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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.07.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070720011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907072001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907072001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
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- Tag1907-07-20
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Berliner Nedakttvu« Bureau Berlin dkV. 7, Prin» Loui« Ferdinand Straße 1. Telephon I, Nr. 9275. Morgen-Airsgave L. MMMrÄagtblal! Handelszeitung. Amtsblatt des Nates und des Notizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen Preis für Inserate au» Leipzig und Umgebung die ügelpaltene Petitzeile 25 P'., finanzielle Anzeigen 30 Pf., Reklamen 1 M.; von auiwärt« 30 Pf., Reklamen 1.20 M. vom Ausland 50 Pf., finanz. Anzeigen 75 Pf. Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behörden im amtlichen Teil 40 Pi. Beilagegebübr 5 M p. Tausend cxkl. Post gebühr. GeschästSanzeigen an bevorzugter stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. ffefterteUle Aufträge können nicht zurück, gezogen werden. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen. Annahme: Augustu«platz 8. bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Ezpeditionen des In- und Auslandes. Haupt Filiale Berlin: Earl Dunck:., Herzogl. Bahr. Hosbuch- handlung, Lützowstraße 10. (Telephon VI, Nr. 4603). >nt ZZZ. 6'1», ^>0 tuui .m l<aü»u- ropu vor- »l. ancker- lauto tllr idtan »iotr ddor, 1l»i Xorttiora Pk"r ^100 i(oid 2 /8^ k« kllr ck«n 71». klr. 2 wiowaiüc .opt. 61^. —,—. äu. i Läotroni b. K. V. r»t ele»r»- »r lu vor- r von I4 0 tu» Horä- <t»n lroa- lloiodLkr»- -olraaxvo. Ltiiloianck, ati Lrleo xrüsssio il» votsr- r rVoivsa- ai«o» uo>1 rot» liianor t, koooton utolxa von eu Lniae» vStior. — sgaituoe. tut; tu <t«r igu VVjttv- uack Lb- ikt onck ckis »kanrroivti iülua» riet >r. Lcdlus» dlai» Tüll Loptomdor rostoo ck«» xoa 8p»lrn- Leptomder tsron Vvr- iaobdiatto« 10 Lrnt» ln :vx vsrnr- dötior. Im l »I »warkr drüolcoltsn »uptot unck 425 sr 117^,. in Sarrol».) vor.8ai»on 214 017 vsrpao 2 0, okmäsiijr. LaLiir. 216.50 176?- 18920 194 w i»»d. W w. ». t 11S78 183,40 tt 183 50 liudix. F, it»li»i>i»el>» >ä Aitiediv 7, ni-n. 1117.78 "t°. 815.— ,l. 204» !U oluon änli , Sepkowdsr >l»i» öuli t7170 . Inlt , , 183,—, 0n-, 140,—, 8op- ittsr aack 6!» korckoraogan vlockor »ut- odlt« «» an. lK Ilos»>«tit Nr. ISS. Sonnabend 20. Juli 1907. Das wichtigste vom Tage. * KönigFriedrich August, der heute die Reise nach Norderney intrilt, hielt gestern bei der Jahrhundertfeier der Gardereiter n Dresden eine Rede, auf die im Namen deS Regiments Oberst Krug von Nidda antwortete. (S. Sachsen.) * Ja der württembergischen Zweiten Kammer ist seitens der Deutschen Partei ein Antrag eingebracht worden, die Regierung um Borlegung eines Gesetzentwurf» zu ersuchen, der den Gemeinden die Möglichkeit der Besteuerung des unverdienten Wertzuwachses auf Grundstücke gibt. * Die Abdaukung deS Kaisers von Korea zu unsten des Kronprinzen ist vollzogen. (S. Ausl.) "In Dresden wurde gestern eine „Sächsische Landes stelle für Kunstgewerbe" gegründet. sS. Letzte Dep.s Line Aaiserreise nach Albanien. Eine seltsame Nachricht geht durch die deutschen Blätter; ein süd deutsches Blatt, das in intimen Beziehungen zum Reichskanzler steht, bringt die Nachricht, der deutsche Kaiser beabsichtige, im kommenden Winter