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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.07.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070722029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907072202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907072202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-07
- Tag1907-07-22
- Monat1907-07
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Abend-Ausgabe 8. Bezugs-Preis für Leipzig und Vororte durch unsere TrL-er und Spediteure io« Hau« gebracht: «u«. gäbe T (nur morgen«) vierteliLhrlich 3 M., monatlich l M.; Aufgabe » (morgen« und abend«) vierteljLhrlich « SO M.. monatlich I SO M. Durch die Vvk bezogen (2 «al ttglich) innerhalb Deutschland« u der deutschen Kolonien vierteljährlich 5,2b M. monatlich 1.75 M. au.schl. Postbeftellgeld, sür Oesterreich 9 K 66 k. Ungarn 8 L vierteljLhrlich. Abonnement-Annahme: Augustu-olatz 8, bei unseren Trägern, Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer kostet IO Pf^ Redaktion und Expedition: Johannirgasse 8. Telephon Nr. 14SS2, Nr. I4S93, Nr. I4SS4. UchMtrTagMM Handelszeitung. Nr. 20! Berliner Redaktion« Bureau Berlin ddVV. 7 Prinz Loui« Ferdinand- Straße I. Telephon I, Nr. 9275. Nmlsösatt des Nates und des Nolizeiamles -er Ltadt Leipzig. Montag 22. Juli 1907. Anzeigen-PreiS fttr Fnserate au« Leipzig und Umgebung di» «gespaltene Petitzeile 2S Ps , finanziell« Anzeigen 30 Pf., Reklamen l M.; von aurwärt« 30 Pf., Reklamen I.30M vomAurlandSOPf.,finanz.An,cigcn7LPs. Reklamen l.SO M. Inserate ». Behörden im amtlichen Teil «0 P'. Beilagegebübr 5 M. p. Tausend exkl. Post gebühr. «eschäst-anzeigeu an becorzugle: Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Toni. Festerteilte Austräge können nicht zurück- aezogen werden. Für da« Srschei-en an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. «neigen.Annahme: AugustuSplatz 8 bei sämtlichen Filialen u. allen Aunoncen- Lipeditionen des In- und AuLlandeS. Haupt - Silial» Berlin Tarl Dunck:., Herzog!. Bahr. Hofbuch handlung, Lützowstrabe 10. (Telephon VI, Nr. 4»>>). 101. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. * Die „H o h e n z o l I e r n" mit dem Kaiser an Bord befindet sich heute auf der Fahrt zwischen Trondhjem und Molde. sS. Dtschs. R.) * Der bekannte Abgeordnete und Freikonservative Partei führer Wilhelm von Kar dorff ist gestorben. sS. Art.) * Der neue Kaiser von Korea will den Kronprinzen mit der Regentschaft betrauen. sS. Ausl.) * In San Francisco sollen neue Pöbelausschreitungen gegen Japaner vorgekommen sein. sS. Ausl.) * Den bulgarischen Komitatschis wurde eine große Nie derlage beigebracht. 73 sind tot. sS. Ausl.) Aardorff Wieder ist ein parteipolitischer Führer aus dem Leben geschieden, oer bis kurz vor seinem Tode noch inmitten des parlamentarischen Kampfes gestanden hat. Wilhelm von Karvorff ist gestorben. Am 8. Januar 1828 in Neu-Slretitz geboren, besuchte er bis 1849 das Gymnasium und studierte dann Rechtswissenschaften in Heidelberg, Berlin und Halle. Referendar war er in Naumburg, Berlin und Stralsund. Dann verließ er den Staatsdienst und zog sich auf sein Rittergut Wabnitz im Kreis OelS zurück, bis er von 1884 bis 1895 als Landrat tätig war. Parteipolitisch trat er schon Mitte der 60er Jahre hervor. Er wurde 1866 zum ersten Male in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt, und blieb dessen Mitglied ununterbrochen bis 1876, leit 1868 als Fraktions vorsitzender und dann wieder von 1888 an. Im Landtag tat er sich zuerst besonders hervor in Unterstützung der Politik BiSmaicks bei der Be- schlagnehmung des Vermögens des früheren Königs von Hannover. Erhebliche Verdienste erwarb er sich durch Mitarbeit an der Einführung der Selbstverwaltung, vor allem der Schaffung der preußischen KreiSordnung 1873. Aber er beschränkte seine politische Tätig keit nicht auf den preußischen Landtag. Er trat vielmehr in noch stärkerem Maße als freikonservativer Führer im Reichstag auf und »war hier mit einer ganz ausgesprochen wirtschastspolilischen Tendenz. Ec war einer der ersten Schutzzöllner im Deutschen Reichstag. Noch ehe Vie Bismarcksche Wirtschaftspolitik den Umschwung vom Freihandel zum Schutzzoll vollzog, war er dessen Bahnbrecher. Ec schrieb ,n diesem Sinne 1875 die Broschüre „Wider den Strom" und als dann die wirtschastspolitische Wandlung sich vollzog, gehörte Kardorff zu ihren eifrigsten Verfechtern. Selbst an einer Reihe industrieller Unter nehmungen beteiligt, was ihm auch auf politischem Gebiet viele An feindungen eingetragen hat, erstrebte er industrielle Schutzzölle und half mit unter diesem Gesichtspunkt den Zentralverband Deutscher Indu strieller gründen. Als scharfer Gegner der Goldwährung wurde er ein begeisterter Prophet des Bimettaliömus, der — ähnlich wie einst Cato au seine Reden mit dem Hinweis auf die Notwen digkeit der Zerstörung Karthagos — seine ReichStagSreden damit krönte, daß er als das Allheilmittel der wirtschaftlichen Schäden den BimetalliSmus pries. Unter Caprivis Kanzlerschaft wurde er mehr und mehr agrarischer Schutzzöllner und schloß sich auch bald nach Gründung des Bundes der Landwirte diesem an. Allein die Kämpfe um den neuen Zolltarif führten zwischen ihm und den Bund einen Bruch herbei. Er schied aus ihm aus, als der Bund Ende l902 ge^en den neuen Zolltarif Stellung nahm und setzte nun all seine Kraft daran, den Zolltarif zur Annahme zu bringen. Ein von ihm gestellter Antrag hat denn auch die bekannte en Kloo-Annahme zu stande gebracht und dem nun Verstorbenen damit ein Denkmal in der Geschichte deutscher Zoll- und Wirtschaftspolitik gesichert. Kardorff war ein sehr streitbarer Herr, der durch die Schärfe seiner oft recht persönlichen Angriffe sich nur geringer persönlicher Sympathien bei den politischen Gegnern erfreute. Namentlich in den letzten Jahren seines Lebens spielte er allzugern ans sein hohes Alter und seine langjährige Erfahrung an und ließ kiese Argumente an die Stelle sach licher Beweisführung treten. Bei der letzten RcidskagSwahl kandidierte er nicht wieder. Er batte seit 1867 rem Reichstag angehört unv mit nur kurzer Unter brechung den 3. Breslauer Wahlkreis Wartenberg-OelS vertreten, der dann nach seinem Rücktritt in veutsch-lonservativen Besitzstand über gegangen ist. Der* Syllabus Ksus' X. und -ev Syllabus Kius' IX. Wenn die „Köln. Vollsztg." den neuen SyllabuS in vollständig richtiger Form wiedergiebt, unterscheidet sich der Syllabus PiuS' X. innerlich und äußerlich von dem Syllabus PiuS' IX. Denn abgesehen davon, daß der SyllabuS Pius' IX. 80, ter PiuS' X. „nur" 65 ver urteilte Propositionen enthält, laßt der neue Syllabus die systematische Einteilung des allen vermissen, beschränkt sich in der Hauptsache auf bas kirchlich-religiöse Gebiet und ist — einstweilen wenigstens — von keiner päpstlichen EnchUila begleitet. Pms IX. hat durch seine Enzyklika vom 8. Derember 1864 den lichtvollsten Kommentar zu icinem Syllabus geliefert. Handelte er doch darin nicht nur von den geistlichen Genossenschaften, der Stellung der Kirche gegenüber Unterricht und Jugenderziehung sowie von den Rechten der Kirche und Les Apostolischen Stuhls gegenüber dem Staat, sondern wandte er sich doch auch wider den „Wahnsinn", „daß . . die Gewissens- und Kultusfreiheit ein jedem Menschen