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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.08.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070810010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907081001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907081001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-10
- Monat1907-08
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Morgen-Ausgabe 8. Bezug»-Preis ttr Liipzia und Vororte dar- unser« Träger und Spediteure in« Hau» gebracht: Lulgab« T (nur morgen») vterteljthrltch 3 M, monatlich 1 M-, «»«gäbe » (morgen» und abend») viertel, jährlich 4.50 M., monatlich 1.50 M. Durch die West bezoae«: (2 mal tLglich) innerhalb Deutlchland« und der deutichen Kolonien vierteljährlich 5,25 M.. monatlich 1,75 M. au»jchl. Post, destellgeld, jür Oesterreich v X 68 t>, Ungarn 8 X vterteljihrliü Abonnement-Annahme: Augustuvulatz 8, bet unseren Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und BriestrLgern. Die einzelne Nummer kostet 10 Psg. stiedaktion und Expedition: Johanni»gasse 8. Telephon Nr, 14S92, Nr. 14893, Nr. 14SS4. Berliner NrdakttvnS Bureau: BerlinK1V. 7 Prinz Loui« Ferdinand- Straße 1. Telephon I, Nr. 9275. WpMLrTagMaü und Handelszettimg. Amtsblatt des Rates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen. Preis str Knierat« au» Leipzig und Umgebung di« saelpaltene Petitzmle 25 Pf., stnanzielle Anzeige» 30 Pf, Neklame» 1 M.; von aulwärt« 30 Pf, «eklamen 1,20 Pk.l vom «»»land 50 Pi., fin,nz.«nl^igen75Pf.. Ncklamen 1.5«) M. Inserate t>. veb»rd«n im amtli chen Teil M Pi veilagrgebüdr S vi. p. Tausend exkl. Post- gebühr. «eschLstlaa^igen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Festerteilte Austräg« kSnnen nicht zurück gezogen werden. Für da« Erscheinen an demmmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen, «nnahme: Aogustu«platz 8 bei sämtlichen Filialen u. alle» Annoncen- Expeditionen de« In» und «»»lande«. Haupt Filiale BerNur Carl Dunck: , Herzog!, vayr. Hofbuch handlung Lützowstraße 10. (Telephon VI, Nr. «603). Nr. 220. Sonnabend 10. August 1907. M Zadrqanq. Das wichtigste vom Tage. * Ter König vonSiam, Chulalongkorn, hat sich gestern zum Besuch beim Kaiser nach Wilhelmshöhe begeben. (S. Letzte Dep.) * Der Bergarbeiter streik in Oberschlesien ist beendet. ' Die württcmbergische Zweite Kammer hat eine Neuordnung der Parlamentsdiäten beschlossen. lS. Dtschs. N.) * Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" meldet, hat der A u s- lausch derRatifikations urkunden zu der neuen deutsch- sranzösischcnUrheberrechtsüberelnkunft vom 8. April '-907 am 31. Juli stattgefundcn. Tic Ucbereinkunft tritt nach Artikel 7 einen Monat nach diesem Austausch in Kraft. * Die spanische Regierung hat den Mächten eine Note über Casablanca überreichen lassen, deren Inhalt sich mit der Mittei lung Frankreichs deckt. lS. Ausl.j * Zum Prozeß Hau werden neue sensationelle Mit teilungen gemacht. lS. Neues a. a. Welt.) England und Frankreichs inarokkanisches Abenteuer. lVon unserem Londoner Korrespondenten.) Das Londoner Foreign Office hat auf Vorstellung des französischen Gesandten sofort die Entsendung eines Kreuzers rückgängig gemacht, den es von den Azoren nach Casablanca kommandiert hatte. Von den Azoren und nicht von der Mittelmeerflotte. Der Kreuzer sollte von vornherein nicht zu früh ankommen. England ist seiner Verpflichtung, Frankreich in Marokko jede diplomatische Unterstützung zu gewähren, nachgekommen. Es gab also am Quai d'Orsay Zeit, Garantien zu liefern, daß der SchiH der britischen Staatsangehörigen in den marokkanischen Küstenstädten durch französische Bajonette ge sichert ist. Damit hat Sir Edward Grey allen