einen Ausflug nach Südalbanien zu unternehmen, um gewisse Stätten des klassischen Altertums zu besuchen. Das Blatt fügt hinzu, daß die Nachricht großen Eindruck in Albanien mache, und die dortigen Stämme sich rüsten, dem Kaiser zu huldigen. Die Meldung tritt nicht zum erstenmal an die Öffentlichkeit, wir sind ihr bereits vor Wochen be gegnet. Vielleicht steht auch die Nachricht damit in Verbindung, daß die Gründung eines deutschen Konsulats in Skutari (Albaniens beabsichtigt sei. Es gewinnt den Anschein, als ob der Wunsch, eine solche Reise zu unternehmen, tatsächlich geäußert worden ist, und in ernster Absicht. Ter Kaiser hat bei seinem Aufenthalt im Mittelmeer Korfu besucht. Er hat von dort die schönen Linien der albanischen Berge bewundern können, und er mag, wie jeder Reisende, der von der Höhe des alten Kerkyra über die enge Mecresstraße hinweg nach dem nahen Festlande schaut, die Neigung verspürt haben, einen Blick in jene geheimnisvollen Gebirgsländer zu werfen. Sie liegen der Phäakeninsel so nahe, daß der Besuch der Küste in einem Nachmittag auSgeführt werden kann. Aber ihr weiterer Zutritt ist mit Schwierigkeiten verbunden, nur mit Widerstreben gestatten die türkischen Behörden die Annäherung, und ängstlich folgen sie den Bewegungen der europäischen Besucher, die der Wissenstrieb oder die WeidmannHlust dahin führt, und denen es durch höhe Befürwortung gelungen ist, dii Erlaubnis zum weiteren Eindringen zu erhalten. Jedermann weiß, warum die türkische Negierung sich so schwierig er weist. Albanien und seine Bevölkerung sind unter all den Schmerzens kindern des osmanischen Reiches die gefährlichsten. Die ungezügelte Wildheit der Bewohner des Landes und ihr Freiheitsdurst zwingt dem Sultan eine Zurückhaltung auf, die sich mit einer nahezu nur nominellen Herrschaft begnügt. Er hat die Häuptlinge der Provinz dadurch an sich zu fesseln gewußt, daß er ihre Verwandtschaft im Dienst um seine Person untcrgebracht hat und sie durch persönliche Gunst auszeichnet. Auf diese Weise wird ein scheinbares Suzeränitätsverhältnis mit Mühe aufrecht erhalten. Aber nicht bloß die Unbotmäßigkeit der Albanesen macht dem Groß herrn Sorge. Es bestehen, wie man weiß, auswärtige Bestrebungen, die in Konstantinopel mit argwöhnischem Auge betrachtet werden. Es ist kein Geheimnis, daß in Italien sich zahlreiche Politiker mit dem heißen Wunsche tragen, die in Nordafrika bis jetzt verunglückte Kolonial politik auf den Balkan zu übertragen und speziell Albanien in den Zukunftskreis eines Großitaliens hineinzuziehen. Von Crispi hieß es, daß albanesisches Blut in seinen Adern fließe, und zwischen Süditalien und dem wilden Bergvolke bestehen mancherlei gemeinsame Erinne rungen. Dieser von Zeit zu Zeit rege werdende Ehrgeiz der Italiener hat in Oesterreich-Ungarn, wo man wegen des halbitalienischen Küsten landes Dalmatien besonders wachsam sein muß, Besorgnisse erregt, und wie man sich erinnert, ist erst ganz kürzlich zwischen Wien und Rom ein Abkommen getroffen, in jenem Teile der Türkei in erster Linie den Status quo aufrecht zu erhalten. Ter bloße Abschluß einer solchen Verabredung beweist das Bestehen eines gewissen Interessengegensatzes zwischen den beiden Großmächten, da dritte Mächte hierbei nicht in Frage kommen können. Vorderhand will man den gegenwärtigen Zustand er- hallen, und das Auftauchen von Fragen vermeiden, die zu einem gefähr- lichcn Brande führen könnten. Auch hier ist der Gesichtspunkt ebenso wie in der Khedivenstadt