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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.07.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070716025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907071602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907071602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-07
- Tag1907-07-16
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rr. 2. hoenau. je ras. er. proth. mS. e. L ivn. zu. /, Uhr. >llen? »IS24 Marie: »enau.^ N2L3 i. Bauer. t trott 01103 ioeoüe'k. llbr im tr. 8. ?kollol». tL wthallee. »1731 'nen über Uast. anz vor ¬ an. ei3s» »Kos ei», lgil « !llislt. v» »hne von »01330 Lvdl., . 2368. rein PZiger iwirle ossenschaft cher Person) nlung arkt !t 1SV7, hr, chlöftchen" liarlinius. g: Gastwirts- »1S7l SIN. ^«Ik. t. "W len!! mit größtem zu vergeben, kl golbenes »1400 — «orber- » V. SS7S .01731 DezugS-Prel» ftk Ltipjig und Vorort« durch »vier« TrSg« »ud Spediteur« in« Hau« -«bracht: «tu«, -ad« L (nur morgen«) vierteljährlich 3 M., tnonatlich I M.; LuOgak« v (morgen« und abend«) vierteljthrlich 4.SO M., monallich I SO M. Durch di« Poft bezog«» <2 mal täglich) innerhalb Deutschland« u der deutschen Kolonien vierteljährlich S.25 M., monatlich I.7L M. au«schl. Postbestellgech, tür Oesterreich 8 L 66 d, Ungarn 8 L vierteljährlich. Lbonnement-Snnahme: Auguftutplatz 8» bet unseren Drägern, Filialen, Spediteur«', »ad Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer lostet Ut Pf^ Nedakttvn und Lrvedttt«»: Johannitgaff« 8. Delephon Nr. 146V2, Nr. 14683. Nr. I48S4. verltner Redaktion» . «ur«au Berlin kOV 7, Prinz Laut« Ferdinand» E trabe l. Delephon l, Nr. 9275. Nr. 1S5. Abe«d-A«dgabe 8. WpMerTagMM Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Polizeiamtes der Ltadt Leipzig. Dienstag 16. Juli 1907. Anzeigen Preis für Inserate au« Leipzig und Umgebung di, »gespaltene PetUzeile 23 Ps, finanziell« Anzeigen 30 Ps., Rekla nen I M.; voa -utwärt« 30 Ps., Reklnmen 1.20 M.- vomAutland SOPs., sinanz. Anzeigen75Ps., Reklamen l.SO M. Inserate v. Behörden im amtlichen Teil 40 PI. Beilagegebühr 5 M. p. Tausend exkl. Post» gebühr. Gelchästianzeigen en bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarn. Festerteilte Austräge können nicht zurück gezogen werden. Für da« ikrscheincn an bestimmten Lagen und Pingen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen.Annahme: Auguiiuöplah 8 bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Expeditionen de« In» und Ansiande«. Haupt Filiale verlt»: Karl Duncke, Herzog!. Bah». Hojbuch» Handlung, Lützowstraße IO. (Delephon VI, Nr. 460^ Isst. Jahrgaiiq. Das wichtigste vorn Tage. * Staatssekretär Dernburg und sein Begleiter traten gestern abend 10 Uhr an Bord des Dampfers „Fe ld>m a rsch a l l" von Neapel aus die Reise noch Ostafrika an. ' Auf dem amerikanischen Schlachtschiffe „Georgia" sand eine E xplosion statt. lS. Ausl.) * Heute morgen wurde das Todesurteil an Petrow, dem Mörder des Ministerpräsidenten Petkow, voll zogen. * Direktor Hermann Haller übernimmt definitiv am 1. Sep. tember die Leitung des Leipziger Neuen Operetten- theaters. lS. Leipz. Angelegenheiten.) Oesterreich und Italien. Die Verlängerung des österreichisch-italienischen Bündnisses und ,damit die Verlängerung des Dreibundes bis zum Jahre 1914 kann nach Len wieverholt abgegebenen Erklärungen der Staatsmänner Oesterreichs und Italiens nicht