eigentümliches Nccht sei, das in jedem wohlgeordneten Staat durch das Gesetz ausgesprochen und gewähr leistet werden solle". Mit dieser Auffassung als Leitstern teilte Pius IX. d^e verdammencwerten Lehrmeinungen cer Zeit in lO Paragraphen. Die Irrtümer des Pantheismus, des Naturalismus und Rationalismus, die Irrtümer des JndiffercntiSmuS und des Latitudinarismus, die Irr tümer über die Kirche und ihre Rechte, über die bürgerliche Gesellschaft sowohl an sich wie in ihren Beziehungen zur Kirche, die Irrtümer über die weltliche Herrschaft der römischen Päpste und die Irrtümer, die sich auf den Liberalismus beziehen, werten darin verworfen. Der jetzige Papst hat auf kine solche Einteilung verzichtet. Auf den ersten Blick tritt deshalb weniger deutlich hervor, daß die von PiuS X. verdammten Lehrmeinungen rum weitaus grössten Teil auf kirchlich religiösem Gebiete liegen. Allerdings wird auch die Stellung der Kirche und des Papsttums zur Wissenschaft im allgemeinen und zu geschicht lichen Auffassungen im besonderen berührt. Aber nachdem PiuS IX. in seinem Syllabus von 1864 die wichtigsten Gebiete menschlicher Betätigung in den Kreis seiner Verdammung gezogen, konnte sich der jetzige Papst im wesentlichen aus kirchliche Lehrmeinungen beschränken. Selbst verständlich verwirft Papst PiuS X. alles, was dem von der römischen Kirche lanttionierlen Buchstabenglauben und der Lehre von der unfebl- baren Autorität des Papstes in Glaubenssachen irgendwie nicht entspricht. Die biblische Exegese, die Kritik der Jnspirationslehre und der Evangelien, das gesamte Dogma, die Anschauugen über die Gottbeit Christi und seine Auferstehung, über die Sakramente, das Verhältnis der Kirche zur Wissenschaft rc rc. — alles hat sich dem kirchlichen Buchstabenglaubcn unv dem unfehlbaren Papste zu unterwerfen, wenn cs nicht verdammt werden will. Mit Rücksicht auf die Bewegung gegen den Judex ist die 8. Proposition beS neuen Syllabus bemerkenswert, welche lautet: „Von jeder Schuld frei sind diejenigen zu erachten, welche die Verurteilungen der heiligen Kongregation des Index und anderer heiligen Kongregationen sür wertlos hallen." Welt, namentlich die Katholiken Deutschlands, baben »v*m l864 gehorsam hingenommen und der Krönung dieses Werkes durch die Verkündung des UnsehlbarleitsrogmaS ebenfalls gehorsam zugeschaut. Die katholische Welt wird angesichts des n uen Syllabus in absehbarer Zeit sich schwerlich anders verhalten, eme herausfordernde Kriegserklärung gegen und der Forschung, wie die Enzyklika von 1864 fre enthalt, wäre kein ungeschickter diplomatischer Schachzug. In der coache aber änderte auch diese vorsichtige Taktik nicht das mindeste an der Tatsache, daß Gewissensfreiheit uns voraussctzungSlose Forschung rn den Augen PiuS' X. derselbe „Wahnsinn" ist, den PiuS IX. und vorher Gregor XVI. verdammt haben. Irrrn j)etevs-j)rozetz. (Eine Berichtigung.) Wir erhallen von dem bekannten Afrikareisenden Herrn Eugen o l k folgende Berichtigung zu einer Angabe, die in unserem Leitartikel über den PeteiS-Prozeß enthalten war: „Sie haben unter dem 4. Juli in Ihrem Blatte die Nachricht gebracht, ich uu kflerichtLsaale meiner Zugehörigkeit zu der Künsilergesellschast „Ullotria gerühmt und Sie haben mitqeteilt, daß im am gleichen Abende aus der Allotria ausgeschlossen worden bin. Dies ist nicht wahr. Wahr ist, Laß ich bereits am 1. Juli >906, also vor mehr als einem Jahre, ,.