am Bosporus: quista non naovvre. Ein Besuch des deutschen Kaisers in diesen Gegenden, die, nebenbei erwähnt, die unsichersten Europas sind, könnte ja nun durchaus unschul- digcr Natur sein. Ohne Zweifel hat Kaiser Wilhelm, wenn er diese Ab sicht hegt, kein politisches Ziel im Auge, und mit gleicher Sicherheit läßt sich das von der verantwortlichen Leitung unserer auswärtigen Politik sagen. Aber diese Betrachtung ist nicht ausschlaggebend. Es genügt, daß eine solche Reise unter den sich befehdenden Stämmen Albaniens mißverstanden werden kann, daß sie die mühsam erhaltene Ruhe stören, daß sie im Konstantinopeler Serail schlaflose Nächte Hervorrufen kann, um von vornherein dem nüchternen Staatsmann lebhafte Bedenken zu erregen. Wir Deutschen haben nicht das Recht, um der Befriedigung eines vorübergehenden Wunsches willen politische Fragen zu schaffen und den anderen Nationen, und dazu solchen, mit denen wir in guten Be ziehungen stehen, unangenehme Stunden zu bereiten. Es ist aber auch nicht ausgeschloffen, daß eine solche Reise geradezu böse Folgen zeitigt, die bei der Beliebtheit, die wir ohnehin in einem Teile der Welt ge nießen, uns sehr scharf angerechnet würden. Es gibt in Deutschland Publizisten, — und besonders offiziös benutzte Blätter (wie die „Kölnische Zeitung") haben sich in dieser Richtung hervorgetan — die sich auf den Standpunkt stellen, mit demselben Rechte wie Herr Müller oder Schulze . könne der deutsche Kaiser sagen, was er wolle, und reisen, wohin er wolle. Wir sind selten einer gefährlicheren Auffassung von den Rechten und Pflichten deS Vertreters eines großen Landes begegnet, als sie sich in solcher Betrachtung kennzeichnet. Wir haben ja eine leise Probe von der Richtigkeit solcher liebedienerischer Anschauungen erlebt, als die Kaiserin Friedrich eine Kunstreise nach Paris machte und die Stadt schließlich unter Umständen verlassen mußte, die auf die Beziehungen der beiden Völker einen neuen Schatten warfen. Wir stehen nicht an, eine kaiserliche Vergnügungsfahrt nach den heiligen Eichen von Dodona, wo die Alten Stimmen des Gottes in den Wipfeln zu hören glaubten, für eine Unmöglichkeit zu erklären. Wir halten eS kaum für möglich, daß der Plan ernstlich bestanden haben sollte. Aber dann sollte er, nach dem er einmal in der Oesfentlichkeit hervorgetreten ist und nach Zei ¬ tungsnachrichten in Albanien selbst bereits Aufregung verursacht hat, rechr energisch dementiert werden. Wir sind leider nicht durch aus sicher, daß Fürst Bülow als der zunächst berufene Be rater bei solcher Gelegenheit die Notwendigkeit der Politik mit der jenigen Festigkeit vertritt, die unsere Gesamtlage in der internationalen Welt erfordert. Um so mehr sollte die öffentliche Meinung in einer so klar zutage liegenden Angelegenheit mit ihrer Ansicht und ihren Wün schen nicht Hinterm Berge halten und, solange es Zeit ist, warnend ein treten Das würLtembergische Wahlgesetz im Vergleich zum sächsischen Entwurf. Bei dem großen Interesse, dessen der neue sächsische Wahlgesetz entwurf allerseits sicher sein darf, dürfte es für unsere Leser wünschens wert erscheinen, ihn einmal in Vergleich zu setzen zum Wahlgesetz des deutschen Staates, der als erster im Deutschen Reich mit der Einführung der Verhältniswahl vorangegangen ist, nämlich des Königreichs Würt temberg. In den deutschen Einzelstaaten gilt es nun einmal als der Weisheit letzter Schluß, die Wahlsysteme so kompliziert wie nur irgend möglich zu gestalten — mit dem Erfolg, daß der Politiker heutzutage neben der schon langst männiglich bekannten Wahlkreisgeometrie sich auch mit der neuen Wissenschaft der Wahlarithmetik ergiebig wird beschäftigen müssen. Auch das würltembergische Gesetz bildet eine recht hübsche Ergänzung der schon an seltenen Kabinettstücken so reichen Sammlung deutscher Wahl- gesetze, in der neben dem jetzt geltenden sächsischen mit indirekten Drei klassenwahlen u. a. auch das bremische Achtklassensystem eine ganz be achtenswerte Nummer ist. Der sächsische neue Entwurf sieht zwei Arten von Landtagsabgcord- neten — ihrer „Abstammung" nach gerechnet — vor: solche, die aus di- rekten Wahlen hervorgehen, und solche, die von Kommunalverbänden ge wählt werden. Das würltembergische Gesetz vom 16. Juli 1906 kennt drei Kate gorien: 1) Abgeordnete der Lberamtsbezirke und Städte außer Stuttgart im allgemeinen. Diese werden — 69 an der Zahl — durch allgemeine, geheime und direkte Wahlen mit absoluter Majorität gewählt. Ist eine Stichwahl erforderlich, so entscheidet in dieser relative Majorität (Romanisches Wahlverfahrens. 2> Sechs Abgeordnete der Stadt Stuttgart. Diese werden gewählt nach den Grundsätzen der Listen und Ver hältniswahl, wobei folgende Besonderheiten zu beobachten sind: Bei der OberamtSwahlkommission, deren Vorsitzender der Ltuttgarter Stadt- direktor ist, sind spätestens zwölf Tage vor dem Wahltage die Vorschläge der Parteien einznreichen, die von mindestens je 20 Wählern - unier- zeichnet sein müssen. Die Wahlvorschläge dürfen bis zu 6 Namen von Kandidaten und 3 von Ersatzmännern enthalten. Zwei oder mehr Vor- schlüge können in der Weise miteinander verbunden werden, daß sie den Wahlvorschlägen anderer Parteien gegenüber als ein Vorschlag gelten sollen (hinsichtlich der Zählung der darauf eventuell abgegebenen Stim mens. Ter einzelne Wähler hat bei der Wahlhandlung einen Zettel abzugeben, auf dem bis zu 6 Kandidaten verzeichnet sein dürfen. Er darf aber auch dies gewissermaßen sechsfache Stimmrecht in der Form aus üben, daß er einem Kandidaten bis zu 3 Stimmen gibt, und dafür die entsprechende Zahl ihm nicht genehmer Kandidaten aussallcn läßt. Stehen z. B. aus dem von der Partei ausgeacbenen Stimmzettel die Namen: Müller, Meyer, Schulze, Schmidt, Lehmann, Reichel, so kann der Wähler diesen Zettel, so wie er da ist, in die Urne stecken. Tann hat jeder Kandidat eine Stimme erhalten. Er kann aber beispielsweise die drei letzten Namen auch durchstreichen und zu den ersten ein Zahl zeichen setzen: Müller 3, Meyer 2, Schulze. Dann hat er für Dculler 3, für Meyer 2 und für Schulze 1 Stimme abgegeben. Im einzelnen ist dies natürlich im Gesetz näher reglementiert (Stimmenhäufung, Kumu lierung!. Kompliziert gestaltet sich nun die Verteilung der 6 Kammer sitze Stuttgarts auf die Parteien. Die „Vollzugsverfügung" hat als Beispiel dafür, das die Sache sehr gut beleuchtet, folgendes Wahlresultat angenommen: Kandidaten waren aufgestellt: I. von der Deutschen Partei, die 51000 Stimmen erhielt; II. von der konservativen Partei, die 17 000 Stimmen erhielt; III. von der sozialdemokratischen Partei, die 88 000 Stimmen erhielt; IV. von der Volkspartei, die 21 000 Stimmen erhielt, und V. vom Zentrum, das 9000 Stimmen erhalten haben soll. I, II und IV hatten sich zu einer Gruppe vereinigt, so daß ihre Wahlvorschläge verbunden waren. Auf diese Gruppe sind nun -"'Hellen im ganzen 89 000 Stimmen. ' Zur Ermittlung der gewählten Kandidaten tritt jetzt »,le