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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.07.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070717016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907071701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907071701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-07
- Tag1907-07-17
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Das Wetter ist regnerisch. * An den beiden letzten Tagen fanden auf Schloß Pillnitz größere Tafeln statt, zu denen der König Einladungen an die Vertreter solcher Behörden, Gemeinden und industriellen Etablissements batte crgehcn lassen, die er bei feinen letzten Neifeu besucht halte. (S. Sachsen.) * Staatsminister Graf v.Hohcnthal und Bergen hat gestern einen mehrwöchigen Urlaub angetrcten. * v. Aehrenthal ist in Begleitung TittoniS und v. LntzowS in Nacconigi eingctl offen. (S. Ausl.) * In Alexandropol ist ein russischer General d'.ir b e n Brniben» attental geiölet. (S. AuSl.) . Dcv WclhlgirsetzentwrLLf. Wie wir bereits ausgcführt haben, sind die politischen Par- teicu in Gefahr, durch das neue Wahlgesetz an die Wand ge drückt zu werden. Tie große Mehrheit der bürgerlichen Ab geordneten würde aus Kommunaldelcgiertcn bestehen. Voraus sichtlich würden 40 Kommunaldclcgiertcn nur 27 politische Ab geordnete gegenüberstchen. TaS politische Leben in Sachsen würde damit den Todesstoß erhallen. Zum mindesten würden die Landcsinteresjen dem Einflüsse der Politik entrückt werden. Tabci unterliegt der Landesgcsetzgebung z. B. das Vereins- und Vcr- samnilungsrccht und das höchst politische Gebiet der Kirche und Schule. Trennung von Staat und Kirche, der Religionsunterricht in der Volks- schule, die Freiheit der akademischen Lehre, das sind alles hochpolitische Fragen. Und doch sollen sie künftig von einem Parlament entschieden werden, das in der Hauptsache aus Unpolitischen zusammengesetzt ist. Vor allem aber ist es Ausgabe dcs Landtages, die Teilnahme der Re gierung an der Ncichöpvlitik zu kontrollieren. Die Zusammen setzung des Landtags entscheidet darüber, wie die sächsischen Stimmen im Bundesrat instruiert werden! Es versteht sich von selbst, daß die bürgerlichen Parteien ver suchen müssen, ihren Einfluß wieder zu gewinnen, indem sie die Kvmmunalvertretungen politisieren. Tie Parteien müßten den Versuch machen, ihre Kandidaten in die Kommunalvertrctuugcn zu bringen, sich der Kommunalwahlen zu bemächtigen. Dieser Versuch wäre nicht ganz neu. In manchen deutschen Großstädten werden die Kommunalwahlen von den politischen Parteien betrieben, wenn auch von besonderen Komitees, die aber als Filialen der Parteien anzuschen sind, so in Berlin, Frankfurt a. M., Köln und Breslau. In Sachsen dagegen ist die Zusammensetzung der Stadtverordneten und Rats kollegien in großen und kleinen Städten heute noch unpolitisch. Würde cs den Parteien gelingen, Eingang in die städtischen Kollegien zu ge winnen, die Kommunalwahlen zu beherrschen? Was die fünf großen Städte betrifft, die nach dem Entwurf einen eigenen Wahlkreis bilden sollen, so ist es schwer, eine sichere Antwort zu geben. Gegenwärtig vermag in Leipzig niemand mit Sicherheit anzugeben, wer etwa von den Stadtverordneten der ersten Klasse zu den Konservativen oder National liberalen zählt. Und wenn cs den Parteien möglich wäre, in den Stadtverordnetensaal und in die Ratsstube einzudringen, würde daS ein Segen für unsere Stadtverwaltung sein? Der Zuwachs, den die bürgerlichen Parteien im neuen Landtage durch die städtischen Kollegien erhalten könnten, würde übrigens bloß 10 Mandate betragen. Daß die Wahlen in den amtshauptmannschaftlichen Bezirksverbänden, die 30 Abgeordnete zu delegieren haben, nie und nimmer in die Hände der politischen Parteien fallen könnten, ist aber sicher. Während die Zu sammensetzung der Wahlkörper in den exemten Städten je nach dem Ortswahlgesetz den politischen Parteien günstig oder ungünstig sein kann, steht für die Bezirksverbände fest. Laß sie ungünstig sein wird. Die Bezirksversammlung ist das Parlament der Bezirks verbände. Sie besteht kraft Landesgesetz zu V» aus den Vertretern der Höchstbesteuerten, zu aus Abgeordneten der Städte und Land gemeinden. Würden es die politischen Parteiorganisationen fertig bringen, eine Kandidatenliste für die Höchstbesteuerten und eine sür die Landgemeinden aufzustellen und ihre Wahl durchzusetzen, die Bc- zirksversammlung aus Konservativen, Nationalliberalen uno Frei sinnigen zusammenzusetzen? Soweit reicht politischer Einfluß in Sachsen nicht! Dazu sind die Ausgaben der Bezirksversammlung bis auf die neuen Aufgaben der Landtagswahl ja vollkommen unpolitisch. So ist an der Tatsache nicht zu rütteln, daß die politischen Parteien in Sachsen aus dem Landtag so gut wie ausgeschaltet sein würden, wenn der Entwurf in seiner jetzigen Gestalt Gesetz würde. Oder glaubt jemand, daß die verheißene Reform der Bezirksver sammlungen den politischen Parteien die Türen öffnen wird? Im Gegenteil: die Negierung wird alles tun, unsere Kommunalparlamcnte vor der politischen Zugluft zu bewahren. Deshalb verlangt schon daö Lebcnsinteresse der Parteien «ine einschneidende Korrektur des Entwurfes. Tas Verhältnis zwischen Kommunal, und Volkserwählten muß, und zwar gewaltig, zugunsten der letzteren verschoben werden. Nun wird es schwierig sein, die Zahl der unpolitischen Mandate zu verringern, wenn jede Amtshauptmann- schast einen Sitz in der Zweiten Kammer haben soll. Wir haben jetzt 25 Amtsyauptmannschaften in Sachsen. Der Entwurf sieht sogar 30 amtöhauptmann'chaftliche Mandate vor. Man wird deshalb die Zahl der politischen Mandate vermehren müssen. Es wird eine Erweiterung der Zweiten Kammer notwendig sein. Sie zählt heute 82 Abgeord nete. Man bringe die Zahl auf 120 und räume den allgemeinen Wahlen mindestens80 Sitze gegenüber 40 Kommunalinandaten ein. Das wäre kein ornbnrras ck« riabesse, denn es fehlt gegenwärtig in unseren Frak tionen geradezu an Arbeitskräften. Dies wäre eine ähnliche Zusammen setzung, wie sie die württembergische Zweite Kammer bislang gehabt hat. Daß dieses Volkshaus freiheitlicher war, als unser jetziger Landtag, weih jeder! Ein Irrtum ist es übrigens, onzunehmen, daß die Kommunal wahlen in der Hauptsache der konservativen Partei zugute kommen würden. In unseren Bezirksversammlungen überwiegt durchweg das industrielle und städtische Element. Die Höchstbesteuerten sind in der Uebcrzahl Industrielle und Kaufleute. Tenn Höchstbesteuerter ist jeder, der 300 .kl. Staatssteuer zahlt. Es ist ein Zeugnis sür den Fort schritt in der Industrialisierung Sachsens, zugleich allerdings auch sür das Anwachsen der Steuerlast, daß gegenwärtig die paar Ritterguts- besitzcr eine verschwindende Minorität unter den Höchstbesteuerten darsicllen. Bczirksver'ammlungen, die vor 20 Jahren hauptsächlich agrarisch besetzt waren, repräsentieren heule die Großindustrie auf dem Lande, und die Honoratioren der Kleinstadt. Nur die Land gemeinden entsenden noch Agrarier