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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.07.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070718028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907071802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907071802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-07
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Anzeigen-Prett sür Inserate au» Leipzig und Umgebung di« Sgespaltene Petit,eile 25 Pt., finanzielle «neigen 30 Ps., Reklamen l M.: von auswärts 30 Ps., Reklamen 1.20 M., vomLu«land50Ps., finanz. Anzeigen75Ps., Reklamen 1.50 M. Inserat« v. Behörde» im amtlichen Teil 40 Pf Betlagegebübr 5 M. p. Tausend exkl- Bost gebühr. iilejchLsrsanzeigen au bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Laris Festerteilte Austräge können nicht zurück- gezogen werben. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Platzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen»Annahme: Luguftu-pl-tz 8. bei sämtlich«» Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In- und Auslandes. Haupt Filiale Berlin! Carl Dllnck-. , Herzog!, vapr. Hofbuch handlung, Lützowftratze 10. (Telephon VI, Rr. 4603). Nr. 187. Donnerstag 18. Juli 1907. 1Ü1. Jahrgang. Das wichtigste vorn Tage. * Di« „H o h e n z o l l er n" ging heute früh 8 Uhr von Narvik in See. Telegraphenstation ist bis nachmittags 2 Uhr Bodö, dann Selsövik. Der heute eingetroffene Kurier geht morgen nach Deutsch land zurück. An Bord ist alles wohl. * Die Leiter der skatholischens Kulturbewegung in Münster erlassen zu ihrer Verteidigung gegen die vatika nischen Angriffe eine Erklärung. sS. Dtschs. R.) * MacLean soll aus der Gefangenschaft Raisulis ent flohen sein. (S. Ausl.) * Die Anklage gegen di« Unterzeichner des Wiborger Manifestes ist jetzt erhoben. lS. Ausl.) Das Niveau der itebensinittelpveise. Die Lebensmittelpreise zeigen in allerjüngster Zeit wieder eine so deutlich ansteigende Tendenz, daß die Frage angebracht erscheint, ob denn das Preis niveau der Lebensmittel gegenüber dem Jahre 1966 gar noch eine Eiböhung erfahren habe. Da ergibt sich denn wirklich die Tatsache, daß von 26 Lebensmitteln» für die sich Vergleiche anstelle» lassen, mehr als die Hälfte, nämlich 14, nach ihrem Preisstand Mitle Juli noch eine Verteuerung gegenüber der Bergleichszeit 1906 ausweisen, von 190V garnicht erst zu reden. Acht Lebensmittel sind etwas im Preiie gesunken, bei vier ist der Preis gegenüber 1906 stabil geblieben. Gab es zur Erklärung für die Teuerung in den Jahren 1905 und 1906 eine Reibe stichhaltiger Gründe, so ist für den weiteren Aufstieg in diesem Jahre schon schwerer eine Erklärung zu finden. Die Aufwärtsbewegung ist um so weniger verständlich, als nicht etwa nur Getreide, für dessen Verteuerung die bisher ziemlich unbefriedigenden Ernteaussichten ins Feld geführt wurden, im Preise äußerst erheblich gestiegen ist, sondern auch eine Reihe von der Ernte der Körnerfrüchte ganz unabhängige Lebensmittel sich verteuert hat. Am schärfsten ist ja allerdings die Spannung zwischen den dies- und vorjährig»!! Preisen bei Getreide, insbesondere bei Roggen. Steht doch der Roggenpreis am Berliner Markt gegenwärtig um nicht weniger als 30"/« über dem vorjährigen, wie aus nachfolgender Zusammenstellung erhellt. Eine Tonne kostete nämlich in Berlin Mitte Juli Mark: 1906 1907 Weizen 181»/. 810 Roggen 155 200 Hafer 182 195—205 berste lPosen) 152 170 Mais iNew Dork) 98.40 103.25 Ganz so erheblich wie bei Roggen ist der Aufstieg bei den andern Getreidesorten nicht; Gerste bleibt mit einer Preissteigerung von 12 Proz. weit dahinter zurück. Den Gelreitepreisen folgend haben die Mehlpreise äußerst kräftig angezogen; bei Weizenmehl beträgt die Steigerung von Mitte Juli 1906 auf Mitle Juli 1907 fast 20, bei Roggenmehl aber gar 30 Proz. Der Preis sür Roggenmehl ist also mit ganz genau der gleichen Intensität gestiegen wie der Noggenpreis, so daß anzunehmen ist, daß die Teuerung des Getreides seit l906 nie lange von Len verarbeitenden Gewerben getragen wurde.sondern vielmebrschnell ausdieKonsumenten abgewälzt wurde. Roggenmehl kostet jetzt pro 100 Kilo 25,20 bis 27,50 zur selben Zeit 1904 aber erst 17,40 bis 18,30 Außer der in der Getreide- Preissteigerung begründeten Verteuerung der Mehlpreise ist aber die erhebliche Erhöhung zu nennen, die der Kartosselpreis in diesem Jahre erfahren hat. Während ein Doppelzentner Kartoffeln Mitte Juli 1906 in der Provinz Brandenburg erst 2 bis 7 kostete, steht der Kartosselpreis jetzt auf 5,50 bis 13 Er hat sich also innerhalb eines Jahres gerade »er- doppelt. Wie 1906 ging er auch in diesem Jahre von Juni auf Juli rapio hinauf. Von anderen Lebensmitteln, deren Preise sich in diesem Jahre gegenüber 1906 noch verteuert haben, sind Hülseusrüchte, Rüböl, sodann Fische zu nennen. Bon den Hülsenfrüchten sind es besonders Erbsen und Linsen, die kräftig im Preise gestiegen sind. Nur ganz wenige Lebensmittel sind es, die an der Preissteigerung in diesem Jahre nicht teilge- nommen haben, und zwar sind dies Vieh und Fleisch, die sich aus ihrer exorbi tanten Preishöhe nicht mehr halten konnten, sondern nunmehr zum größten Teil wieder Las Niveau früherer billigerer Jahre eingenommen haben. Rind- und Hammelfleisch allerdings behaupten sich auch jetzt noch auf dem Preisstande des Vorjahres. Neben den Vieh- und Fleischpreisen ist nur noch der Preis für Butter zu erwähnen, der sowohl im Groß- wie im Kleinhandel eine Verbilligung aufweist. Die Rehrseite. Von unserm römischen k.-Korrespondenten erhalten wir eine Blumenlese der trotz aller unbestreitbaren Annäherung der Regierungen, wie sie in den Begegnungen von Desto und Raccwnigi ihren Ausdruck gefunden hat, noch immer in Italien recht einflußreichen antiöster reichischen Presse. Unser Korrespondent schreibt: Von der einen Gruppe werden die Vorwürfe gegen die italienische, von der anderen gegen die österreichische Regierung gerichtet: aber jeden- falls sind es Vorwürfe, die die Begleitmusik für jene Zusammenkunft abgeben, von der Optimisten eine erhebliche Besserung der Beziehungen zwischen Italien und Oesterreich gewärtigen. Der Deputierte Cirmeni wartet in der Turiner „Stampa" sogar mit „Enthüllungen" auf, die ihm in hohem Grade auch als Beleg dafür dienen, daß nur die Außen seite, nicht aber das Effektive der Beziehungen zwischen Italien und Oesterreich sich verbessert habe. Er sagt, der italienische Hof und das Volk habe noch nicht vergessen, daß Kaiser Franz Joseph in fünfund zwanzig Jahren noch nicht die Zeit gefunden habe, den ihm und der Kaiserin im Jahre 1882 von König Humbert und der Königin gemachten Besuch zu erwidern. Ja, der Kaiser — und damit setzen die „Ent hüllungen" für deren Richtigkeit Cirmeni bis in alle Einzelheiten gara- tiert, ein — hat sogar fertig bekommen, nach der Ermordung Humberts und der Thronbesteigung Viktor Emanuels den Grafen Nigra, das heißt: den damaligen italienischen Botschafter in Wien, mit einer offenbar persönlichen Vertrauensmission nach Rom zu schicken, um den jungen König zu bewegen, gelegentlich der von ihm in Petersburg und Berlin, zu machenden Antrittsbesuche doch dem Kaiser Franz Joseph in Wien oder wenigstens an einer der von dem König bei seinen Reisen zu passie- renden österreichischen Bahnstationen den ersten Besuch zu machen. Der Graf Nigra brachte dem damaligen Minister des Aeußeren Grasen Prinetti unter etlichen persönlichen, diplomatischen und politischen Grün den zur Unterstützung des kaiserlichen Wunsches auch den vor, daß der Tod Humberts den Kaiser von der Erwiderung des Besuches entbinde. Er fiel aber bei Prinetti mit dieser Theorie vollständig ab, und als er gar bekennen mußte, daß Kaiser auch einen Besuch Viktor Emanuels nicht in Rom erwidern würde, empfahl ihm Prinetti, sich doch mit Senatoren und Deputierten jedweder Partei wegen des Vorschlages zu besprechen; wenn auch nur ein einziger den Vorschlag annehmbar finden würde, wollte er sPrinettij dem Könige den Besuch anraten: Nigra reiste phne Erfolg nach Wien zurück, und Viktor Emanuel machte einen höchst um ständlichen Weg nach Petersburg, um Wien nicht zu berühren. — Die römische „Tribun a" bringt heute, wo man von ihr einen Artikel über Desto gewärtigte, als Leitartikel einen großen Bericht über die Festivi täten zu Ehren Garibaldis in Paris, allwo Präsident und Minister auf die lateinische Verbrüderung schöne Worte gemacht haben, und bekennt ihrerseits: „Wir sind Frankreich hierfür dankbar, daß es den hohen Sinn des Namens Giuseppe Garibaldi zu erfassen versteht und sich uns in seiner Verehrung beigcsellt, während in anderen, in uns benach- benachbarten Ländern, ja auf italienischem Boden sogar ein Vortrag über die Taten des Helden verboten worden ist." Ter Mailänder „Secolo" meint nach ausgiebigem Hinweis auf die Umgehung Roms durch Kaiser und Minister Oesterreichs: „Es ist also kein Willkommen, das die Italiener dem österreichi- scheu Minister entbieten können, der nach Italien kommt und sich nach Italiens Hauptstadt zu begeben verschmäht. Wäre >s nicht besser, wenn er erst gar nickt hergekommen wäre, wenn doch sein Kommen eine Beleidigung ist, die jene Beleidigung durch die Unterlassung der Erwiderung der königlichen Besuches nur sortsetzt und bestätigt. Der Genueser „Secolo XIX." begnügt sich mit der Feststellung, daß auch der italienische Generalstab, wenngleich er die von österreichi schen Offizieren erwiesenermaßen geübte gemeine Spionage „aus bundes- genössischer Loyalität" verschmähe, sehr gut von den Rüstungen Lester- reichs Bescheid wisse und unter dem Titel „Militärische Vorbereitungen Oesterreich-Ungarns" ein Bulletin führe, das bereits auf 28 Hefte von je etwa 30 Seiten Umfang gediehen ist." Die römische „Vita" endlich schreibt: „Kuriose Bündnisse und undefinierbare Freundschaften die unsri- gen! . . . . Man fordert schleunige Maßnahmen, damit wir uns gegen die Drohungen unseres Verbündeten waffnen, der an unserer offenen Grenze steht." * Diese Phase scheint inzwischen allerdings überwunden zu sein, wie nachstehende Meldung, ihre Nichtigkeit vorausgesetzt, beweisen würde: Wie von Berliner Seite verlautet, sind in Desto keine neuen schrift lichen Abkommen getroffen, da nach der beiderseitigen Auffassung die bestehenden Verträge, namentlich über Albanien und Makedonien, voll kommen ausrcichen. Die bulgarische Königsfrage wurde als inaktuell nicht erörtert. U. a. wurde eine militärische Verständigung behufs Einschränkung der gegenseitigen Grenz vorbereitungen erzielt. Die Gesamttendenz läuft auf eine Stärkung des Dreibundes hinaus. Deutsches Reich. Leipzig, 18. Juti. * Der Besuch des Kaiserpaares in England, der in der zweiten Hälfte des November stattfinden soll, wird, wie man aus London meidet, einen durchaus offiziellen und feierlichen Charakter tragen, also nicht nur sozusagen den einer „Familienvisite". Tas Kaiserpaar wird mehrere Tage lang Gast des Königs Eduard und der Königin Alexandra im Schlosse Windsor sein und sich von dort aus an einem noch unbestimmten Tage nach London begeben, um in der City nach altem ehrwürdigen Brauche vom Lordmayor und den übrigen städtischen Würdenträgern be grüßt und empfangen zu werden. * Die Leiter der skatholischens Kulturbundbewegung in Münster setzen sich jetzt gegenüber den von Nom bzw. dem Vatikan gegen sie in Szene gesetzten Angriffen zur Wehr. Sie geben eine öffentliche Er- klärung ab. In ihr lehnen sie ab, daß sie eine Trennung von Staat und Knche cr treb'n und betonen. daß das Reckt, sich in einer Bitt schrift an den Papst zu wenden, bisher jedem Katholiken zustand. Jedem Katholiken sei auch erlaubt, sich zu erlaubten Zwecken mit anderen zu- sammcnzuschlicßcn. Tann beißt es weiter: Aus der Geheimhat- tung des ganzen Unternehmens kann irgendein begründeter Vorwurf nicht hcrgcleitet werden, denn schon die bisherigen Folgen des unverant wortlichen, gewissen- und charakterlosen Vertrauensbruchs müssen jeden Einsichtigen mit zwingender Notwendigkeit davon überzeugen, daß durch die Auslieferung an die Oessentlichkeit eine schwere Schädi gung kirchlicher Interessen eingetreten ist. — Jede sachliche Kritik ist uns in der vorhandenen verantwortungsvollen Lage besonders will- kommen und wird der endgültigen Fassung der Bittschrift zugute kom- men. — Wir erklären uns in allen unternommenen Schritten solidarisch nud bemerken, daß nur diejenigen öffentlichen Erklärungen und Aus führungen von uns stammen, welche ausdrücklich als authentisch be zeichnet oder aber mit unserem vollen Namen versehen sind. — Endlich bitten wir um Positive Mitarbeit auf der bereits gewonnenen breiten und stets kirchlich korrekt gebliebenen Basis. — Unterzeichnet ist die Erklärung non Justizrat Hellraeth. Assessor Dr. ten Hompel. Professor Dr. Plaßmann. Schmedding, Mitglied des Hauses der Abgeordneten. Professor Dr. Schwcring. eck. Die Bekämpfung der Genickstarre. Aus Arnsberg meldet uns ein cck.-Privattelegramm: Ter Minister des Innern und der Minister für Medizinalwesen haben amtlichen Bericht über den der- Strindberg. Feuilleton. Zweifelnder Geist du, in ewigem Schwanken, Heiße Gefühle, Glukgedanken — Wieder entweichst du, Geist, den Pfühlen, Dürstender Geist, dich an Wassern zu kühlen Aus des Zweifels lebendigem Quell. Wohin geht deine Fahrt, Gesell? William Blake. In William Blakes Adern floß störrisches Jrenblut, das ihm Traumkraft gegeben hat, die Rastlosigkeit und den Enthusiasmus. Er wurde 1757 in London geboren, sein Vater war Strumpfwirker. 1783 erschienen seine ersten Gedichte, die „postioal süstakes". Wenige Jahre späier jauchzte der schüchterne Radierer dem Freiheitsfanal zu, be geisterte sich für die Revolution, die aus der anderen Seite des Kanals tobte und prunkte mit einer blutroten Phrygiermütze. Er tat sie wieder ab nach dem schauerlichen Septemberintermezzo von 1792. Sonst lebte er in scheuer Einsamkeit, in stetem Kamps um das trockene Brot. Im Jahre 1800 war er nach dem lieblichen Felpham übergesiedelt zu seinem Freund Hayley, dessen Charakter er für den weinenden Satan im „Mil ton" verwertet hat; die lichten Tage wählten jedoch nicht lange, bald floh er den Schalmeien der Idylle: Hayleys Freundschaft empfand er als goldene Fessel, die er zerbrechen mußte. „O Gott, beschütze mich vor meinen Freunden, daß sie keine Macht über mich haben. Du hast mir Macht gegeben, mich selbst zu schützen gegen meine bittersten Feinde" lPalamabrons Gebets. Vier Jahre später war er wieder in London, „Vola", „Milton" und „Jerusalem" entstanden. . . Au seinem Unglück »iel er dem hündischen Cromek, einem ausbeuterischen Verleger, in die Hände, gegen den er später gallige Poeme ausgesvien hat. Seine olympische Heiterkeit hat ihm über die Situation hinweggcholfen. 1827 starb Blake in Verklärung, im Todesjahr des düsteren Beethoven. Der Exitus war sanft^er sang wie ein wunder Schwan. Der Abschied eines Mystikers. . . Mit hivpokratischem Gesicht versicherte er von den Sterbeliedern: „Sie sind nicht mein, sie sind nicht mein", ihn inspiriere Gott. Und eine selige Nachbarin, die am Bett des Verscheidenden ge standen hat, erzählte nachmals: „Ich war nickt zugegen bei dem Tode eines Menschen, sonderen eines seligen Engels." Für gewöhnlich war Blake, laut Historie, hilfsbereit und gutmütig, nur hin und wieder lag in seinen Augen ein böser Glanz, sprühten Vipernblicke unter seinen spärlichen Wimpern. Auch von dem Denker, dem Ethiker Blake wäre zu sagen, daß er schauerlich allein gewesen sei, daß es mehr wie zweier Geschlechter bedurft habe, um ihm nahe zu kommen. Er hat den Silberträumen des bleichen Swedenborg nachgespürt, der sür ihn Samson war, „den die Kirchen geschoren haben"; sein wühlender Geist l-at Nietzsche voraus gegriffen, Resultate gezeitigt, als läge nicht fast ein Jahrhundert zwischen ihm und dem Schweizer Hammerphilojophen. Die Ethik, die Gesetzestafeln errichtet, war ihm verhaßt; die wahren Tugenden wären geschieden vom Intellekt: sie wirken als Kräfte. Gehorsam und Demut leien Laster, verwerflich die „Hure Bescheidenheit". Unter dem Schleier „Keuschheit", die nichts weiter sei als Hurerei, glühten heimliche Sün den, sie beschmutze den Geist: Enthaltsamkeit schüttet Sand all über Rosiges Fleisch und flammendes Haar, Doch Lebens- und Schönheitsfrüchte sät Begehren, das befriedigt war. Der Trieb sei ewiges Entzücken; zum Palaste der Weisheit führe die Straße des Unmaßes. Uebcrzeitlich steht der englische Dionysier da, in seiner Verachtung des sokratischen Menschen, etwa des Papageis Voltaire und des dumpfen Plebejers Rousseau. Der künstlerische Mensch war für ihn frei im tönenden Reich der Phantasie, Gott war ihm der poetische Genius. „Die Welt der Einbildungskraft ist die Welt der Ewigkeit." Alle schassenden Kräfte sind gut, Fruchtbarkeit ist identisch mit dem Sinn und Zweck alles Seienden. . . . Das Grinsen der Sphinx erlischt. Nur dem leidenschaftlichen Menschen, dem Künst ler, öffnet Blake den Himmel, dessen Schätze Wirklichkeiten des Geistes sind, aus denen die Leidenschaften mächtig und in ewiger Herrlichkeit strömen; dagegen: Ist« kaol sdrckl nsvar int« Iloav^n, unck ds da avor so kolv- Das ist. in knapper Skizze, einiges aus der Weltanschauung dieses Engländers, eines Londoners der verstockten Epoche von 1800. Der Geist des Mystikers ist der Welt der Erscheinungen enteilt, über ihm Diamantkettcn von Sternen, die im Azur brennen; in Priester licken Phantasien hat er sich in Nebelgefilde des Uebersinnlichen ver loren. Eir: Unsumme künstlerischer Kämpfe kostet es. wenn einmal der Fall eintritt, den Künstler und den Ethiker sals solcher gerät der künstle- rische Mensch leicht in Gefahr, Systematiker zu werden, d. h. sein Künstler tum zu erstickens in sich zu vereinigen, und zwar derart, daß der Ethiker sub- ordiniert ist. nur als Begleiterscheinung existiert. William Blake hat den einfachen un' einzigen Ausweg gefunden: er hat die Ideen, deren Gestal- tung für ihn Notwendigkeit war, nicht als solche gesetzt, nur in poetische Form gehüllt, sondern sie zu singenden Symbolen ausblühen lassen, um Unendliches in einem Einzigen zu äußern. So konnte sich Blake nur als Künstler äußern, konnte und mußte das, was er als Ethiker, der er nun einmal unabänderlich war, zu äußern hatte, nur künstlerisch gestalten, nur in Symbolen ausdrückcn, in letzten künstle rischen Energien. Aebnlicke Fälle sind das Phänomen Nietzsche und Karl Spitteler. Blake ist daher immer zu wirklichen Konjeaaenzen, zu Resultaten gelangt, und .nicht in die Jrrsal der Probleme gesunken, um in ihr zu enden. Er war in erster Linie eben Künstler und Priester, kein laizistischer Grübler von Rätseln. Er war Visionär, und die gaukelnden Riesensilhouetten seiner Visionen hat er in lyrische Formen gefangen. Seine kosmischen Ge- sänge sind erfüllt von schwerem Skaldenpathos,Flammenrhythmus springt Lurch die Strophen, in deren Sturm das Spiel mystischer Gesichte entfesselt aufflottert; smaragdenes Licht gleitet über die schweren, erze nen Gebilde, Erzeugnisse betörter Sinne, einer Einbildungskraft, die Visionen als einzige Wirklichkeiten künstlerisch bewältigte. Und Musik der Verse entzückt uns oft, die schön und trunken sind wie das Gold der Morgenröte, das an bleichen Wotkenrändern zittert, oft aber können wir dem Flug verlorener Phantasien nicht mehr folgen, dem Tanz der Visionen, der uns dann abstrus dünkt. Aus dem mächtigen Freiheits gesang sei eine symphonische Strophe angeführt: Auf jenen unendlichen Bergen des Lichts, jetzt durch das Atlantische Meer verriegelt, stand das neugeborene Feuer vor dem König Mil den grauen Stirnen des Schnees und den Angesichtern Des Donners schwer hingen die eifersüchtigen Flügel wogend über der Tiefe. Droben brannte die bcspeertc Hand, losgescknallt war der Schild, die Hand der Eifersucht ging vorwärts unter dem Flammenden Haar und schleuderte das neugeborene Wunder durch die gestirnte Nacht. Das Feuer, das Feuer, das fallende Feuer! Ter Verlag von Eugen Diederichs sJenas hat eine NeuauS- gäbe von William Blakes „Ethik der Fruchtbarkeit" veranstaltet. Otto Freiherr von Taube bat die Auswahl getroffen und das Werk mit einem seinen einleitenden Essay versehen. Blakes Dichtungen sind in künst lerischer Aufmachung, prächtig verdeutscht von Adolf Knoblauch, im Verlag von Oestcrhcld und Co. (Berlins erschienen. Lodrevck. * * Zur Parsifal-Frage. Als Angelo Neumann 1882 mit Wagner über die Ausführung des „Rings Les Nibelungen" verhandelte, „verhielt sich der Meister", wie Neumann in seinen Erinnerungen mitteilt, „keineswegs ablehnend, ja, er gestattete mir aus meine Bitten, bei unserer Begegnung mit dem Bcr- tragsinstrument des „Rings" (kür Leipzig) auch eins kür „Parsisal" vor- zulegen. Die Unterhandlungen wurden jedoch abgebrochen, Wagner nahm aber ein anderes Mal Bezug auf seine Absicht, vorläufig „Parsifal" sür Bayreuth zu erhalten, erklärte sich binaegen bereit, unter ganz bestimmten Verhältnissen das Musikdrama sür die von Neumann projektierte, di.n freilich nicht zustande gekommene Gründung eine- Richard Wagner-Theater» in Berlin sreizugeben. In dem betr. Briefe beißt es: „Mit dem .,Parsisal" steht und fällt meine Dan- reuther Schöpfung. Allerdings wird diese vergeben, und zwar mit meinem Tode; denn wer in meinem Sinne sie fortführen sollte, ist und bleibt mir unbekannt und unerkenntlich. Nehmen meine Kräfte, welche ich bei solchen Geleqenbeilen übermäßig anstrenge, noch von meinem leiblichen Tode in der Weise ab, daß ich mich nicht mehr mit dieser
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