^Pbstgen Vereinen gleichzeitig geschrieben habe, daß ich vom 3l. Lezem- ber 19^6 ab von der Mitgliedschaft entbunden fern möchte, da es mir an Zeit mangle, io vielen gesellschaftlichen Beipflichtungen nachzukommen. Unter diejeir zehn Vereinen befand sich auch die Allotria."' Deutsches Reich. Leipzig, 22. Juli. * Fallers NordlanvSrcise. Der Kaiser wartete am Sonnabend vor dem Frühstück des Konsuls Jensseu in Trondhyn noch das Einlaufen des zweiten heimischen Geschwaders ab, Welches um l Uhr mittags ein traf. Gestern hielt der Kaiser vormittags Gottesdienst au Bord ab und machte dann mit den Herren deS Gefolges um llV, llbr eine Partie zu Wagen nach dem Fjeldssäter, woselbst das Frühstück eingenommen wurde. Die Rückkehr eriolgte um 4 Uhr nachmittags. Die „Hoben« zvüeru" gebt heute früh 8 Uhr nach Molde in See, wo das Eintreffen abends erfolgt. * vin Interview mit dem Reichskanzler. DaS „Derl. Tagebl." veröffentlicht den Inhalt einer längeren Unterredung, die JuleS Huret, der bekannte Mitarbeiter des „Figaro", in Norderney mit dem Fürsten Bülow hatte. Der Reichskanzler äußerte sich u. a. über die Reichs tag sauf lös ung, die er einen Appell an den Patriotismus und die gesunde Vernunsl der Nation nannte. Ueber den Block äußerle sich Fürst Bülow, daß Konservative und Liberale gar nicht so verschieden seien. Gewiß trennten sie sich in ökonomischen Fragen (nur ?), da die tonservalivcn Agrarier Schutz-, die Liberalen Freihändler sind. Aber La die Handelsverträge noch mehrere Jahre dauern, brauche man diese brennende Frage nicht anzusckneidcn. Ueber di: übrigen Fragen könne man sich verständigen (?!). Bebel ist nach Bülowö Ansicht raniendmal mehr Autokrat als ein indischer Maharadscha!). Unter den 3 Millionen sozialdemokratischen Wählern feien nicht 500 000 wirklich über- zeugte Sozialisten. Es seien Unzufriedene, die sich nicht behaglich fühlen und der Meinung sind, daß noch nicht genug für die Arbeiter getan sei, und die neue Reformen wünschen. Die Führer des Sozialismus seien theoretischer unv dogmatischer als irgend ein Priester des MitielalterS; gleichwohl nähme die Zahl der sozialistischen Wähler zu. Die An. uäherung an Frankreich bezeichnete der Reichskanzler als den Bc. Feuilleton. Der Beweis verbrecherischer Schuld. Von Referendar R. Werner (Leipzig). Gleichen Alters mit dem Menschengeschlecht ist das Verbrechen, jener Aufruhr gegen das Recht. Dieser stete und erbitterte Kampf mit dem der Rechtsordnung widerstreitenden Unrecht fordert Opfer; Schuldige, an denen gerechte Vergeltung geübt wird; aber auch Unschuldige als Preis für eine möglichst wirksame Verbrechenoerfolgung. Und doch, wieviel Unrecht bleibt trotzdem ungesühnt? Das Bedürfnis nach der wahrhaften Kenntnis dieses oder jenes Lebensvorganges steht in keinem Verhältnis zu der Schwierigkeit, folche Kenntnis, solche „Gewißheit" zu erlangen. Die Verurteilung eines Uebeltäters ist aber von dieser Gewißheit seiner Schuld abhängig. Handlung ist vor dem Strafgericht nur die voll bewiesene, d. h. die Handlung, deren Existenz aus unmittelbare Sinneswahrnehmung gestützt wird. Der Angeschuldigte selbst ist kein echtes Mittel der Beweis führung. Er ist sa nicht verpflichtet, etwas auf die Beschuldigung zu erwidern. Daraufhin ist er besonders zu befragen. Zs soll ihm durch Strafprozehordnung 8 136 eben nur Gelegcnheu gegeben sein, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen. Im übrigen hat er aber das Recht, jede Antwort zu verweigern. Die Aussagen, Geständnisse, ins- besondere auch das Schuldbekenntnis des Angeschuldigten begründen nicht schon Gewißheit. Sie sind mit Rücksicht auf die Glaubwürdigkeit des Angeschuldigten vom Richter nach freiem Ermessen zu prüfen. Ganz anders der Wert der Zeugen Vernehmung, der sich in dem Bestehen einer Zeugenpflicht widerspiegelt. Diese besteht für jeden Deutschen und Ausländer während seines Aufenthalts im Inland. Der