überraschen. Daß die Fortdauer des Bündnisses dem Vorteil aller drei Staaten entspricht, betont auch der österreichische Publizist Richard Charmatz in seinem soeben erschienenen Werke „Deutsch-österreichische Politik" (Leipzig, Duncker L Humblot). Charmatz ist aber weit davon entfernt, Gegensätze, die zwischen Oesterreich und Italien nun einmal bestehen, zu vertuschen oder gar völlig abzuleuznen. Vielmehr hebt Charmatz nachdrücklich hervor, daß Oesterreich-Ungarn die italienischen Aspirationen auf Albanien nicht leicht nehmen darf. „Würde Italien tatsächlich", schreibt Charmatz, „nach Albanien hinllberdringen, dann könnte es ohne viele Mühe zwischen Brindisi und Valona den Eingang in das Adriatische Meer verlegen. . . Das wäre dann der ver hängnisvolle Zeitpunkt, in dem nichts anderes übrig bliebe, als zum Aufmärsche der Wehrkräfte zu blasen", weil für Oesterreich Triests, für Ungarn FiumeS Zukunft auf dem Spiel stehe. Es müsse aber durchaus nicht zum Kriege zwischen den zwei Mächten kommen, wenn man in Oesterreich - Ungarn rechtzeitig die ver nünftigen Mittel zur Beseitigung des Gegensatzes anwende, der die Bevölkerung Italiens wider Oesterreich aufbringe. Die kleri kale Stimmung in den Wiener Hofkreisen und in breiten Massen der östexreichssch-ungarischeu Bevölkerung betrachtet Charmatz als eine Haupt- queur der Verstimmung Italiens gegen das Lonaureick. „Der Habs burgerstaat', führt Charmatz aus, „hat itz den große« Schicksal-ftunden für Italien die Partei des Papstes und nicht des Volkes ergriffen; das wurde zum Verhängnis. Auch Frankreich schützte den weltlichen Thron des Statthalter- Christi mit seinen Truppen; allein der leicht beweglichen Republik war es nicht schwer, ihre Haltung zur richtigen Zeit zu änveru. Anders das konservative Oesterreich! Wie erfreulich hätte das Verhältnis der beiden Nachbarreiche sein können, wenn die geplante Verehelichung der österreichischen Erzherzogin Mathilde mit dem Kronprinzen Humbert von Italien in de» sechziger Jahren zustande gekommen und wenn später der Besuch des italienischen Königs in Wien mit einem Gegenbesuche in Rom be antwortet worden wäre. Doch der Statthalter des erhabenen Frieden- bringerS auf Erden stand als Hindernis da." Die zweite Hauptquelle der italienischen Verstimmung gegen Oester reich-Ungarn erblickt Charmatz im System Metternich. „Das ita lienische Volk", sagt Charmatz hierüber, „war dem Hause Habsburg und Oesterreich nicht immer schlecht gesinnt. DaS Regime Metternich löschte aber die Sympathien aus. Je mehr sich in Italien der Gedanke der nationale« Befreiung einbürgerte, desto weiter wurde die Kluft zwischen dem Volke und dem offiziellen Oesterreich.. . Jetzt gibt es nur eia Mittel zur Beseitigung der Verbitterung. Es heißt: Nationale Autonomie, Freiheit u«d Fortschritt in ZiSleithanien!" Die Ueberwindung des Klerikalismus in den höfischen Beziehungen beider Staaten würde sicherlich das italienische Volk Oesterreich gegen über mit einer wesentlich anderen Gesinnung erfüllen. Auch ein freiheitlich-fortschrittliches Regiment in der habsburgischen Monarchie lönnte die öffentliche Meinung Italiens nur vorteilhaft beeinflussen. Ob aber die Gewährung nationaler Autonomie in Südtirol, dem Küstenlande rc. den italienischen Chauvinismus nicht erst recht beleben würde, ist eine wohl aufzuwerfende Frage. Jeitungsstiinnren. Die parteipolitischen Entscheidungen, die am Sonntag zum sächsischen Wahlgcsctzentwurf gefallen sind, werden in der Presse lebhaft erörtert. Die konservativen „Dresdner Nachrichten" bringen einen langen Leitartikel, der in seinem ersten Teil sich mit der Haltung der Regierung beschäftigt und hier dem Grafen vonHohenthal vor wirst, daß seine Bautzener Rede „jene kühle, objektive, staatsmännische Art vermissen ließ, die seinem Reformversuch sicherlich eine bessere Aus nahme hätte zuteil werden lassen als versteckte Drohungen mit Landtags auflösung". Dann wird darauf hingewiesen, daß die allgemeine Ab neigung gegen die Wahl aus Kommunalverbänden das Wahlgesetz zu Fall dringen werde und schließlich wird gegenüber den verschiedenen Standpunkten, die Konservative ukd Nationalliberale einnchmen, gesagt: In diesem Wirrwarr von pro et contra wird vielleicht der versprochene konservative Wahlrechtsentwurf wie eine Erlösung wirken, denn er will das von allen gewünschte Ziel der Reform „aus viel einfacherem Wege", als ibn die Regierung eingeschlagen, erreichen. Eins aber ist sicher: ist auch die Situation nicht ohne Schuld der Regierung stark verfahren, so werden trotzdem die ausschlaggebenden Parteien im Landtage ihr Bestes einsetzen, um ein Wahl recht Ichaffen zu helfen, das die Gewähr für eine wahre Volksvertretung bietet und das besonders den weniger bemittelten Klassen der Bevölkerung die Möglich keit wicdergibt, auch ihrerseits Vertreter in den Landtag zu entsenden. Es muß jetzt endlich etwas Positive- geschehen! Hoffentlich steht die Regierung nicht schmollend beiseite, wenn ihr Entwurf entweder sehr gestutzt oder ganz ver worfen wird, um der Realisierung anderer Vorschläge Platz zu machen, denn eS ist und bleibt dabei: das Bessere ist der Feind des Guten. Der konservative „Vogtl. Anz." enthält sich eines Urteils über die nationalliberalen Beschlüsse, begeistert sich dafür um so mehr für die Resolution der konservativen Landtagsfraktion: Eine würdige Sprache! Die Erklärung faßt in knappen Worten die von uns bereits geltend gemachten Bedenken gegen den Wahlrechtsentwurf der Re gierung zusammen, hält sich aber in wohltuender Weise jener Gereiztheit fern, die aus den Kampsarttkeln der „Deusscken Tagesztg." klang und nicht dazu bei trug, die sachlichen Auseinandersetzungen zu erleichtern. Gegenüber den Behauptungen einiger liberaler Blätter, die fortgesetzt von einer „tiefgehenden Spaltung" ber sächsischen Konservativen sprechen, können wir auf Grund zuverlässiger Informationen Mitteilen, daß außer Herrn Abg. Behrens jedenfalls sämtliche Mitglieder der konservativen Fraktion der Zweiten Kammer auf dem Boden der Erklärung stehen. Daraus kann man am besten ersehen, was es mit dem Gerede von einer Spaltung innerhalb der konservativen Partei auf sich hat. Die „Zittauer Morgenzeitung" schreibt mit Recht über den in Aussicht gestellten konservativen Wahlrechtsentwurs: Auf diesen Entwurf darf man ungemein neugierig sein, namentlich da er sich an das Wahlrecht von 1868 anlehneu soll. Wir würden den die Einfach heit liebenden Konservativen empfehlen, aus dem freisinnigen Programm die Mindestforderung zu entnehmen, nämlich Rückkehr zum 1868er Wahlrecht mit Einführung von Stichwahlen und gerechterer Einteilung der Wahlkreise unter Fortfall Les Unterschiedes zwischen Stadt und Land. Mit der Beigabe von Koutelen gegen die Ueberslutung der Kammer durch die Sozialdemokraten werden sie sich den Kopf zerbrechen müssen und doch bezüglich der Verein fachung kein Glück haben. Von Preßstimmmen außerhalb SachsenS seien heute Angeführt: Die „Nat.-lib. Korresp.": Während die nationalliberale Partei gewillt ist, positive Mitarbeit an dem Zustandekommen der Wahlrechtsreform zu leisten, um die ihr unannehmbar scheinenden Bestimmungen auszumerzen, lehnt die Mehrheit der Konservativen den Entwurf u liwios ab. Die erforderliche zwei Trittel-Mehrheit für diese durch die Vorlage bedingte Verfassungsänderung kommt voraussichtlich nach der Haltung der sächsischen Agrar-Konservativen nicht zustande. Sollte dadurch die Wahlrechtsreform in dieser Session scheitern, so steht ivohl außer Zweifel, daß die Negierung, worauf wir bereits biudeuteten, durch die Auflösung der Kammer an die Wähler appeliercn wird und muß. Tie sächsischen Liberalen können einer solchen Maßregel ruhig entgegensrben. Anders die Konservativen. Der sich durch ihre Reihen klaffende Riß tritt trotz aller Ableugnung immer deut- sicher hervor: die gemäßigten Konservativen sammeln sich unter der Führung des Herrn Behrens und beginnen von den Extrem-Konservativen abzurückeu. Die „Tägl. Rundschau": Tie (nationalliberale) Resolution erkennt im Gegensatz zu der Mehrheit ter konservativen Landtagsfraktion, welche am letzten Sonnabend den Wahlrechts entwurf in Pausch und Bogen verworfen hat, das an, was in ihm als Ver- besserung und Fortschritt zu begrüßen ist. Gegen andere Bestimmungen erhebt sie in der gegenwärtigen Fassung Bedenken, ohne aber der Partei eine Ver- ständigung im Wege gegenseitiger Verhandlung zu verlegen. DaS ist rin ver ständiger Standpunkt, dem man nur zustimmeu kann. Endlich die „Deutsche Tageszeitung". Sie bestätigt uns« Urteil über die konservative Resolution insofern, als sie offen sagt, dies« decke sich mit ihrem eigenen schroff ablehnenden Standpunkt. Dt« Zeitung schreibt: Diese Kritik liegt fast durchaus in der Richtlinie dessen, waS wir z« den WahlrechtSentwürfen unsererseits gesagt haben, sie überhcbt uns des Eingehens auf einige Punkte, das wir uns Vorbehalten hatten. Man wird der Erklärung der konservativen Fraktion die Anerkennung nicht versagen können, Laß sie be» aller gebotenen sachlichen Schärfe in der Form sehr maßvoll ist. Daß die konservative Fraktion sich verpflichtet fühlt, ihrerseits einen anderen Entwurf vorzulegen, wird man verstehen; ein Urteil über das Vorgehen ist aber erst dann möglich, wenn der Entwurf bekannt sein wird. Der Gedanke einer An lehnung an das Wahlrecht von 1868 hat manches für sich, wenn er auch in gewisser Weise eine Selbstdesavouierung bedeutet. Deutsches Reich. Leipzig, 16. Juli. -s- Der Präsident der sächsischen Zweiten Ständekamer, Geheimer Rat Dr. Mchnert, befindet sich auf einer Nordlandreise. Da er auch Vorsitzender des Landtagsausschusses zur Verwaltung der Staatsschulden ist, hätte sein Stellvertreter Oberbürgermeister Beutler die Leitung der Geschäfte übernehmen müssen. Da jedoch auch dieser in Bad Gastein weilt, hat nunmehr das dienstälteste Mitglied des Ausschusses, Geh. Justizrat Dr. Schill, die genannte Funktion übernommen. -o- Sächsische Landtagswahl. Im 12. ländlichen Wahlkreise lPirna-Lano- ist ictzr von nationalliberaler Seite an Stelle des Direktors Türk-Heidenau, der aus privaten Gründen ablehnen mußte, der Gemeindevorstand Zimmermann zu Copitz bei Pirna als Kandidat für die Landtagswahl ausgestellt. ' Die Gcsamtverlustc der