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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.08.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070805023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907080502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907080502
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
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— noch unwiverlegten Nachrichten und bereits unterzeichnete — Ver einbarung mu England lieber nicht geoebinigen. In den Erörterungen über innere Politik spielt nach tvie vor die „Blocksrage" die Hauptrolle. Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt in ihrer Wochenschau: Einen breiten Raum neknnen besonder- in der liberalen Press« die Aeust-rungen der Wunsche ein, Vie man an den Wechsel in den Ministerien knüpft. ' Diese Wünsche werden, loweit sie sich auf da- Ministerium der geist lichen, Unterrichts- uno Medizinalangrlegenhriten und einen Stellenwechsel unter den höchsten Beamten belieben, wiederum In den führenden ZrutrumSblättern mit großer Schärfe zurückzcwiesen. Unserer Meinung nach unter starker Auf bauschung zum Teil recht nebensächlicher Einzelheiten unv Nebenbemerkungen auf beiden Seilen. Die niemals überbescheidene .Deutsche Ta-reSztg." will natürlich nicht von dem geringsten Zuge ländnis an die Liberalen etwas wissen. Sie schreibt: Wenn die Regierung die Blockpolitik nicht gefährden will, mutz sie einerseits das Börsengesetz so gestalten, daß es dir Parteien der Rechten ohne ein Opfer der Uebrrzeugung, das ihnen nicht zugemutet werden darf, annehmen können. Andererseits wird sie die Hand von der WahlrechiSändrruug in Preußen lassen müssen, ia, sie wird darauf verzichten müssen, trgendivelch« Erklärungen abzu geben, auf dir sie für Vie Zukunft festgelrgt werden kann. Gestattet sie das Börsengesetz so, daß der Rechten die Zustimmung unmöglich ist, und läßt sie sich verleiten, der Wahtrechtsänderung in Preußen näherzutretrn, io ist da- Zentrum jedenfalls der lachende Dritte und die Blockpolitik ausS höchste gefährdet. — Wenn der Block unS den Willen tut! Deutscher Reich. Leipzig, 5. August. * Zur Pluralstimmcnfrage kommt uns eine Zuschrift in die Hände, welche zwar nicht das Prinzip der Mehrstimmen angreist, aber doch gegen d:e Normierungen der Regierungsvorlage Einwendungen erhebt. Wir geben denjenigen Teil der Korrespondenz wieder, welcher sich mit der 1600 ^l-Grenze des Einkommens beschäftigt: „Die Mittelstands bewegung soll dadurch auf ihre Kosten kommen. Diese Behauptung führt irr. Ein wesentlicher Teil des Mittelstandes ist doch das Hand werkertum. Von 101164 selbständigen Handwerkern und Kleingewerbe treibenden hatten 78 373 unter 1600 .il und nur 22 791 über 1600 .E Jahreseinkommen. Danach würden etwa 78 Prozent aller Handwerker. Wähler nur 1 Stimme besitzen, weil sie unter 1600 ^l Einkommen ver steuern. Es entsteht die Frage, ob an Stelle des Jahreseinkommens nicht eine andere, beweglichere Bestimmung sich setzen ließe, zu mal wenn die Einteilung in die nach Wohlhabenheit und Steuererträg nissen recht verschiedenen Wahlkreise bliebe. Ein Vorschlag geht dahin, die Gewährung der zweiten Stimme an eine gewisse Quote der Ein kommensteuersumme des Wahlkreises zu knüpfen. Bei der Neuordnung des städtischen Wahlrechts in Dresden hat di« Altersgrenze eine wichtige Nolle gespielt. In dem RegicrunaSentwurf ist sie beiseit« gelassen. Mit