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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.08.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070817027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907081702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907081702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-17
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H a r d i n g e das Großkreuz des Leopold-Ordens, König Eduard dem österreichisch-ungarischen Minister Freiherrn von Aehrenthal das Grobkreuz des Viktoria-Ordens. * Die englische Landbill wurde vom Unterhause in dritter Lesung einstimmig angenommen. * Die Leiter des amerikanischen Telegraphistenver- ba ndes in Chicago erklärten sich bereit, sich dem Schiedsspruch des Schiedsamtes des amerikanischen Arbeitsbundes zu unterwerfen. Tagesschau. Die jesuitische „Forderung des Tages". Man schreibt uns: Das Jesuitenorgan „Stimmen aus Maria - Laach" ist bekanntlich scharf gegen den „Modernismus" zu Felde gezogen, ehe Papst Pius X. öffentlich denselben Kamps ausnahm. Es versteht sich daher von selbst, dab dieses Jesuitenorgan den neuen Syllabus mit ungeteilter Genugtuung begrübt. Es druckt in seiner neuesten Ausgabe den betreffenden Erlab der Inquisition in lateinischer und in deutscher Sprache ab, versucht eine Gruppierung der verurteilten Sätze und schließt nach einem Hinweise auf die auch Deutschland drohen den Gefahren freisinniger Bibelkritik usw.: „Also auch für uns Grund genug, um so treuer zu Rom zu stehen und um so dankerfüllter der Stimme des obersten Hirten zu lauschen." Das Jesuitcnorgan begnügt sich aber nicht mit dieser kurzen Mah nung, sondern widmet ihr gleichzeitig einen langen Aufsatz unter der Ucberschrift: „Was die Stunde heischt". Ter offensichtliche Zweck, der von den „Stimmen aus Maria-Laach" hier verfolgt wird, be steht in der Brandmarkung des „Modernismus" in allen feinen Ver zweigungen., Tas Mittel aber, beim Leser die richtige Stimmung für den Genus; jener Brandmarkung hervorzulocken, ist echt jesuitisch. Haben nämlich die „Stimmen aus Maria-Laach" schon in ihren Bemerkungen zum Shllabus die protestantische D o g m e n g c s ch i ch t e als Quelle der irrigen bibelkritischen Grundanschauungen bezeichnet, so nennen sie die „immer stärker sich vollziehende Infiltration protestantischer Auf fassungen im Geistesleben der gebildeten Katholiken Deutschlands" das Nebel, an dem der Katholizismus im Grunde leide und das für die Zu- lunst die schwersten Gefahren drohe. Um der Wirkung dieses Pfeiles ganz sicher zu sein, wird ihm ein glänzendes Bild oes katholischen Deutschlands der K u l t u r k a m p f z e it vorausgeschickt und der Reichs- tag der Blockmehrheit mit den „gewitterschwülen, bangen Reichstags sessionen" von l87l und 1872 in Beziehung gebracht. So vorbereitet, er hält der Leser ein Bild vom gesamten „Modernismus", wie die Jesuiten i-in malen. Zunächst kommt dic Laienorganisation an die Reihe. Ihre Ziele werden folgendermaben gezeichnet: „Papst, Bischöfe und Priester mögen ferner ihre Titel tragen und am Altar dienen . . ., doch sollen sie dabei nie vergessen, daß sie im Grunde eigentlich von Gemeinde Gnaden sind. Der Papst möge sich wohl hüten, etwas zu lehren oder etwas als Irrtum zu brandmarken oder ein Buch zu verbieten im Widerspruch mit der . . . Ansicht der Hochschulprofessoren und publizistischen Wortführer . . . Wie der Papst mögen die Bischöfe sich bescheiden und