deutschen Schutztruppen in Südwestafrika werden im Schlußhefte der Veröffentlichung des Großen Generalstabes „Die Kämpfe der deutschen Truppen in Südwestafrika" festgestellt. Danach haben in der Zeit vom 25. Oktober 1903 (Bondelzwart-Aufstand) bis zum 8. Februar 1907 insgesamt 295 Gefechte stattgefunden, 88 gegen die Herero und 207 gegen die Hottentotten. Der Verlust durch Gefechte und Unglücksfälle beträgt an Toten 62 Offiziere und 614 Mannschaften, au Verwundeten 89 Offiziere und 818 Mannschaften, an Vermißten 20 Offiziere und 74 Mannschaften, zusammen 153 Offiziere und 1506 Mannschaften. An Krankheiten sind gestorben 26 Offiziere und 663 Mannschaften. * Die neue Ostmarkenvorlage. Die Nachricht von einer neuen Ost markenvorlage, welche die „Information" vor einigen Tagen brachte, wird von polnischen Zeitungen bestätigt und erweitert. Allerdings sind die Erweiterungen in dem Sinne, wie sie die polnischen Blätter berichten, nicht den Tatsachen entsprechend, oder es schweben darüber noch ein- gehende Verhandlungen. Jedenfalls will die Regierung von dem Stand punkte abgehen, die Preise der polnischen Güter, die sie in ihre Hände bekommen will, dadurch ins Ungeheure zu steigern und die materielle Lage der Polen zu stärken. Zugleich verkennt sie nicht, daß die schwindel- Feuilleton. Schauspieler gewinnen die Herzen und geben die ihrigen nicht hin; sie hintergehen aber mit Anmut. Goethe. * Fontane alr Feuilletonist nnd Arrnstkritiker. Don Frank E. Mashburn Freund (London). Die vor einiger Zeit erschienene intime Briessammlung Theodor Fontanes, die mit den Briefen aus England anhebt, hat überall berech- tigtes Interesse gefunden. Neben diesen für seine Familie bestimmten Briefen hat Fontane damals auch noch, wohl besonders um seine zu jener Zeit )a sehr geringen Einkünfte zu vermehren, eine Anzahl öffentlicher Briefe für eine Reihe von Zeitungen geschrieben, wie sie ja auch heutigen Tages noch im Feuilleton mancher Blätter als „Berliner", „Londoner", „Pariser Brief« beliebt sind. Diesen Briefen fehlt natür- sich die intim persönliche Färbung der Familienepisteln, sie sind aber nichtsdestoweniger als ziemlich frühe Dokumente Fontaneschen Stiles wie seiner Denkungs- und Ansmauungsart und als Zeugen, aus welchen Ouetlen er sich vor allem Nahrung und Anregung saugte, von hohem Interesse. Diese während seines Londoner Aufenthaltes in den Jahren 1854—59 geschriebenen und „zum allergrößten Teil unmittelbar nach ihrer Abfassung in den Beilagen und Feuilletons verschiedener Zeitungen veröffentlichten" Briefe stellte dann Fontane im darauffolgenden Jahre 11860! „zu einem kompakteren Ganzen" zusammen, d. h. er ließ sic in Buchform erscheinen, weil er den Wunsch hegte, „seine ehrliche Arbeit wenigstens über die nächste Stunde hinaus zu retten . Ob diese Wieder- belebung nach Form und Inhalt berechtigt war. darüber wollte er sich selbst kein Urteil erlauben, er hoffte aber, „Kritik und Publikum würden den Studien eine freundliche Beurteilung zuteil werden lassen, da diese wenigstens dos für sich in Anspruch nehmen könnten, über bisher wenig oder gar nicht behandelte Themata sich verbreitet zu haben". — Daß Acmtao, sber überhaupt auch später, als äußere Gründe ihn selbst nicht mehr zum^Abfassen einzelner Feuilletons veranlassen konnten, vom FeullletoniSNius nicht gering dachte, das beweist sein seinerzeit von M. Necker ik der „Neuen Freien Presse" veröffentlichter, an