aeladene Zeuge (abgesehen von Landesherren usw.) hat persön lich vor Gericht zu erscheinen, auszusagen und eventuell seine Aussage durch Eid zu bekräftigen. Eidesunmündiae (unter 16 Jahren), Eides unfähige (z. B. wegen Meineids Bestrafte) und bezüglich des vorliegen den Falles Mitverdächtigte müssen unbeeidigt vernommen werden. Die Aussage kann verweigert werden von nahen Angehörigen, wie Braut, Ehegatte, auch bei nicht mehr bestehender Ehe, ferner von Geistlichen, Rechtsanwälten. Aerzten betreffs ihrer Berufsgeheimnisse. Schließlich kann jeder Zeuge die Aussage über solche Fragen verweigern, deren Be- antwortung ihn oder einen jener nahen Angehörigen der Gefahr straf rechtlicher Verfolgung aussetzen würde. — Sagt aber der Zeuge aus und wird er beeidigt, so hat er zu schwören, daß er „nach bestem Willen die reine Wahrheit sagen, nichts verschweig:« und nichts hinzusetzen" werde. Die Beeioigung kann aus besonderen Gründen auch bis nach Abschluß der Vernehmung ausgesetzt werden. Eine wesentlich von der des Zeugen verschiedene Stellung, und zwar als Gehilfen des Richters, nehmen die Sachverständigen ein. Der Richter kann sie nach freiem Ermessen wählen und ernennen. Ihre Tätigkeit besteht vor allem in der Beurteilung von Gegenständen und Tatsachen, z. B. der lebensgefährlichen Eigenschaft von Giftstoffen, der Echtheit von Münzen, Urkunden usw. Vor der Erstattung des Gut- achtens wird der Sachoerständigcneid geleistet. Ist der Richter durch das Gutachten nicht überzeugt, so ist er an dasselbe nicht gebunden. Als Beweismittel können noch dienen der richterliche Augen schein,-. B. Leichenschau (vorgenommen vom Richter im Beisein eines Arztes) und die Leichenöffnung (vorgenommen von zwei Aerzten im Bei sein des Richters); ferner Urkunden, und zwar öffentliche, z. B. Ge- Kurts-, Trauscheine usw., wie private z. B. ein Bries, welcher sich über die Begehung eines Mordes ausjpricht oder selbst Mittel zur Begehung z. B. eines Betruges ist. — Mit Hllfe dieser, dem Gericht zu Gebote stehenden Beweismittel kann also nun Schuld oder Unschuld des An geklagten „bewiesen" werden. Entweder ist eine Tatsache bewiesen oder sie ist es nicht, d. h. entweder gründen wir unsere Kenntnis von dem Dasein jener Tatsache direkt auf Wahrnehmungen unserer Sinne oder wir gelangen erst indirekt zu dem Glauben an jene Tatsache. Ent- weder haben wir oder andere die Beleidigung gehört, die Mordtat mit angesehen usw. oder wir halten es nur für möglich, daß der A. den Mord begangen hat, etwa weil wir ihn einer solchen Tat für besonders fähig halten. In dem letzteren Fall folgt der Glaube nicht unmittelbar aus der Sinneswahrnehmung, sondern er wird erst durch das Mit wirken einer anderen Tatsache, z. B. die Verrufenheit des Täters, erzeugt. Von der Möglichkeit bis zur Gewißheit von Schuld oder Unschuld ist ein weiter Weg, der aber in allen seinen Etappen beschritten lein muß, bevor die Verurteilung erfolgen darf. Dem Angeklagten ist eben seine Schuld zu beweisen, nicht er hat seine Unschuld zu offenbaren. Und so ist es denn möglich, daß vielleicht nur ein einziger Um- stand für die schuldhafte Tat spricht, dabei aber eine Menge anderer Möglichkeiten gegeben ist, oder daß mehrere Umstände für die c-muld plädieren und nur eine einzige Möglichkeit anderer ^!lrt offen gekästen ist. In diesem wie in jenem Fall ist aber doch die Schuld nicht gewig, nicht bewiesen, sie ist nur möglich. Hat diese Möglichkeit einen Grad erreicht, der sich der Gewißheit nähert, so redet man von Wahrschein lichkeit. Diese wird allo begründet durch Tatsachen, die die Beur teilung mehr zur Gewißheit als zur Möglichkeit niedrigsten Grades neigen lassen. Beispiel: kl. ist mit einem ganz bestimmten Gift gelotet worden. Dieses Gift ist nur in einem ganz bestimmten Geschäft der Stadt X. zu bekommen. Die'es Gift ist in diesem Geschäft am Montag geholt worden. ist am Montag in der Nähe dieses Geschäfts gewhen worden, er bat im übrigen keine Veranlassung gehabt, in der Stadt X. zu verweilen. Er ist ani Tage des Mordes in der Nähe des Tatortes gesehen'worden. Sein Benehmen ist an diesem Tage, sowie vor- und nachher ausfallend gewesen. Es stellt sich schließlich heraus, daß der artiges Gift in der letzten Zeit von niemandem, außer ^., verlangt worden, daß also nur jenes Gift in jenem Geschäft gekauft haben kann usw. usw. Es dürfte schon diese Kette von Tatsachen genügen, um darzulegcn, in welcher Weise sich diese Wahrscheinlichkeit steigern kann. Solche über einen logischen Schluß hinweg Wahrscheinlichkeit begründende Tatsachen nennt man Indizien. Schon der alten deutschen Stras- prozeßnrdnilng von 1532, der Earolina, waren sie bekannt; doch reichte damals die „Anzeigung" zur Verurteilung nicht aus. Waren die In- dizien „genugsam", so konnte kraft ihrer Folter zuerkannt werden, um dadurch zum Geständnis zu gelangen. Der Angeklagte wurde danu sreigesprochen, wenn er die Folter ohne Geständnis Überstand. Auch spater, nach Aufhebung der Folter, war auf Grund von Indizien nicht auf peinliche Strafe zu erkennen. Zur Schilderung des Standpunktes, den bezüglich der In- dizien das moderne Recht einnimmt, sei auf obiges Beispiel noch- mals hingewiesen. Man denke derartige Indizien so gehäuft, daß sie immer deutlicher dcis verbrecherische Bild in seinen Umrissen wte Einzelheiten erkennen, daß sie immer mehr jede andere Möglichkeit aus schließen, jeden Zweifel schwinden lassen, so gelangt man zu dem Schlug, daß die aus Indizien ausgebaute unendlich großeWahr schein- lichkrit nichts weiter ist, als die Gewißheit selbst. Wie gesagt, ist aber eben hierzu erforderlich, das; sämtliche Indizien eine fest in einander gefügte Kette bilden und nicht ein einziges sogenanntes Gegenindrz den Schluß scheitern läßt. Dann besteht über Schuld oder Unschuld des Angeklagten Gewißheit, einzig und allein auf In. dizien gegründet, ohne daß jener vielleicht auch nur ein geständiges oder verteidigendes Wort geredet hat. * * Beobachtungen von« Theater. Alfred Freiherr v. Berger oelüsienllicht in der „Oesterr. Rundschau" eine Aphorismen-Srrie, der wic nachstehende Proben entnehmen: Ich habe Aufführungen moderner Dramen mit erlebt, wo weder der Regisseur Len Dichter noch die Schauspieler ihre Rollen, noch das Publikum das Stück verstanden und LaS Ganze doch wie ein Erfolg aus- soh. — Man hört ost sagen, daß beim Tbeatrr die Dame» besonders schwer zu behandeln seien und dem Direktor durch ihre Launen und sonstigen Charaktersehler Leben und Tätigkeit verbittern. Das Gegenteil ist wahr. Ick bab« die allermeisten Schauspielerinnen pflichttreu, zugänglich für vernünftige Vorstellungen und oit sogar aufopferiings- fähig im Interesse des Ganzen gefunden Die als spezifisch weiblich geltenden Eigenschasten findet man in ihrer machtvollsten Entfaltung häufiger bei den Männern ols bei den Frauen. — Schauspieler sind Menschen, die sich immer desto glücklicher suhlen, je mehr sie zu arbeiten baben, und die nrencenlos leiden wenn sie müßig gehe» dürfen. Das i't doch sebr hüblL und achtbar, und doch tadelt man sie, wenn sie die'e Eigenschaften verraten. — Mau wird nts Thealcrdirektor sür io vieles getadelt, woran man keine Schuld bat, daß man sich getrost gelegentlich loben laßen darf, wenn man kein Verdienst har.
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