Recht aber fragt man: soll ein Beamter oder Gewerbe treibender, der sich zur Ruhe setzt und dadurch sein Einkommen unter 1600 .i( verringert, deshalb die bisher innegehabte zweite Stimme ein büßen? Es wäre dies eine ungerechte Härte und zwar gegen Leute, auf deren vaterländische Gesinnung im Durchschnitt Verlaß sein dürfte. — Letzteres ist vollkommen richtig. Nicht einmal di« Sozialdemokratie würde, denken wir, einer Mehrstimme der Aelteren wiederstreben. Desto bedenklicher erscheint uns der Quotenvorschlag, der gewissermaßen eine Beschränkung der Freizügigkeit darstellen würde und auch außerdem ungerecht gegen di« Bewohner wohlhaben derer Ortschaften erscheint. * Vom Nationalverciu. Eine Dame unsers Leserkreises macht uns darauf aufmerksam, daß in die vor längerer Zeit bei uns erschienene Be richterstattung über die Tagung des Nationalvereins sich ein Irrtum eingcschlichen habe. Die Aufnahme von Frauen in den Verein sei nicht abgelehnt, sondern mit großer Mehrheit angenommen. sie. Verband deutscher Kriegsveteranen Leipzig. Vom 17. bis 19. August findet in Köpenick die diesjährige Generalversammlung des Ver bandes deutscher Kriegsveteranen (Sitz Leipzigs statt. Unter anderem kommen folgende Anträge zur Beratung: Der Vorstand soll dahin wir ken, daß den Witwen verstorbener Veteranen der Betrag fnr den Sterbe- monat oder das Gnadcn-Vierteljahr gewährt, daß den kranken und erwerbsunfähigen Kriegsveteranen die JahreSbeihilfe von 120 auf 220 .L erhöht, daß die Staatsbeihilfe von 120 F ohne Unterschied jedem Kriegs- Veteran gewährt, und daß em Veteraneneinkommen bis zu 900 ^l jähr lich als der Beihilfe bedürftig angesehen wird. * Die Frage der staatlichen Penstonsverfichernng der Privat angestellten gebt ihrer Klärung entgegen. Nachdem der Hauptausschuß am 14 Juli 1907 in Berlin eme eingehende Besprechung der zur Lösung dieser Frage gemachten verschiedenen Vorschläge vorgenommen bat. steht die Verständigung auf einen gemeinsame» Vorschlag uabe-u mit Sicher beit -u erwarten. Im weseuUichen sind eS taktische Bedenken und Erwägungen, die ein AuSeinandergrhen der Meinungen herbeigeführl haben, fo daß die eingeleiteten weiteren Verhandlungen der Siebener- Kommission des HauptäuSschusses Wohl schon in ihrer nächsten Sitzung zu einem endgültigen Beschluss- führen dürften. Diese findet am 18. August in Koblenz statt. Bis jetzt bat die Siebener-Kommission erschöpfende Verhandlungen über die Schaffung einer besonderen Kaffen- Einrichtung und über den Ausbau deS JnvalidenversicherungSgesetzeS, sowie über den Inoalivitärsbegriff gepflogen, die eine weitgehend« Heber- einstimmunq der Anschauungen zutage förderten. Inzwischen bat sich auch der Deutsche Privatbeamtenverein in Magdeburg, der mebr als 22 000 Mitglieder zählt, für die Errichtung einer besonderen Kaffen einrichtung ausgesprochen. * Der Ausstand in Schlesien. Die Belegschaftsversammlungen aller Schächte der Königsgrube beschlossen, den Streik sortzusctzen, bis folgende Forderungen erfüllt seien: 1s Lohnerhöhung von 25 Lis 30 Prozent, 2> freie Ausfahrt, 3> freie Feuerung für Witwen und arbeitsunfähige Invaliden, 4j Strafenverminderung, 5j bessere Behandlung, 6s Ent fernung des mißliebigen Obersteigers auf dem Bahnschacht. — Ein Privattelegramm aus Breslau teilt uns mit: Auf der fiska lischen Königsgrube dauert der Aus st and unver ändert fort. Bisher sind 31 Personen verhaftet. Ausland. * Die