in das Bczirksparlament, ihre Ge- mcindevorstände. Insofern hätten die Nationalliberalen und Frei- sinnigen von dem neuen Wahlrecht also nichts zu fürchten. Anderseits darf nicht übersehen werden, daß wir Sachsen ein unpolitisches Volk sind. Unpolitisch sein, heißt aber, bis zu einem gewissen Grade konser vativ sein. Unpolitische Leute pflegen wenig politische Bedürfnisse zu haben. Sie sind die Zufriedenen im Laude. Die Kommunaldelegierten würden höchstens konservativ-gouverncmental sein, aber nicht partei konservativ! Der Entwurf zum Wahlgesetz behandelt bezeichnenderweise unter I. die Wahl der Kommunalvcrbändc und erst unter U die allgemeinen Wahlen. lVerhältniswahlcn.) Ter Einfluß unserer Selbstverwaltungs körper auf das öffentliche Lebten in Sachsen würde durch das neue Wahlrecht in unerträglicher Weise gesteigert werden. Die Bezirksversammlungen haben bis jetzt im Gegensatz zu den städtischen Kollegien ein ziemlich unbedeutendes Dasein gefristet. Sie werden künftig 20 Landtagsabgeordnctc zu küren haben. Sie werden also einen namhaften Einfluß auf die Staatsverwaltung gewinnen. In demselben Maße wird der Einfluß unserer städtischen Kollegien aus das öffentliche Leben des Landes steigen. Die Landespolitik wird künftighin in den Rathäusern und im Schoße der Provinzialversamm- lungcn gemacht werden. Mit einem Male würden unsere wackeren Mitbürger in der Selbstverwaltung zur Teilnahme am Landes regiment berufen. Sie glichen Saul, der ausging, einen Esel zu suchen und eine Königskronc fand. Welche Chancen sür einen ehr geizigen energischen Amtshauptmann. Könnte mau den Kom mun alparlam em ten künftig noch die Erörterung po litischer Fragen verbieten? Sollen wir uns auf ein so ge- wagtcs Experiment cinlasscn? Es handelt sich um nichts Geringeres, als um eine Kommunalisierung und Dezentralisierung unseres Staats lebens. Um einen tiefen Eingriff in den modernen Staatsorganismus, um eine vollkommene Verschiebung der Kräfte. Tie Wirkung des neuen Wahlrechts, ob gewollt oder ungewollt, würde jedenfalls die sein, unseren Landtag zu einem Subparlament bcrabzudrückcn. Unser Landtag würde nicht mehr den Anspruch er heben können, e>ne Vertretung der Bevölkerung zu ^ein, nämlich Ver tretung im Willen. Deshalb könnte die neue Kammer sehr wohl ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Kräfte im Lande sein. Das ist aber nicht die wesentlichste Aufgabe der Volksvertretung. Dieser Tendenz, unseren Landtag der politischen Autorität zu entkleiden, ist bereits einer unserer besten sächsischen Staatsmänner, der Minister von Nostitz- Wallwitz, bei Beratung des Wahlgesetzes von 1868 mit großem Nach druck entgegengetreten. Er hat damals ausgesührt: „Sie sagen: Infolge des Eintritts von Sachsen in den Nord deutschen Bund ist unsere Landcsvertretung zu einer Art bevorzugter Provinzialvertretung herabgesunkcn. Nein, meine Herren, diese An sicht teile ich nicht. Es ist bereits von anderer Seite entgegengehalten worden, daß wir auf wichtigen Gebieten der Gesetzgebung unsere frühere Selbständigkeit ungeschmälert behalten haben, und eben weil es gilt, diese zu wahren, wünsche ich nicht, daß unsere Kammern zu einer Pro- vinzialstäudeverjammlung herabgedrückt werden; wünsche ich nicht, daß wir für dieselben eine Zusammensetzung wählen, wie sic in der Jetztzeit anderwärts für Provinzialvcrsammlungen gewählt wird. Vielmehr wünsche ich gerade unter den jetzigen Verhältnissen in erhöhtem Maße, daß wir eine Zusammensetzung der Kammern wählen, durch