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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.08.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070809023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907080902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907080902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-09
- Monat1907-08
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Lrrzeignr Preit W Anserat, «« Lmpzia und Umgebung bto Saespaltenk Petitzeile 25 Pf, Nnanziell« »»zeig«« 80 Ps., Reklamen 1 M.; »»» auswärts M Ps., Reklamen 1.20 M. vom «ust-ndSo^s^stn-n^ Di »rig en 75 Ps.. 5tnserate ». Bebärde» im amtlichen Teil 4t) Pi. Betlage^bübr 5 vt. p. Tausend erkl. Post- gebühr, «eschästsanzeigen an bevorzugter Stelle t« Preise erhäht. Rabatt nach Tatst, gefterwilte Aufträge ttnnen nicht zurück- gezogea werben. Für da« Erscheinen an bestimmten Tage» »ud Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen - Annahme: Uugnstusplatz 8, bet sämtlichen Filiale« u. allen Annoucen- Gxpedlkionen de« In« und Auslandes. Haupl KUial« Berit»: Carl Dunck«., Herzogi. Bahr. Hotbuch- Handlung, Lützowstraße 10. (Telephon VI, Nr. 4603). Nr. 219. Freitag 9. August 1907. 191. Jahrgang. Das wichtigste vorn Tage. * Staatssekretär Dernburg ist in Sansibar angekommen. Er hat seine Reisepläne völlig geändert. fS. Dtschs. R,) * Ein großer Teil von Casablanca ist bereits in Flammen aufgegangen. Der deutsche Dampfer „Arcadia" wird zurückgehalten. Als letzte Zuflucht wird das Kriegsschiff „Cond 6" mit 2000 Mann erwartet. fS. Ausl.) * Die von dem Baron v. Lin den au gegen seine Inhaftnahme eingelegte Beschwerde ist vom Landgericht Karlsruhe gestern abend als unbegründet abgelehnt, und die Fortdauer der Untersuchungshaft wegen dringlicher Kollusionsgefahr ver- fügt worden. sS. Neues a. a. W.j * An dem Pionierübungsplatze bei Arnan ertranken gestern, wie aus Königsberg gedrahtet wird, ein Feldwebel und a ch t Mann der Pionierbataillone Nr. 17 und 18 infolge des Kenterns eines Pontons. sS. Neue? a. a. W.) * Der Generaloberst a. D. Dr. Petri ist nach langem Leiden in München gestorben. Tagesschau. Vorsitzender und Staatsanwalt. Im Verlauf« des Prozesses Hau ist von beteiligter Sette die Ansicht geäußert, der Staatsanwalt unterstehe nicht den sitzungspolizeilichen Befugnissen des Vorsitzenden. Daß diese Auffassung nicht ganz richtig ist. setzt Professor Hcilfron in Soeraels Zeitschrift „Das Recht" auseinander. Nach den 88 177 dis 184 des Gerichtsverfassungsgefetzes müsse die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung von der Nngebührstrase unterschieden weiden. Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung liege dem Vor sitzenden allein ob. Und zwar gegenüber jeder im Sitzungs raum befindlichen Person, auch gegenüber dem Staatsanwalt, den Mitgliedern des Gerichts und dem Gerichtsschreiber. Einer Un- gebübrstrafe aber — die nicht durch den Vorsitzenden, sondern durch bas Gericht zu verhängen ist — unterliege zwar der bei der Verhandlung als Verteidiger beteiligte Rechtsanwalt, jedoch nich« der Staatsanwalk. Das Gericht sei somit nicht in der Lage, dem Staatsanwalt eine Un- gebührstrafe cuffzuerlegen- indessen stünden dem Vorsitzenden, soweit es sich um die Aufrechterhaltung der Ordnung handele, gegenüber dem Staatsanwalt die gleichen Machtmittel zu Gebote, wie gegenüber dem Verteidiger. Der Vorsitzende sei also befugt, eine vom Staatsanwalt begangene Ungebühr, mindestens soweit sie sich gegen einen anderen Prozeßbeteiligten richte und mit Rücksicht ^us die zu erwartenden ge reizten Erörterungen die Ordnung in der Sitzung bedrohe, zu rügen und den Staatsanwalt zurechtzuweisen. Als