den Notwendigkeiten Rechnung getragen, die das Oivis Britanaiarm surn jedem Staats sekretär des Auswärtigen auferlegt, bevor er an die eigentliche Politik uerantritt. Zurückgezogen hat man sich dann von der Demonstration eigentlich noch rascher als Spanien. Man hat die Flöte niedergelegt, noch ehe es zum Konzert kam, ja damit das Konzert unterbleiben sollte. Nicht allein, weil man zwischen Swinemünde und Wilhelmshöhe Deutschland keine Gelegenheit zum Anstoß geben wollte, sondern weil man hier, wie in Berlin glaubt, daß ein Bombardement von Casa- blonca Frankreich unabsehbar weit führen wird. Das kann für Eng land so nützlich werden, wie für Deutschland. Man kann den Neutralen und den Vermittler kleiner Schwierigkeiten sowohl in Paris als in Berlin spielen. Und das ist gerade die Rolle, die England gegenwärtig am besten paßt. Zu Spanien hat man intimere Beziehungen; dies hält man von übereilten Schritten ab: „Frankreich geh du voran ..." Ueber den Ernst der Lage in Marokko gibt man sich hier gar keinen Illusionen hin. Zwei dem Foreign Office nahestehende Blätter, welche von alten erfahrenen „Marokkanern" sehr gut bedient sind, sprechen sich mit aller Klarheit darüber aus. Der „Daily Telegraph" meint, das Massaker von Casablanca sei der Ausbruch einer starken nationalen Leidenschaft gegen die Einführung einer unwillkommenen Zivilisation und gegen dos Erscheinen des Kreuzes im Lande des Halbmondes. „Der mächtigste Faktor in Marokko ist nicht der Sultan, noch der Prätendent, noch Raisuli, sondern Ma el Ainin, der heilige Mann der Wüste hinter dem Kap Juba. Er ist der Mahdi des Landes und ein heiliger Krieg in Marokko ist keine Eventualität, der irgend «ine Macht mit Gleichmut gegenübertreten könnte. Bombardements haben immer weitergehende Folgen. Kein Engländer und kein Franzose kann vergessen, waS der Kartätschung Alexandrias folgte.... Wer die Geschichte der Eroberung und Besetzung Algeriens kennt, wird das Risiko und die Anstrengung eines Guerillakrieges in einem schwierigen und praktisch unbekannten Lande nicht unterschätzen. Man wird sich die Sorgen der Minister in Madrid und Paris vorstellen, selbst im Falle, wie man kaum hoffen darf, lediglich freundliche und sympathische Blicke die Durchführung der Auf gabe verfolgen sollten." Die „Pall Mall Gazette" ergeht sich zunächst über die Ironie der Weltgeschichte, die zwischen der Vorgeschichte des Protokolls von Algeciras und der jetzigen französischen Intervention ihr Spiel ge trieben hat. „Wir sprechen von französischer Intervention. Spanien kannte seine Mauren, bevor Frankreich deren algerische Stammes, genossen angriff. ES will so wenig wie möglich mit diesem Geschäft zu tun haben. Es weiß, da ist eine Katze im Sack." — Frankreich handelt jetzt lediglich als der Mandatar der Mächte. Man würde eS nicht dauernd im Besitze eines marokkanischen Hafens lassen, selbst wenn Frankreich es wünschte, WaS nicht der Fall ist. DaS ist schon richtig. Aber daS Protokoll proponiert und die Vorsehung disponiert. Der marokkanische Sachverständige dieses Blattes ist ganz entschieden der Meinung, daß ein heiliger Krieg durch ganz Marokko bevorsteht. Er verweist auf daS Solidaritätsgefühl deS JSlamS, sobald Religion und Unabhängigkeit bedroht sind. Die KaidS haben nach seiner Meinung sich für die Krisis seit langem gerüstet. Statt ihre Steuer» nach Fez zu bringen, haben sie Waffen und Munition importiert. Die arabischen Reiter der Ebene, wie di« Berberischen Bergstämme deS Atlas sind gerüstet. In ihren Schlußfolgerungen geht di« zur antideutschen Vorwärts partei gehörige „Pall Mall" allerdings gleich gar zu weit. Sie nimmt an, daß an allen Vertragshäfen Demonstrationen nötig sein werden, wenn