welche jeder Unterstellung, als beschäftigten sich die Kammern nur mit Einzel interessieren und als oV dieselben ihrer Zusammensetzung nach auf das An- scheu und das Gewicht eines vollberechtigten Faktors der Gesetzgebung keinen Anspruch machen können, von vornherein begegnet wird." Wir haben diesen Worten nichts besseres hinzuzufügcn. * Zum Entwurf des neuen Wahlgesetzes nahmen gestern abend das amtliche „Dresdner Iourual" und die „L e i p z l g e r Z e i t u n g' das Wort. In dem gleichlautenden Artikel erklären sie es für verständ- lich, das: je nach dem Parteistandpunkt abfällige Kritik geübt wird. Dann wird über die Stellung der Regierung gesagt: Die Negierung hat sich von jedem Parteistandpunktc und von jeder Neigung zu Prinzipicnreitcrei sernhalten müssen, um sich den Blick für die Bedürfnisse des Voltes und das Wohl des Staates nicht zu trüben; und da konnte es nicht ausbleiben, daß sie mit ihren Vor- schlügen hier gegen den Standpunkt der einen, dort gegen den Stand- punkt einer anderen Partei verstoßen mußte. Bei der Ausarbeitung und Behandlung einer so wichtigen Gesetzesvorlage wäre jede Un wahrheit nicht bloß unmoralisch, sondern auch unpolitisch. Die Re gierung hat sich daher der größten Offenheit befleißigt und die korrekte parteilose Handlungsweise, deren sie sich mit gutem Gewissen rühmen darf, hätte vielleicht Anspruch auf mehr Anerkennung erheben dürfen. Auf alle Fälle hätte die durchaus offene und loyale Haltung die Regierung davor bewahren sollen, hinter den bekannten Vor gängen, die sich in den letzten Tagen innerhalb der konservativen Par tei abgespielt haben, eine nicht einaestandene Absicht der Regierung zu suchem Man wird zugestehen müssen, daß die bitteren Gefühle, die notwendig mit einer abfälligen Kritik zilsammenhängen, durch derartige Verdächtigungen nicht gerade in ihrer Wirkung gemindert werden. Wir gedenken dieser Verdächtigungen der Regierung nicht etwa, weil sie die Negierung verletzen mußten, sondern nur, weil sie unS Ge- legenyeit bieten, zur ruhigen und leidenschaftslosen sachlichen Be- sprechung des Wahlgcsetzentwurfs zu mahnen: denn so beklagenswert die große Verschiedenheit der wen auseinandergehcnden Meinungen sein mag, so unnütz und unverzeihlich wäre es, die Verständigung da durch zu erschweren, daß man die Achtung und Schonung aus den Augen verliert, die auch gegenteilige Meinungen beanspruchen können und müssen. Weiter fordert dann der offizielle Artikel, daß solche Gegner, die schonungslos die Grundlagen des Regierungsentwurfs verdammen wollen, sich nicht begnügen dürfen, zu sagen: das und das gefällt mir nicht, ich hätte es anders gemacht, sondern sie müssen sagen: an Stelle der Negierung hätte ich es so und so gemacht und müssen selbst einen detaillierten Gesetzentwurf bekannt geben, der ihrer Meinung nach mehr Aussicht hat, die Billigung der gesetzgebenden Faktoren zu finden und die berechtigten Wahlrechts- wünsche des Volkes zu befriedigen, ohne das Interesse des Staates leiden zu lassen. Wenn dieses geschieht, dann wird die Regierung in der Lage icin, zu solchen Vorschlägen Stellung zu nehmen und dann wird man nicht gegenseitig übereinander zu Gericht sitzen, sondern an der Hand der Erfahrung vositive Arbeit leisten, damit eine Einigung zustande kommt. Mau wird nicht sehlgchcn, wenn man diese Aufforderung als be sonders an die Adresse der Konservativen gesichert ansieht, die zwar be haupten, ein neues Wahlgesetz in der Tasche zu haben, es aber vor der Oefsentlichkeit verbergen. Werden sie jetzt das Meisterwerk konservativr Staatskunsl veröffentlichen? Tic „Deutsche Tageszeitung" deutet jetzt über dieses Meisterwerk folgendes an: Man will zu dem Wahlrechte, das vor 1896 galt, zurücklehren, die bisherige Einteilung in städtische und ländliche Wahl kreise beibehalten, den damaligen Dreimarkzensus auf eine Höhe bringen, die dem veränderten Geldwerte und der allgemeinen Steigung der Einkommen entspricht. Nm aber den diesen Zensus nicht erreichen- den Staatsangehörigen eine Vertretung zu sichern, soll für diese Wähler eine angemessene Anzahl besonderer Wahlkreise gebildet wer den, bei denen eine Scheidung von Stadt und Land nicht stattfindet. Schon die Scheidung der Wahlkreise in Stadt und Land wird es den Liberalen unmöglich machen, einem solchen Entwurf zuzustimmen, ganz abgesehen davon, daß die übrigen Bestimmungen in dieser Form gar lein klares Bild von dem geplanten Wahlrecht geben. Ein Frie-ensschlrisz auf -er Völkern-Halbinsel. Wir haben die Mitteilung gebracht, daß der wirtschaftliche Krieg zwischen Rumänien und Griechenland beigelegt ist. Die Wieder herstellung der diplomatischen Beziehungen wird zweifellos unmittelbar sich anschlicßen. Damit wäre der Krieg beendet, welcher kein Krieg war, weil die beiden nicht zusammenkommen konnten. Freilich diesmal nicht, weil das Wasser viel zu tief war, sondern weil der Bosporus und die Dardanellen zwischen den „Liebenden" lagen, und an diesen Gewässern eine Warnungstafel aufgcrichtet ist: „Eintritt für Kriegsschiffe, auch in Fricdenszeiten, verboten!" Man wird sich der Vorgeschichte dcs Konfliktes erinnern. Griechische Banden hatten unter den Kutzowalachen der Türkei furchtbar gehaust. Die Rumänen betrachten diese Völkerschaft mit gleichfalls romanischem Dialekt für Stammcsgenossen. Da Griechenlands Negierung die durch aus nötige Energie zum Zurückpfeifcn der Meute vermissen lieb, so brachte in Bukarest dieser letzte Tropfen das Gefäß des Nationalhasses zum Ueberlaufen. Die diplomatischen Beziehungen wurden vor reichlich Jahresfrist abgebrochen, und wenigstens der wirtschaftliche Kriegszustand mit seinen Prohibitivmaßregeln verkündet. Inzwischen hat Griechenland am eigenen Leibe empfunden, wie weh solche Barborentaten tun. Die Bulgaren haben ihnen daheim und auf türkischem Boden genau mit den gleichen Greueln aufgewartet, wie ihre Mordgesellen den friedlichen Kutzos. Vielleicht haben sie inzwischen be griffen, daß sie das Recht verwirkt haben, tapfer zu schmälsten, wenn sie in gleicher Schuld stecken. Vielleicht auch, daß allein die neue Feindschaft die ältere unter die Bewußtseinsschwelle hinabgedrängt hat. Als König Victor in Athen weilte, soll er die Njission übernommen haben, eine Versöhnung zustande zu bringen. Nachdem inzwischen auch die Temperatur zwischen Nom nnd Wien wärmer geworden ist, liegt cs nahe, anzunehmcn, daß beide Großmächte vereint an der Zusammen führung ihrer Schützlinge gearbeitet haben. Es ist bemerkenswert, daß die Herstellung des Friedenszustandes zeitlich genau mit der Begegnung von Desto zusammenfällt. Wir dürfen gewiß nicht mehr glauben, daß vor einigen Monaten mit Recht die Annähcrungsbestrebungcn zwischen Griechenland und Numänicn als ein neuer Ning in der ominösen „Etn- !rcisungs"-Kettc aufgcfaßt wurden. Die „Wiener Allg. Korresp." schreibt sogar das Hauptocrdicnst an der Versöhnung der beiden Balkanstaaten Ocsterreich zu. Es heißt: „Wie uns von diplomatischer Seite mitgeteilt wird, hat Oesterreich- Ungarn wesentlich zur Beilegung dcs rumänisch-gricchischen Konfliktes beigetragen, und sowohl der Gesandte in Bukarest, als auch der in Achen waren bemüht, die beiden Regierungen zu einer freundschaftlichen Ver ständigung zu veranlassen. Durch die Aufhebung der gegenseitigen Re- pressivmaßregeln sei seitens der beiden Kabinette ein wichtiger Schritt zur vollständigen Beseitigung der bestehenden Gegensätze unternommen, und es dürfe erwartet werden, daß in kürzester Zeit auch die Wieder- ausuahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten erfolgen werde." Löge rrn- Wünsche -er ökö-esnisch gebzL-etcn Lehrer Ln Söchsen. Als vor einigen Jahren die Lage der preußischen Oberlehrer durch die Denkschrift von Böckh-Klatt grell beleuchtet und die Wahrheit der von Schröder, dem bekannten Vorkämpfer des höheren Lchrcrstandrs, aus gesprochenen Befürchtungen erwiesen wurde, durfte man erwarten, dag auch die anderen Bundesstaaten ähnliche Erhebungen ncranstalten wur den. Für das Königreich Sachsen liegen jetzt solche Untersuchungen in einer soeben erschienenen Denkschrift vor. Ihr Titel lautet: Die gegenwärtige Lage u nd die Wünsche der akademisch ge bt t d e t e n Lehrer in Sachsen. Von Tr. P. Thomsen. Her- ausgegeben vom Vorstand der Vereinigung _oon Lehrern an städtischen höheren Schulen Dresdens. Leipzig, Tr. Seele Sc Co., 190/. Preis 00 Psg. — In sieben Abschnitten wird die Materie kurz und übersichtlich behandelt und dann in 10 Ta'cln statistisch erläutert. Zunächst wird die A n st c l l u n g s z e i t erörtert, d. h. d:c Zeit, in der die Anstellung als ständiger Lehrer erfolgt. Es ergibt sich hier für die Jahre 1896—1900 ein Aller von 31 Jahren und 6 Monaten, das fast ganz identisch mit dem in Preußen ermittelten ist, nur daß in Sachsen dann von 1901 bis 1905 die Zahl auf 2!) Jahie 3 Monate sank. Dieses Sinken ist die Folge einer Not an Kandidaten und des durch Abgang von Lehrern nach anderen Staaten erfolgten Ausfalls, und wird demnach wieder aufhörcn, wenn dicic Not stände vorüber sind. Man dari demnach wohl sagen, daß die Anstellung im allgemeinen mit 30—31 Jahren erfolgt. Gewünscht wird in diesem Zusammenhang, daß Theologen in dem höheren Schuldienst erst oann an gestellt werden, wenn sic neben dem ersten theologischen Examen die Oberlehrcrprüsung bestehen. — In dem Kapitel über Aitivitäts- dauer und Ausscheidealicr wird auf Grund reichen Zahlen materials darauf hingcwiesen, cS ergebe sich deutlich, daß die Oberlehrer hinter andern Ständen in der Länge ihres Ledens und ihrer Tätigkeit beträchtlich zurückbleiben. Eingehend wird im vierten Abschnitt die U e b e r b li r d u n g s - frage behandelt, und hier werden als völlig berechtigte Wünsche der höheren Lehrer folgende Forderungen ausgestellt: 1> Weitere Verringe rung der Pflichtstundcnzahl. 2! Herabsetzung der durchschnittlichen Klastcnstärkc, evcnt. Errichtung neuer Schulen und strengere Aue- schcidung der Minderwertigen bei der Ausnahmeprnsung. 3> Beschnei dung dcs Uebermaßcs der schriftlichen Arbeiten. II Heranziehung von Aushilfen bei Vertretungen. Die Schrift geht dann zur Gehaltssrage über. Hier wird denn konstatiert, daß nur in Baden und Mcnstngcn. wwie in Vanern, Württemberg und-Mccklcnburg-Strclitz die Lehrer cm niedrigeres Ein- kommen als in Sacipen baren. Höheres Gelustt wird gezahlt in Preußen, Oldenburg, Anhalt und den Hanfastädten. Daher denn auch der starke Abgang wertvoller sächsischer Lehrkräfte in diese Staaten.
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