Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.07.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070716014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907071601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907071601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-07
- Tag1907-07-16
- Monat1907-07
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Morgen-Ausgabe 8. DezugS-PreiS für L«'p»l- und Vorort« durch unser« Präger und Spediteur» in» Hau» -«bracht: Lut gab« ä (nur morgen») vtertrlithrlich 3 Pl., monallich 1 N.; Lutaab« 8 (morgen» und abend«) vierteljährlich «.58 M., monatlich l.58 M Durch di« Po- bezogeo (2 mal täglich) innerhalb Teusschlandt u . der deutschen Kolonien vterteljithrlich 5,25 M., monatlich 1,75 M. autschl. Postbestellaeld, für Oesterreich 9 U 86 k, Ungarn 8 L vierteljährlich. Vbonnement-Lnnabme: Lugu-u-olatz 8, bei unseren Drägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzeln« Nummer kostet 1V Ps^ Nebaktiou mrd Expedition: Johannitgass« 8. Delephon Nr. IE, Nr. IE, Nr. 146S4. verltarr Nedaktton« - Bureau: Berlin dNV. 7, Prinz Loui« Ferdinand- Straße 1. Delephon I, Nr. 9275. Nr. 185. MpMerTagMali Handelszeitung. Amtsblatt -es Rates und -es Notizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen Preis illr Inserate au« Leipzig und Umgebung di« 6gespaltene Petitzeile 25 Pl, stnanzielle Anzeigen 38 Pf., Reklamen l M.: von autwärt« 38 Ps, Reklamen 1.26 M.: vomAu»land50Ps., finan,. Anzeigen75Ps., Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behörden im amtlichen Teil «0 Pk. Beilagegebühr 5 M. p. Tausend exkl. Post gebühr. Sleichäjtäanzeigen an bevorzugter -Stelle im Preiie erhöbt. Rabatt noch Taril. Festerteilte Auiträge können nicht zurück gezogen werben. Mr da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Sugustu«pl-tz 8 bei sämtlichen Filialen u. allen Anno. ccn- Sxpedltionen des In- und Auslandes. Haupt Filiale Berlin: Earl Duncke., -erzog!. Banr. Hosbuch- handlung, Lützowstrahe 18. (Telephon VI, Nr. «M3). Dienstag 16. Juli 1907. 101. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. * Der Präsident der Friedenskonferenz, Botschafter Neli- dow, hat für Freitag eine Plenarsitzung anberaumt; in dieser wird Sir Edward Jry den Abrüstungsvorschlag ein bringen. * Der Dampfer „W iIlehad" des Norddeutschen Lloyds mit dem Ablösungstransport für das o st asiatische Detachement ist am 14. d. M. wohlbehalten in Hongkong eingetroffcn und am 15. nach Taku weitergegangen. * Ter Ausstand der Rechtspraktikanten in Prag ist be endigt. sS. Ausl.) * Zwischen Rußland und A m e r i k a ist ein neuer Fischerei- konflikt ausgebrochen. sS. Ausl.) * Zum Nachfolger von Leydens ist, nachdem die Professoren M ü l l e r - München und K r e h l - Heidelberg abgelehnt haben, dem Vernehmen nach nunmehr der Göttinger Kliniker Professor His in Aussicht genommen; dieser hat gestern bereits die Berliner medi zinischen Kliniken in der Charite besichtigt. * Die Leipziger Handelskammer hat in ihrer gestrigen Sitzung beschlossen, in einem Berichte an das Königliche Ministerium des Innern die Schaffung von Handlungsgehilfenaus schüssen zu befürworten, die an die bereits bestehenden Handels kammern Sachsens anzugliedern wären. sS. Bericht 4. Beil.) * In Leutzsch ist ein lOjähriger Knabe von der Elek- trischenüberfahren und sofort getötet worden. sS. Lpzg. Ang.) Deutschland, England und das Seekrieasvecht auf der* Haagev Konferenz. Ohne nennenswerten Zank zwischen Humauitätsverfechtern und Chauvinisten schreiten die Verhandlungen in der holländischen Residenz stadt vorwärts. Es gibt keine Sensationen! Die Tinge fangen an, dasjenige Stadium von Sachlichkeit zu erlangen, das der Laie, der sich um die Einzelheiten nicht kümmert, leicht als langweilig verschmäht. Er hebt vor allem heraus, daß aus der Abrüstung nichts wird, weil die meisten