Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.08.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070819012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907081901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907081901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-19
- Monat1907-08
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug»-Preis für Leipzig und Vororte durch unser« Träger und Spediteure in« Haut gebracht: Auägabe 1 (nur morgen«) vierteljährlich 3 M., monatlich 1 M., Ausgabe v (morgen« und abend«) viertel jährlich 4.50 M., monatlich I.sO M. Durch die fpvk bezeaen (2 mal täglich) innerhalb Deutschland« und der deutschen Kolonien vierteljährlich 5,25 M., monatlich 1.75 M. au«schl. Post- beslellgeld, sür Oesterreich 9 L 66 k, Ungarn 8 L vierteljährlich. Abonnement-Annahme: Lugustulplatz 8, bei unseren Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer kostet 1V Pfg. Redaktion und Expedition: Johannirgassc 8. Telephon Nr. 14692, Sir. 14693, Nr. 14694. Berliner Redaktion»-Bureau: Berlin 17W. 7. Prinz Louis Ferdinand- Straße 1. Telephon I, Nr. 9275. Morgen-Ausgabe 8. WpMer Tageblatt Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Votizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Pret» für Inserate au« Leipzig und Umgebung di« 6gespaltene Petitzeile 25 Pf., finanzielle Anzeigen 30 Ps., Reklamen 1 M.; von auswärts 30 Ps., Reklamen 1.20 M.: vom Ausland 50Ps., ftnanz. Anzeigen75 Ps., Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behörden im amtlichen Teil 40 Pl. Beilagcgcbühr 5 M. p. Tausend exkl. Poft, gcdühr. SleichästSanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erbSbt. Rabatt nach Taril. Fcsterreille Austräge können nicht zurück gezogen werben. Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen.Annahme: Augustuoplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In- und Auslande«. Haupt Filiale Berlin: Earl Dunck:., Herzog!. Bahr. Hosbuch- handlung, Lützowstraße 10. (Telephon VI. Nr. 4603). Nr. 229. Montag 19. August 1907. 191. Jahrgang. Dcrs wichtigste voin Tage. * Das Zcntrumsblatt „Oppelner Nachrichten" meldet, daß der Posener Erzbischofs st uhl dem Geistl. Rat Schirmeisen «»geboten sei, welcher sich Bedenkzeit erbeten habe. * Die Julieinnahme der preußischen Staatsbah nen ist um 1^.- M i l l i o n hinter dem Vorjahr zurückgeblieben. * Ter Geburtstag des österreichischen Kaisers ist gestern in der ganzen Monarchie festlich begangen worden. * Petersburger Blätter berichten von einem vereitel ten A t t e n t a t s v e r s u ch auf den Zaren. Die Ucbersiedlung der kaiserlichen Familie von Petershof nach SarZkojc Selo soll hiermit im Zusammenhang stehen. * Gestern hat in der Leipziger Baufabrik vormals W. F. Wcnck Großfeucr gewütet. Ter Schaden ist beträchtlich. S. Lpzg. Ang.) * Bei den Radrennen in Breslau am gestrigen Sonntag kamen Prszyrembcl und der Schrittmacher Hecker schwer zu Fall. PrSzyrcmbcl zog sich einen doppelten A rin bruch und einen Rippcnbruch zu, während Hecker einen Beckenbruch und eine Quetschung der Wirbelsäule davontrug. Hecker liegt im Breslauer Krankenhaus schwer darnieder. (S. Sport.) * Im Grand Prix de Deauville s75 000 Frcs.) siegte gestern Mons. I. Licuxs „Punta Gorda" in einem Felde von siiufzehn Pferden. (S. Sport.) Die preuszrsche Wahlrechtsreform und öle j>^rLeieir. Daß der Freisinn die Reform des preußischen Wahlrechts wieder zu einer akuten Frage gemacht hat, ist entschieden ein Verdienst. Las wissen auch die Sozialdemokraten sehr gut, aus deren Loben allein man im amtlichen Preußen grundsätzlich nicht reagiert haben würde, erst recht nichl nach dem Scheitern der Rcformtampagne des Winters 1905. Da her der Zorn der SoziaKemokratic auf den Freisinn. Daß unter den preußischen Genossen sich ebenso wie unter den sächsischen manche Ein- fichtigc befinden, die mit Vergnügen jeve Bc.serung des Wahlrechts akzep tieren würden, auch wenn cs nichl gleich das Reichstagswahlrecht wäre, kann als sicher angenommen werden. Ebenso sicher ist natürlich, daß nach erfolgter Reform die Sozialdemokratie sich unter weiblichem Schimpfen aus die Reformatoren die neuen Ehancen zu nutze machen wird. Aber als offizielles Jeldgeschrei der preußischen Genossenschaft hat nach wie vor zu gelten: Alles oder nichts. Was im übrigen große praktische Bedeutung nicht haben wird, da im preußischen Landtage vor läufig noch kein Sozialdemokrat sitzt. Die Freisinnigen sind unter fick) über die einzunehmende Haltung noch nicht einig. Und es ist auch noch durchaus nicht zu übersehen, ob und eventuell wie eine Einigung erzielt werden wird. Auf der einen Seite stehen Naumann und andere namhafte Führer, die von vornherein jeden Gedanken an ein Kompromiß ablehncn und lieber, gleich der offi ziellen Sozialdemokratie, auf jeden Fortschritt verzichten, als die For derung des allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechts zurückstellen wollen. Diese Richtung findet starke Stützen in der Presse. Sv steht das „Berliner Tageblatt" auf demselben Standpunkt. Die traditionell gemäßigte freisinnige Anhängerschaft der Seestädte will sich dagegen nicht auf den toten Strang fahren lassen und läßt besonders durch die „Weser- Zeitung" vor dem Wahlrechtsradikalismus warnen. Nebenbei bemerkt, ist es ganz interessant zu beobachten, wie diesen Opportunitatspolitikcrn auch die persönliche Neigung zum Kanzler die Feder führt. Wer lesen kann, dem genügt zum Beweise dafür ein Satz des Bremer freisinnigen Organs, in dem die Rede ist von dem „tollpatschigen Unternehmen, den gestürzten Posadowsky als Hort einer liberalen Sozialpolitik an das Schiff der Freisinnigen zu vertrauen." „Anton, steck den Degen ein", heißt ja wohl der Refrain des alten Couplets. Aber gleichviel, in der Frage der Wahlreformtaktik scheint uns die „Weser-Zeitung" den besseren Operationsplan zu haben. Was die Nationalliberalen betrifft, so hätten wir gern bei ihnen größere Initiative in dieser wichtigsten politischen Angelegenheit der Gegenwart gesehen. Es war durchaus nicht nötig, den Freisinnigen die Führung zu überlassen. Aber es ist doch mit großer Genugtuung zu be grüßen, daß immer noch zu rechter Zeit und mit aller Deutlichkeit der ehrliche Neformeifer der stärksten liberalen Partei in der „Nationallibe ralen Korrespondenz" bekundet worden ist. Daß die preußischen Nativ- nallibcralen nicht über Nacht zu Intransigenten geworden sind, kann dabei nicht überraschen. Aber cs entspricht durchaus allen billigen An forderungen an eine liberale Mittelpartei, daß zwischen dem Wünschens werten und dem Möglichen unterschieden wird. Wünschenswert ist das Reichstagswahlrecht. Möglich aber ist cs leider bei den heutigen konser vativen Machtverhältnissen noch nicht, wenn man eine normale Entwicke lung in Betracht zieht. Also ist, ohne die Hoffnung auf weiteres aufzu geben, vorläufig zu nehmen, was an liberalen Reformen erreicht werden kann. Uebcraus wichtig und beachtenswert ist in der gegenwärtigen Situa tion die Haltung des Zentrums. Zwar solgt cs im allgemeinen seiner alten Taktik des Abwartens und Nichtfestlegcns. Demokratische Gemein plätze werden systematisch gemildert durcy Phrasen von der staatserhalten den Zentrumspolitik, so daß alle Richtungen auf ihre Rechnung kommen, und die Partei nachher tun kann, was ihr im Parteiinteresse gerade paßt. Wobei schon heute feststeht, daß das Zentrum, im Gegeniatz zu den Freisinnigen, sowohl für ein radikales wie für ein Kompromißvotum auf eine geschlossene Fraktion rechnen kann. Darin wäre also nichts Besonderes zu erblicken. Ihren spezifischen Charakter bekommt die Zentrumspolitik diesmal durch die unverkennbaren Versuche, mit der Regierung wieder anzubändeln und sich in empfehlende Erinnerung zu bringen. Tic Spahnsche Flottenrede kann gar nicht anders gedeutet werden. Auf die hierin liegende Gefahr haben wir schon vor Monaten bingewiesen und in ihr einen wesentlich mitbestimmcndcn Faktor für die Unterstützung der Blockpolitik gesehen. Wir haben uns in dieser Auf fassung auch nicht durch die Beteuerungen beirren lassen, die eine Ver söhnung der Regierung mit dem Zentrum für ausgeschlossen erklärten. Der eine Kontrahent ist jedenfalls zur Reunion bereit, war eS übrigens schon am Schluß der parlamentarischen Tagung. Und von dem anderen weiß man nicht, was werden mag, wobei wir .uhig annehmen wollen, daß zur Zeit bei ihm noch durchaus keine Neigung zu einer Liaison be steht. Aber bei unversöhnlicher Haltung des Freisinns in der Wahl- rechtsangelegenheit kann die alte Liebe, die bekanntlich nicht rostet, mit Macht hervorbrechen. Das Zentrum könnte vermöge seiner Ethik wie seiner Disziplin s ehr leicht ein eigenartiges Spiel treiben ES könnte sich durch radikale Allüren den Freisinn zur Ueberspannung des Bogens ermuntern, um die Regierung in eine unhaltbare Situation zu bringen, und nach dem Krach sich als Retter in der Not, der mit sich reden läßt, präsentieren. Vielleicht gibt diese Perspektive manchem Heißsporn zu denken. Bei dieser Gelegenheit hat sich ferner abermals und zum Ueberdruß gezeigt, wie völlig voraussctzungslos die Agrarkonservativen Politik treiben. Robuste Skrupellosigkeit ist ihnen selbstverständlich. Die .Deutsche Tageszeitung", die das Kokettieren mit dem Zentrum nur auf ganz kurze Zeit unterbrochen hatte, um die Wende des Jahres, er- örtert schon wieder munter neue Majoritätsmöglichkeitcn und droht den freisinnigen Blockpartnern höhnisch mit dem Zentrum. Diese Art der Politik ist nichts Neues bei dem Vertrauensblatt des Kanzlers. Andere Rücksichten als agrarische kennt es nicht. Wie man seinerzeit mit dem Abmarsch ins sozialdemokratische Lager drohte, wie man bei der Beschäftigung ausländischer Arbeiter, in der Polenfrage, wie man in der Flottensrage seine nationalen Gefühle wohl agrarisch zu temperieren wußte, so würden auch einer neuerlichen Verständigung mit dem Zen trum auf agrarischer Seite prinzipielle Gründe ganz gewiß nicht im Wege stehen. Und die übrigen Konservativen sind in der Beziehung auch nicht viel zuverlässiger. Speziell von den Hocktories der Kreuz- zcitiingspartei weiß man, daß ihnen der Block ein Greuel ist, und daß ihnen aus religiösen Gründen das Zentrum ein stets genehmer Partner sein würde. Es ist deshalb durchaus nicht unwahrscheinlich, daß von dieser Scire Versuche gemacht werden, um die unbequeme liberale Äahl- rcchtsfordcrung des Tages durch eine Verständigung mit dem Zentrum zu parieren und das liebel wenigstens abzuschwächen. Das könnte über den Kopf des Kanzlers hinweg geschehen, selbst auf die Gefahr hin, den ersten Beamten des Reiches und Preußens dadurch zu entwurzeln. Persönliche Rücksichten würden die Konservativen ganz gewiß nicht nehmen, wenn sie ihre parlamentarische Machtstellung in Preußen ernst lich bedroht sähen. Die ist ihnen mehr als ein Kanzler wert. Sie lassen übrigens schon wieder, mit guter Berechnung, „die konservativen Grundlagen der preußischen Monarchie" bengalisch beleuchten, ^.vis au loetoui- i-o.vkil. Aus alledem ist mit Sicherheit zu entnehmen, daß die Konservativen, die wichtigste politische Partei bei der Wahlreform, nur so weit freiwilliges Entgegenkommen zeigen werden, als sie ohne ernst liche Gefährdung ihrer Macht glauben zeigen zu können. Und das wird wenig genug sein. Es wird also ganz gehörigen Druckes bedürfen, vor allem aber einer völligen Neuorientierung des Rcgierungsapparatcs bei Neuwahlen für das Abgeordnetenhaus, nm die Konservativen zu so beträchtlichen Zu geständnissen zu bringen, daß auch ein Liberaler in der geplanten Re form keine Farce zu erblicken braucht. Wie man sieht, ist auch leise be grenzten Ansprüchen die Aufgabe gerade schwer und bedroht genug, um sie nicht durch Unversöhnlichkeit von vornherein noch mehr zu er schwere» oder vielmehr ihre Lösung zu vereiteln. Der ernste Wille der Regierung zu einer ehrlichen Reform bleibt natürlich die Voraussetzung der Rcsormmöglichlcit auf friedlichem Wege. Es wäre wünschenswert, würde die endgültige Stellungnahme der Parteien und damit die Klärnng der Situation sehr erleichtern, wenn man bald über die Ab sichten der Regierung etwas Positives ev.ühre. Lin Ersatz für HairdelsnLfpektoren. Seit einigen Jahren fordern die Handlungsgehilfen-Verbände die Anstellung von Handclsinjpcktorcn. Diesen soll hauptsächlich die Auf gabe zustchen, als sachverständige Organe zwischen Angestellten und Prinzipalen zu fungieren und die Aussicht über die sittliche und sanitäre Beschaffenheit der Handelsbetriebe zu führen. Insbesondere sollen sie darüber wachen, daß die den Angestellten gesetzlich Anstehenden Ruhe- zeiten und sonstigen sozialen Vergünstigungen cingehalten werden. Außerdem sollen auch noch andere auf das Wohl der Angestellten, wie über haupt auf eine Verbesserung der sozialen Einrichtungen des Handels standes hinziclcndc Ausgaben, wie die Ausbildung der Lehrlinge, Be grenzung der Anzahl der Lehrlinge in den einzelnen Betrieben im Ver hältnis zur Anzahl per dort arbeitenden Gehilfen, Regelung der Arbcits- zeit in den Kontoren usw., in den Tätigkeitsbereich der Handelsinspck- toren fallen. Während sie also auf der einen Seite als Beamte zu fun gieren haben, sollen sie aus der andern Seite als Vertrauensleute der Angestelltcnorganisationen tätig sein. Letztere haben deshalb auch be reits beim Reichstag und Bundesrat petitioniert, nm den Erlaß eines entsprechenden Gesetzes zu erwirken, durch welches die Anstellung von Handelsinspcktoren und deren Wirksamkeit hcrbcigefnhrt werden. Die darauf hinzielcnden Bestrebungen sind zunächst freilich noch ohne Er folg gewesen, und wie es scheint, besteht auch beim Bundesrate wenig Neigung, ein derartiges Gesetz zu befürworten. Es dürfte daher wohl wenig Aussicht für das Zustandekommen eines derartigen Gesetzes vorhanden sein; jedenfalls ist ein solches in der nächsten Zeit nicht zu erwarten. Demgegenüber ist cs bemerkenswert, daß in einigen Bundesstaaten bereits andere Maßnahmen getroffen worden sind, welche einen gewissen Erfolg in der Handelsinspektorensrage erreichbar erscheinen lassen. Als Ersatz für die hier in Frage kommenden Beamten ist neuerdings versucht worden, die Ueberwachungssrage in den kaufmännischen Betrieben auf Grund der bereits bestehenden gesetzlichen Vorschriften der Gewerbe ordnung zu regeln. So hat vor einiger Zeit die Regierung des Herzog- tums Sachsen.Meiningen eine Verfügung dahingehend getroffen, daß die kaufmännischen Betriebe in gewisser Beziehung durch die Gewerbeinspek tion zu beaufsichtigen und zu kontrollieren seien. Eine ähnliche Ver süßung hat das Bayerische Ministerium erlassen. In einem an die Poli zeibehörden und die sonstigen hierbei in Betracht kommenden Organe gerichteten Rundschreiben hat cs auf die in der Gewerbeordnung enthal tenen Vorschriften, welche die Regelung der Arbeitszeit und das Lehr- lingswescn betreffen, aufmerksam gemacht und den Behörden nahcgclegt, auf die Einhaltung dieser Vorschriften seitens der Handelskreise hin- zuwirken. Jene Verfügung bezeichnet die übermäßige Lehrlingshaltung, gegen die mehrfach Klage geführt werde, als einen Uebelstand, der für die Entwickelung des Handelsgcwcrbcs höchst nachteilige Folgen habe. Sie weist die Polizeibehörden auch daraufhin, daß ihnen gegebenenfalls in den Bestimmungen der Gewerbeordnung eine Handhabe zum Einschrei ten geboten sei. Hiernach ist zunächst die Arbeitszeit der jugendlichen Arbeiter <14 bis 16 Jahren) derart geregelt, daß der Beginn nicht vor halb sechs Uhr morgens und die Beendigung nicht nach halb neun Uhr abends erfolgen darf. Dabei sind täglich regelmäßige Pausen zu ge währen, die bei wenigstens sechsstündiger Arbeitszeit nicht weniger als eine halbe Stunde betragen dürfen. Bei mehrstündiger Arbeitszeit ist mindestens eine einstündigc Mittagspause und je eine halbstündige Pause während des Vormittags und Nachmittags zu gewähren. Beträgt die Arbeitszeit am Vormittage sowohl als am Nachmittage nicht mehr als je vier Stunden, so kann die Pause zu diesen Zeiten in Wegfall kommen. Aehnliche Vorschriften regeln die Arbeitszeiten und Ruhepausen der Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter in offenen Verkaufsstellen. Danach steht diesen eine ununterbrochene, zwischen der täglichen Arbeitsperiode liegende Ruhezeit von mindestens zehn Stunden zu. In denienigen Orten, die mehr als 20 000 Einwohner haben, hat die Ruhezeit der Gehilfen und Lehrlinge in denjenigen Verkaufsstellen und den dazuge hörenden Schreibstuben (Kontoren) und Lagerräumen, in denen zwei oder mehr Angestellte beschäftigt sind, sogar elf Stunden zu betragen, während sie in kleineren Gemeinden durch Ortsstatut 'estgesctzt wer den kann. Auch sür diese Angestellten, einschließlich der Lehrlinge und Arbeiter, ist die Gewährung einer „angemessenen" Mittagspause vorge schrieben; diese hat jedoch mindestens anderthalb Stunde zu betragen, wenn die Angestellten ihre Mahlzeit in einem Lokale einnehmen, das außerhalb der Geschäfts- oder Arbeitsräumc gelegen ist. In diesen Be stimmungen sind die Arbeitsverhältnisse der Handlungsgehilfen und -Lehrlinge, von denen zwar nur bestimmte Kreise, und diese auch nur in gewisser Hinsicht, in Betracht kommen, sestgelegt, und es wird in erster Linie an den beteiligten Kreisen selbst liegen, darauf hinzuwirken, daß ihnen Genüge geleistet wird. Eine andere Bestimmung >8 128) regelt die LehrlingsverbältnlU'e und bezweckt, einer übermäßigen Lehrlingshaltung vorzubeugen. Hier muß, da sie nur ganz allgemeine Gesichtspunkte ausspricht, vor allem eine strenge Handhabung Platz greifen, wenn sie in der Praxis wirksam sein soll. Deshalb mag jener ministerielle Appell an die Befugnisse der Behörden nicht unangebracht sein. Denn die Vorschrift, der Lehrherr dürfe „eine im Mißverhältnisse zu dem Umfange oder der Art seines Gewerbebetriebes stehende Zahl von Lehrlingen" nicht halten, nm „da durch die Ausbildung der Lehrlinge nicht zu gefährden", läßt der subjek tiven Auslegung einen weiten Spielraum. Dieser soll nach Ansicht jener Verfügung dadurch begrenzt oder sestgelegt werden, daß die auf sichtführenden Polizeibehörden von ihrem Rechte, „dem Lehrherrn die Entlassung eines entsprechenden Teiles der Lehrlinge aufzuerlegen und die Annahme von Lehrlingen über eine bestimmte Zahl hinaus zu unter sagen", Gebrauch machen. Auch die Landeszentralbehörde kann nach dem Gesetze Vorschriften erlassen, durch welche die höchste Zahl der Lehr linge genau bestimmt wird, welche in den Betrieben einzelner Gewerbe zweige gehalten werden dürfen. Daß in diesem Punkte nicht immer ein günstiges Verhältnis vorhanden gewesen ist und noch ist, geht schon aus der Tatsache hervor, daß sich das Bayrische Ministerium veranlaßt gesehen hat, die Ueberwachung dieser gesetzlichen Vorschriften bei den in Betracht kommenden Behörden in Erinnerung zu bringen. Der Zweck jener Verfügung aber richtet sich nicht in erster Linie an die Behörden, sondern an die Handelskreise. Denn erstere sollen „dieser Aufgabe — ebenso wie der Aufsicht über den Vollzug der Bestim mungen über die Sonntagsruhe und den Ladenschluß im Handelsgewerbe — den größten Eifer widmen, allenthalben durch wiederholte Publika tionen in den Amtsblättern und in der Tagespreise den Inhalt der an geführten Bestimmungen den Handelsgewerbetreibenden in Erinnerung bringen und durch Beaufsichtigung der Regelung der Arbeitszeiten, so wie durch periodische Revisionen der Arbeitsräumc und gegebenenfalls durch Veranlassung der Strafeinschreitung eine wirkliche Kontrolle üben." Wären diese Vorschriften der Gewerbeordnung in allen Kreisen genügend bekannt, dann würde ihneü vielleicht auch in größerem Maße entsprochen werden, und dann hätte anderseits vielleicht auch der Ruf nack Handelsinspektoren in den Kreisen der Angestellten keinen so lauten Widerhall gesunden. Deshalb dürfte sich wohl die in jener Verfügung ausgesprochene Vermutung, oic Ueberwachung seitens der Polizeibehör den würde nicht genügend gehandhabt, bestätigen; anderseits zeigt diese Erfahrung aber auch, daß die Handelsgewerbetreibenden den sozialen Anforderungen nicht genügt haben, die das Gesetz in dieser Beziehung an sie stellt. Die Verfügung des bayrischen Ministeriums berührt aber noch einen anderen diese Materie betreffenden wichtigen Punkt. Naturgemäß können die Polizeibehörden wohl als aufsichtführende, nicht aber als gutachtliche Organe fungieren. Nm hier an Stelle der fehlenden Handelsinspektoren einen Ersatz zu schaffen, weist jene Verfügung darauf hin, daß hierbei wohl die Handels- und Gewcrbekammcrn in Betracht kämen, daß nament lich aber die Kausmannsgerichte, in denen Prinzipale und Gehilfen ver- treten sind, hierfür geeignet wären. Somit ist auch nach der Seite der begutachtenden Tätigkeit jener Angelegenheiten >m Handelsgewerbe, die das Arbeitsverhältnis betreffen, ein Organ vorhanden, welches hier eine fruchtbare ausgleickcndc Wirksamkeit zu entfalten vermag. Frei lich wird cs des gemeinsamen Zusammenarbeitens dieser drei Faktoren bedürfen, um der Nachlässigkeit auf der einen Seite, einem lästiaen rigo rosen Einschreiten auf der andern Seite zu steuern. Aber gerade die vorsichtige Behandlung der Jnspcktionsfrage im Handelsgewerbe seitens jener Verfügung läßt den eingeschlagenen Weg als gangbar erscheinen. Unter diesem Gesichtspunkte gewinnt das Vorgehen denn auch eine all gemeine praktische Bedeutung. Deutsches Reich. Lcipsig, 19. August. * „Dotcntc" zwischen Schaumburg und Biesterscld. Man schreibt uns: An demselben Tage, an dem die deutsch-englische „Detente durch den Besuch König Eduards in Wilhclmshöhc bekräftigt wurde, hat auch die Annäherung der Häuser Biestcrfeld und Schaumburg einen Fort- schritt gemacht. Denn an jenem Lage trafen der Fürst und die Fürstin von Lippe aus Detmold in Bückeburg zum Besuch des dortigen .Hofes ein, und bei der Festtafel wurden Trinksprüchc von politischer Be deutung ausgelauscht. Ter „T. Vollsztg." zufolge gab Fürst Georg der Hoffnung Ausdruck, daß dies Zusammensein einen freundschaft lichen Verkehr zwischen den beiden Häusern anknüpsen werde; Fürst Leopold dankte sür den herzlichen Empfang, der die Tradition zwilchen den beiden Fürstenhäusern werde neu befestigen und aufrecht erhalten können. — To hat die Begegnung von Wilhelmshöhe in Bückeburg ein Gegenstück von geringerer Wichtigkeit, aber doch von politischem Inter esse gefunden. * Die Schellsragc ans dem Katholikentage. Es wird ein Brief wechsel Professor Merkles veröffentlicht, in dem dieser eine Berück sichtigung seiner Richtung auf dem Katholikentage von Würzburg ver langt hat. Ter Vorsitzende des Lokalkomitees, Justizrar Tr. Thaler, hat ihn aber etwas höhnisch mit der Bemerkung abgcfertigt,, daß die Schell-Kontroverse überhaupt nicht zur Besprechung zugelasscn werden solle, Herr Professor Merkle also keiner Garantien bedürfe. Ncichstagsabgeordnctcr Gerstenbergcr fordert nunmehr den Katholiken tag auf, sich unter das Zeichen des Kampfes gegen Merkle zu stellen. * Graf Posadowsky und die Reform der Versichernngsorganisation. Die „Berl. Pol. Nachr." schreiben: „Tic „Sozialpolitische Rundschau" erzählt bei der Erörterung der Gründe der Entlassung des Grafen v. Posadowsky, daß letzterer seinen Sturz sesbst mit hcrbcigesübrt habe, indem er seine großzügige Arbcitcrvcrsicherungsreform fallen ließ und sich mit einer Kodifikation der drei Vcrsicherungsgcsetzc begnügen wollte. Was der Staatssekretär des Innern Graf v. Posadowsky in seiner Amtstätigkeit zur Vereinheitlichung der Arbeiterversichcrung tun wollte, wird doch wohl niemand besser gewußt haben, als er selbst. Graf Posa dowsky aber hat in der Reichstagssitzung vom 11. April 1907 wörtlich geäußert: „Man hat viel gesprochen von einer Zusammenlegung der drei großen VcrsicheriingSzweige. Ich habe immer nur gesprochen von einer Zusammenlegung der drei Gesetze, von einer Kodifikation der Gesetz gebung." — Tie genannte Korrespondenz glaubt dies feststellen zu müssen, um einer Legcndcnbildung vorzubeugen. Graf Posadowsky hat aber tatsächlich in einem früheren Jahre von einer Zusammenlegung der Verbände gesprochen. Tie Legcndcnbildung liegt also ganz auf selten des Herrn Schwcinburg.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite