanfteste Sentimentale schäumt vor Wut, wenn sie das Wörtchen „Agent" von weitem hört. Bühnenmitglieder nnd Bühnenleiter wenden sich beide an die Agen turen, wenn sie Engagements suchen und frei haben. Tie Agenten aber beziehen für ihre Mittlertätigkeit beim Vertragsschlusie eine Provision, die in einer Ouote der Gage des Mitgliedes besteht und zwischen 3 bis 5 Prozent schwankt. Nur beim Variete, wo die Engagements kaum einen Monat überschreiten, wo also häufiger gewechselt wird und dem- gemäß die Mühewaltung größer ist, erhöht sich die Ouote bis etwa auf ein Zehntel der Gage. Die Direktoren (Intendanzen) gewähren dagegen den Agenten keinerlei Vergütung, sind aber nach dem geltenden Kon- traktSformnIarc des Deutschen BühnenvereinS (8 8 19, Absatz 3) ver- *) Vpl. desselben Verfassers „Deutsches Theaterrecht". München I90K, C. H. Beck. 4 ^l. «irr lk.. Gart, u >tr.32. »vitzio Svrfette, «orooö «. 2. Etage, », Sveisek., *oio»» günstigem r zu vcr- «lsro lit Garten, it großem *01012 sofort;n «114» stm.daruut. isserheizung, :.7S. T.99S. »01020 ter zu ver« »0132» ße 3, II. b., f. 1. Okt. , IV. *oioi» j-ichons Ncnnniervede. Gestern hat Minister Pichon in der Teputicrtenkammer eine Rede auswärtige Politik gehalten. Ten wichtigsten Teil der Rede bilden die Erklärungen über das Verhältnis zu Deutschland. Richt allein den für uns wichtigsten Teil: ganz nn Gegenteil. Die Auswahl des Zeitpunktes sür die ministeriellen Erklä- rungen, diese ganz außerprogrammatijchc Einlage, trotzdem die Winzcr- iintorne noch lange nicht zu Ende gespielt ist; ferner die ausfällige Ge- flistentlichkeit, mit der der Herr Minister den Inhalt seiner Rede im voraus ikizziert an die.Oefsentlichkeit gebracht hatte — das alles läßt darauf schließen, daß Pichon auf die gestrige Skizzierung seiner Motive ein außerordentliches Gewicht legt, daß diese Rede vielleicht eben einen Teil seiner Politik selber zu bilden bestimmt ist. Der Passus über das, was man deutsch-sranzösstchc Annähcrungsgerüchte nennt, lautet also: „Ich erkläre auf das bestimmteste, daß Etienne weder eine offizielle, noch eine ofiiziöse Mission batte. (Zwischenruf Etiennes.) Als Eochin (der Interpellant von der Rechten) nach Rom ging, haben wir nicht ge- fraat, ob er mit einer Mission betraut war. (Heiterkeit und Beifall.! Nichts in den Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland, die un ausgesetzt von der größten Courtoisic und der größten «orrekthei't durchdrungen waren, hätte eine Mission dieser Art in Berlin motiviert, wo wir einen Botschafter haben, der das volle Ver- trauen der Republik und die legitime Autorität bei der deutschen Ne gierung genießt. Ich füge hinzu, daß jeder von uns sich nur beglück wünschen kann zu dem courtoisievollen Empfang, der den Fran- Zofen, darunter Mitgliedern dieses Parlaments, die sich nach Deutschland oegaben, bereitet ist, insbesondere Etienne, der hohe Funktionen in Frankreich ansübt und unserem Lande Dienste geleistet hat, die wir ein- stimmig schätzen. (Ruse: Sehr aut!) Ein derartiger Empfang ist ein Beweis von unseren vortrefflichen Beziehungen zu unseren Nach- Larn. (Sehr gut!) Jedes Wort gründlich abgewogen! Courtoisie, Korrektheit! Wir glauben nicht, daß das Wort „Korrektheit" dieses Mal den peinlichen Nebensinn enthä t, den es in seiner Gegenüberstellung zu „freundlichen Beziehungen" offenbar in der deutschen Thronrede von 1905 anzeiaen. sollte. Aber anderseits ist natürlich auch mit vollem Vorbedacht kein herzlicherer Ausdruck gewählt. Das wäre nicht Pichons Art, dem nicht LaS Herz auf der Zunge liegt, dessen Zunge streng vom Herzen reguliert wird, auch wenn sie Herzenstöne redet. Wir können Pichons Stellung und Verfahren nicht anders, denn als ganz vortrefflich bezeichnen. Seine Art entspricht so ausnehmend unseren Bedürfnissen, daß wir gar nichts Besseres wünschen können. Zu- sammengehen mit Frankreich als eine Möglichkeit festhalten und uns darin nicht durch die alten Erinnerungen stören lassen — aber fort mit sofort vd. r. «1443 lckeLöbrst. »oiöii e, ist die . Wohn., »bekam., Garten, ju denn. «114« t.,4.Okt. ädcbenz.. ,2300./L I. »01228 1.Okt. »01b07 all dem süßlichen Getändel, mit dem der Ucberschwang politischer Pfuscher die Zeitweiligkeiten und Notwendigkeiten des Völkerlebens zu begleiten, dem Manne von Geschmack und Selbstgefühl zu verekeln und so oft zu verderben liebt! Den übrigen Inhalt der bedeutsamen Rede lassen wir in einem kurzen Auszuge folgen. Neber Marokko sagte der Minister: „Unserem Versprechen gemäß haben wir die Besetzung von Udjda nicht ausgedehnt. Wir haben uns damit begnügt, gesunde Verhältnisse in der Stadt zu schassen, die Stämme zur Ruhe zu bringen, den Handel zu fördern und ein ständiges Zusammenarbeiten der französischen und der marokkanische» Behörde» herzustcllen. Wir habe» eine» französische» Kommissar zn diesem Zwecke bestimmt Dieses Abkomme» verursachte keine internationale Schwierigkeit. — Zum s p a n i s ch - franzö sischen Abkommen führte Pichon aus: Dieses Abkommen kann als eine Folge der seit etwa zehn Jahren von den Kabinetten in Paris und in Madrid befolgten Politik angesehen werden. Die zwei Mächte erklären, sie beabsichtigten, den territorialen «tatu« guo zu wabren, und fügen hinzu, sie würden sich über gemeinsam zu ergreifende Maßregeln ver ständigen, wenn sich Umstände ergeben sollten, die den statu« nu" ändern könnten: es gibt nichts friedlicheres, als dieses Abkommen. Es ist nie mals unnütz, gemeinsamen Gefühlen für die Aufrechterhaltung des Friedens eine konkrete Form zu geben. Denn es ist gut, seine Tauer zu sichern gegenüber möglichen Personenveränderungen. Tas Abkommen ist allen Mächten mitgeteilt, cs enthält keinerlei geheime Klauseln und schafft keinen Dreibund." Zeitungsstimmen. Der scharfe Angriff, den, wie berich et, die „Köln. Zig." gegen die Peters-Partei gerichtet hatte, wird von der „Post" folgendermaßen beantwortet: Tie „Kölnische Zeitung" bringt unter der Ucberschrift „Huonsguo tanclom" einen Leitartikel, in welchem sic gegen daS „Treiben ler Antwnaer keS Dr. Peters" zu Felde zieht. Tas lut dieselbe „Kölnische Zeitung", bezüglich deren Dr. Peters auf dem Kommers in München testgeslellt hat, daß sie Lurch ihren Anwalt Material gegen Peters der „Münchener Post" geliefert hat. Tie „Kölnische Heilung" gehört allo zur Anti-PeierS-Cliquc. das Treiben dieser Clique hält sie sür erlaubt. Als