Friedenskonferenz. Aus dem Haag wird gemeldet: Tie englisch-amerikanische Proposition wegen Einberufung der nach, st en Friedenskonferenz für 1914 ist nunmehr dem Präsi denten Nelidow zugegangen. Man erblickt in dem englisch-ameri kanischen Antrag den Wunsch, die nächsten Friedenskonferenzen bei aller hohen Anerkennung der Verdienste des Zaren unabhängig von Rußland zu stellen. Die englisch-amerikanische Proposition siehl al» nächsten Ein- berufer der Konferenz die Königin von Holland vor. Sie wünscht ferner, daß bereits ein Jahr vor dem jedesmaligen Zusammen tritt der Konferenz ein aus neun Staaten zusammengesetztes Komits Vorarbeiten für die Konferenz ausführt, damit letztere rascher funktio niert. Präsident Nelidow ist seit vorgestern bettlägerig. Ferner hat der erste spanische Delegierte Villaurutia beim Aussteigen aus der elektrischen Straßenbahn einen Unfall erlitten. * Eine Versammlung der norwestböhmischcu Bergarbeiter in Tep- litz beschloß, wie uns ein Privattelegramm unseres ^V-Korrespondenten aus Prag meldet, die vvrgeschlagenen Lohnerhöhungen der Werke anzunehmen. Mit Ausnahme möglicher partieller Ar beitseinstellungen erscheint die Gefahr eines großen Streiks beseitigt. * Die frauzüsischen Generalratvwahlen. Aus Paris wirb ge meldet: Von 141 Stichwahlen bei den Generalratswahlen sind bis her 137 Resultate bekannt. Hiernach sind gewählt: von Konservativen und Mitgliedern der Action liberale 17, Republikaner, Prvgressisten und Gemäßigte 19, Republikaner der Linken, Radikale nuo radikale Sozialisten 18; die Konservativen gewinnen 5 und verlieren 12, die Re publikaner der Linken und die Radikalen gewinnen 19 und verlieren 17, die Sozialisten gewinnen 12 und verlieren 5 Sitze. Unter den Gewähl ten befinden sich drei Senatoren und sechs Deputierte. Ein Senator und zwei Deputierte sind unterlegen. — Ferroul und die Kandidaten der protestierenden Weinbauern oes Departements Herault sind ge wählt. * Der Lohnkamps im Hafeu von Antwerpen wird neu ausflammen. Wie dem „B. T." aus Brüssel gemeldet wird, diente die den Arbeitern zugestandene Erhöhung des Tagelohnes von fünf auf sechs Francs nur der augenblicklichen Beruhigung. Der Verband der dortigen Reeder will morgen oder im Lause dieser Woche eine allgemeine Aus sperrung verkünden. Von Glasgow sind 1200 englische Docker be reits nach Antwerpen unterwegs. Nach dem Beispiel Hamburgs sollen die Antwerpener Arbeiter durch Engländer ersetzt werden. Laut Beschluß des Antwerpener Bürgermeisters wird die Bürgerwehr für den Sicherheitsdienst einberufen werden. Die Arbeiter scheinen übrigens gewillt, die Bedingungen der Arbeitgeber nach Abzug der Eng länder anzunehmen. * Stolypin und der Verband des russischen Volkes. Aus Pe tersburg wird telegraphiert: In den letzten Tagen sind die An griffe des Verbandes des Russischen Volkes gegen das Kabi- nett Stolypin wieder ausgenommen worden, den die Presse des Ver bandes als Landesverräter bezeichnet, so daß die Lage Stolypins wieder sehr kritisch ist. * DaS marokkanische Problem. Aus Madrid wird gemeldet: Der gestern abgehaltene M, nisterrat, der fünf Stunden dauerte, beschäftigte sich mit den Noten Frankreichs über die Casa blanca-Angelegenheit. Einigen Journalisten, die nach der Sitzung Mitteilungen für die Presse haben wollten, wurde diese ver weigert. Der Kriegsminister erklärte nur, man werde höchstens 500 Mann an Bord eines Kriegsschiffes schicken. Das Eingreifen Spaniens werde voraussichtlich nur in geringem Maße stattfinden. — AuL Genf wird gedrahtet: Der marokkanische Poli^iinspcktor Müller erklärte, daß er nicht vor Oktober nach Tanger zurückkehren werde, da bisher noch keine Polizei organisiert sei und er infolgedessen noch nichts zu in spizieren habe. — Aus Paris wird uns ferner mitgeteilt: Der fran zösische Konsul in Casablanca wird infolge der Ereignisse in Marokko von seinem Urlaub, den er gegenwärtig in Frankreich ver bringt. auf seinen Posten zurückkehren. Er traf gestern schon in Toulon ein und schifft sich wahrscheinlich an Bord des „Gueydon" nach Ma rokko ein. * Das japanische Geschwader ist von Royan lDep. Charente- Jnfericures nach San Sebastian abgefahren, wo ihm der König von Spanien einen Besuch abstatten wird. * Gefecht zwischen türkischen und persischen Truppen. Aus Te heran wird gedrahtet: Eine 6000 Mann starke türkische Truppe mir Artillerie überschritt gestern bei Sajudeh im Bulah-Kreis die per- sffche Grenze und schlug die persischen Truppen nach kurzem Widerstande in die F l u ch t. Da die persische Regierung durch die wie derholt erfolgte Ueoerschreitung der persischen Grenze durch türkische Truppen beunruhigt ist, sich aber ohnmächtig sieht, Widerstand zu leisten, wendet sie sich um Hilse an Rußland und England. Leipziger und Sächsische Angelegenheiten. rVetterbericht -er königl. fächs. niete»r. Institut» zu Dresden. Voraussage für den «. August. Nach weitverbreiteten Gewittern zeitweise heiter, aber veränderlich, vielen orts Gewitter, veränderliche Winde, warm. —r. Sonderzüge nach dem Elstertale. Die am Sonntag ,n den Frühstunden zu ermäßigten Preisen nach N a u n h o f - G r l m m a und nach dem Elstertale jGreiz, Barthmühles von hier abgetassenen Sonderzügc zeigten abermals eine rege, gute Benutzung. Der Sonder zug nach Grimma mußte in zwei Teilen abgefcrtigt werden und führte 97 Reiselustige nach Naunhof, 1555 nach Grimma, zusammen 1652 Rei sende, von denen 1514 Perionen den Sonderzug am Abend nach hier zu rück benutzten. Der Sonderzug nach dem Elstcrtale, der vormittags 6 Uhr 15 Min. vorn hiesigen Bayrischen Bahnhof abginn, beförderte da gegen insgesamt 879 Personen, von denen rund 700 mit dem Sonderzuge abends kurz nach 10 Uhr hier wieder anlangten. * Auszeichnung. Ter König hat der Frau Wilhelmine verw. Mätzold geb. Brückner in Leipzig-Reudnitz, Vor sitzende des Jrauenvercins in Leipzig-Reudnitz, als Aner- kennung der von ihr dem Verein geleisteten wertvollen Dienste die Carola-Medaille in Silber verliehen, die ihr heute durch Oberbürger meister Justizrat Dr. Tröndlin überreicht wurde. * 34 Grad Neaumur! Diesen hohen Wärmegrad zeigte heute mittag das Thermometer in der Sonne an. Nack Wochen zweifelhaftester Witterung endlich die langersehnte sommerliche Wärme, etwas reichlich zwar, aber doch immer noch beiier als der anhaltende Regen und Sturm die ganze Zeit zuvor. Da werden sich vor allem alle diejenigen freuen, die jetzt fern von den heimischen Penaten in der Sommerfrische weilen und bislang vergeblich auf schönesFerienwetter haben warten müssen. Aber auch^der Landwirt atmel freudig auf angesichts der sengenden Strahlen der Sonne, die just noch zur rechten Zeit sich einstellen, um den «schnitt des reifen Getreides endlich bewirken zu können. Hat doch infolge der anhaltend ungünstigen Witterung die Ernte Heuer drei bis vier Wochen später begonnen als andere Jahre. * Die Annahme telegraphischer Postanweisungen findet mit Aus nahme des Postamtes 10 und 13 bei allen Postanstalten innerhalb der gewöhnlichen Schalterdicnslstunden und an der Annahmestelle des Tele graphenamtes ununterbrochen zn jeder Tages- und Nachtzeit statt. Tele graphische Postanweisungen sind nicht nur an auswärts wohnende, son dern auch an Empfänger im Orts- und Landbcstellbezirke zulässig. Außer der Postanweisungsgebühr kommt bei telegraphischen Postanweisungen noch die Gebühr für das Telegramm und die Eilbotenbestellung zur Erhebung. * Reichskasscnscheine zu 10 .X. werden schon in nächster Zeit zur Ausgabe gelangen, da im Verkehr ein dringes Bedürfnis für ein der artiges Zahlungsmittel bei dem immer noch andauernden Mängel an Kronen vorhanden ist, trotzdem die Ausprägung von 10 ^l-Stücken in letzter Zeit eine Steigerung erfahren hat. Ob sich die neuen Scheine einer besonderen Beliebtheit im Zahlungsverkehr erfreuen werden, er scheint allerdings nach den mit den Reichsbanknoten zu 20 gemachten Erfahrungen mehr als zweifelhaft, so daß sich eine beträchtliche Ver mehrung des Goldbestandes als dringende Notwendigkeit erweist. * Die Wiedereröffnung der höheren Postlausbahn, über die wir bereits berichteten, dürfte noch Ende dieses Jahres erfolgen. Neben derselben soll eine besondere technische Laufbahn für die Telegraphen verwaltung neu geschaffen werden. Die Bewerber treten nach beendigtem Studium auf der technischen Hochschule als Diplomingenieure bei der Telcgraphenverwaltung ein, um später in ähnlicher Weise wie die Re gierungsbauführer der preußischen Verwaltungen nach beendeter Aus bildung und Bestehen der zweiten Staatsprüfung als Telegraphen ingenieure angestellt zu werden. Entsprechend der außergewöhnlichen Entwicklung des Telegraphen- und Fernsprechwesens dürste dieser Lauf bahn eine aussichtsreiche Zukunft gesichert sein. Unsere Stubenfliege als Verbreiter von Krankheiten. In dem kubanischen und in dem südafrikanischen Kriege hatte man die Erfahrung gemacht, daß Fliegen mit ihren Körpern ansteckende Stoffe verschleppten -tud zu de'- Verbreitung gewisser Krankheiten vertrugen. Neue Unter suchungen, die Dr. Buchanan, ein Bakteriologe in Glasgow, angestellt hat, erstreckten sich nach dem „Lancel" auf die gewöhnliche Stubenfliege und die blaue Schmeißfliege, auch Ausstiege genannt. Nach «hm find es hauptsächlich die Füße, die infolge ihrer Form und Bildung geeignet find, Änsteckungöstoffc zu verschleppen. Zunächst handelte cs fick um Typhus, be: dem aber eine Uebertragung der Bazillen durch die Fliegen nur dann stattsand, als diese mit den Entleerungen der Typhuspatienten direkt in Verbindung gebracht wurden. Diese müssen also genügend be aufsichtigt oder sofort desinfiziert werden. Ungünstig lagen auch die Verhältnisse bei dem Schweinesieber. Mit den toten Tieren, Lei denen die Todesursache nachträglich als sicher festgestellt war, wurden die Schmeißfliegen in Verbindung gebracht. Durch sie fand nach der mikro skopischen Untersuchung eine Verbreitung des Jnfekiionsmalerials in geradezu gefährlicher Weise statt, wobei beobachtet wurde, daß gerade sie nachher die Futtertröge aufsuchten. Weit empfänglicher als Leim Typhus scheint die Stubenfliege für die Erreger der Eitererkrankungen zu sein. Man brauchte nämlich nicht einmal die Fliege mit dem Eiter des Ge schwürs direkt in Verbindung zu bringen, sondern ein ganz dünner Aus strich davon, über den die Fliege Hinweglaufen mußte, genügte schon voll- ständig, um zu zeigen, wie leicht die Eitererreger verbreitet werden können. Das gleiche Resultat erreichte man bei der Haussliege mit dem Auswurf, in dem sich zahlreiche Tuberkelbazillen befanden. Meer schweinchen. die mit den übertragenen Bazillen geimpft wurden, starben nach 86 Tagen. Bei Milzbrand benutzte man wieder die Schmeißfliege, und zwar hatte eine solche zufällig bei der Sektion eines an Milzbrand gestorbenen Meerschweinchens Zugang gefunden. In diesem Falle, sowie Deckstuhl im Freien, nur die beklagenswerten Ladys können sich zu einem ähnlichen Akt der Selbstbefreiung nicht entschließen und bleiben in ihrer Kammer. Der Zustand, in dem sie dann früh morgens sichtbar werden, ist beklagenswert. Der Staatssekretär gewährt seinen speziellen Freunden über Nacht Gastfreundschaft; die Herren lasten ihre Matratzen nach Beendigung der Abendunterhaltung, wahrend deren Oberstl«utnant Quade Erlebtes ans dem Herero- und Hottentottenfeldzug zum Besten gibt, kurzer Hand auf den Planken des Kvmmandodecks niederlcgen. Die Hitze ist furchtbar; und trotzdem — die Phantasie hat sich die Schrecken dieser Fahrt durchs Rvte Meer doch noch viel schlimmer vor gestellt, als sie in der Tat sind. Wer in der Lage ist, sich völligem Stumpfsinn überlassen zu können, kommt relativ leidlich fort. Bitter allerdings ist es, die Leyer stimmen zu müssen, um über ein „Alles wohl" hinaus unsere Erlebnisse nach der Heimat zu übermitteln. Das muß von Aden aus, dem wir uns jetzt nach fünftägiger Fahrt nähern, geschehen, und io sehe ich nur mit gemischten Gefühlen allerlei romantische „Tjcbels", die das Ende unterer Reise durchs Rote Meer ankündigen, an mir vorüberziehen. In Aden haben wir kurzen Aufenthalt; dann geht es hinaus in den Indischen Ozean, wo mildere Temperatur, dafür aber hohe See zu erwarten ist. ^.äc>L Tilluncriunuir. * * Heinrich Heine über Kerdinnnb Laffale. In der „Neuen Frrien Prelle" veröffentlicht G. Karprle« „Neue Mittelluaaen über Heinrich Heinr", darunter auch Brief« deS Dichter» an den Baier Ferdinand Lassalle». Da« BerhüttniS Heine- zu dem Apostel de» SozialiSmu« war damal« schon durch ein Mißverständnis zerstSrt, La- der leidenschaftlichen Natur Lassalle- ent sprungen war; eine Stelle im ersten Briefe bezieht sich auf diese von Hein« imm» bedauerte Tatsache; die ebrnsall- darin erwähnte Frau Friedland ist F. Lassalles Schwester Friederike, dir Heine schätzte und liebte wir den Bruder, deren Geist und Schönheit er nicht genug rühmen konnte. Wir geben au» den Briefen die folgenden Stelle« wieder: „Mein armer Ferdinand! Da- Her» zerreißt mir'», wenn ich an ihn denke, wenn ich sehe, wie so viel glückliche Naturgaben der dämonischen Selbst, zerstönrng anheimaeiallen; er hat sich schreckliche Härten gegen mich zu- schulden kommen lasten, weil ich mich in sein dunkle» Treiben nicht binetn- ziehen ließ und seiner Leideafchaft mit kalten BernunftSgründea begegnete. Ich habe keine Nachrichten von ihm, waS viele wundert, welch« glauben, daß wir ia beständiger Verbindung seien und mir von einem Briese reden, den ich an eine dritte Person über ihn geschrieben baden soll und den er selber in rheinischen Blättern hab« drnckru lassen. — Ich laste Madam« Friedland für tbre freundlichen Grüße danke» uad sie würde mir viel Freud« machen, wenn sie mir einmal wissen ließe, wie e» ihr geht, damit ich weiß, wa» ich von den widersprechendsten Nachrichten zu halte» Hobe. Sie kennt mich und ich weiß, daß sie »ach größere Teilnahme mir jetzt widmen würde, wen» sie sähe, wie abscheulich »glücklich ich geworden bin und welch« tragisch« Auflösung mir bevorstrht. Sie ist ein edle-, passionierte» und der höchsten Begeisterung fähiges Weib, ein Feuerwesen ungewöhnlicher Art." Zu Schluß heißt e«: „Und nun leben Sie wohl, verehrtest» Herr Lastalle, und erfüllen Sie Ihr Versprechen, da- Sie mir bei Ihrem letzten Hiersein gegeben und woraus ich da» höchste Gewicht gelegt. Ich bitte Sir, vergessen Sie nicht, mir mit einigen Worten zn sagen, wie e« Ihrem Ferdinand geht, und ob ich Hoffnung babe, ihn noch vor meinem Tode wiederzusehen. Käme Madame Friedland dierher, eS wäre meine höchste Freude. Meine Frau, mit der ich von ihr oft spreche, läßt sie freundschaftlich grüßen. Genehmigen Sie die Versicherung meiner fruindschaftlichen und hochschätzen- den Gesinnung. Heinrich Heine. äckr.: Llonsieur Leori Leios. 50, rus ck'^mstorcknm 4 Lari,." * Wagner t» englischen Mustk-antzel. In diesen Tagen ist in Eng- land da» Urheberrecht aus „Tristan und Isolde" abgelaufen, und da- Werk, da- bisher nur für IS Schilling zu kaufen war, wird demnächst in der billigen Aus gabe zu 30, Schilling erscheinen. Damit wird da- Werk in England wohl schnell populär werde»; al» „Tannhäuser", „Lohengrin" und „Der fliegende Holländer", die schon früher frei geworden waren, in der billigen Ausgabe »schienen, steigerte sich die Nachfrage mit einem Schlag in» Ungeheure. Bish» haben der „Tann häuser" und „Lohengrin" unter allen Wagneropern in England die höchsten Brr- kaufSziffern behauptet. Bemerkenswert ist dir Acußerung dr» englischen Wagner- Verleger-, daß der Berkaus der Wagnrrwerke, unbceinslußt von Modeschwärmerei auf dem Gebiete der leichteren Musih stetig wächst. Sehr groß ist anch dir Nachfrage nach einzelnen Teilen d» Wagneropern; da- „PreiSlted" aus den Meistersingern ist nach Angabe eine» Musikalienhändler» in de« letzten Jahren t» »ehr al- 50000 Exemplaren verkauft worden. * Gin vulk«na«»bruch in Al«»k«. Sin Ingenieur Arthur Port» hat au» Elliott-Sreek in Alaska einen Brief gesandt, d» in der Wochenschrift „Science" vcröstenilicht wurde und di« bisherige geographisch« Kenntnis der Ge birge im südöstlichen Teil von AlaSka in einem ivichiigen Punkt erweitert. Noch in der ausgezeichneten Zusammenfassung über die geographischen und geologischen Verhältnisse Alo-ka-, die Dr. Alfred Rühl erst zn Anfang diese« Jahre« auf Grund aller bis dahin erschienenen Arbeiten gegeben bat, war aesagch daß sich da« Gebirge dr« südöstlichen Ala«ka im allgemeinen durch di« Abwesenheit von Bnlkanrn au«zeichnet. Port» berichtet nun, daß Anfang April diele» Jahre« mehrere Berg« ia der Keile dr- Wrangell-Berge-, die sich in einigen Gipfeln zu mehr al» 4000 m »hebt, In vulkanifch» Tätigkeit waren, groß« bdampfwolken in die Luft sandten und in dem Kotsina-Fluß ein« Flut verursachten, wodurch dir Expedition fast zu Schaden gekommen wäre. Die erste Nachricht kam durch einige Träg», di« Rauch und Dampf vom Wrangrll- Berge aufsteigen gesehen haben wollte», wo- ob» zunächst mit Unglauben ent- gegengenommen wurde. Al« di« Expedition nan am Kupfer fluh adwärt« ging V«d da- Gebirge tu Sicht kam, war auch tu der Tat »«nächst nicht« Auffällige» zu erblickn. Nm 5. und 6. April dagegen rollten große weiße Wolken unaufhaltsam Von den Bergen herab und mit den Ferngläsern sah man Dämpfe aus den Gehängen unterhalb der Gipfel aufsteigen. Soweit eS bei einem Abstand von riwa 65 km enlschieden werden konnte, waren es die Gipfel des eigentlichen Wrangell-Berges und die fast 5000 m Höhe erreichenden Massive des Vlackaurn- unv Sansorv- BergeS, die sämtlich Dampf ausiandten. Am 6. April kam dann eine plötzliche Flut den noch gefrorenen Kolsina-Fluß hinab, und zwar teils über, teils unler dem Eise. Da die Temperatur 28 Grad uni» Null stand und selbstverständlich auch kein Regen gefallen war, so konnte diese Erscheinung nur durch einen vulkanischen Einfluß erklärt werden. UebrlgenS dauerte die Flut zwei Tage. Am 28. Mai scheinen die Berae noch in Tätigkeit gewesen zu jein. * Ein Rcinfall Lombrosos. Cösar Lombroso, der italienische Kriminalist, hat sich sevr blamiert. Bor einigen Tagen sandle er dem „TempS" eine Ab handlung über dieHände deSKindeSmörderSSoleilland. den die Geschworenen zum Tode verurteilten, indem sie noch an den Präsidenten der Republik ein Gesuch schickten, gegen den Vampir keine Gnade üben zn wollen. Lombrolo wies haarscharf an den Photographien der Hände nach, daß Soleilland, was auch immer di« französischen Psychiater gesagt, unzurechnungsfähig sei. „Die Rechte gewährte ganz den Anblick dessen, was man in der Nevro-Pathologie die „Nffrnhand" neunt, d. h. sie zeigt die Airophie deS nur bedingungsweise ZurechnungSsähigen. Anders au-gedrückt, Hand und Arm bilden am kleinen Finger entlang eine gerade Linie. Außerdem sind die Turchschniltslinien d» Handfläche nicht gekrümmt und doppelt, sondern sie reduzieren sich auf eine tzorizontallinie, wie Caruso und ich eS bei Asien beobachtet haben, auch bei Epileptikern, Idioten und geborenen Verbrechern. Wetter ist der kleine Fing» breit von den andern entfernt, gerade wie bei den Affen. Die linke Hand dagegen, länglicher wie die rechte, ist ganz normal und bietet kein Zeichen von Besonderheit. So zeigt sich in den einzigen Gliedern, die ich von Soleilland prüfen konnte, Atavismus, ver doppelt mit Asymmetrie chromatischer Art. Da« »laubt, andere Asymmetrien, so im Thorax und im Kopfe, zu vermuten. Um dir Bedeutung dies» Unsörmlich- kritrn zu verstehen, muh inan wissen, daß ich beim Epileptiker und geborenen verbrech» nicht bloß Atavi-muS, sonder» auch pathologische Ericheiuunge.i an der Asymmetrie hrrleitrn konnte. ES ist, al- ob mehrere Individuen in einem verschmolzen wären, zum Unheil d» Humanität." Lombroso forderte die Wiederaufnahme deS Verfahren- gegen Soleilland. Er halte rech». Di« Händ«^ di« er Photographisch gesehen, ließen vermuten, daß sich zwei Individuen in ein» verschmolzen! Sie gehörten nämlich zwei verschie denen Menschen an, keine ab« Soleilland. D» „Eclair" enthüllt heule, daß der betannte Kriminalist Bertillon den Bcsuch eines Report»» empfing, der ihn um anthropometrische Pholograpdien bat; um ibn lo-znwrrden, gab » ihm zwei zehn Jahre alte Photographien von der rechten und der liuken Hand zweier ehrlicher Arbeit», die » vergleichsweise ausgenommen hatte. Wir groß war sein Erstaune», al» andern Tag« «ine Zeitung die Photo- graphien brachte mit der Unterschrift: „DieHände Soleilland«"! Und eine lange Studie dazu. . . Lombroso muß da« Blatt zugekommen sein und daraus baute » je n« lang« wisjeuschastlrchr Studie, über di« heut« Pari« lacht.
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