man die Europäer nicht der Vernichtung anheimfallen lasten will. „Die Politik der PdnStration Pacifique", so fährt sie fort, „ist nrederge- brochen, hoffnungslos. Di« Welt kann jetzt nur den Zuschauer spielen und sich wundern, waS daS nächste Kapitel in der Geschichte der Apostel d«r Zivilisation »nd der „offenen Tür" sein wird." Die liberale Presse schweigt sich aus. Dem linken Flügel des Libe ralismus paßt bekanntlich das ganze Marokkoabkommen mit Frankreich nicht recht. Man hat den britischen Handel mit Marokko nur blutenden Herzens unter die Hand der französischen Zöllner gegeben, und man sicht jetzt seine düstersten Prophezeiungen gerechtfertigt, daß die Douaniers der Franzosen ganz Europa um den marokkanischen Markt bringen werden. Mer so groß ist die Disziplin selbst der «nab- hängigen britischen Presse, daß sie in einem so delikaten Augenblicke keinen störenden Lärm schlägt. Zur Reform der» juristischen Vorbildung. In den meisten deutschen Bundesstaaten sind in der letzten Zeit Vorschläge zur Reform der juristischen Vorbildung aufgctaucht. Zum Teil beschäftigen sich diese mit der Ausgestaltung und der Dauer des theoretischen Studiums, zum Teil mit Abänderungen der bestehenden Prüfungsordnungen hinsichtlich der Zusammensetzung der Prüfungs kommissionen. wie auch des Prüfungsganges selbst. Die schlechten Prü- sungsrcsultate der letzten Jahre — hat doch an einzelnen Oberlandes- gcrichten die Zahl der Durchgefallencn zuzeiten über 75 Prozent be tragen — und die stetig wachsenden Anforderungen, die das sich immer komplizierter gestaltende Wirtschafts- und Nechtslebcn an den modernen Juristen stellt, haben diese Reformvorschläge gezeitigt. In den „Hamburger Nachrichten" wird auf einen Vorschlag auf merksam gemacht, den der Oberlandesgcrichtspräsident a. D. Wirkl. Geh. Rat Dr. Hamm vor einiger Zeit in der „Deutschen Juristenzeitung" sJahrg. 1907, S. 23> gemacht hat. Schon die Persönlichkeit des Vor schlagenden selbst sollte Grund genug sein, sich mit diesem neuen Ge danken eingehender zu beschäftigen. In einem Artikel über „Die Ver jüngung des J-uristenstandes" macht der Verfasser den Vorschlag, es sei in der Prüfungsordnung anzuordncn, „daß die Abiturienten, welche sich dem juristischen Studium widmen wollen, sich vor Beginn der Univer sitätsstudien ein oder ein halbes Jahr auf der Gcrichtsschreiberei eines Amtsgerichts zu beschäftigen haben. Ter spätere Vorbereitungsdienst nach Ablegung der ersten juristischen Prüfung wird dann entsprechend gekürzt unter Wegfall weiterer Beschäftigung auf den Gerichtsschreibe- rcien." Es mag sein, daß die Verwirklichung dieses Vorschlages den jungen Juristen eine Enttäuschung bereiten würde. Anstatt nach dem Abitu rientenexamen dhs Elternhaus zu verlassen und in selbständiger Lebens führung die vcrvienten idealen Freuden akademischer Freiheit zu ge- nießen, würde er sich vorerst in einem burcaukratischen WerktagSgetriebc festgehalten sehen. Dagegen aber mag cingewendet werden, daß der junge Jurist auch noch ein oder zwei Semester nach bestandenem Abiturium nicht zu alt wäre, das akademische Studium zu genießen, ja, seine Freu den nur noch höher und verständiger werten würde. Auch könnte ja die geplante Beschäftigung auf einer Gerichtsschreiberei in einem anderen als dem Heimatsorte stattfindcn, so daß der Abiturient in seinem Drange nach Selbständigkeit zur Bildung und Festigung des Charakters nicht beeinträchtigt wird. Anderseits aber würde die Verwirklichung des Vorschlages wesentliche Vorteile mit sich bringen. Es ist nicht zu ver- kennen, daß der Abiturient, der sich dem Studium der Juristerei widmen will, von dem Inhalt seines Studiums und der Bedeutung seines spä teren Lebensberufs