Helferin der Cozaldemokratie scheint sic sich alfo auch bereits zur sozialdemokratischen Toppel ¬ moral zu bekennen. Ihr Nus „Huousquo tamtem" hat aber noch einen be sonderen praktischen Zweck. Cs tommt jetzt die Stunde, wo Tr. Peters vor Gericht mit der „Köln. Ztg." Abrechnung hallen wird. Ta sehlt eS der cd en Kölnerin nun an Material und sie erhofft von der Reichsregierung Hille. WaS die deutsche Reichsregierung bisher im Interesse des Reiche- abgelehnt bat, wird sie jetzt rm Interesse der „Köln. Ztg." ganz gewiß nicht zugcsiehen. Die ganze Stellung der „Köln. Ztg." im PeterS-Prozeß dürste auch unter den Lesern des Blattes srlbsi große Eulrüstuna brrvaraerm-n haben. Gin Zujammenaehen "lit der Sozialdemokratie ivoreu diese Lelrr bisher nichl gewohnt. Luc Entrüstung, welche die „Köln. Ztg." besonders gegen den General von Liebcrt zum Ausdruck bringt, weil er sich über zwei DisziplinargerichtSurtellc, die lein Vernünftiger billigt, in seiner begreiflichen Erregung etwa? drajtisch ausgesprochen hat. siebt einem ' Blatte schlecht zu Gesicht, daS sich nicht entblödete, unseren größten deutschen Staatsmann den Fürsten Bismarck zu beschiinvfcn, indem cS ihn nach leincm Sturze einen „Nörgler" nannte, der „polternd hinter dem Reichswagcn verlief". Tie Beüauvtung, die Regierung erwäge ein Vorgehen gegen General von Lievert, ist selbstverständlich nur rin srommer Wunsch edler Seelen. Die neuesten Aus lassungen der „Köln. Ztg." sind keine Stimmen auS besonnenen uationalliberalen Kreisen, wie die „BolkSztg." behauptet, sondern ein sanatischcr Hager deS Tr. Peters führt hier daS Wort. Nicht die angebliche Pelers-Clique, sondern die Anti-Petecs-Kamarilla treibt politische Brunuenvergistung, der endlich Einhalt getan werden muß. * Der Rrformplan der sächsischen Regierung zur WahlrechtS- änverung für -te Zweite Kammer wiro erst von wenigen Zeitungen besprochen. Die Mehrzahl auch der sächsischen Morgenblältec begnügt sich mit einer Wiedergabe der Rede des Ministers. Der „Dreüner Anzeiger" schreibt: Es ist ein hochbedeutsomes Programm, das der Herr Minister Graf Hohen- thal in der vorstehenden Rede entwickelt hat, cs ist viel zu einschneicenb, als daß es alsbald eingehend gewürdigt werden könnte. Wir begnügen uns heute damit, der hohen Genugtuung darüber Ausdruck zu geben, daß in der auf dem pflichtet, die Gagen ihrer Mitglieder um die den Agenten zukommenden Provisionen zn kürzen und diese Beträge den Agenten direkt einzuscnder. Auf diese Art erhalten einzelne Agenturen von manchen Bühnen fast höhere Summen, als die höchstbezahlten Mitglieder dieser Theater: die Agenten sind also die „bcstbcsoldetsten Mitglieder" nicht weniger Bühnen. Nur wenigen Künstlern aber glückt es durch persönliche Beziehungen, ohne die Mittelsperson eines Agenten Engagement zu finden. Verschiedene Versuche hat man schon erfolglos gemacht, um die Agenturen, die „Blntfauger" im Bühnenleben, auszuschalten. Auch ein Vorschlag des früheren Syndikus der Berliner Hofbühnen Landgerichts- rar Bischoff, Vertrauensleute in verschiedenen Bezirken einzusetzen, scheiterte an seiner praktischen Undurchführbarkeit. Nationalökonomisch ist zweifellos jeder Zwischenhandel zwischen Produzenten nnd Konsumenten durchaus ungesund, wenn er zu hohe Prozente vom Einkommen des Produzenten verschlingt. Als entschieden berechtigt sind also die Bestrebungen anzuerkenncn, die die Abzüge des Zwischenhändlers — in der Tat liegt hier, so idealistisch man auch von den Aufgaben der Schaubühne denken mag, ein echtes Handelsgeschäft mit der Arbeitskraft des Darstellers vor — ans ein vernünftiges Maß zu beschränken suchen. Ganz beseitigen aber wird man die Agenten kaum jemals können. Die zumeist vorhandene räumliche Entfernung zwischen den vertrag schließenden Parteien, aber auch die Bequemlichkeit der Bühnenleiter, zu mal da sie die Agenten nicht aus ihrer Tasche zu bezahlen haben, leisten ihnen Vorschub. Denkbar ist allerdings die Vermittlung durch Ver trauensmänner ans genossenschaftlicher Grundlage. Vielleicht verspräche es auch Erfolg, wenn die beiden großen Interessengemeinschaften des Theaters, der „Bühnenverein" (Direktoren nnd Intendanten) und die „Büdnengenossenschast" (Bühncnmitgliedcr) selbst die Organisation von Agenturen versuchen nnd damit eine neue Arbeitslast ans sich loden würden. Notwendig wäre dabei freilich, daß man der leitenden Persön lichkeit soviel wie möglich Selbständigkeir überläßt. Gerade in persön lichem Vertrauen aus den Eharakter der Mittelsperson muß die Agenten- tätigkeit wurzeln. Vier Prozent Abzug von der Gage des Mitglieds sind übrigens keinesfalls eine zn hohe Vergütung, wenn sich der Agent, der viel reisen muß, wirklich eingehend von den Fähigkeiten des betreffenden Dar stellers überzeugt und wenn er sich zugleich über die Bedürfnisse der be- trcssenden Bübncnleitüng genaner unterrichtet tziid sie berücksichtigt. Wie aber wird die Agententätigkeit stir die mittleren nnd kleineren Provinz bühnen in der Praxis so ost geübt! Etwa zwei bis drei verschiedene Dar- steiler, deren Leistungen weder der Agent, noch der Direktor genauer kennt, werden fist- eine einzige Vakanz engagiert. Der Direktor aber hat nach der berüchtigten „Künkignngsklnnsel" — einer so unbilligen In- stitution, wie sie'nur gn der Bühne möglich nnd nur durch die Ueberfiille des Angebots an Dnrchschnittsmateriol begreistich ist — das einseitige Recht, in den ersten drei Engagementswochcn die ihm nicht zusagenden sächsischen Volke seit Jahren lastenden Wablrechtsi'roge nunmehr ein energischer Schritt getan wird, und schließen uns aus vollem Herzen der vom Grasen Hohenlhal auSgegebenen Parole an: „Nicht rückwärts, sondern vorwärts". Dagegen verurteilt die „Zittauer Morgenzeilung" die Pläne äußerst scharf. Sie schreibt weiter: Alle die schönen glatten Redensarten, mit denen der Minister die Körper, schäften der Stävte überschüttet, können den Pferdefuß dieses Wahlrechts- MonnrumS nicht verhüllen. Man bietet für die Hälfte der Abgeordneten daS allgemeine direkte Wablrecht, vcrbösert noch durch Pluralstimmen; daß hierbei den Wahlberechtigten zum Landeskulturrat eine Extrawurst gebraten wird, während die zu den Handels- und Gewcrbekarnmern Wählenden unberücksichtigt bleiben, lennzeichnet deutlich die agrarische Tendenz, die noch immer in SachsenS Regierung richtunggebend ist. Wie die Abgeord neten gebaut sein würden, die ans den ländlichen Bezirksversaminlungen hervor- geben sollen, weiß jeder, der einmal einen Blick in diese Institution getan und die Macht des „Herrn AmtshauptmannS" kennen gelernt hat Die städtischen Kollegien aber gehen leider in den meisten Städten Sachsens auS einem ungerechten RIassenwahlsystem oder gar, wie in Chemnitz, aus einem Kiassen- nnd Bcrusswahljyslem hervor. Will man diesen Kollegien das Recht zur Wakl von Landtaqsabgeordneicn zugestehen. Io sind freilich hier die„Wähler"selbst schon so gründlich dvrchgesiebt, daß sie „gute" Landtagswähler sind, wie brr Herr Minister sich nus'orückt. Tie besonceren „Schönheiten" deS Regierungsplanes wild man rrst erkennen, wenn die Publikation des ganzen Entwurfs erfolgt ist, die wobt nun nicht mehr lange aus sich warten lassen wird. Aber schon jetzt weiß man soviel, daß die Regierung nicht gewillt ist, dem Volke ein wirklich freiheitliches Wahlrecht zu dielen, und Laß sür jeden wirklich liberalen Mann das Urleil über den Hohenihalschen Entwurf nur lauten kann: Werft das Scheusal in die Wolisschlnchtl Dieses Urteil bestärkt uns in dem Wunsche, der Regierungsvertrag möge baldigst veröffentlicht werden. Die Unkenntnis darüber, wie die Verhältniswahl staftfindct, noch mehr, wie die Wahl aus Kommunal verbänden heraus geschehen toll — läßt so vieles unklar, daß dadurch die weilcre Eiörtelunz des Entwurfs sehr erschwert w:rb. Deutsches Reich. Leipzig, 6 Juli. * Urlaub in den ReichSäuitcru. Fürst Bülow wird morgen seinen Erholungsurlaub antrctcn und sich nach Noiderney begeben. Er bleibt doft bis Ende September oder Anfang Oktober. In seiner periönlichen Begleitung werden sich befinden Geh. Re'.-Rat Schaefer, ständiger Hilisarbciter in der Reichskanzler nnd Hauptmann L la ruito der Armee v. Schwartzkcppcn — Auch des ReichStanzlerS Stellvertreter, der An'ang nächster Woche mit Urlaub verlassen. Da der Staatssekretär des Auswärtigen von T'chirjchky erst in der zweiten Hälfte des lausen den Monals vom Urlaub zuriickkedrl, wird Fürst Bülow rm Amtsbereich des Auswärtigen Anft.'S zunächst durch den Unterstaatösekrelär Dr. v. Mühlberg vernelen. * Tic Geschichte V s Rücktritts VcS Grafe» Posavowsky, wie sic bisher in der Presse geschildert worden ist, bedarf der Berichtigung. Es ist falsch, daß Exzellenz von Lucanus der erste Ueberbringer eines läster lichen Auftrages an den bisherigen Ehes des ReichöamieS des Innern war. Vielmehr hat, wie die „Mil.-pol. .Korrespondenz" erfährt, eine andere hochstehende Pcriönlichkeil am Atzend vor der Bekanntgabe des MinisterwcchselS, also am Freitag, den 21. Juni, den Grasen ausgesucht uns rhin im Auftrage des Monarchen „daS Oberpräsidium ter Provinz Hessen-Rassau, verbunden um einer ganz besonderen periönlichen Ehrung" angeboten. Der Staatssekretär lehnte beide Anerbieten mit dem Be merken ab, er ziehe cs vor, wenn er einmal gehen solle, als freier Mann aus seinem Amte zu scheiden. In Verbindung mit dieser authen tischen Darstellung teilt die „M.»p. K." nut, daß nicht mehr der „Ber liner Lolalanzeiger" die dem Kaiser jetzt allein vollständig und uiner- ichnitten vorgelegte Tageszeitung ist, sondern unlängst durch die „Täg liche Rundschau" ersetzt wurde. — Aha! — Darsteller nach einer Kündigungsfrist von 10 Tagen wieder zu entlassen nnd damit sür die ganze Saison brotlos zu machen. Härten bestehen in der Praxis auch inso'ern, als vertragsgemäß der Agent auch eine wenngleich etwas geringere Provision weiter bezieht, wenn der von ihm vermittelte Vertrag nach mehrjährigem Bestehen ohne sein Zutun verlängert („prolongiert") wird. Die Deutsche Bühnengenossenschaft setzte übrigens unter der Aegide des kampfessreudigen Hermann Nissen in ihrer Dclegiertenvcrsamm- lung vom Dezember 1890 eine Kommission zur Reduktion der Agenten- provlsloncn ein. Tiefer Ausschuß erzielte tatsächlich auch durch Ver» einbarur.g mit den wichtigsten Agenturen einige erfreuliche Resultate. Gerade die geringsten Gagen wurden hiernach nur mit 2H Prozent Ad- zug, die höchsten mit 5 Prozent belastet. Leider wurde nur dieses Ab kommen schon sehr bald wieder von den Agenten durchbrochen. Immer hin aber zeigte die Genossenschaft, deren ehrenamtliche Leiter ja fast sämtlich Künstler sind, die „es nicht mehr nötig haben", hierdurch von neuem, wie redlich sie bemüht ist, gerade auch die „kleinen Leute" zu fördern. Auck, dies ist bemerkenswert, daß die Kommission ausdrücklich den Vorschlag der Agenten ablehnte, daß diese Ermäßigungen nur den Mitgliedern der Genossenschaft zugute kommen sollten. Der Agent vermittelt aber auch zwischen Bühnenschriftstellern und Theaterleitern. Denn die Autoren verhandeln über die Ueberlossung des Aufführungsrechtes ihrer Schauspiele, Opern, Operetten usw. saft ausnahmslos nicht direkt mit den Direktoren. Man mag nun über die Agenten soviel schimpfen wie man will — gerade für die Autoren ist ihre Tätigkeit notwendig nnd fast unentbehrlich: denn gerade die vorned»rre» Eharaktcrc unter ihnen können unmöglich über die finanzielle Seite des Kontraktes selber mit jedem einzelnen Bühnenleiter verhandeln. Gerade diese Tätigkeit ist in erster Linie, vielfach einzig und allein, ein „Geschäft". Wie eine beliebige Marktware wird die idealste Dichtung behandelt. Und höchst selten stehen leider Gottes die edelsten Dichtungen ans dem Bühnen markte ans der verdienten KurShöhe. Namentlich für jüngere Autoren ist ober ein zuverlässiger Agent zugleich ein praktischer Ratgeber. Die Bedürfnisse, literarische Richtung, künstlerische Leistungsfähigkeit uno finanziellen Verhältnisse von ein paar hundert Bühnen zu kennen, er« fordert langjährige Routine. Der Agent übernimmt außerdem durch seine Annahme zum Bühnen- vertriebe dem Theaterleiter gegenüber eine gewisse, wenn auch oft nur geringe Garantie, daß die vertriebene Arbeit nicht ein ganz Wertlotes Dilcttantenstück ist. Ties hat deshalb einigen Verl, weil die meisten der unzähligen bei großen Bühnen eingereichten Manuskripte, wenn nicht Konnexionen sür den Autor sprechen, kaum flüchtig auch nur teilweise gelesen werden. Für diese Tätigkeit beziehen die Agenten eine Provision, die meist 10 Prozent -- bci An'ängern auch bis zn 25 Prozent — der Autoren« tantiemc beträgt, die sich ihrerseits ans etwa 3 bis 10 Prozent der Bruttoeinnahme jeder Aufführung beläuft. Für besonder- zugkräftige
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