äußerstes Mittel stehe dem Vorsitzenden die Aufhebung der Sitzung und die Ver- Weisung des Staatsanwalts aus dem Sitzungssaals zu Gebote. Dazu werde es ein Staatsanwalt, der sich wirklich einer Ungebühr schuldig gemacht habe, wegen der ihm drohenden disziplinären Folgen kaum jemals kommen lassen. — Im Hinblick auf diesen Sach- verhalt bezeichnet Heilsron die an den Karlsruher Vorfall angeknüpsten Forderungen, die fraglichen Vorschriften des Gcrichtsverfassuiigsgesctzes zu ändern, als über das Ziel hinausschießend. Hilfsslotten der Vereinigten Staaten im Kriege. Abgesehen von der regulären Kriegsflotte verfügen die Vereinigten Staaten über eine große Anzahl von Schiffen, die im Kriegsfälle sehr wesentliche Dienste leisten können. Die Zollkutter an allen Küsten und den Gestaden der großen Seen, die Schiffe des Leuchtturmdienstes, der Küsten und geodätischen Vermessung, der Jischereikommission, deS Ouartiermeistcrdepartements der Armee usw. wären in einer Seeschlacht wohl kaum bedeutende Faktoren, aber als Küstenwachen, als AvisoS und Depeschenboote oder als Späher könnten sie sich noch sehr nützlich machen. Die schönen, modernen Zollkutter sind sämtlich armiert und spielten im spanisch-amerikanischen Kriege eine bedeutende und sehr ehrenhafte Nolle. Die größeren Zollkutter können recht gut einen Ver gleich mit den Kanonenbooten der Flotte aushalten und die Offiziere und Mannschaften des Zollkutterdienstes sind denen der Kriegsmarine vollständig ebenbürtig. Allerdings wurden die Offiziere des Zollkutter- dienstes lange Jahre von den Marineoffizieren über die Schultern an- gesehen und vom Kongreß recht stiefmütterlich behandelt. Erft in neuerer Zeit haben die Offiziere des Zollkutterdienstes positiven Rang erhalten und genießen sie jetzt, und auch die ange. worbenen Mannschaften, die Vorteile des sogenannten „Retiremenl"- Systems und Pensionierung im Falle von Erreichung der Altersgrenze oder Verunglückungen im Dienste. Tie Kapitäne des Zollkutterdienstes haben den Rang eines Kapitänlcutnants der Kriegsmarine, die ersten Leutnants den eines Leutnants zur See, die zweiten den eines Unter leutnants und die dritten den eines Fähnrichs zur See. Die Offiziere des Maschinistcnkorps rangieren in denselben Stufen. Die Mann schaften des Zollkutterdienstes werden mit der größten Sorgfalt ange worben, wenn auch nicht für einen mehriährigen Termin, sondern nur beim Monat. Dadurch ist der kommandierende Offizier eines Zoll kutters stets imstande, unfähige oder nicht wünschenswerte Elemente zu irgend einer Zeit los zu weiden. Die Mannschaften des Zollkutter dienstes rekrutieren sich meistens aus den ausgedienten Leuten der Kriegsmarine und erhalten auch dieselben Löhne wie die gleichchargierten Personen aus Kriegsschiffen. Die Oberleitung des Zollkutterdienstes liegt in Händen eines besonderen Bureaus im Schatzamt. Wenn aber ein Zollkutter einer permanenten Station überwiesen wird, so steht ec unter dem Befehle des Zollcinnehmers des betreffenden Hafens. Das aktive Osfizicrkorps des Zollkutterdienstes besteht jetzt aus 281 Köpfen, einschließlich der 42 Kadetten, die sich auf den Schulschiffen des Dienstes, dem modernen Dampfer „Jthasca" und dem alten Segelschiffe „Chatt' befinden. Für dieses Osfizicrkorps ist eine jährliche Bewilligung von 453 250 Dollars notwendig. Die 37 Kapitäne erhalten je 2500 Dollars plus 40 Prozent nir 20jährige Dienstjeit. Von den 37 ersten Leutnants er- halten 12 18'10 Dollars jährlich, plus 40 Prozent für 20jährige Dienst zeit: 6 erhalten 1800 Dollars, plus 30 Prozent für 15jährige Dienstzeit, und 19 erhalten 1800 Dollars plus 20 Prozent für 10jährige Dienstzeit. Die 35 zweiten Leutnants