meist keine Vorstellung hat. Sind es doch häufig die merkwürdigsten Motive, die den Schüler zum juristischen Studium anregen. Der Mangel an Interessen für andere Wissensgebiete, für deren Betätigung und Ausbildung das moderne Gymnasium viel zu wenig Zeit läßt, führt den Schüler in vielen Fällen in die juristische Laufbahn. Meist kommt dann noch die Vorstellung hinzu, daß man in dieser Karriere leicht eine gesicherte Lebensstellung findet — eine Vor stellung, die unter den jetzigen Verhältnissen bei dem enormen Andrang zum juristischen Studium, der zu den zu besetzenden Stellen in absolut gar keinem Verhältnis steht, jeder Berechtigung entbehrt. Der Student, der so ohne die rechte Vorstellung von seinem Fach studium auf die Hochschule kommt, findet sich in den ersten Vorlesungen, die er hört, meist in seinen Erwartungen getäuscht. Das rein abstrakte Gedankensystem der Jurisprudenz, daS jeder konkreten Unterlage, wie sie z. B. in der Medizin, in der Chemie vorhanden ist, entbehrt, erscheint dem Anfänger wenig reizvoll und anregend. Das führt oft dazu, daß der Student von jedem Einarbeiten in das Studium absteht und sich lieber mit anderen, ihm interessanteren Dingen beschäftigt. Das hat dann auch zu der unter Studenten bisweilen verbreiteten, höchst irrigen Ansicht geführt, es genüge in der Jurisprudenz zur Erreichung der erforder lichen Fachkenntnisse, wenn man nur die letzten Semester vor dem Examen einigermaßen intensiv arbeitet. So kommt der Student dazu, in den ersten Semestern das Fachstudium ganz liegen zu lassen und sich in den letzten Semestern einzig und allein mit Hilfe von Repetitorien, deren Besuch an und für sich nur als zweckmäßig empfohlen werden kann, ein oberflächliches Wirsen einzupauken. Ein dauernder Mangel an ju ristischem Denkvermögen und eine ewige Unsicherheit in sachlichen Details ist die natürliche Folge eines solchen Studienganges. Mit diesem System würde durch die Verwirklichung deS obigen Vorschlages gebrochen werden. Der Student würde zunächst von vorn- herein angehalten werden, sich mit seinem Fachstudium zu beschäftigen. Und zwar würde er auf diese Weise die Jurisprudenz, bevor er sie in ihrem theoretischen Aufbau studiert, zunächst in ihrer praktischen Nutz bringung für daS tägliche Leben kennen lernen. Auf diese Weise würde er am besten die richtige Vorstellung von der Bedeutung seines künftigen LebenSberufeS erhalten. Mer noch auS anderen Gründen ist der vorgeschlagene Ausbildungs gang zu befürworten. ES ist eine alte Erfahrung, daß man das, was man sich in seiner praktischen Anwendung im täglichen Leben ab spielen gesehen hat, in seiner Zweckmäßigkeit und praktischen Bedeutung bester versteht und werten kann und sich dauernder einprägt als daS, waS man theoretisch kennen gelernt hat. ES gibt unter den mannig faltigen Disziplinen der Jurisprudenz so viele, die nichts weiter sind al» der gedankliche Ausdruck für rein tatsächliche Vorgänge, so z. B. die formalen Vorschriften der Prozeßordnungen, der Grundbuchordnung und vieler anderer Gesetze. Heute muß sich der Student die einzelnen Institute und Formen mit vieler Mühe einpauken, ohne doch ihre Zweck mäßigkeit dabei zu erkennen. Hat man sie aber einmal im praktischen Dienstbetriebe der Gerichtsschreiberei angewandt gesehen, so ist ihre Be- deutung leicht erkannt und abgeschätzt, und der Vorgang spielend dem Gedächtnis eingeprägt. Biel Mühe würde «wfpart und größerer Erfolg erreicht. Daß daS nachherige theoretische Studium dieser Disziplinen deshalb nicht fehlen darf, braucht ja weiter gar nicht begründet zu werden. DaS nachfolgende Universitätsstudium würde so große Erleichterung erfahren. Anderseits aber würde es dem Studenten ganz anderen Nutze» bringen. Nach der ein- oder »weisemestrigen Beschäftigung auf der Gerichtsschreiberei, wo er die Grundzüge des praktischen Rechts- lebens gesehen bat. wird der Student den theoretischen Vorlesungen mit ganz anderem Interesse und Verständnis entgegenkommen. Tann wird es für ihn einen gewissen Reiz haben, die den Rechtsverkehr leitenden Rechtsanschauungcn und Grundsätze in einem wissenschaftlichen System ausgereiht zu sehen und die einzelnen Institute in ihrem historischen Werdegang kennen zu lernen. Der an und für sich tote Stoff würde sich ihm beleben durch die Erinnerung an die praktische Tätigkeit. Den eigentlichen Wert der theoretischen Vorlesungen lernt der Jurist von beute erst kennen, wenn er als Referendar einige Zeit praktisch ge arbeitet bat. Dann fühlt er das ausgesprochene Bedürfnis nach einer theoretischen Darstellung, die ihm die Rechtsgrnndsätze und Institute, deren er sich täglich bedient, in einem wissenschaftlichen System und in ihrer geschichtlichen Entwicklung darbictet. Der Einsender weist am Schlüsse auf neuere Einrichtungen der Hamburger Justizbehörde hin, in denen Ansätze zu einer praktischeren Ausgestaltung der juristischen Vorbildung zu erblicken seien. Er hätte nicht unterlassen sollen, eine Vergleichung des Bildungsganges in Frank reich und England in den Kreis seiner treffenden Tarlegungen aufzu nehmen. Der französische Jurist beginnt bekanntlich seine Laufbahn mit einer mehrjährigen Tätigkeit als Clerk, als Sekretär eines Notars, und läßt zum vertiefenden Abschluß seiner Fachbildung das theoretische Studium an der Universität nachfolgen. Von Tientsin über* die Schlachtfelder der Mantschurei. XX. Bei Mukden liegen zwei große Grabstätten alter Mantschukaiser, die „Juling" oder „östlichen" und die „Peiling" oder „nördlichen" Gräber. Sie unterscheiden sich im großen und ganzen nur wenig von den Mantschukaisergräbern der Provinz Petschili, den Tung ling und Hsiling — und den gewaltigen Gräbern der alten Ming-Dynastie nörd lich von Peking. Im allgemeinen läßt sich über die Anlage dieser ge nannten Kaisergräber übereinstimmend folgendes sagen: Sie liegen gewöhnlich an den Abhängen eines größeren HöhenzugeS, der sich in west-östlicher Richtung hinzieht, und zwar an seinem Süd- abhange, zwischen den kleineren Ausläufern, die der Hauptstock in dieser Richtung entsendet. Auf diese Weise ist das Grab von drei Seiten durch Berge eingeschiosser Aus den Beerdigungssänften der Chinesen findet man ost eine Stickerei: zwei Drachen, die die Köpfe einander zukehren. Zwischen den Köpfen befindet sich eine Perle, mit der die Drachen augenscheinlich spielen. Dieses Symbol soll nach altchinefischer Ansicht die Ruhe deS Toten gewährleisten. Das gleiche Bild ist bei den Ärabanlagen in die Natur übertragen, so daß die beiden Hohenzüge rechts und links de» Grabes die beiden Drachen, der größere Höhenzug im Rücken deS Grabes die Perle darstellen sollen. Wo die Natur diese günstige Lage nicht bietet, werden diese Höhenzüge in kleinerem Umfange durch Auf schüttungen künstlich hergestellt. Die vierte Seite des Grabes — der Zugang — ist gegen Süden ge richtet. Die bösen Einflüsse, die von dieser Seite her die Ruhe deS Toten stören könnten, werden durch besondere Anlagen abgewehrt. Vom Grabhügel ausgehend, geschieht dies, nachdem eine Reihe von Höfen und Vorhallen durchschritten ist, gewöhnlich durch ein oder mehrere Tore — Peiloos — oder auch durch Obelisken, an die sich ein gewunde ner Weg anschließt. Denn die bösen Geister können nur ihren Weg in gerader Richtung nehmen. iDeShalb sieht man auch an den Haustüren der Chinesen die so- genannte Geisterwand ausgestellt, die das Geradeausgehen vor oder nach dem Eintreten verhindert^) An diesen gewundenen Weg — der an den Kaisergräbern in Mukden fehlt — schließt sich eine Allee großer Steinfiguren, die wieder mit einem oder mehreren Peiloos oder Säulen endigt und daS Gefolge des großen Toten darstellt. Dem Grabe zunächst stehen die Zivil mandarinen, dann folgen die Militärmandarinen und schließlich Tiere, nach ihrem Ansehen geordnet, das sie bei den Chinesen genießen, ge wöhnlich zuerst das Pferd. Bei den Ming-Gräbern (Peking) ist diese Steinallee 2 Kilometer lang und besteht auS 32 riesigen Figuren. Die ganze Anlage der Gräber und jeder Vorhof mit seinen Ahnen- und Gedenkhallen ist mit einer besonderen Mauer umgeben, die viel fach von Tor- und Ecktürmen überragt wird. Die Gebäude sind in dem sogenannten Tingstil erbaut. Das charakteristische Aussehen gibt diesem Stil bas weit aus ladende, an den Ecken wieder auswärts gezogene Dach, das sich vielfach in doppelten oder dreifachen Absätzen auftürmt. Aus den Dachkanten sitzen sagenhafte Tiere, die die bösen Geister verscheuchen sollen; auch hangen vielfach kleine Glocken an den Endpunkten der Dächer. Die Dächer sind mit weithin leuchtenden, gelb glasierten Ziegeln gedeckt, die an den Dachleisten mit einem Drachenmedaillon abschlietzen. Ebenso sind an den großen Wandflächen riesige Ornamente in bunt glasierten Ziegeln eingelassen, die bald Drachen, bald stilisierte Blumen zum Gegenstand« haben. Alle Holzteile und Verzierungen sind in leuchtenden Farben bemalt, unter denen hauptsächlich Rot, Grün, Blau und Gold nebeneinander aufgetragen sind, und einen prächtigen Zusammenklang geben. Die Säulen in den Hallen bestehen vielfach auS Zedernholz und sind gewöhnlich nut rotem Anstrich versehen. Die großen, schweren, reich ge schnitzten Flügeltüren sind mit Messingbeschlägen dicht besetzt. Tie größeren Hallen stehen auf einem Unterbau von herrlich ge- meißeltem Sandstein, dessen Oxnamente in Drachenköpfen und Tier- bildern bestehen. Ebenso sind die aus diesen Unterbau emporführenden Treppen mit ihren Brüstungen verziert. Im Innern bergen die Gebäude gewöhnlich herrlich geschnitzte Thronsessel, mit wunderbar gestickten Seidendecken behangen. Ebenso ist die Wand hinter den Sesseln gewöhnlich mit einem riesigen Seiden vorhang verhangen. Die Farbe aller dieser Draperien ist ein leuchten des Gelb Gie kaiserliche Farbe), von der sich bunt schillernde Stickereien, Drachen, Phönixe, Fledermäuse und mystische Zeichen wirkungsvoll in allen Farben, vorwiegend Blau, Gold und Rot, abheben. Vor den Sesseln stehen Sockel oder Altartische mit mächtigen Opfergefäßen aus uralter Bronze oder aus Cloisonns. Hier findet man die kostbarsten Stücke alter chinesischer Kunst, besonder- die so hochgeschätzten CloilonnSarbeiten in türkisblauer Farbe. Diese Hauptgebäude, Ahnen- oder auch Gebetshallen, haben einen rechteckigen Grundriß. — Andere kioskartige Gebäude, in quadratischem Grundriß, und mit offenen Wänden, bergen gewöhnlich eine riesige, au» einem Stein gehauene Schildkröte. Sie trägt auf dem Rücken eine senkrechte Stcinlasel, die bi» oben zwischen da» Gebälk deS Daches reicht und mit Inschriften und Reliefs verziert ist. Dicht vor dem eigentlichen Grabhügel steht stets ein solche- Gebäude, das — ohne die Schildkröte — lediglich d,e Steintafel mit dem Namenszuge deS Kaisers umschließt. Alle diese Gebäude liegen in einer geraden Linie auf«inand8j*«i»- ardeckt, iedeS sur sich m ernem von hohen Mauern umgebenen Vvtchvse, w daß nur bl« Dächer der entfernteren Gebäude die der vorderen Hallen überragen. dem. letzten Gebäude — dem mit der Ahnentafel — liegt da» Allerheillgste, die Ruhestätte de» Kaiser-. Hier wölbt sich eine riesige
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