friedfertig schicken nach dem, was die leitenden katholischen Preßorgane ihnen gestatten oder oktroyieren. Die Pfarrer mögen sich bewußt bleiben, baß sie außer für Gottesdienst und Sakramentenspendung in der Gemeinde eigent lich nichts zu sagen haben." Nach dieser Kennzeichnung des Strebens der Laienorganisation wird die Forderung des geistigen Fortschrntcs auch in der Glaubenserlcnntnis u. a. folgendermaßen abgetan: „Nichts hat diesen Fortschritt so sehr gehemmt und gestört, als das Abirren verwegener, allzu selbstvertrauender Geister . . . Ein Her me s, ein A n t o n G ü n t h er „ ein Schell.. ., welch verhängnis volle Saat haben sie hinterlassen!" Im Anschluß hieran machen sich die „Stimmen aus Maria-Laach" an die Widerlegung der „großen Schlagwörter", die da lauten: „Vereini gung der Konfessionen, Beseitigung des Trennenden", um dann beson ders scharf den Gedanken abzuweisen, daß in religiösen Dingen die natio nalen Eigentümlichkeiten Berücksichtigung verdienen. „Daher", weh klagt das Jesuitenorgan, „die ängstliche Scheu, die man davor hat, als ultramontan zu gelten, daher bie Beflissenheit, zu betonen, daß man ,LUt katholisch' sei, aber beileibe nicht ultramontan. Dem ganzen, echten Katholiken ist solche Unterscheidung fern. Schlicht und recht blickt er auf Bischof und Papst hin als seine Führer und Lehrer in dem, was seiner Leele nottut. Damit ist das Jesuitenorgan am Schlüsse seiner Forderung des Tages angelangt. Der „ordensoffiziöse" Charakter der Kundgebung spricht sich äußerlich in dem Umstande aus, daß sie nicht die Unterschrift eines bestimmten Verfassers trägt. Vermutlich wollen die „Stimmen aus Maria-Laach" noch für den Würzburger Katholikentag wirken: wie das geschieht, wird man bald wissen. Im übrigen ist Form und Inhalt des jesuitischen Kampfrufes nicht danach angetan, sie Vorkämpfer des Modernismus zum Schweigen zu bringen zeigen dic gro^e 1001 1 280 5 558 1007 1 054 8 700 30 326 Die Etatsstärke der Marine. Die Etalsstärke der Marine hat sich in den letzten zebn Fahren verdoppelt. Sic betrug Das entspricht einer Steigerung von 23 548 Mann in den letzten zehn, einer Steigerung von 15 780 Mann in den letzten sechs Jahren. Mit dem Etatsansatz des nächsten Jahres dürfte die Stärke 50 000 Mann übersteigen. In welchem Umfange die Personalvermehrung der letzten sechs Jahre den einzelnen Chargen zugute gekommen ist, zeigt folgende Zu sammenstellung: Es waren vorhanden: Seeoffiziere Ingenieure Aerzte Zahlmeister Bemerkenswert ist hier Matrosen-Di Visionen Werst-Tivisionen Torpedo-Tivisionen Matrosen-Artillerie-Abt. Die größte Personalvermehrung mit 5702 Mann zeigen die Werft divisionen: auch darin tritt die gewaltige Entwickelung des technischen Betriebes an Bord hervor. Das in den Matroscndivisionen zusammen gefaßte seemännische Personal wuchs um ,5648 Mann. Die Steigerung bei den Torpedodivisionen betrug 2358 Mann. Bei den Matrosen- Vermehrung des Mann- Zunahme 674 3142 10 348 Auge, so entfallen Zunahme 595 134 70 70 . .. ... -.eigerung der In- gen teure, deren Zahl vor sechs Jahren noch geringer war als die der Aerzte, während sie jetzt erheblich größer ist. Es wurden fast doppelt so viele Ingenieure eingestellt als Aerzte. Diese Erscheinung ist auf den gewaltigen Aufschwung der Technik zurückzuführen. Die folgenden Ziffern schaftspersonal s: Tcckoffi^iere Unteroffiziere Gefreite u. Gemeine 19 978 Faßt man die einzelnen Marineteile ins aus die 19 051 Mann 14159 - 5 517 - 3 269 - 