erhalten ein festes Gehalt von 1500 Dollars und je nach der Länge der Dienstzeit ein Plus von 20 und 10 Prozent. Die 5 dritten Leutnants erhalten je 1400 Dollars Jabresgehalt und die Kadetten je 009,50 Dollars jährlich. Nur der Chefingenieur des Dienstes erhält das Gehalt und besitzt den Rang eines Kapitäns. Tie anderen 83 Obermaschinisten haben den Nana eines ersten Leutnants und beziehen dessen Gehalt, die 17 ersten Hilfsmäjchinisten rangieren mit den zweiten Leutnants und die 19 zweiten Hilssmaschinisten mit den dritten Leutnants. Außerdem gehören zum Ofsizierlorps des Dienstes zwei Konstrukteure und ein Arzt mit je 1800 Dollars Gehalt und Zulagen. Zur Disposition stehen 73 Offiziere, darunter 39 Kapi- töne, die drei Viertel des Gehaltes der aktiven Offiziere erhalten und eine Bewilligung von 158197,50 Dollars erfordern. Wie schon gesagt, haben die amerikanischen Zollkutter stets der Kriegsflotte in Kriegszciten geholfen und sich bei mehreren Gelegen heiten, im Kriege von 1812 mit England, im Kriege von 1840 mir Mexiko und im ttriege von 1898 mit Spanien, ausgezeichnet. Während des Krieges mit Spanien kooperierten 20 Schiffe des .Zollkutterdienstes mit 71 Kanonen, I3l Offizttren und 725 Mann mit der Flotte oder Armee. Mit der Kriegsmarine operierten 13 Zollkutter. armiert mit l>1 Kanonen und bemannt mit 98 Offizieren und 562 Mann. Von die'en waren 8 mit 43 Kanonen, 58 Offizieren und 339 Mann mit der Flotte deS Admirals Sampson und aus der Blockade von Havanna. Ein Kutter, bewaffnet mit l> Kanonen und mit 10 Offizieren und 95 Mann, befand sich mit Dcwev bei Manila und 4 Kutter kooperierten mit der Kriegsmarine an der pazifischen Küste. Die Bedeckung und Bewachung Feuilleton. Freunde. Liebende und Eheleute sollen alles gemein haben, nur nicht die Stube. Jean Paul. Schottlandfahrten. Von Richard Hermes lHamburg). I. Schottland — der Name schon klingt wie Ballade:^als fielen tief dunkle, rubinrote Blutstropfen aus schwarzen, düsrern Schleiern. „Es blitzt wie Beil von weitem" singt Fontane: „Das Leben geliebt und die Krone geküßt, Und den Frauen dos Herz gegeben; Und den letzten Kuß auf das schwarze Gerüst, Das ist ein Stuartleben." Fast keiner der Könige Schottlands starb den Strohtod; das Beil, der Dolch, der Speer tötete sie. Schottlands Geschichte ist Blut, und die rotbraunen Lochlandsberge mit ihrer sommerdürren Heide scheinen das Blut getrunken zu haben, das in Strömen floß. Während der deuffche Touristenverkehr sich mehr und mehr nach Norwegen lenkt, ist Schottland mit seinem vielleicht noch mannigfaltige rem, gewiß aber historisch und literarisch interessanterem Boden weit we niger bekannt und besucht. Schon bei dem Suchen nach einem Reisebuch waren wir gänzlich von Gott verlassen, wenn nicht Baedekers „Groß britannien" mit seinem Anhang für Schottland uns als einziger Freund in der Not hilsiceiche Dienste leistete. Wer aber noch etwas mehr über Schottland wissen will, als dies verhältnismäßig kleine und außerordent lich knapp gehaltene Tourenver^eichniS, der ist auf die zahlreichen wohl feilen und vor allem sehr gut illustrierten englischen Reiseführer ange wiesen, die man sich auch in Deutschland leicht durch eines der großen Reisebureaus, am besten Cook, verschaffen kann. In England hat Cook bekanntlich sozusagen das Billett- und Reisemonopol. Er ist auch allein in der Lage, bei ausgegebenen Touren das Geld für die Fahrkarten glatt und ohne Umstände wieder berauszugeben. Die hier beschriebene Tour läßt sich schon in zwei bis höchstens drei Wochen reichlich absol vieren. Zu bequemer Zeit dampft morgens aus dem Riesenbabnhos der Mid- kandrailwav zu St. Pankras in London der Extrazug nach Schottland. Die Reise durch England war früher auf anderen englischen Linien be rüchtigt wegen ihrer Langweiligkeit, seit ungefähr zwei Jahren aber gebt ein neuer „Run" der Midlandraitway mitten durch die interessan testen Gegenden Englands und Schottlands. Die Fahrt wirkt wie ein Querschnitt durch Großbritannien, und wir passieren mit rasender Ge schwindigkeit — nicht umsonst heißen diese schnellsten Züge der Welt „Fliegende Schotten" — Englands fruchtbare Weideländer, die schwarz qualmenden, slammcnrot lodernden Kohlen» und Fabrikdistrikte, Nord- cnglandS liebliche Bcrgtälcr und Schottlands Grenzmark. Nach einander fliegen vorbei Leicester, daS jtrumps- und schuhsabrizicrende, wo die Kärnergäulc einst auZ Richards Hi. Sarg tranken, Chesterfield, dem der Teufel den Kirchturm krumm bog, Sheffield, wo die Kohlcnafche sich zu Gebirgen türmt und rote Flammen ans Tausenden von Ei enessen züngeln, und Leeds, der Hochsitz der Tuchfabrikation, wo der Reisende vor Rauch und Nebel kaum noch die Land vor Augen siebt. Hat man so Englands Weidelandschastcn und Mittelenglands Fabrikschlote und dampfende .Hochschornsteine hinter sich, ein Bild, das trotz seiner düstcrn Unfreundlichkeit einen überwältigenden Eindruck macht, zumal durch'den unmittelbaren Gegeüsatz, mit dem an fchwarzgeräucherte Fabriken saft grünes Weideland grenzt, so fährt man durch die entzückendste Berg landschaft Nordenglands, die bei Hellifield beginnt und erst kurz vor Carlisle, an der englischen Grenze endigt. Tausende von Bächen und Rinnsalen stürzen in schäumenden Kaskaden von den Höhen und sam meln sich zum Flusse, Wälder bedecken die Bergbänge und in kühnen Viadukten überschreitet die Bahn Fluß und Tal. Zahllos sind die klei nen Tunnel: ein betäubendes Nattern, tiefe Finsternis — und schon sind wir an der andern Seite und wieder und wieder tut sich ein Aus- blick auf nach den schönsten Tälern. Dann geht's das Liddisdale hinauf, die alte Grenzmark, wo einst Schottlands wehrhafteste Männer wuchsen; als Speerkämvfer berühmt wie Englands Bogenschützen aus der Heimat Robin Hoods. Langsamer und langsamer keucht der Zug die Höhen hinan, die Gegend wird ein töniger und eintöniger und nimmt immer mehr den Charakter des niederschottischen Beralandes an, wo auf endlosen graugrünen Berghängen die langwolligen Schafe mit pechschwarzen Köpfen weiden. Nur hin und wieder ein runder Steinwall, ein Schaffung, ab und zn ein Haus, fast nirgends Menschen. So wird der Höhenpaß erreicht — rechts die Cheviot Hill, links der fast 2lX)0 Meter hohe Cauldcleuch und seine Vorberge. Dann frisch hinein in Schottland. Havick ist die erste tvpisch schottische Stadt mit ihren qrangelbcn verwitterten Häusern aus Fclsaestcin. Hin und wieder ein Wald, ein Wasserlauf, ein kleines Gehölz und dann kommt rechts — schon im milden Abendweben des Frühsommers, Melrose. Wie ein Traumbild sieht man vom blitz schnellen Zuge aus Melrose Abbev. berühmt durch Scotts „Letzten Sang des Minftral" — und schon muß man ans Fenster nach der andern Seite eilen, denn der Zug rast über die Brücke, wv der Tweed, der alte sagenumwobene Grenzfluß, mit sich überstürzenden Vellen aus den oustern Hügelschliichten stürzt. Weit hinten, zwischen Buchenwald und grünen Weiden liegt Abbotsford, Sir Walther Scotts vielbesungener Herrensitz. GalashielS, weltbekannt durch seine Gewebe, fliegt vor- über, binunter qcbt's durch di-- Berge auf Edinburab zu. Zahlreicher werden die Dörfer, bin und wieder noch ein halbver- sallcneS trotziges Felsennest und dann kommt die Ebene. Im rosaroten Schimmer der langsam nach Westen sinkenden Sonne, -wischen Gewölk der großen submarinen Minen in allen größeren Häsen fiel während dieses Krieges ganz ans die Schultern der Zollkutter, die diese sehr ge fährliche Arbeit zur größten Zufriedenheit der Regierung besorgten. Jeitrrngrfchari. Naumann hat mit seinem Wahlrechtsartikel gewiß nicht die Absicht cineS augenblicklichen schoellcn Erfolgs verbunden. Mit seinem so viel fach unterschätzten volkepsycbologischeu und damit auch taktische Fragen beherrschenden Scharfblick hat er den ungemeincn Wert e uer lebhaften und in der Sommerstille doppelt wirksamen Anregung dcS öff mlichcn Nachdenkens im voraus aufs klarste erkannt gehabt. DaS ist idnr au>s ausgezeichnetste gelungen. Man siebt dtt Geister allerorten ihre innersten Gedanken aufdecken. Am ärgsten stellt sich die „Deutsche Tageszeitung" bloß. Sie schreibt noch gestern abend: Ob das Kannegießern und Salbadern den damit beabsichtigten Erfolg baken werde, erscheint außerordentlich zweifelhaft. Je mehr die Angeleg.nlieit in der Oesientlichkeit tesprochen wird, umsomebr werden auch diejenigen Kreise, wel l e vielleicht einer Abänderung des Wahlrechtes von vornherein nicht abgeneigt sind, zu der Einsicht kommen, daß es am besten ist: Hoieter von movero. Da baben wir sie! Sogar die „Kölnische Volksztg." bezeichnet diese „?abu"-Erklärung der einseitigsten Jnteressenoertreiunz für die ,,'ück- jkänvigstc, vcrknöchertste" Anschauungsweise. Wesentlich vorsichtiger äußert sich die „Post": Man wird mit der Annahme sicher nicht fehl gehen, daß Herr v. Betbmann sich nicht mit der Gangbarmacbung der jetzigen Wahlordnung begnügt hat, sondein auch die Frage einer Modernisierung deS preußischen Wahlrechtes einer ernstlichen und gründlichen Prüfung unterzogen hat. Wenn so voraussichtlich die Grundlagen für die Beantwortung der Frage >iner Aenderung des pieusi- schcn Wahlrechtes bereits vorhanden oder doch wenigsienS in der Vorbereitung weit vorgeschritten sind, io sprechen Rücksichten der Blockpolitik im Reiche sehr entschieden dafür. Laß die Reg erung lei dec ersten sich dardietenden Gelegenheit in der Frage selbst die Initiative ergreift Im Geiste der loniecvativ-liberalen Paarung liegt es, daß, wenn von den Konservativen die Zustimmung zu einer Aenderung deS gellenden Wähltest les gefordert wird, nur der anderen Seile auch die Liberalen sowe t von ihren Forderungen Nachlassen, daß die Konservativen sich mit der Aenderung des Wahlrechtes wenigstens abfinden können. Wenn daher die Liberalen die direkten Wahlen und eine stärkere Berücksichtigung d.r Person des Staatsbürgers erreichen wollen, so werden sie aus der anderen Seite bereit lein müssen, nicht nur der Abstufung Les Wahlrechtes nach Bildung, Besitz nni Alter, sondern auch einer de'onderen Berücksichtigung der staatserhaltendcn Be deutung des ländlichen Grundbesitzes zuzustimmen, ebenso nntürlich ter volle:: Amre, terhcsttui.g der gegenwärtigen Berechtigung der Wahttreije auf die Zahl ihiec jetzigen Vertreter. Wir babcn oben bemerkt, daß Naumann mit der Verkündung der liberalen Idealform selbstverständlich die Wahlrechtssrage nur an- schneiren, een Moior vcr öffentlichen DiSkuslion anheizcn wollte. Ti: gegenteilige Meinung oberflächlicher Beurteiler wäre natürlich ein Fehler. Dann hätte die „Köln. Ztg." recht, wenn sie fchreibt: Wrin der Liberalismus sich wirklich, wie auf ein Dogma, auf das Reicks» tagswahlge etz iesilegen wollte, so würce er zunächst, wie wir schon nnsjuhrlen, nicht das mindeste für dieses Dogma durchsetzen, außerdem aber daraus verzichten müssen, andere, vielleicht erreichbare liberale Forderungen in ad» jehbarer Zeit zur Geltung zu bringen. Neckt erfrischend liest fick in der „Freis. Ztg." das Bekenntnis zu dem Abschnitte des Naumann-Artikels, welcher sich mit dem Herren hause befaßt: Bemerken wollen wir. daß uns die Aufregung der „Deutsch. Tagesztg." umso verwunderlicher erscheint, als doch die die Zusammensetzung des Herrenhauses regelnde Verordnung vermittelst eines Staatsstreichs dem Lande oktoyicrt ist. Daß sich über dielen Staatsstreich die Agrarier aber schon irmals aufgeregt hätten, ist nicht zu unserer Kenntnis gelangt. Um so weniger Grund dürsten sie daher jetzt zur Entrüstung haben. Wir begnügen lins, zu diesem Thema dasienige wiederzugcben, was Tr. vttsreo Ochste und Nanch, in der Ferne wie ein gigantischer ruhender Löwe Arthurs Scat, der kolossale einsame Felsblock, und zu seinen Füßen die viel türmige Stadt. WaS kann zu Edinburgs Rubin noch neues gesagt werden. Jedem Schotten schwillt die Brust, wenn er von den düster grauen, mit dem Fels verwachsenen Mauern des Castles herniederschaut auf Highstreet und die ehrwürdige Stadt, weit hinüocr, wo hinter den Rauchwolken von Leeds Hafen der Firth of Forth schimmert und wo an Hellen, klaren Tagen weit, weit in der Ferne die Hochlandvorbergc herüberblauen. Drüben, am Fuße von Arthurs Seat, düstcrn Holyroods finstere Mauern, lieber Edinburg, in besten Straßen das moderne Leben sroottcv niuei, schweben auch am Hellen Taqe die Schatten der Vergangenheit. Und vor uns ersteht das Schottland von Queen Mary. Durch Highstreet und Cowgates alte Mauern glauben wir die Spnkgestalten wandeln zu sehen nach Hoolyrood. Die blutigen Schalten von Darnley, Riccio und Both- well gehen um. Wir träumen von Scott, dessen gothisches Monument an Princcs Street ragt, vom. Heart of Midlothicin', dessen Trümmer längst verschwunden, wir denken an den Kampf der Douglas und Hamilton in der Highstreet, an Canongate und den fanatischen Reformator Knox, dessen Wohnhaus die Jahrhunderte überdauerte, an Montrose, Morav, Nutb- ver, und die ganze Welt Scottscher Romanqestaltcn und schottischer Bal laden wird vor uns lebendig und mit ihnen und zwischen ihnen die Geistergestalten, die uns der Hauspoet Edinburas, Allan Ramvrv, in seinen gesammelten Spukgeschichten getreulich aufbewahrte. Pietätvolle Dankbarkeit setzte ihm in der Princes Street neben seinem großen Kollegen Scott ein ehrendes Denkmal. Schade, daß die meinen Schottlandbesucher mit Edinburg und höchstens einer Tour nach den schottischen Seen abzustovpcn pflegen, als wäre Schottland damit zu Ende. Und doch beginnt Schottland — daS Balladenschottland — erst am Fuße deS Grampians, am Fuße deS Hochlandes. Von dorther klangen noch bis in die neueste Zeit die ro mantischen Lieder. Dort lebten die gälischen Hochlandclans mit ihren Stammeskäuptlingen, mit ihrer eigenen Sprache. In jenen schreck lichen, auch heute noch fast unbewohnbaren Felseinöden wurden die blutigen Stammeskämpfe ausgefochten; Kämpfe bis zur Vernichtung, von einer Grausamkeit mit einem Rachedurst geführt^ der nichts Mensch liches mehr an sich hatte. Man darf jene schottischen Hochlandclans nickt mit den Schotten deS Tieflandes vergleichen. Diese haben säch sisches, norwegisches Blut in fick, sind ruhig, besonnen. Ganz arider? dagegen jene wilden keltischen Abenteurer der Berge, voll von Räuber romantik, Abenteuerlichkeit, Aberglauben und ewig in Siedehitze. In den Hochlandstämmen haben wir noch fast unverfälscht die alten Pikten und Skoten aus Kaledonien, jene wilden Horden, mit denen sich auch die Römer vergeblich abplagten. Ihre romantische Tracht, der kurze Faltenrock — Kilt — und ihre Decke — Tartan —, beide in den Stammessarben der ClanS, ist weltberühmt. Tiefe bunten Tartanfarben sind nicht etwa willkürlich gewählt, son dern sie geben — wenn auch in beschränktem Maße — dem
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