diesen ge- richteter Brim auS dem Jahre 1894, in dem Fontane ein Feuilleton, und wenn eSchen ganzen GesellschaftSzustand auch nur um den millionsten Teil einer ÄaareSbreite gefördert und verfeinert habe, als eine viel schönere und Höhere Aufgabe bezeichnet, als daS Schreiben eines fünf- aktigen „ColMnbuS", der nach dreimaliger Aufführung vor einem gähnenden HDuse für immer verschwindet. Ein solches Feuilleton aber biete, meint at, noch nach hundert Jahren ein wundervolles Material für einen Historiker w,e Taine. Das heute wohl nur noch wenigen bekannte Buch trägt den Titel: „AuS England. Studien und Briefe über Londoner Theater, Kunst und Presse" und ist bei Ebner und Seubert in Stuttgart erschienen. Was zunächst den Inhalt der Briefe anbetrifft, so finden nur, daß immer eine ganze Gruppe von etwa zehn Briefen fortsetzungsweise das gleiche Thema behandeln, nämlich dos Londoner Theater oder genauer Shake speare auf den Londoner Theatern, die englische Kunst auf der großen Manchester-Ausstellung des Jahres 1857 und die Londoner Presse. Jeder einzelne Brief behandelt dann einen natürlich sich ergebenden Ab- schnitt dieser Themen. Fontanes Stil ist einfach und geradeaus „sti-aiskt-tsorvarck" (wie der Engländer so schön sagt). Freundlich plaudert er, wie im echten Briefstil, übt aber dann und wann, wenn cr etwas Schönes und Neues, das er entdeckt und wert befunden, dem Leser nahe bringen möchte, eine eindringliche Kraft aus. Fontane war, als er die Manchester-Ausstellung besuchte, bereit mehrere Jahre in England gewesen, hatte offenbar schon in dieser Zeit sich eifrig mit englischer Kunst, die ihm ja in London in reicher Auswahl in den verschiedenen Sammlungen zugänglich war, beschäftigt, und war wohl hauptsächlich nach Manchester gegangen, die schon gewonnenen Eindrücke zu bereichern und auf ihre Nichtigkeit hin nachzuprüfen, fand er ja hier doch zum größten Teil für ibn neue, im Privatbesitz über ganz England hin zerstreute Werke der verschiedensten Meister und Perioden für kurze Zeit vereinigt. Er besaß das Zeug zu einem guten Kunst historiker, wenn man so will, er trat den besonderen Erscheinungen mit der gleichen Unbefangenheit und dem liebevollen Verständnis gegenüber, mit dem er später Verhältnisse und Personen in seinen Romanen geschildert. Das aber kann es nicht verhindern, daß auch er seinerzeit deren Ge schmack und Kunstempfinden seinen Tribut zollt, daß man bei allem persönlichen Werten und geglaubter Selbständigkeit doch eine unbewußte Unabhängigkeit beobachten kann, die uns verrät, wann diese Urteile geschrieben und daß sie ein Deutscher verfaßt hat. Auch werden wir später sehen, daß jener historische Ginn, die Unbefangenheit, ihm einigermaßen abhanden kommt Erscheinunaen gegenüber, die ihm zeitlich und per sönlich näher stehen. Es geht ihm ja nicht allein derart. Des eben erwähnten nationalen Elementes war er sich übrigen« auch wohl be wußt. Er erkannt«, daß daS Verständnis der Völker füreinander noch immer auf niedriger Stufe stände, und daS natürlich besonders für die Erscheinungen der innersten Kulturtätigkeit, wie sie die Kunst ist- „Je nationaler eine Kunst ist", meint er, „desto besser (eine Anschauung, di-' ihn noch heute ganz modern erscheinen läßt), aber dieser Vorzug schrakt derselben zugleich eine räumliche Begrenzung vor." Sein Stand^"«kt - den Erscheinungen der bildenden Kunst gegenüber ist zuvörderst 4;« literarischer. / / Auf zwei Gebieten tut sich diese Bedingtheit /be sonders kund, auf dem der Landschaft und dem dest Gen-xz Letzteres hat etwas von der Stätte des behaglichen Borgers! an sich, der dvch auch gern etwas „Hübsch«-" in seii-e» Wjhy. räumen um sich haben möchte. Fontanes Liebe für das Genre, sofern es gut ist, d. h. künstlerische Qualitäten besitzt, stammt vornehmlich aus seiner Literatenseele. Im Genre tritt ja der Künstler eigentlich als halber Literat auf, pfuscht diesem, würden heute viele Kritiker sagen, ins Handwerk. Wer aber selbst von diesem Handwerk ist, freut sich des Kollegen, wenn er seine Eigenschaften, Fülle der Phantasie, Liebens würdigkeit der Darstellung, Gemüt und Herz findet, sofern diese ihm selbst eignen. Und solch einen Kollegen fand Fontane in David Wilkie, dem bekannten alten schottischen Genremaler, dem er daher hohes Lob spendet und den er den „Walter Scott mit der Palette" nennt. Merk würdig bleibt cs aber, daß das geistige Auge oft mehr und ganz anders sieht, als das leibliche, daß dieses von jenem oft bis zu einer Art Blind heit abhängig ist. Das wird uns im Falle Fontane noch deutlicher bei seiner Besprechung der Landschaftsmalerei, die überhaupt Fontanes Be dingtheit im Kunstsehen und -urteilen am auffallendsten dartut. Mit Staunen sieht man da als Ueberschrift: Wilson, Stanfield und Turner, und liest dann, daß er Gainsborough als den Vater und auch gleich Erfüller der englischen Landschaftsmaler« und ihres Wollens bezeichnet, und dazu die Behauptung aufstcllt, „daß seit dessen Wirken (Gainsborough starb 1788) alle Landschaftsmalcrei, auch die deutsche mit eingeschlossen, keine Fortschritte mehr gemacht habe, nur im Tech nischen, in der Farbe und besonders im Farbenauftrag scheinen mir die neueren Meister dem alten Meister überlegen". Fontane meint nämlich, Gainsborough habe den „dünnen Jarbenauslrvg" und die „blaugrauen Hintergründe" nur gemalt, weil er wollte, nicht ch^r, weil «r nicht anders gekonnt hätte. „Die englische Landschaftsmalcrei , fügt er dann hinzu, „hat auf ihn zurückzugehen." Wir haben Gainsborough heute längst als ein etwas verspätetes Kind des Rokoko erkannt, der sein Farbenempfinden und seine Naturauffassung zum guten Teil von Watteau empfing, dessen leibliches Auge mit anderen Worten auch nicht ganz frei und uneingenommen um sich blickte, wie groß, ja wundervoll und einzig er auch in seinen Landschaften ist. In Turner siebt Fontane im großen und ganzen nicht- anderes als einen Maler, der in exotischen Landschaftsbildern schwelgt und Effekte um dieser selbst willen häuft. Eine innere, konseguente Entwickelung dieses Meisters erkennt er nicht, nur «in Anwachsen der „Schrullen- Hastigkeit". Warum ist ihm Turner nicht wahr? Weil, wie cr meint, Turner seinen Landschaften seine Launen aufzwingt. Es ließe sich noch manches Interessante aus diesen „Briefen" an führen, manch feine Bemerkung und Beobachtung auch. Hier sei nur noch kurz auf Fontanes sehr charakteristische Stellungnahme Hogarth und im Gegensatz dazu Gainsborough gegenüber und feine Würdigung der Prärafaeliten eingegangen. — Fontane war, wie er einmal schreibt, ein Adelsverehrer, ein liebevoller Schilderer des Junkertum-Z Warum? Er fühlte sich dsirt heimischer, er wußte, dort war eine ältere, ver feinerte Kultur zu Hause, die seiner Eigenart mehr entsprach, als die
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