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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.08.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070814010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907081401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907081401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-14
- Monat1907-08
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Das wichtigste vorn Tage. * König Eduard von England weilt heute als Gast deS Deutschen Kaisers auf Wilhelmshöhe. * Herzog Georg von Meiningen ernannte deu liberalen Oberhofprediger Graul zum Vortragenden Kirchenrat im Mini sterium. * Aus den französischen Ministerien, des Innern und des Äeußern wird erklärt, von einem eventuellen Besuche Clemen- ceauS bei dem König von England in Marienbad fei nichts bekannt. * Der russische Kreuzer „Bajan* wird am 15. August auf der Admiralitätswerst in Petersburg vom Stapel laufen. * In Chicago ist der Generalstreik für alle Telegra ¬ phisten CanadaS und der Vereinigten Staaten erklärt worveu. (S. AuSl.) . * Ein Mitarbeiter der „Neuen Freien Presse* batte in Pont- resina eine Unterredung mit Fräulein Olga Molitor, welche dabei auf das entschiedenste die Anschuldigungen des Herrn v. Lin des au zurück« ieS. (S- Neues a. a. W) * AuS Samara werden zwanzig neue Cholerasälle und 23 TodeSsälle gemeldet. Reformen -er Landwirtschaft. Die seit drei Jahrzehnten nicht mehr verstummte Klage über die Notlage der Landwirtschaft hat iu Deutschland bekanntlich ein nur zu lautes Echo gefunden. Unsere gesamte Handelspolitik und ein großer Teil der innerpolitischen Maßnahmen im Reich und in den Einzelstaaten sind nach Wunsch und Willen der Agrarier orientiert. Ist aber durch die Erhöhung der Zölle, die mit Recht am meisten getadelte agrarfreund liche Aktion der Gesetzgebung, nun wirklich etwas wesentliche- gebessert worden? Diese Frage laßt sich Wohl nur mit ,'ein" beantworten. Allerdings diejenigen, an Zahl geringen, Großgrundbesitzer, welche Ge treide zum Verkauf produzieren, auf eigenem, nicht hypothekarisch be lastetem Areal, werden imposante Summen verdienen, nicht nur an den Kornpreisen, sondern auch an der Wertsteigerung ihrer Güter. Die Pächter aber werden daS Steigen der Grundrente dagegen sehr bald am gesteiger ten Pachtzins merken, und der Vorteil aus den höheren Zöllen wird dem in landwirtschaftlichem Areal festgelegten Großkapital, nicht aber der eigentlichen landwirtschaftlichen Arbeit znfallen, der es auch von nicht den Schubzöllnern freundlicher Seite doch immer noch am liebsten ge gönnt wäre. Aber sei dem, wie ihm wolle, die Lage der Landwirtschaft bleibt eine hochbedeutsame Frage, und es wäre eine Tat von wahrhaft nationaler Bedeutung, wenn eS gelänge, ihr eine Lösung zu finden. Jedem, der nicht ein ganz verstockter Agrarier ist, wird eS nun einleuchten, daß hier wie überall die Selbsthilfe der auch für die Land wirtschaft zunächst gewiesene Weg ist. Jedem unbefangenen Beobachter der landwirtschaftlichen Produktion in unserer nächsten Umgebung, jedem aufmerksamen Ueberwacher seines eigenen Haushaltsbedarfs, nament lich aber jedem im internationalen Güteraustausch stehenden Kaufmann wird es nun weiter wohl schon ausgefallen sein, weshalb manche Ver besserungen oder Veränderungen in der Produktion, die offenbar auf der Hand liegen, nicht auSgeführt werden. Wenn man z. B. sieht, daß unmittelbar vor den Toren unserer größten Städte fauch Leipzigs!j noch Getreide gebaut wird, wo der Markt für hochwertigere Produkte, ohne alle Frachtspesen, doch gegeben ist. wenn man in der Statistik liest, daß jährlich für weit über 100 Mil- lionen Mark Eier, für einige fernere Millionen Bettfedern und andere Produkte der Geflügelzucht in Deutschland importiert werden, wenn man sich ärgert über den hohe« Preis gute» Obste-, frischen Gemüses, das von weither herbeigeschafft werden muß, so begreift man allerdings sehr wohl, daß eine Notlage in einem Gewerbe kein Wunder ist, daS so wenig versteht, sich den Anforderungen der Märkte anzupassen. Warum nun will der deutsche Grundbesitzer gerade Getreide produzieren? Ge- treibe, wovon er selbst klagend behauptet, daß eS deu Anbau nicht lohnt? Gleicht ein solcher Produzent nicht in etwas einem Waffen fabrikanten, der heute, in der Zeit der kleinkalibrigen Repetiergewehre, sich mit Energie und Verve der Herstellung von Feuersteinbüchse» wid men würde? Die vorstehend berührten Fragen, die beute wohl jede» interessieren, der die Zeit, in der er lebt, verstehen will, werden sehr ausführlich be- handelt in einer Arbeit des Kultur- und GarteubauingenieurS Wichulla *j, der auf ähnlichem Gebiet schon mehrere Schriften veröffent licht hat und als Mann der Praxis über große Erfahrung und Sack kunde verfügt. Der Verfasser, der sich durch daS Buch allerdings wohl bei allen Mitgliedern deS Bundes der Landwirte unmöglich machen dürfte, wenn er eS nicht schon ist, gibt da u. a. der ketzerischen Ansicht Ausdruck, daß vom Großgrundbesitz eine durchgreifende Besserung un serer landwirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu erhoffen sei, und auch nicht vom Schutzzollsystem. Auch er erwartet, wie wlr oben uuSführten, da« Heil von der Hinwendung der Landwirtschaft zur Erzeugung markt gängiger Produkte. Namentlich hat er dabei Obst und Gemüse im Auge. Wir hätten gewünscht, daß er auch Vieh- und Geflügelzucht berücksichtigt hätte. Ist eS doch die letztere, der z. B. di« dänisch« Landwirtschaft recht ansehnliche Erfolge verdankt. Der Grundgedanke der Wichullaschen Ausführungen wurzelt im Genossenschaftsprinzip. Auf genossenschaftlichem Wege sollen die Be triebsmittel beschafft und die Produkte verwertet werden. Namentlich die letztere Idee, obwohl sie nicht mehr neu ist, sollte die weitestgehende Beachtung finden. Wichulla weist überzeugend nach, daß z. B. der hohe Preis der Spargelkonserven, der den einzigen HinderungSgrund dafür bildet, daß diese- wohlschmeckende nud gesunde Vemüse zu allen Jahres zeiten auf dem Tisch deS Minderbemittelten zu finden ist und bewirkt, daß e» nur eine Delikatesse für die wohlhabenden Kreise bildet, einzig und allein Folge einer künstlichen PreiSmache seitens deS Zwischen handels sei. Würde eS möglich sein, die gerade beim Spargel besonder« auffällige Preistreiberei sFolgen einer Ringbildungs lahm zu legen, so würde eS *) Der Plantagenbau in Deutschland. Eine privat- und Volkswirt- schastliche Abhandlung über Erhöhung der Bodenproduktion. Berlin 1905. Verlag von I. Harrwitz Nachfolger. angängig werden, Spargelkonserven zum halben Preise wie jetzt zu liefern. Wichulla nimmt ferner an, und wohl kaum mit Unrecht, daß sich der Absatz dann in- Nngemessene vervielfältigen ließe, und rechnet allein an der Steigerungsmöglichkeit der Spargelproduktion schon auf eine Existenzgelegenheit für eine große Anzahl von Landwirten, wenn diese sich dem genossenschaftlichen Betrieb von Spargelplantageu zuwenden wollten. Wir können hier nicht auf die bis in die kleinsten Details durch geführten Einzelheiten der Wichullaschen Ideen weiter eingehen. Es sei nur noch bemerkt, daß er bis ins einzelne auch Vorschläge für die technische Ausführung bringt, die an sich dem gesunden Menschenverstände sehr einleuchtend erscheinen, wenn auch ihre sachliche Würdigung dem Fachmann Vorbehalten bleiben muß. Uns interessiert hier die wirtschaft liche Seite des Problems. Wichulla faßt auch die Möglichkeit des Plan tagenbetriebes auf gesellschaftlichem Wege ins Auge, eine Wirtschafts form, die gewiß die Beachtung auch kapitalistischer Kreise verdient. ES gibt so viele Güter, auch solche in der Nähe großer Städte, die nur mäßig oder gar nicht rentieren. Nur sehr selten ist aber bisher der Versuch gemacht worden, deren Produkte direkt anS Publikum zu ver- kaufen, in eigenen Verkaufsstellen in der Stadt. Wenn ern größeres Unternehmen darauf ausginge, auf einem geeigneten Landgut Obst aller Art und Gemüse, namentlich die teuren Frühgemüse, zu produzieren, unter Anschluß an eine Konservenfabrik, die mit dem Gut zusammen hängend von diesem ihre Direktiven hinsichtlich Preisstellung empfinge, so scheint es uns zweifellos, daß dies keine schlechte Kapitalanlage sein würde. Wenn dann noch eine Geflügel-, Schweine- und Rinderzucht, verbunden mit Schlachtereieinrichtung größeren Stiles, angegliedert würde, die ihre Produkte an Fleisch, Eiern und Milch teils frisch, teils gleichfalls in Konservenform, mit zum Verkauf stellte, so würde sich ohne alle Frage das Publikum sehr bald gewöhnen, in dieser Verkaufsstelle seinen Bedarf in wachsendem Maße zu decken — vorausgesetzt, daß eine richtige Preispolitik getrieben würde, die dahin gehen müßte, immer etwas billiger als der Zwischenhandel zu sein, ohne mit der Ware zu schleudern. Wir sind gewiß nicht der Meinung, daß man den Zwischen handel zugunsten der Landwirtschaft bekämpfen soll, aber wenn man durch vernünftige Vorschläge der Landwirtschaft und dem konsumieren- den Publikum einen Dienst leisten kann, so sehen wir auch in der Rtlcr- sicht auf eine mögliche Schädigung des ZwifchenhandelS keinen Grund, dies zu unterlassen. In einem industriellen Lande, wie Deutschland, und ganz besonders Sachsen heute ist, wird schließlich des Konsumenten Inter esse dasjenige, welche- von ausschlaggebender Wirkung für alle Maß nahmen sein follte, die auf die Preisbildung von Lebensmitteln Einfluß Huben sEn. Menu eS nb^r o lingt einen Interessenausgleich zwischen der landwirtschaftlichen Produktion und der städtischen Konsumtion, dic sich jetzt so bitter befehden, zu schaffen auf einem Wege, der beiden hilft, fo wäre damit dem Nationalwohl unendlich viel genützt. Ein Schritt dazu ist die im vorstehenden besprochene Wichullasche Reformidee zur landwirtschaftlichen Produktionsmethode: Uebergang vom extensiven Ackerbau zum intensiven Garten- und Plantagenbau. Die künftigen Hauptstädte der Nsvdrveftenr von Ranada. Nicht nur in den Vereinigten Staaten schießen Städte wie Pilze ans dem Brben hervor — dieses Wunder vollzieht sich ,etzt vielmehr auch auf der anceren '-7 ite der kauad.sch.'n Grenze Provinzen, deren barbarische Namen i.i Europa vollständig unbekannt waren, bevölkern sich mit einer staunenerrcgenden Raschheit. Die Bevölkerung von Saskat- chawan wo man im Jahre 1901 nur 91279 Einwohner zahlte, belief sich bei der letzten Volkszählung (1906s auf 257 763 Seelen. In einem Be zirk, in dem vor fünf Jahren nicht ein einziger Kolonist vorhanden war, zählt man jetzt nicht weniger als 90 Orte von mehr als 2500 Seelen. Winnipeg, das im Jahre 1871 ein elendes Nest war, zählt« im Avril dieses Jahres 111000 Einwohner. Es ist die Stadt der Zukunft, daS künftige Chicago des Nordwesteus des Dominion of Cancwa. „Wenn eS nun auch um den ersten Platz keine Mitbewerbung gibt", schreibt die „American Review of Reviews", „so ist dagegen der zweite heiß um- stritten. Edmonton, das fast 15 000 Einwohner zählt, ist stolz auf seine wunderbare Lage, auf seine drei Eisenbahnlinien und auf sein un begrenzte- Absatzgebiet nach dem Mackenzie-Beckcn hin. Diesen glänzen den, aber noch etwas kern liegenden Aussichten auf Erfolg setzt Calgary sofort wahrnehmbare Vorzüge entgegen. Diese Vorzüge sind die Pacific Railway und 1600 000 Hektar, die die Eisenbahngesellichaft durch groß- artige ÄewässernugSarbeiten einem intensiven Getreidebau erschlossen Kat. Die Bewohner dieser werdenden Großstadt sind von dem bevor- stehenden Aufschwung ihres Ortes so fest überzerigt, daß sie bereits den „Klub der Hunderttausend" gegründet haben. Dieser Verein bereitet schon heute die Feste vor, die gefeiert werden sollen, wenn die Stadt ein« Bevölkerung von 100 000 Einwohnern haben wird. Noch sind Calgary und Edmonton weit entfernt von dieser Zahl, aber man weiß jetzt, daß unter dem eisigen, aber gesunden Klima von Kanada die Städte unheimlich rasch wachsen. Wie die Pferderennen, können aber diese Rivalitäten zwischen den Städten, die sich den ersten oder vielmehr den zweiten Rang streitig machen, auch ihre Ueberraschungen haben, mit andern Worten: eS kann ein „Außenseiter", an den jetzt noch niemand denkt, zuerst an- Ziel gelangen. Medicine-Hat, dessen Boden unerschöpf lich« und noch kaum berührte natürliche Schatze enthält — di« zahlreichen Petroleumgruben und Kohlenbergwerke liefern der Stadt unentgeltlich GaS —. hat den Ehrgeiz, eine« Tage- die industrielle Hauptstadt deS kanadischen NordwestenS zu werden. ES werden allerdings noch viele, viele Jahre vergehen, bevor die Fabriken und die Hochöfen grit Haden werden, sich zu entwickeln, denn die Zahl der Industriearbeiter ist klein. Außer Medtcine-Hat, der künftigen industriellen Metropole dcS Dominion, gibt e- noch andere Städte, die ibr Augenmerk hauptsächlich auf kommerzielle Entwicklung richten: eS sind dies Regina, die Haupt- stabt der Provinz EaSkatchawan. mit 6169 und MooseJaw mit 6249 Einwohnern. 1901 hatte Regina erst 2249 und Moose-Jaw gar nur 1558 Einwohner. In demselben Zeitraum ist Saskatoon von 113 auf 3000 Seelen gestiegen. ES ist nicht unmöglich, daß die Zukunft diese- ehe- malige Dörfchen, da« so rasch eine Stadt geworden ist, zuerst in die Höh« bringt. Nennen wir schließlich noch Brandon, da- etwa- mehr al- 12000 Einwohner zählt und wunderbar, aber vielleicht etwas zu nahe an Winnipeg, gelegen ist. Wer wird in diesem Wettkampfe den Sieg dovontragen? Alle Vor aussagungen und Vermutunaen durften gewagt sein, um so mehr, al- gegenwärtig für einen HandelSweg nach der tzudsonS-Bai Stimmung ge macht wird. Diese« Projekt ist auf der Karte sehr verlockend, denn der Hafen von Churchill ist Liverpool viel näher als der Hasen von New Aork und nimmt im Norden de- amerikanischen Festlandes eine zentrale Lage ein, die ihm gestatten würde, da- ganz« Gebiet de« Dominion zu beherrschen. Wenn dieser Blau sich verwirklicht, wird man die kana dischen Metropolen der Zukunft nicht mehr im Süden deS Winnipeg- See«, sondern auf der künftigen Linie von Edmonton nach Churchill such«» müsse«. ES fragt sich nur, ob die Kunst der Schiffahrt i« den Polarmeeren schon lo vorgeschritten ist. daß Handelsschiffe einen regel mäßigen Frachtdienst mitten durch die Eisberge der Hudsons-Straße zu unternehmen wagen." Von Tientsin über die Schlachtfelder -er Mantschurei. XXII. Der weitaus interessanteste Teil des Kaiserpalastes war die soge nannte Schatzkammer. Die Vorstellung verbindet dieses Wort, zumal wenn es sich um einen orientalischen Herrscher handelt, mit Gewölben, in denen es nur so von Gold und Geschmeide glitzert, in denen eine märchenhafte Pracht in kostbarer Umgebung fein säuberlich aufgcbaut ist. Hier in Mulden trifft kein anderer Ausdruck zu als „Rumpel kammer". Eine verstaubte Halle, in der große schwere Schränke hinter einem mit niedrigem Holzgitter versehenen Ladentisch aufgestellt sind, das ist das Bild des Gemachs, das die Schätze birgt. Diese allerdings, und das ist ja die Hauptsache, sind zum größten Teil unschätzbar. Abgesehen von uraltem Porzellan Cloisoun^gesäßen und Schnitzereien aus Aade, deren Schönheit und Wert eben nur der Kenner verstehen kann, liegen hier viele andere der kostbarsten Sachen. So eine kaiserliche AmtSkette, deren Schnur ea. 2 Meter lang ist. Auf ihr ist Perle an Perle der größten und schönsten Art aufgereiht, einige so groß wie kleine Kirschen. Ferner ein massiv goldenes kaiserliches Siegel, eine große Schildkröte darstellend. Sie ruht auf einer schwer goldenen Platte von ca. 10 Zentimeter im Quadrat. Dann Schwerrer, deren Griffe mit Brillanten besät und deren Klingen mit Gold eingelegt sind. Weiterhin kostbare bestickte, pelzverbrämie, gelbe Seidengewänder, über 150 Jahre alt, in ihren Farben so leuchtend und frisch, als seien sie eben sertiggestellt. Und schließlich ist noch eine Sturmhaube des Kaisers Chien lung zu erwähnen. Sie besteht aus schwarz-brünierter Stahlhaube, in die reiche GoldarabeSken eingelegt sind. Ihr goldener Stirnreifen sowie die kreuzweise angebrachten goldenen Kopfbügel sind mit Edelsteinen und Perlen dicht besetzt. Diese Kostbarkeiten ruhen in alten Kästen in ihrer schmutzigen Um gebung, inmitten des Verfalles, dem wohl schließlich auch mal da- ganze Land zum Opfer fallen wird, wenn es nicht rechtzeitig energisch seinen tiefen Schlaf abschüttelt. Denn die jetzige Bewegung in China entspricht höchstens dem verwunderten Umsichschauen und Augenreiben eines aus langem Schlummer gestörten Schläfers. Ob hierauf ein Erheben zu eifrigem Tagewerk folgen oder ob wieder daS Reich in seinen alten Schlaf zurücksinken wird, darüber wird wohl schon die nächste Zukunft Aufklärung gebe«. Urner Ritt neigt« sich seinem Ende entgegen, wir verließen Mulden, um uns den Schlachtfeldern im Westen der Stadt zuzuwenden. Noch einmal nahmen wir Quartier in einem Dorf«, da- die Schrecken dcS Krieges in vollem Maße erfahren hatte. Es war da- Dorf Liuwampu, ca. 10 Kilometer westlich Mulden. Zwischen ihm und dem Dorfe Dohountun östlich davon hatte sich am 7. März 1905 der Angriff der Unken Flügelbrigade „Nambu" der 2. japanischen Armee gegen die russische 25. Division abgespielt. Der Angriff kam zum Stehen, und die bi- zum 8. März früh aushaltende Brigade Nambu wurde in Aohuntun und südlich davon geradezu vernichtet. 4200 Mann waren tot und verwundet und nur 500 kehrten zurück. Bis Chin lun dien, an der Straße Mukden—Hsinmintun, mußten uns noch unsere braven Ponys tragen, von hier ab benutzten wir die Bahn, di« »nS in 2l4 Tagen nach Tiensin -urückbrachte. Die Ponvs hatten die anstrengenden Ritte vorzüglich auSgehalten, obgleich sie jede Nacht im Freien gestanden hatten und auch nicht ihren gewohnten Hafer, sondern Kauliang als Futter erhalten hatten. Abgesehen von dem Studium der «Lchlacbtfelder, das ja den Haupt zweck der Reise gebildet hatte, hatte der Ritt für jeden Teilnehmer soviel deS Neuen und Interessanten geboten, an Land und Leuten, wirtschaft lichen und politischen Verhältnissen, daß die hierfür aufgewandten er heblichen Mittel sich reichlich gelohnt haben. Vor allem aber ist wohl jedem über das Land selbst und seinen Wohlstand ein anderes Bild ge worden, als eS die Berichte während deS Feldzüge- unter dem Eindruck des KriegselendS geschildert haben. Die Japaner wissen genau, weshalb sie sich in Korea und der Mantschurei mit solcher Zähigkeit festsetzen, und weshalb sie die günstige Position, die ihnen die Besetzung der Eisen- bahnen und Häfen durch die Truppen sichert, so zielbewußt zum Besten ihres Handels ausnutzten. Mochte auch dem deutschen Kaufmann, der hier draußen mit uner müdlichem Eifer für die deutschen Interessen wirkt, der wohlverdiente Anteil bei der friedlichen Erschließung der Mantschurei zufallen und damit dem deutschen Handel und der Industrie ein neues wertvolles Absatzgebiet hinzugewonnen werden. Deutsches Reich. Leipzig, 14. August. * Die „Norddeutsche Allgemein« Zeitung" zu« englische» Königs» besuch. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: „Seine Ma jestät der König Eduard trifft morgen früh auf Schloß Wilhelmsböhe eia, um einen Tag mit dem deutschen Kaiserpaar zu verbringen. Wir begrüßen diesen Besuch als ein besonders nach zwei Richtungen will kommene- Ereignis. Er ergänzt in erwünschter Weise die so erfreulich verlaufene Begegnung von Swinemünde «nd die bevorstehende Zu sammenkunft deS Königs mit dem Kaiser Franz Josef in Ischl. In dieser Folge von Monarchenbegegnungen darf man eine Be kräftigung der friedlichen «nd auSglrichendeu Tendenzen erblicken, welche in den Beziehungen der Nationen auf allen Seiten zutage treten. Sodann entspricht die Begegnung in Wilhelmshöhe auch den freundlichen Gesinnungen, die mehr und mehr in der Be völkerung Deutschland« wie Englands wieder herrschend werden. Die uneigennützigen Bemühungen um die Stärkung und Ver- tiesung dieser Volksstimmung werden auf beiden Seiten durch das Bei spiel der Monarchen eine Förderung erfahren. Indem wir Seine Majestät den König von England auf deutlchem Boden ehrerbietigst willkommen heißen, wünschen wir seinem Aufenthalt in WilhelmShöye wie seiner weiteren Reise glücklichen Verlaus.* * Eine Alottenrebe T-ahnS. Gelegentlich der in Rbeinbach ab gehaltenen Versammlung der rheinischen Zentrumspartei hielt der Abg. Spahn eine große politische Rede, wobei er zur Flottenfrage folgende- au-sührte: Der Mehraufwand für die Flott« wird höher einmschäyen sein, wenn wir die Entwicklung der AuSlandSflotteu berücksichtigen und sie für unsere Flotte verwerten. Uns«r Flottenbaupian ist allerdings gesetzlich sestgelegt. DaS kann aber nicht verhindern, daß unter Beibehaltung der Zahl d«r Schiffe in der Art des Baue- einzelner Schiffe nnd iu der Berechnung ihrer Lebensdauer auf Grund der bei anderen Staaten gemachten Erfahrungen Aenderungen vorgenommen werden. Wir dürfen unsere Augen nicht verschließen vor der GesechtS'iärke, die andere Staaten ihren Schiffen geben. Man konnte eine Zeitlang zweifelhaft sein, was für die Taktilk
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