Wahl- arithmetik in ihren Platz, und zwar werden die Stimmenzaylcn dividiert. Zunächst mit 1. Es ergaben sich als „Höchstzahlen" die 89 000 der „Gruppe" und die 88 000 der Genoffcn. Für beide entfällt je ein Abge ordnetensitz, das Zentrum mit 9000 geht leer aus. Nun wird durch 2 dividiert. Resultate 44 500 für die Gruppe und 44 000 für die Genossen. Für das Zentrum bleibt 9000 stehen. Wieder zwei Abgeordnete, je einen für die beiden erfolgreichsten Parteien. Jetzt dividiert man durch 3, Rc- lultat: 29 666 und 29 333. Es entfallen wieder 2 Sitze, und somit sind die 6 Sitze Stuttgarts vergeben an 3 Sozialdemokraten und 3 Kartell kandidaten, deren weitere Verteilung ebenfalls gesetzlich geregelt ist. Es wird dabei wieder dividiert. Bei der Division durch 1 (!) ergibt sich, daß die Deutsche Partei (51000> und die Volkspartei (21000s eine höhere Zahl haben als die Konservativen (17 000s, die ausfallen. Um auch den letzten Sitz zu vergeben, wird durch 2 dividiert, und das Resultat (25 500) für die Deutsche Partei zeigt, daß ihr der noch übrige dritte Sitz gebührt. Es hätten also die Sozialdemokraten 3, die Deutsche Partei 2 und die Volkspartei einen Sitz zu erhalten, was allerdings dem Stimmenver hältnis nicht gut entspricht. Hätte Stuttgart 20 Sitze zu vergeben, so wäre bei Berechnung der letzten Sitze durch 10 zu dividieren gewesen. Dann wären auf die „Gruppe" 8900 und auf die Sozialdemokraten 8800 als Quotient gekommen. Das Zentrum aber käme dann mit seinen 9000 Stimmen vorher zum Zuge und erhielte einen Sitz, der ihm nach dem Verhältnis seiner Stimmen auch gebührte. Innerhalb der Wahlvorschläge der einzelnen Parteien werden die Sitze den Kandidaten zugewandt, die, erst durch Kumulierung, die meisten Stimmen erhalten haben. Fällt ein Kandidat aus irgendwelchen Gründen aus, so kommt der ihm betreffs Stimmenzahlen am nächsten Stehende seiner Liste an die Reibe. 3) Siebzehn Abgeordnete aus zwei Landeswahlkreisen, von denen der eine durch den Neckar- und Jagstkreis gebildet wird und 9 Abgcord- nete wählt, während der zweite den Schwarzwald- und Donaukreis um faßt und 8 Abgeordnete zu stellen hat. Es gelten für die Wahlhandlung und die Berechnung des Wahl ergebnisses sinngemäß dieselben Vorschriften, wie für die Stadt Stuttgart. Die Wahlen im Lande finden auf Grund derselben Wählerlisten statt, die für die, etwas früher vorzunehmenden, Spezialwahlen zu grunde gelegen haben. Der Grund für die Einschiebung dieser 17 Abgeordneten ist der Wunsch nach Ersatz der früher in der württembergischen Abgeordneten kammer vorhanden gewesenen Privilegierten. Wahlstimmen, die für sog. „Wilde", d. h. Kandidaten, die in keinem Wahlvorschlage stehen, abgegeben werden, sind ungültig, dagegen darf „panachiert" werden, d. h. die Wähler dürfen sich aus den Vorschlägen der verschiedenen Parteien die ihnen am meisten zusagenden Abgeord- rieten heraussuchen. So wird ein Stuttgarter Volksparteiler z. B. 5 seiner Stimmen der eigenen Partei, und eine einend Kandidaten der Deutschen Partei zuwendcn können. Doppelkandidaturen sind verboten. Isis. Jahrgang. Von der Listenwahl bleibt das sächsische Gesetz ja nun, Gott sei Tank, frei. Während das württembergische Gesetz auf dem System des Pro fessors Victor d'Hendt, Gent, sußl, liegt dem sächsischen Entwurf das nach Hagenbach-Vischoff (Mathematiker in Basel) zugrunde. Prinzipiell besteht zwischen beiden kein Unterschied, sie führen zu den gleichen Er gebnissen, nur ist das sächsische das weit einsamere. Das sächsische Gesetz enthält dem württembergischen gegenüber noch die Abweichungen, daß nach jeinem 8 25 Wilde kandidieren dürfen, und daß die bindende Erklärung der Wahlannahme schon vor der Wahl ge geben sein muß, während in Württemberg nur die vorherige Zustimmung zur Kandidatur verlangt wird. Ursprünglich hatte der württembergische Regierungsentwurf dein sächsischen analog gelautet. Er ist aber seitens der Kammer geändert worden. Deutsches Reich. Leipjig, 20 Juli. *- Mit dem neuen Kurs in Nordschleswig, der mit der Annahme des Optautenvertrags begonnen hat, ist man unter den Deutschen durchaus nicht zufrieden. Das hat eine Kundgebung in Hadersleven bewiesen, als auf eine den Dänen sehr freundlich entgegenkommende Rede des Oberpräsidenten von Bülow ein Vertreter der Stadt Haders leben durchaus ablehnend antwortete. Und das ist kein Wunder. Tausende von Optantenkindern, die bisher das Damoklesschwert der Ausweisung über sich drohen sahen und infolgedessen zur Vorsicht gc- nötigt waren, sind jetzt in den preußischen Staatsverband ausge nommen und können nun rückhaltslos ihre dänische Gesinnung ver treten. Ja, noch mehr! Wie der „Heimdal", das Leiborgan des Reichs- und Landtagsabaeordneten Haussen verrät, soll bei der Aus hebung der bisherigen Optanten größtmögliche Milde walten. Sie sollen nicht mit gewöhnlichem Maße gemessen, sondern bevorzugt und wenn irgendmöguch vom Dienste befreit werden. Wie das auf die deutsche Bevölkerung wirken muß, daran denkt natürlich die hohe Bureaukratie nicht. Haben doch die meisten Nordschleswiaer nur optiert, um dem damals bevorstehenden Kriege gegen Frankreich zu entgehen. Dazu kommt, daß man von der deutschfreundlichen Gesinnung Dänemarks durchaus nicht überzeugt ist. So schreibt ein Deutscher der „Nat.-Ztg.": Warum gibt es in Schleswig-Holstein immer noch keine dänischen Konsuln? Die Antwort liegt doch auf der Hand: Weil man den jetzigen Zustand nicht als zu Recht bestehend aner kennen will. Und warum vermied es der König von Dänemark bei dem letzten Besuch unseres Kaisers in Kopenhagen, ebenso wie sein deutscher Gast auf das Wohl Dänemarks getrunken hatte, auf das Wohl Deutschlands zu trinken? Im dänischen Volke sieht es noch viel schlimmer aus. Hielt es doch die dänische Presse für nötig, gegenüber der Wolffschcn Trahtmeldung, daß der Kaiser in Kopenhagen mit Be geisterung empfangen sei, ausdrücklich zu konstatieren, daß sie von solcher Begeisterung nichts gemerkt habe. Das sind nur kleine Stich proben, aber sie genügen Wohl, um zu beweisen, wie man in Dänemark über die deutschen Annäherungsversuche denkt. Die Schleswig- Holsteiner sind in ihrem Kampf um das Deutschtum von der Re gierung nicht sehr verwöhnt worden. Innerhalb zwanzig Jahren wird jetzt zum vierten Male der Kurs gewechselt in so rascher Folge, daß schließlich die Inkonsequenz das einzig Konsequente war. Sie werden auch weiter ansharren. In Berlin aber sollte man sich doch ernstlich die Frage vorlegen, ob es sich wirklich lohnt, um rein höfischer Inter essen willen Tausende bisher königstreuer Nordschleswiger kopfscheu zu machen. * Tie Ausbildung der deutschen Konsularbcamten. Für die Aus bildung der deutschen Konsuln äußert der jetzt zur Ausgabe gelangte Bericht der Handelskammer Osnabrück einige besondere Wünsche. Vor allem hält es die Kammer für dringend empfehlenswert, für die Kon sularanwärter vor ihrer Uebernahme in den auswärtigen Dienst nicht nur eine einjährige Beschäftigung bei einer größeren Handelskammer oder bei einem wirtschaftlichen Fachverein, sondern auch eine mindestens einjährige Tätigkeit in einem mit dem Auslande in Beziehung stehenden Industrie- oder Handelsunternehmen vorzuschreiben. Die Handels kammer weist daraus bin, daß die Eifolge, die insbesondere die Konsuln der Bereinigten Staaten in der Förderung der amerikanischen Handels interessen aufzuweisen haben, nicht zum wenigsten auf die sorgfältig ausgeaibeiteten Instruktionen jener Beamten zurückcusühren sind. Im deutichen Konsulardienst sei dem diskretionären Ermessen des Beamten ein sehr weiter Spielraum gelassen. kb. Episode oSer Kurswechsel I Die badische Regierung will nicht zugeben, daß ihr Vorgehen im Fall „Schaufele" eine Kursänderung bedeute. Es sei nur als eine Episode im Kampf gegen die Sozialvemo- kratie aufzufasscn. Man habe die Wahrnehmung gemacht, daß die sozialdemokratische Agitation unter den Eisenbahnern in bedenk lichem Maße zugenommen und daß die ihr widerstrebenden Be amten und Arbeiter angesichts der Ausstreuungen der ZentrumS- presse im Ungewissen waren, ob sie zu einem Widerstand gegen über den sozialdemokratischen Einwirkungen, der ja nicht immer leicht ist, bei der Regierung auf einen ausreichenden Rückhalt zu rechne» hätten. Deshalb gedachte man, durch unzweideutige Maßnahme darüber Klarheit zu schaffen, daß die Regierung nicht etwa insgeheim mit der Sozialdemokratie auf gutem Fuße steht, sondern im Gegenteil deren Agitation einen Riegel vorschieben möchte. Zu dieser Absicht mag wohl auch der Meinungsaustausch beigetragen haben, der zwischen Bertrctern deutscher Eisenbahn-Verwaltungen über die Eventualität von Eisenbahner-AuS st änden stattgesunden bat. Wäre Herr Schenkel noch Minister, so hätte er den Zweck sicherlich ebenfalls gebilligt, vielleicht aber ein tauglicheres Mittel vorgeschlagen, um ihn ohne Verlegenheiten sür die liberalen Parteien zu erwerben. — Es wirv dann weiter von der Regierung nahestehender Seite ausgesührt: „Was die Taktik der Liberalen anbelangt, so enthält sich auch Vas Ministerium Dusch-Booman jeder Beeinflussung. Selhst- verständlich wäre es jedoch den leitenden Männern lieber, wenn sich die Liberalen noch nicht auf eine bestimmte Taktik sür die nächsten Land tagswahlen festlegen, sondern auch für ein Znsammengebcn mit den Konservativen freie Hanv bebalten würden." Schließlich aber droht man ganz offen damit, daß Minister von Dusch, der jetzt schon einen schweren Stand gegenüber dem ihm feindlichen Zenlrum habe, bei den fortgesetzten Angriffen von liberaler Seite zurücklreten könnte, da er durchaus nicht an seinem Amte klebe, unv dann werde ein „noch weiter rechts stehender Herr das Ministerium bekommen". Es bedarf keiner Worte, die Schwäche dieser Rechtfertigung zu erweisen unk in ihr das Urteil gerechtfertigt ;u finden, daß man im Verfolg der hier offen ausgesprochenen Hoffnung „konservativ-liberal" zu regieren eben doch eine KurSschwenkung beaksichtigt, die bei den spezifisch badischen Verhältnissen auf eine Schwächung des Liberalismus und der alten liberalen RegierungStradilionen hinauSläuft. * Ter Vater vc» neuen LyllabuS. Dem „Giornale d'Jlalia" zufolge wäre der Vater beziehungsweise der Kompilator deS Syllabus der bekannte Pater Flemming. Das Blatt findet bemerkenswert, baß der Syllabus die christliche Demokratie Italiens übergeht und nur in ausländischen Kritikern eine Gefahr zu erblicken scheint. Wenn der
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