1897 23 403 Mann 1901 31171 1904 38 406 1907 46 951 1901 1907 924 1519 159 293 164 234 119 189 namentlich die S Artillerieabteilungen und der mit ihnen verbundenen Minenabteilnng betrug die Zunahme an Kopfzahl S70 Mann. Vorspiele zum sozialdemokratischen Parteitag. Die Versammlungen, in denen die sozialdemokratische Partei der sechs Berliner Wahlkreise zum Parteitage Stellung genommen Hai, können insofern als ein Vorspiel zum Parteitage angesehen werden, ms sic die Gegensätze widerspiegeln, die in Essen aufeinander platzen müssen. Der vernehmlichste Streitpunkt dürfte dort die Frage sein, wie die lokal organisierten Gewerkschaften von der Partei zu behandeln seien. Gemäß dem Beschluß des Mannheimer Parteitages hat bekanntlich der Parteivorstand versucht, eine Ver ständigung mit den Lokalisten herbeizuführen, ist aber dabei von der Leitung der Lokalisten schroff zurückgewiesen worden. Darum ver langt jetzt ein Teil der Genoisen, daß der Parteitag endlich reinen Tisch mit den Lokalisten mache, ein anderer Teil dagegen rät dringend zum behutsamen Verfahren. — Ein zweiter Streitpunkt, ist die Stich- wahltaktik. Viele Genoisen wollen vor allen Dingen dem Freisinn keinerlei Wahlbilse mehr gewähren, andere jedoch verlangen, daß die Sozialdemokratie um weniger Gerechten willen dem Freisinn alle Sün den verzeihe. — Ein dritter Streitpunkt ist die A l k o h o l f r a g e. Fast in sämtlichen sechs Berliner Kreisen sind Abstinente ausgetreten, die von der Partei eine energische Bekämpfung des Schnapsteuscls fordern und zum Zeichen dessen einen abstinenten Korreferenten für die Erörterung der Alkoholfragc in Essen verlangen. Erfolg haben sie je- doch hiermit ebensowenig gehabt wie mit dem Wunsche nach Beseitigung des Trinkzwanges in den Parteioersammlungen usw. Ern sonstiger, recht bedeutsamer Streitpunkt, die Maifeier, wurde nur flüchtig gestreift: immerhin geißelte man den „Zickzackkurs" des Parteivor- standeS in dieser Angelegenheit. Die Zahl der Streitpunkte für die Berliner „Genossen" zu vermindern, haben sich die Diplomaten des Parteivorstandes mit großem Geschick angelegen sein lassen: sie ver- öffentlichten nämlich den Entwurf zur Organisation einer Nachrichten- Vermittlung für die Parteipresse erst in dem Augenblick, als die Stellungnahme der Berliner „Genossen" zum Parteitage bereits erfolgt war! Da? war sehr weise: denn da der Parteivorstand das neue Bnrcau einrichicn, die Redakteure, die Berichterstatter und das Hilfs personal onstellen soll, hätten sich ohne Zweifel gegen die neue Macht- erweiterung de? Parteivorstandes Stimmen genug erhoben. Deutsches Reich. Leipzig, 17. August. * Europäische Politik. Die „Süvd. Reicks-Korre'ponrenz" schreibt: Eine leichte Entstellung in der politischen Physiognomie Europas hat sich sitzt zurückgebilvet. Im Frühjahr war der Schein entstanden, Englano könne unter Abschwächung seiner Beziehungen zu den Kaiserreichen als Mittelpunkt eines westmachtlichen Verbautes Neuerungen an den Küsten des MittelmeereS und in der Balkan'ragen anstreben. Der Schein war falsch, und sowohl die brituwe Tuplomaiie wie die Regierungen anderer westlicher Staaten haben sib mit Reckt dagegen gewehrt. Als Widerpart dieser angeblichen mitiel- ländischen Neubilvung ließ mau damals in den Zeitungen einen Drei kaiserbund ammarschieren. Auch dafür war kein ernsthafter politncher Hintergrund vorhanden. Nirgends konnte man eine Entwicklung wünschen, durch die Europa in zwei Lager gespalten würde. Die Vorgänge ter letzten Zeit machen es vollends zur erfreulichen Gewißheit, raß ein grundsätzliches Abschwenkeu Englands von den Kaiserinächten r: ch! ins Auge gefaßt, sogar bestimmt zurückgewiesen wird. Daiüc zeug! rie Gestaltung res Verhältnisses zwischen England und Rußland, d e wohl Feuilleton. Der Leipziger Mftpark. Eine Ferienbetrachtung. 11. (Schluß. Was sür ein Stadtteil ließe sich auf diese Weise hier schassen!^ Wie wichtig würde er, nicht bloß für den Osten, nein, sür die ganze Stadt, in sozialer, in hygienischer und in ästhetischer Hinsicht werden! Mit welchem Jubel würde er von all den zwilchen der Liebigstraße, der Linnöstraße und dem Windmühlenwege gelegenen Universitätsinstituten einschließlich unseres städtischen Krankenhauses begrüßt werden! Be sonders in ästhetischer Hinsicht möchte ich noch aus einen Umstand auf merksam machen, den noch niemand beachtet zu haben scheint, obwohl er doch ossen zutage liegt. Jeder Leipziger weiß, daß das Gelände des Leipziger Schlachtfeldes nach Osten ansteigt, sogar beträchtlich ansteigt. Dieses Ansteigen beginnt aber bereits unmittelbar vor der Stadt auf dem hier in Frage stehenden Areal. Wie man sich auf dem betreffen den Ausschnitt der Generalstabskarte überzeugen kann, beträgt der Höhenunterschied zwischen dem Bayerischen Platz und der Reitzenhainer Straße am Hochbehälter der städtischen Wasserleitung 24 Meter. T5r eine liegt 118, der andere 142 Meter über dem Spiegel der Ostsee. Aus eine Entfernung von mehr als zwei Kilometern scheint das nun freilich nicht viel, aber für Leipziger Terrainverhältnisse ist cs doch sehr viel. Nirgends um ganz Leipzig gibt es ein unbebautes Gelände, das einen solchen Höhenunterschied cinichlösse! In der „Prachtstraße" wird dieser Höhenunterschied glänzend zur Geltung kommen. Deshalb, freilich auch nur deshalb, kann man sich wohl damit einverstanden erklären, daß diese Straße schnurgerade angelegt werden soll. Es kann l a wirklich im Laufe der Jahrzehnte etwas Aehnliches entstehen wie eine Pariser Avenue, etwa wie die vom Xrv cko Di-iompba nach dem Dinos cko I.'l Oonoorxl« führende Xvenus clos Osismpn ülz-söas. Unwillkürlich denkt man sich draußen aus der vom Völkerschlachtdenkmal bekrönten Höhe sieben und die große Straße überblicken. Unwillkürlich malt man sich au<t, wie sie von zahlreichen schmucken Karossen — nicht Automobilen! — belebt sein wird, die heraus- und hineinfahrend einander hier begegnen — der künftige „Korso" Leipzigs! Wo in bem ganzen stolzen Westen, trotz all seiner Bevorzugung, ist eine Straße, die sich damit vergleichen ließe? Aber welch reizvolle Ausnutzung dieses Höhenunterschiedes würde, abgesehen von der „Prachtstraße , auch auf dem ganzen umliegen den Gelände möglich sein! Bei dichter Bebauung mit vier- und fünf- stückigen Häusermassen würde er spurlos verloren gehen. Welch dank bare Ausgabe dagegen für den Städtebaukünstler, ihn bei der Anlegung eines Parkstadtviertels zu verwerten! Welch malerische Wirkungen würden sich hier ganz ungesucht ergeben! Nun wird der Leser denken, ich wolle Vorschlägen, einen „Wett bewerb" auszuschreiben zur Gewinnung künstlerisch hervorragender Pläne. Das liegt mir fern. Dir haben Wettbewerbe für Leipzig genug gehabt, die dann auf Nimmerwiedersehen in der Versenkung verschwun den sind. Sie kosten viel, kosten Arbeit und Geld, und haben meist wenig Nutzen. Wir haben an der Spitze unseres Tiefbauamtes und unicrer Gartenverwaltung Männer, dic, auch ohne vorhergegangenen Wettbewerb von Architekten, mit vereinten Kräften »nb in gemeinsamer Arbeit sicherlich etwas Großes und SchöncS schaffen wurden, wenn ihnen nur einmal Gelegenheit gegeben würde, auS dem Vollen zu schaffen, und denen cs auch von Herzen zu gönnen wäre, daß sie sich I einmal mit ihrer Kraft, die sie jahraus jahrein an denselben, immer wiederkehrenden Kleinigkeiten verzetteln müssen, vor eine außergewöhn lich große und schöne Ausgabe gestellt sähen. Sic würden sich mit Be geisterung und sicher auch mit glücklichem Gelingen an die Lösung dieser Ausgabe machen. Nun böre ich aber auch schon die Einwände: Ach, was du da vor schlägst, das ist ja eine ganz utopische Idee, ohne jede Aussicht auf Ver- wirklichung! Wer soll denn dort auf der Ostseite der Stadt eine Villa bauen! Es ist ja gar kein „Zug"Z>ahin. Und denkst du denn gar nicht an die wirtschaftliche Seite der Sache? Hältst du den Plan wirklich finanziell sür durchführbar? Diese Einwände beirren mich nicht. Gewiß sind in der letzten Zeit bisweilen recht „utopische" Ideen zur Verschönerung Leipzigs laut ge worden. Ta wollte der eine womöglich das ganze Stadtviertel, durch das die Windmüblenstraße geht, niedcrrcißen, damit die „Prachtstraße" schon am Neuen Rathause beginnen könnte. Ein anderer wollte das ganze Stadtviertel um dic Rosemalgasse und die Jakobstraße hmweghauß- mannisieren, damit man schon von der Promenade aus den Blick ins Nosental hätte. Tas sind wirklich utopische Ideen, über die wohl jeder Verständige gelächelt bat. Ich will nichts Niederreißen, ich möchte nur, daß ein bisher noch unbebautes Area! einmal in etwas anderer Weise bebaut würde, als nach der seit Jahrzehnten in allen Großstädten üblichen Schablone. Das große Dreieck, um das es sich hier handelt, ist gegen wärtig noch Feld. Nur die vorderste, unmittelbar binter dem Bayerischen Platz gelegene Spitze ist teils in Form von Mietgärtchen, teils zu Gärtnereien oder Lagerplätzen verpachtet. Sowie man aber den Windmiiblenwcg ein Stückchen hinaus ist, kommt man ins Feld, ins freie Feld, und dieses zieht sich hin bis an dir Verbindungsbahn, bis an den neuen Park am Südsriedhofe. Und fragt man: Wem gehört das Feld? so erhält man eine Antwort, durch die man aufs freudigste überrascht wird. In einem der schönen Sitzungszimmer unseres Neuen Rathauses hängt unter Glas und Rahmen ein Plan von Leipzig, auf dem aller Grundbesitz der Stadtgemeinde rot, aller Grundbesitz des Johannis- > Hospitals gelb gefärbt ist. Und da siebt man denn, oaß die reichliche ' .Halste unseres Dreiecks, vielleicht 850000 Quadratmeter, in dem Besitz der Stadtgcmcindc und des Johani.ishospitals sind, also zweier Bc- . sitzcr, die in der glücklichen Lage sind, daß sie es nicht nötig haben, ihren Feldbesitz zu Baustellen sür vier- und fünfstöckige Micthäuser aus;»- k schlachten. Ter übrige Teil aber ist, wie ich höre, in den Händen von wohlhabenden und patriotischen Leipzigern, dic cs zum Glück — auch nicht nötig haben und wohl bis jetzt auch gar nicht daran gedacht haben. Vor läufig, wie gesagt, hat dos ganze Areal nur den Wert, den jedes beliebige , Korn- oder Kartoffelfeld bat. Es soll ja auch gar nicht versch-nkt, cs soll nur nickt als Bauland im landläufigen Sinne behandelt werden Der Mert, den es einmal als Bauland erhalten soll, wird von dem Be bauungsplan abbänacn, der von den städtischen Behörden mit Genehm,- gung der Staatsbehörde hier ausgestellt werden wird. Und dieser ist döch wohl noch nicht endgültig festgcstellt. Auch wenn das Areal zur Anlegung einer Gartenstadt bestimmt würde, eines Stadtviertels, dos ganz und gar in Grün eingebettet wäre, würde es eine Wertsleigeriing irsahrcn, mit der alle Besitzer wohl zuirieden kein könnten. Die Be- sürchtung, daß nicht viel Neigung bestehen würde, hier Landhäuser zu errichten, ist gänzlich grundlos. Der vielg-nannte „Zug nach dem Westen" ist doch auch nur eine von den vielen gedankenlos nachgcsproche- nen Phrasen. De: Zug der Menschen geht überall dahin, wo sie sich wohlzubefinden, die Bedingungen eines schönen, menschenwürdigen Da seins zu finden hoffen dürfen. Und wo könnten sie das sicherer hoffen als in dem zukünftigen Leipziger Ostpark! In dem schon erwähnten 1904 bei Gelegenheit der Düsseldorfer Gartenbauausstellung erschienenen Buche findet sich auch eine lehrreiche Tabelle, in der von einundsechzig deutschen Städten die Größe ihrer Gartenanlagcn mit der gesamten städtischen Grundfläche und mit d.r Einwohnerzahl verglichen wird. Natürlich lassen die Zahlen dieser Tabelle keinen sicheren Schluß zn, weder über die gesundheitlichen Ver hältnisse der Städte noch über dic hygienische oder ästhetische Einsicht und Fürsorge ihrer Verwaltungen. Orte in günstiger natürlicher Lage lauf hügeligem Gelände, am Wasser, in waldreicher Umgebung! stellen an den Stadlgärtncr geringere Anforderungen als weniger günstig ge legene. Städte mit großen PrivatgäAen und Privatanlagen bsdürwn der öffentlichen grünen Plätze nicht in dem Maße wie Städte mit dicht bebauten Häuservicrteln. Städte mit reichen Erbstücken fürstlicher Gai- tenliebbaberei oder reichen Parkstiftungen sind anders zu beurteilen als solche, die immer nur auf den Stadtsäckel angewiesen waren. Was in der einen Stadt dringendes Bedürfnis sein kann, kann in der andern els vornehmer Lnrus erscheinen. Jmmcrbin geben die Zahlen zu denken, und ich greise daher einige Städte aus der Tabelle heraus, um einigermoße'.'. einen Vergleich mir Leipzig zu ermöglichen. Die erste der vier folgenden Zahlenreihen gibt in Hektaren die gesamte Grundfläche der Orte an, die zweite die Grundfläche der öffentlichen Anlagen unb Volksgärtcn, Vic dritte das Verhältnis beider in Prozenten, die vierte die Anzahl d.r ber Be- Quadratmeter der öffentlichen Anlagen, die auf den Kopf völkerung kommen: Augsburg 2187 120 5,5 8,45 Berlin 0350 871 5,8 1,98 Chemnitz 3650 115 3,1 5,55 Dresden 6356 203 3,2 5,09 Frankfurt a M. 9378 3521 37,5 122,05 Görlitz 1889 130 7 16,07 Hamburg 7700 140 1,8 1,98 Hannover 8064 90 2.2 8,82 Karlsruhe 1465 32 2,2 8,30 Königsberg 2034 61 3 8,25 Leipzig 5704 205 3,6 4,50 Magdeburg 5549 262 4,7 11,41 Mannheim 6607 214 8.2 15,2t München 8606 666 7,6 13,32 Münster i. W. 6594 59 0,9 9,25 Rostock 350 182 52 33,26 Stuttgart 3234 81 2,5 4,59 Wiesbaden 3607 464 12,9 53,90 Würzburg 3216 103 3,2 13,66 Man sicht, daß Leipzig nicht gerade zu den am schlechtesten, aber auch nicht entfernt zu den am besten gestellten Städten gehört. Wie ganz anders wären für Leipzig die Zahlen vor hundert und vor zweihundert Jahren aneaekgllen! Das Nosental besaß die Stadt schon, als sie tncb keine M000 Einwohner hatte. Dazu war sie im achtzehnten Jahrhundert, wo die Einwohnerzahl allmählich auf 30 000 stieg, umgehen von einem vollständigen Kranze großartiger Privataärten. Die Leipziger Adren- bücher aus den dreißiger Jahren oeS achtzehnten Jahrhundert- zählen
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