entscheidenden Staaten dagegen sind; ja daß England den An- trag, von dem im voraus am meisten geredet wurde, noch nicht einmal eingebracht hat. Di« Schiedsgerichtssache macht Fortschritte, teils in dem der ganze Apparat immer mehr ausgebildet wird, teils indem man immer mehr Uebereinkommen erreicht, gewisse Materien ihnen zu überweisen. Zu den letzteren scheinen etwa die aus der Drago-Calvo- Lehre der Südamerikaner gehören zu sollen. Einige dieser Staaten finden es unvereinbar mit ihrer Souveränität, daß mächtigere Länder einfach zugreifen und sich mit Waffengewalt Genugtuung verschaffen, wenn Forderungen ihrer Untertanen an kleinere Republiken nicht be glichen werden. Von dem Standpunkt, daß dies völkerrechtlich oder durch eine Art zweiter Monroe-Doktrin verboten sein sollte, sind sie nun so weit zurückgekommen, daß zuvor das Haager Schiedsgericht die Forderungen für berechtigt erklärt haben müsse. Am meisten drehen sich die Verhandlungen um höchst greifbare Streitfragen des Seekrisgsrechts. Diesem Gebiet, das dem deutschen Binnenländer nicht gerade nahe liegt, sollte er doch seine Aufmerksamkeit nicht versagen, weil es die große Weltpolitik stark berührt. Es handelt sich um einige Dinge, welche die Machtstellung Englands, nach seiner Meinung wenigstens, verringern könnten. Bisher war Englands Flottenmacht so überwältigend, daß es geradezu maßgebend war auf dem Gebiet des Seekriegsrechts. Auch jetzt noch steht es in einer Weise da, daß gegen seinen Willen kein Grund- satz Geltung erlangen kann. Aber offenbar hat es nicht mehr so viel Gewicht, daß es die Mehrzahl mitreißen könnte, um über den Wider spruch einzelner Dissentierender hinwegzugehen. Das geschah noch 1856 auf der Pariser Seerechtskonferenz. Wie heute, so stellte es auch damals sein Interesse als maßgebende Richt schnur für das Völkerrecht auf. England hatte — und hat heute — die größte Handelsflotte der Welt; es konnte demnach von der Kaperei empfindlichen Schaden erleiden. (Der Laie wolle wohl unterscheiden, daß Kaperei ein Raub ist, der von Handelsschiffen ausgeübt wird, die von einer kriegführenden Macht mit einem Kaperbrief versehen sind, während das Seebeuterecht nur von regelrechten Kriegsschiffen wahr genommen werden darf.) Daher beantragte England 1856 die Ab schaffung der Kaperei. Dagegen hatte es vom Seebeuterecht wenig zu fürchten, weil sein« eigene Kriegsflotte so stark war, daß sie feindliche Kreuzer voraussichtlich rasch von allen Meeren wsgfegen konnte. Mit seiner eigenen starken Kreuzerflotte konnte es dagegen den feindlichen Handelsflotten so viel Abbruch tun, daß es keine Kaper brauchte. — Die Vereinigten Staaten machten schon damals nachdrücklich geltend, daß schwächere Seemächte ein entgegengesetztes Interesse hätten, namentlich wenn sie eine große Handelsflotte hätten, was für die Amerikaner da mals zutraf. Sie könnten durch Kaper die englische Handelsflotte furcht bar dezimieren lassen, hätten aber viel zu wenig Kriegskreuzer, um ihr ernstlich schaden zu können. Die Engländer beantragten daher das Verbot der Kaperei, wollten aber am Seebeuterecht nicht gerüttelt haben. Die Amerikaner sagten: die Abschaffung der Kaperei nützt uns nichts, schadet uns vielmehr; wenn nicht zugleich das Seebeuterecht beseitigt wird, so gehen wir auf nichts ein, so behalten wir uns das Kaperrecht vor. Die Konferenz trat den englischen Anträgen bei, die Amerikaner und einige andere Mächte lehnten deswegen für sich die sämtlichen Beschlüsse ab. Daher haben die Bereinigten Staaten noch heute das Kaperrecht. Jetzt haben die Amerikaner von neuem die Abschaffung des See- beuterechts beantragt. Oesterreich-Ungarn und die meisten kleineren Mächte stimmen ihnen lebhaft zu. England lehnt abermals ab, auS den nämlichen Gründen wie 1856. Deutschland hat seine Stellung geändert. Zwar war Preußen 1856 primo Icxx> für den amerikanischen Antrag, als dieser abgeleknt war, trat es aus Seite Englands. Jetzt verficht Deutschland das Seebeuterecht, oder es will auf dessen Abschaffung nur eingehen, wenn zugleich daS Blockaderecht und da- Recht der Weg nahme von Konterbande aufgehoben wird, worauf sich England niemals einlassen wird. Deutschland glaubt, in einem etwaigen Seekriege durch das Seebeuterecht dem Feinde sehr schaden zu können, selbst wenn dieser Feind England ist. In deutschen Schiffahrtskreisen wird dies ganz verschieden beurteilt. Jedenfalls ist es seltsam, daß das Seebeuterecht zugleich den Engländern und den Deutschen für nützlich erachtet wird, in einem Kriege, den sie gegen einander führen. Einer kann doch nur recht haben. — Ter amerikanische Antrag wird sicher wieder fallen. England als stärkste Seemacht hat im allgemeinen am meisten Vor teil, wenn den Rechten der Kriegsflotte möglichst weite Grenzep gezogen werden. Darum hält es an Blockade-, Seebeute-, Konterbanderecht fest. Von einigen neueren Erfindungen im Seekrieg kann es für sich wenig Gebrauch machen, daher wünscht es deren Einschränkung. So namentlic, von der Aussendung freitreibender und sogar von der Aussetzung ver ankerter Seeminen mit Kontaktzündern. England hat viel öfter fremde Küsten anzugreifen als eigene zu verteidigen. Der Verteidiger aber kann sich wirksam schützen, wenn er seine Häfen und Flußmündungen mit einem Gürtel verankerter und obendrein mit einer Schar frei treibender Kontaktminen versieht, die dem Feinde die Annäherung ver hängnisvoll machen. Daher beantragt England das Verbot, während die kleineren Mächte nur gegen Konzessionen darauf eingehen wollen. England hat in allen Weltmeeren eigene Häfen und Flottenstationen in Menge, seine Schiffe finden auch im Kriege überall Gelegenheit, sich in nationalen Häfen mit allem auszurüsten. Tas kann kaum eine andere Macht von sich sagen. Daher sind alle anderen Mächte auf Be- Nutzung neutraler Häfen angewiesen. England beantragt daher, daß das nur in allerengstem Rahmen zulässig sein soll. Es ist fraglich, ob es damit durchkommt. Aus gleichen Gründen besteht es darauf, daß alle Prisen in einem nationalen Hafen des Kaptors vor ein Prisengericht gestellt werden. Englische Kriegsschiffe finden die letzteren in der ganzen Welt. Die kleineren Mächte suchen für sich günstigere Bedingungen zu schaffen. In anderen Dingen, z. B. internationalen Oberprisengerichten, Sicherung unverteidigter Häfen gegen Beschießung durch feindliche Kriegsschiffe, vertritt auch England den Fortschritt. Im ganzen richtet es sich nach seinem Interesse, was denn freilich die anderen auch tun, diesmal jedoch ohne sich so sehr wie früher von der englischen Führer schaft und Uebermacht imponieren zu lassen. Ein gewisses angesam meltes Gegengewicht gegen England ist eine sehr bedeutsame Zeit erscheinung. ?— Epilog znin Rvieg in Kii-westnfrika. Der Große Generylstab spricht jetzt das Schlußwort zum Feldzug in Südwestafrika: In dem 6. Hefte der „K ä m p f e d e r d e u t - ichen Truppen in Südwestafrika" (Verlag Mittler L Sohn, Berlin), das in diesen Tagen zur Ausgabe gelangt, fügt er zu der Schil derung der letzten Ereignisse auf dem Kriegsschauplätze eine äußerst interessante Betrachtung über die E r g eb n i s s e des schweren Kampfes. Als an jenem Januarmorgen des Jahres 1904 die erste Schreckens- Nachricht von der grausamen Hmmordung zahlreicher Deutscher durch die Hereros in die Heimat drang, bestand hier wohl allgemein die Hoffnung, es könne noch gelingen, den drohenden Aufstand im Keime zu ersticken. Es kam anders. Die anfangs mehr örtliche Erregung ergriff gleich einer Flutwelle die Bevölkerung des gesamten Schutzgebietes, und jene blutigen Ereignisse bildeten den Anfang eines Kolonialkrieges, wie ihn das junge Deutsche Reich in einer solchen Ausdehnung und Bedeutung noch nicht erlebt hatte. Erst in dem gewaltigen kriegerischen Ringen kamen die hohen kriegerischen Eigenschaften der Eingeborenen zur vollen Entfaltung. Sie zeigten sich als geborene Krieger und fanden mäch- tige Bundesgenossen in der Eigenart ihres Landes, der sie ihre Kampfes- art vortrefflich anzupassen verstanden. War schon der Herero, jener Meister des Buschkrieges, durch seine angeborene Wildheit^ seine be deutende Körperkraft, Ausdauer und Bedürfnislosigkeit ein nicht zu ver achtender Gegner, dessen Kampfeslust sich bei der Verteidigung seiner Viehherden zu wilder Entschlossenheit steigerte, so wurde er an kriege rischem Wert doch weit übertroffen durch seinen gelben Nachbar, den Hottentotten. Auf das innigste verwachsen mit der Natur seiner Heimat und von Jugend auf gewöhnt, das scheue Wild zu jagen, war er ein geborener Schütze, der das Gelände in meisterhafter Weise seiner Waffe dienstbar zu machen verstand, — durch sein ungebundenes Leben in der Natur mit großer Schärfe aller Sinne begabt, von unübertrefflicher Schnelligkeit und Beweglichkeit zu Pferde wie zu Fuß, andauernd und bedürfnislos, sah er in dem Kriege sein Lcbcnselement. So lange er noch seine Werf ten zu schützen hatte, kämpfte er in geschlossenen Stämmen und scheute nicht den offenen Kampf im freien Felde. Allein von dem Augenblick an, wo er die Seinen und sein Hab und Gut jenseits der Grenze in Sicherheit wußte, verlegte er sich auf die Führung des Kleinkrieges, überall erspähte er Gelegenheit zu Hinterhalten, Ueberfällen und Räu- bereien. Ohne den Begriff der Waffenehre zu kennen, empfand er keinerlei Scham zurückweichen zu müssen. Er hatte nach seiner Ansicht gesiegt, wenn es ihm gelungen war^ das gestohlene Kriegsgut in Sicher heit zu bringen. In zahlreiche kleine Banden aufgelöst, durchstreifte er das Land. Marschierende und ruhende Truppen, Kolonnen, Stationen, Posten waren nirgendwo und zu keiner Zeit vor den allenthalben herum- streifenden Banden sicher. „Feind überall" war das Kennzeichen der Lage. D,e Eigenart dieser Gegner, ihre im Verlaufe d«s Krieges oft wechselnde Fechtweise und der sich stets ändernde Charakter der Kriegs- sckauplätze stellten ganz außergewöhnliche Anforderungen an den deut schen Soldaten. Anders gestaltete sich der Kamps gegen das Hirtenvolk der Herero, im dichten Dornbusch, anders gegen das Jägervolk der ihre Wersten schützenden Hottentotten in den weiten Ebenen des Namalandes und der öden Kalahari, anders wiederum gegen die vom Krieg lebenden und leicht beweglichen Banden in den wildzerklüfteten Karras- und Oranjebergen. Diese so verschiedenartigen Verhältnisse verlangten vom deutschen Soldaten ein hohes Anpassungsvermögen und einen Grad von Selbständigkeit, den der für europäische Verhältnisse erzogene Soldat weder in so hohem Maße braucht, noch in der Gesamtheit je erlangen kann. Der koloniale Soldat ist vielfach auf sich selbst angewiesen, und es darf keine Lage geben, in der er sich nicht selbst zu helfen weiß. Fast 40 Monate hat die deutsche Schutztruppe im Felde gestanden gegen einen Feind, der in seltener Zähigkeit und AuSoauer mit dem Mute der Verzweiflung um seine Unabhängigkeit rang. Groß waren die Opfer, die der Kampf forderte, größer noch die Lücken, welche An strengungen und Entbehrungen, und in deren Gefolge verheerende Krankheiten in die Reiben der deutschen Reiter rissen. Der deutsche Soldat darf das stolze Gefühl in sich tragen, in diesem harten Kampfe ganz seinen Mann gestanden zu haben. Er war ein Held nicht nur der Tat, sondern auch des stillen geduldigen Leidens und Entbehrens, und hat selbst in verzweifelten Lagen echt kriegerischen Geist an den Taa gelegt. In ihist lebte der zähe, durch keine Leiden zu bezwingende Wille zum Lieg. Wohl ist es ein Leichtes, solchen Geist in einer Truppe zu erhalten, der eS vergönnt ist, von Sieg zu Sieg, von Erfolg zu Erfolg zu schreiten. Anders war eS hier, wo er sich bewähren mußte in langer, schwerer Leidenszeit, in der nur zu oft sichtbare Erfolge ausblieben, und Mühsale und Entbehrungen scheinbar vergeblich getragen werden mußten. Wie viele Hunderte, ja Tausende von Kilometern ist die Truppe in jenem unwirtlichen Lande in der Glut der afrikanischen Sonne hinter dem flüch tigen Gegner hergeiagt, oft ohne daß es gelang, ihn zum Kampfe zu stellen! Jene endlosen und aufreibenden Verfolgungszüge, in denen die Truppe häufig ihr allerletztes hergab, ohne einen Lohn für alle ihre Mühe einheimsen zu können, haben diesen Geist fürwahr auf eine harte Probe gestellt, und doch blieb er, wie alle Kriegsberichte übereinstimmend melden, vom ersten bis zum letzten Tage des Feldzuges unvergleichbar! Gegründet auf eine Manneszucht, die ihre starken Wurzeln in dem gegenseitigen Vertrauen zwischen Führer und Soldat hatte, war er er probt in der Schule der Leiden. Der Führer wußte, daß, wenn es die Lage erforderte, er von seinen Soldaten alles verlangen dürfe und diese ihm willig und gern auch in den Tod folgten. Groß waren die Opfer, die die Führer von der Truppe fordern mußten; größer jedoch die An- forderungen, die sie an sich selbst stellen mußten. Der Soldat wußte, daß sein Führer nicht mehr von ihm verlangte, als der Krieg erforderte, und daß er keine Mühe und kein Opfer scheute, wo es galt, für das Wohl seiner Truppe zu sorgen. Ein solches auf gegenseitiger Achtung beruhen des Verhältnis, sowie das Bewußtsein der Gemeinsamkeit aller Freuden, Leiden und Nöte des Kriegerlebens hatten ein starkes unzerreißbares Band zwischen Führer und Mannschaft gewoben, ein Band, das erinnert an das alte deutsche Lehnsverhältnis: Treue um Treue! Das deutsche Volk aber kann mit Stolz und Vertrauen auf seine wehrhaften Söhne blicken. Der Kampf mit jenem harten und unverbrauchten Naturvolk in einem kulturrohen Lande hat dargetan, daß das deutsche Volk trotz aller Errungenschaften einer Hohen Kultur an seinem kriegerischen Werte noch nichts eingebüßt hat. In diesem sieghaften Bewußtsein liegt ein hoher innerer Gewinn, und schon um dieses Gewinnes willen sind die schweren Opfer an Gut und Blut nicht vergeblich gewesen. Es liegt auf der Hand, daß die aus Freiwilligen aller Waffen deS Heeres zusammengesetzten Verstärkungen der Schutztruppe anfangs den zu stellenden Anforderungen nicht genügen konnten, und daß ihnen wäh rend der ersten Zeit ihrer Verwendung im Schutzgebiete ost Mängel anhafteten, die ihren soldatischen Wert herabdrückten, nud die erst mit der Zeit durch die kriegerische Gewöhnung schwanden. Es war nur natürlich, daß der mit allen Hilfsquellen seines Landes wohlvertraute eingeborene Krieger sich dem deutschen Soldaten, dem der Gegner und fein Land, sowie dessen Klima fremd waren, in manchem überlegen zeigte. Die Anforderungen, die der koloniale Krieg an den einzelnen Mann stellt, sind eben ;o grundverschieden von denen des europäilchen Krieges, daß notwendigerweise hierdurch auch eine andere Ausbildung bedingt wird. Diese muß für den kolonialen Soldaten ein ganz besonderes, indi viduelles Gepräge tragen, wie es allein nur eine kolonialen Zwecken dienende Organrsntion verbürgen kann. Die Notwendigkeit einer Kolonialstammtrupve erscheint vom militärischen Standpunkte aus durch die Erfahrungen dieses Krieges klar erwiesen. Die zahlreichen Lehren, die die Kämpfe in Südweftäfrika hinsichtlich der Ausbildung, Führung und Verwendung kolonialer Truppen bieten, können bei der Bildung solcher Organisation von unschätzbarem Werte sein; für europäisch« Ver hältnisse haben sie jedoch nur eine sehr beschränkte Bedeutung. Bis die allgemeine tiefgehende Erregung der farbigen Rasse sich im Schutzgebiet gelegt hat, befindet sich das gesamte Gebiet in einer lieber- gangszeit, in der es gilt, das Erreichte zu sichern. Im Damaralande werden immer noch von den sich herumtreibenden Feldhereros dauernd Viehdiebstähle verübt, wenn auch die meist nicht mit Gewehren bewaffne ten Räuberbanden keine nennenswerte Widerstandskraft besitzen. Im mittleren Namalande begünstigen der Schwartrand und das Karras gebirge das Raubwesen ganz besonders. Hier wohnt eine zahlreiche, schwer kontrollierbare Eingeborenenbevölkerung, die mit den Aufstän dischen vielfach durch Bande des Blutes verknüpft ist und ihnen wieder holt Zuflucht gewährt hat. Von den fast durchweg bewaffneten Berse- baern wurde ein Teil der jüngeren Generation mit schwerer Mühe vom Aufstand zurückgehalten. Im Süden des Schutzgebietes braucht die volle Durchführung der Unterwerfung der Bondels Zeit und unmittelbar gegenwärtige Macht, die allein auf die unberechenbaren Eingeborenen wirkt, obschon nach den bisherigen Erfahrungen es den Anschein hat, daß die Bondels entschlossen sind, den Frieden ehrlich zu wahren. Ein nicht unbeträchtlicher Teil unserer Truppen wird zunächst noch benötigt zur Bewachung von rund 16 000 Gefangenen, deren Frei heitsdrang noch nicht erloschen ist, und deren Waffen noch nicht sämtlich abaeliefert sind. Äeußerlich ruhig, innerlich aber kaum mit seinem Schicksal versöhnt, wird sich das freiheitsliebende Volk an die neue Lage gewöhnen. Keinesfalls können diese zahlreichen Gefangenen, von denen ein großer Teil zu Arbeiten unter militärischer Aussicht verwendet wird, auf einmal auf freien Fuß gesetzt werden. In einem derartig dünn und spärlich besiedelten Gebiete von der anderthalbfachen Größe des Deutschen Reiches, das sich, mit europäischen Entfernungen gemessen, von Kopenhagen bis Venedig und von Köln bis Stettin erstreckt, ist eine stärkere Truppenmacht zunächst noch notwendig, um die erforderliche Sicherheit für die weit zerstreuten Farmen und für die Verkehrsstraßen zu gewähren. Militärftationen müssen eingerichtet und so besetzt werden, daß jederzeit genügend starke Abteilungen ver wendungsbereit sind. Ebenso müssen noch längere Zeit hindurch un unterbrochen Streiszüge unternommen werden, um die Entwaffnung der Eingeborenen endgültig durchzusühren. Deutsches Reich. ^etptig, lk Juli. * Tie Kaiserin ist mit dem Prinzen Joacdim und der Prinzessin Viktoria Luise gestern mittag in Cadinen eingetroffen. In ihrem Ge folge befinden sich Bizeoberzeremonienmeister von dem Knesebeck, Hof dame Gräfin von Keller und Leibarzt Dr. Zuncker. * Zu DernburgS Reise werden weitere Einzelheiten gemelvet. Beim Abschied in München überreichte eine Abordnung der Reiter abteilung deS Veteranen- und Kriegervereins der bayerischen Hauptstadt auf dem Bahnhof dem Staatssekretär eine Festkarte der Korporation mit Widmung. Herr Dernburg unterhielt sich dann einige Zeit mit diesen Herren. Er erzählte, daß er neulich nach der Karte ausgerechnet habe, daß es z. B. von München nach Chicago weiter sei, als nach Dar es Salam. „Man meint immer, unsere Kolonien sind aus der Welt, eS ist aber gar nicht wahr! Man braucht nur länger mit dem Dampfer nach Afrika, nach Amerika fährt man eben sehr schnell, vielleicht mit 21 Knoten, während die Schiffe nach Afrika höchstens mit 12 Knote» fahren." — Dernburg- Ankunft in Neapel erfolgte, wie schon kurz gemeldet ist, gestern früh. Der Staatssekretär, der frisch auSsah, erklärte, er habe eine gute Reise gehabt. Zum Empfang war der Konsul anwesend. Man bestieg dann Wagen, um beim Konsul au-zuruben und zu frühstücken. An Borv wird Dernburg um i/,8 Uhr gehen. Die Abreise ist, wie schon gemeldet, für 10 Uhr abends fest- g«se-l. * Tie Zukunft des deutsch-amerikanischen Tarifvertrags Die „Frankfurter Zeitung' meloet aus New Hork, der ZensuS-Direkior Notth, der als Taris-Fachmanu in Deutschland war, habe sich für den Doppeltarif ausgesprochen, hei dem der aegenwärtige Dingley-Tarif das
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite