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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.08.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070826017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907082601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907082601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-26
- Monat1907-08
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Anzeiger»-Preis Nir Inserate eu» Leipzig und Umgebung di« 6aesvalt«ne Petitzeile 25 Ps., finanzielle Unzetgea 30 Ps., Neklamen 1 M.; von aulwärt« 30 Ps., Neklamen 1.20 M., vom «u»land 50 sinaaz. «n,eigen 75 Ps., Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behörden im amUichen Deil 40 Ps. Beilage,ebübr 5 M. p. Lausend ezkl. Post gebühr. Geschästtanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rebalt nach Laris, gefterteilte Slusträa« känneu nicht zurück- -e»ogen werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Lagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen. Slnnahm«: L»g»stu«platz 8» bei sämtlichen Filialen u. allen Annonceu- Lxpedttionen de« In- und «utlande«. Haupt Filiale Berltu: Earl Duncke , Herzog!. Vahr. Hofbuch- handlung, Itutzowftraße 1L (Delephon VI, Str. 4803). Nr. 238. Montag 26. August 1907. 181. Jahrgang. Das wichtigste voin Tage. * In Gegenwart des Kaisers hat gestern in Schwerin die Enthüllung desDenkmals stattgefunden, das dem Andenken der verstorbenen Großherzogin Alexandrine gewidmet ist. sS. Letzte Dep.) * Der König von Sachsen ist gestern abend von Dresden z-r Jagd nach Tarvis in Kärnten abgereist. * Prinz Eitel Friedrich machte gestern in Homburg v. d. Höhe dem König von Siam einen Besuch, den dieser bald darauf im Königlichen Schloß erwiderte. Prinz und Prinzessin Eitel Friedrich sind nach Schloß Wilhelmsböhe abgereist. * Zum Vizepräsidenten des preußischen Oberkir ch« nrats wurde Oberhofprediger v. Dryander ernannt. sS. Dischs. R.) * InWürzburg hat gestern der 54. deutscheKatholiken- tag seinen Anfang genommen. (S. Letzte Dep.) * Die Königin von E n g l a n d und P r i n z e s s i n V i c t o - r i a sind auf der königlichen Jacht „Victoria and Albert" gestern mittag in Christiania angekommen. Sie wurden von der königlichen Familie empfangen und begaben sich nach dem Schlosse Bygdö. * Tas britische Schlachtschiff „Temeraire", mit einem Gehalt von 18 650 Tonnen, das dritte Schiff der Treadnoughtklasse, ist in Tevvnport von Stapel gelaufen. (S. Ausl.) * Die russische und die japanische Negierung haben be schlossen, ihre Gesandtschaften in Tokio und Petersburg zu Bot schaften zu erheben. * Die spanischen Konsuln in den marokkanischen Häfen haben dem Minister des Aeußern nach San Sebastian telegraphisch mitgetcilt, sie hätten die Nachricht erhalten, daß Mulay Hafid auf Casa blanca marschiere. lS. Leitart., Ausl, und Letzte Dep.) * Vorgestern ist der Erpreßzug Coutras-Paris entgleist, kl Personen wurden getötet, 20 verletzt. lS. Letzte Dep.s * Aus Zentraljapan laufen Meldungen über so gewaltige Flutwellen ein, wie sie seit vielen Jahren nicht vorgekommen sind. Eiscnbahnzüge sind aufgehalten und mehrere Dörfer überschwemmt wor- den. Man befürchtet, daß der angerichtete Schaden sehr schwer ist. * Der Sächsische Radfahrerbund hielt gestern zum neun- ten Male seine Fernfahrt Zittau —Leipzig ab. Von 42 ge starteten Fahrern erreichten 34 das Ziel. Erster wurde Winkler-Leipzig in 8 Stunden 9 Min. 44 Sek. lS. Sport.) * Im Leipziger Herbstmesse-Steherpreis, der gestern auf der Sportplatzbahn ausgefahren wurde, siegte der Belgier Verb ist. lS. Sport.) * In Dresden wurde am Sonnabend und Sonntag unter dem Vorsitz von S ch a r f e - Leipzig der Vcrbaudstag der Mitteldeutschen Ballspielvereine abgehalten. lS. Sport.) Die rote Intevnatior.crle. Diese Schlußbetrachtung des Stuttgarter internationalen Sozia listentages muß mit einem Nachtrag eingcleitet werden. Es wurde in einem früheren Artikel darauf hingewiesen, daß der Hervesche Unsinn von den preußischen Bajonetten, die aus*'die russischen Revolutionäre „loszugehcn" drohten, von den deutschen Genossen provoziert worden ist. Mit dieser Ansicht scheint nun im Widerspruch zu stehen, was Bebel nachträglich, am Mittwoch, in der Debatte über den Militarismus und die internationalen Beziehungen gesagt hat. Es heißt in seiner Rede: „Im Oktober 1905, als die russische Revolution ihren Höhepunkt er reicht hatte und selbst Pessimisten an eine sofortige grundlegende Um- gcstaltung des russischen Staatswesens glaubten, beachtete auch die preußische Negierung das Ucbcrgreifen der Revolution auf Polen und verstärkte zu diesem Zwecke die Grenzstationen des Ostens. Nur zu diesem Zweck An ein militärisches Eingreifen in Rußland hat auch die deutsche Negierung nicht gedacht." Diese Ehrlichkeit verdient immer hin Anerkennung. Aber sie hat leider einen großen Fehler. Sie kommt nämlich einige Jahre zu spät. Aus der ganzen sozialistischen deutschen Presse der letzten Jahre ist uns kein Wort gleichen Inhalts bekannt geworden. Dafür aber kann man unzählige Stellen und Aussprüche anführen, auf die sich Hervs bei seiner rappelköpfigen Hetze berufen könnte. Es bleibt also trotz der nachträglichen Loyalität Bebels bei-dcr Wahrheit: Lua culpa. Nach Erledigung dieses Details sei gleich noch ein zweites abgegeben. Der internationale Sozialistenkongrcß hat mit reichlicher Melodramatik die erschütternde Tatsache behandelt, daß der englische Genosse Ouelsh loder Ouelch?) von der württembergischen Regierung ausgcwiesen'wor den ist, weil er die im Haag versammelten Negierungsvertreter Diebe genannt hat. Ob der Ausweisung große Entrüstung, noch mehr bei den deutschen Genossen als bei den fremden. Herr Singer, der doch sonst eigentlich nicht an einem Uebermaß von Scnsitivität leidet, schämt sich als Vorsitzender nnd als Deutscher furchtbar, daß wir noch nicht volle Schimpffreiheit in Deutschland haben. Und auch liberale Organe sprechen der württembergischen Regierung ihre Mißbilligung wegen Kleinlichkeit, Devotion vor dem Auslande, Gefügigkeit gegen Berlin und einige andere Sünden aus. Man kann der Meinung sein, daß es um Herrn Ouelsh nicht weiter schade ist, braucht ihm keine Träne nach zuweinen, kann seine Schimpferei töricht und geschmacklos finden und im übrigen meinen, es wäre vielleicht auch ohne die Maßnahme der württembergischen Aufsichtsbehörde gegangen. Nun kommt aber die interessante Nachricht, daß die württembergische Regierung die Aus weisung keineswegs in der schroffen, unbedingten Form vorgenommen hat, wie man ohne nähere Kenntnis der Vorgänge annehmen mußte. Tie Regierung hat nämlich Herrn Ouelsh ausdrücklich Gelegenheit ge geben, die Beschimpfung zurückzunehmen mit der Zusicherung, daß ihm dann nichts geschehen werde. Und der Erfolg dieser doch wirklich höflichen Be handlung war, daß Herr Ouelsh in Form einer eingeschobencn Erklärung seine Worte ein wenig abschwächte, um damit zu schließen, er halte alles Gesagte aufrecht. Von dieser ersten Intervention der Regierung hat die sozialdemokratische Presse kein Wort gebracht. Man erfährt von ihr erst aus einer Kundgebung der Negierung. Sehr niedlich ist übrigens auch die Erklärung oder Entschuldigung Ouelshs, es sei bei den eng lischen Sozialdemokraten allgemein üblich, von der bürgerlichen Welt als von einer Gesellschaft von Dieben zu reden. Was natürlich die internationalen Genossen nie abhalten wird, die Sozialdemokratie als den einzigen Hort wahrer Kultur und Toleranz zu feiern. Der letzte Tag des Kongresses brachte noch die Einigung über die Stellung zum Militarismus. Aber diese Einigung wurde nur dadurch möglich, daß man es ausdrücklich ablehnte, die Sozialdemokratie der einzelnen Länder auf bestimmte Aktionen ffestzulegen. Die Ansicht Bebels und Vollmars hat also über die der Franzosen Hervä und Jaurös gesiegt. Und dieser Sieg wurde in einer Resolution dokumen- tarisch festgelegt, zu deren Entschuldigung Vandervelde den alten, aber nicht üblen Witz aufwärmte: „Wir hatten keine Zeit, sie kürzer zu machen". In der Tat ist die Resolution ein Ungeheuer an Länge und so nichtssagend, wie nur irgend — wünschenswert. Ihr schönster Satz ist das Bekenntnis der sozialdemokratischen Ratlosigkeit: „Die Inter nationale ist außerstande, die in den verschiedenen Ländern naturgemäß verschiedenen, der Zeit und dem Ort entsprechenden Aktionen der Ar beiterklasse gegen den Militarismus in starre Formen zu bannen. Aber sie hat die Pflicht, die Bestrebungen der Arbeiterklasse gegen den Krieg möglichst zu verstärken und in Zusammenhang zu bringen." „Möglichst" und „mit allen Kräften" sind noch die präzisesten Ausdrücke der Reso lution. Wenn nun die Sozialdemokratie der einzelnen Länder noch nicht weiß, wie sie dem Militarismus zu Leibe zu gehen hat, dann ist ihr nicht zu helfen. Der Stuttgarter Kongreß ist jedenfalls unschuldig daran. Er hat seine Schuldigkeit getan und eine Resolution gefaßt. Er hat sogar ein übriges getan und sich enthusiasmiert. Wir vermuten freilich, der „stürmische, lang anhaltende Beifall" hat mehr dem end lichen Schluß der Debatte als der Resolution gegolten. Denn sich an der zu begeistern, ist ein ebenso schweres Kunststück, wie sich an Regen wasser zu berauschen. Ter „Vorwärts" bringt einen Ueberblick über die Stuttgarter Kon ferenz und faßt sein Urteil dahin zusammen: „Es scheint tatsächlich, als wenn die neue Internationale die Periode der Konsolidierung, der inne ren Befestigung und der gegenseitigen Anerkennung überstanden hat und mit der Stuttgarter Tagung in eine neue Lebensperiode eintritt: in die Epoche der unmittelbaren praktischen Wirksamkeit." Vorausgesetzt, daß dieses Urteil richtig wäre — weiß der „Vorwärts" auch, daß damit der schwierigste Teil der Arbeit angesangen hätte? Daß nach dem ewigen Klugreden das Klughandeln beginnen müßte? Wir sind jedenfalls der festen Ueberzeugung, daß sicke-gerade bei den Versuchen, die Theorien der Sozialdemokratie in die Praxis umzusetzen, ihr Irrationalismus, ihre Bodenlosigkeit am deutlichsten und am ehesten Herausstellen muß. Die Vorgänge in Casablanca. Von privater Seite gehen uns über das Bombardement folgende Mitteilungen zu, die wir in Hinsicht auf die Persönlichkeit des Schreibers für wahr halten müssen. Das eine oder andere ist zwar auch schon bekannt geworden — doch dürfte das ganze in diesem Zusammen hang interessieren. Die letzten Vorgänge am hiesigen Platze sind in der Presse infolge falscher französischer Meldungen zum Teil sehr entstellt worden, so daß ich mich veranlaßt sehe, Ihnen nachstehend einen Bericht über die wahren Vorgänge zu geben. Es wirb Ihnen noch in frischer Erinnerung sein, welche Erregung auf französischer Seite die Ermordung des Dr. Mauchamp im März dieses Jahres hervorrief, und wie dann festgestellt wurde, daß durch die eigene Schuld des Ermordeten der erregte Pöbel sich auf ihn gestürzt hätte. Man hat Frankreich seit langem anqeraten, feine politischen Be strebungen zu mäßigen und nur mit äußerster Vorsicht vorzugehen. Aber Frankreich ist in der schon damals so sehr gerügten Unvorsichtig- keit fortgefahren, hiermit die nationalen Gefühle des arabischen Stam mes beleidigend. Es war die Einrichtung der drahtlosen Telegraphie^ welche die um Casablanca liegenden Stämme veranlaßte, sich bereits im April d. I. zusaminenzuschließen, um vom Gouverneur der Stadt die Entfernung der Anlagen zu verlangen. Man fertigte die Stämme damals durch eine Gcldcntschädigung ab, aber der Haß gegen alles Französische glimmte weiter und flackerte wieder auf, als durch die beginnenden Hafenbauten immer mehr französisches Element in die Stadt kam und seitens der Hafenbaugesellschaft eine kleine Feldbahn nach nahegelegenen Stein brüchen geführt wurde, um Baumaterial herbeizuschasscn. Zuerst war es Neugier, welche die Bevölkerung hinauszog, allmählich aber gewannen die Araber immer mehr den Eindruck: Man will uns unser Land nehmen und die Eisenbahn ist der erste Schritt dazu. Wäre der Sultan, der in aller Ruhe in Fez saß, besser beraten gewejen, so hätte er jetzt dem vielen Drängen aller seiner wahren Freunde folgen und seinem Volke durch einen Aufbruch aus Fez zeigen müssen, daß er noch Herrscher des Lan des sei. So aber verharrte er in seiner Lethargie, die schweren Folgen nicht erwägend, und, um den Anleihen des Landes eine Sicherheit zu geben, ordnete er die Kontrolle seitens der Franzosen über die Zoll ämter an. Nun ist die Zollbehörde eine der angesehensten, und als das Volk hörte, daß ein Franzose mit den Ersten im Zollamte tätig sei, sagten sie sich: Unser Land ist verkauft, einen Sultan Haden wir nicht mehr, nun wollen wir uns selbst unser Recht holen. So war die Lage in den ersten Tagen des Juli, als eine Abordnung der Stämme vom Kaid die Entfernung der französischen Beamten aus dem Zollhause und die Einstellung der Hafcnarbeitcn verlangte. Der Kaid glaubte mit der ausweichenden Antwort, es sei ein Befehl des Sultans, seine Pflicht getan zu haben, doch die jetzt durch die von draußen herannahenden Stämme erregten Gemüter des Stadtpöbels ließen sich dadurch nicht mehr halten, und ein fanatischer Scherif durch-og am Morgen des Mordtages, des 30. Juli, die Stadt, den heiligen Krieg ausrufend. Noch wäre durch eine ausreichende Bestrafung eines solchen Aufwieglers das Schlimmste abzuwenden gewesen, aber die Unfähigkeit des Kaids konnte es nicht verhindern, daß am Nachmittag sich der Pöbel der Stadt auf die am Strande arbeitende Lokomotive stürzte und neun am Hafenbau beschäftigte Arbeiter erschlug. Der Befehlshaber eines nicht weit von der Stadt kampierenden Heeres, Mnley Lemin, ein Onkel des Sultans, eilte auf die Schreckensnachricht herbei, nahm selbst die Zügel der Re- gierung an sich und stellte sofort Rübe und Ordnung wieder her, für die Sicherheit der Europäer durch Wachen sorgend. Inzwischen aber war schon die Nachricht über diele Vorfälle nach Tanger gebracht und am 1. August traf der französische kleine Kreuzer ..Galiläe" wer ein, sand iedoch alles wieder ruhig vor. Trotzdem bestand der Kommandant darauf, das Bombardement zu eröffnen, und wurde er nur durch den energischsten Protest seitens sämtlicher Konsulate daran verhindert. Da- gegen verlangte er eine völlige Säuberung der Stadt von allen fremden Elementen, wie auch ausreichende Bewachung und Sicherheit sür alle Europäer und deren Eigentum. Die marokkanische Regierung ist diesen Anforderungen voll und ganz gerecht geworden, sie bat die Stadt gründ- lich aesöubert, den ankommenden Landarabern den Eintritt tn die Stadt verweigert und durch zahlreiche Wachen für die Sicherheit der Europäer nnd ihres Eigentums gesorgt. So war der Sonntag, der 4. August, ein völlig ruhiger Taa. und das Gcschästsleben fing schon an, sich langsam wieder zu entwickeln. Und über diese völlig ruhige, friedliche Stadt ist durch die unver antwortlich leichtsinnige Landung einer ganz verschwindend kleinen Ab teilung französischer Marinetruppen und durch das darauf folgende Bombardement das größte Elend, Blutbad und Zerstörung aus gebrochen. Es war in der Nacht vom Sonntag auf Montag um 2 Uhr, als uns plötzlich durch offizielles Schreiben nutgeteilt wuroe, der fran zösische Kommandant beabsichtige um 5 Uhr die Landung des „er warteten Geschwaders mit imposanten Truvpen- mässe n", und wir alle sind fest davon überzeugt, daß eine solche Lan dung ohne irgendwelche schwerwiegenden Folgen für Hab und Gut nnd Leben aller Beteiligten gewesen sein würde. Desto größer war aber unsere Empörung, als wir um 5 Uhr — die deutsche Kolonie hatte sich in einem dicht am französischen Konsulate belegenen Hause eines Deutschen versammelt — überhaupt nur die „Galilö auf der Reede sahen, so daß wir nun, da das Geschwader nicht zur Stelle war, eine, Landung nicht erwarteten. Aber gegen alle Verabredun am it denVer- treternderanderenMächte sahen wir eine Viertelstunde später drei kleine Boote mit etwa 75 Mann von Bord abstoßen und hatten jetzt die Gewißheit, daß dieses kleine Häuflein es in unverantwortlichem Leicht sinn wagen würde, gegen eine Stadt von 40 000 Seelen vorzugehen. Es war für alle Beteiligten ein Augenblick ohnmächtigster Entrüstung, als man die Landung dieses schwachen Trupps sab, der nicht gekommen war, uns zu schützen, sondern uns in die größte Gefahr zu dringen. Ueber die Landung selbst kursieren die widersprechendsten Gerüchte, die den falschen Berichten der französischen Presse ihre Entstehung verdanken. Nach letzteren erfolgte die Eröffnung der Feindseligkeiten durch eine Salve der marokkanischen Regierungstruppen. Das entspricht nicht den Tatsachen! Der erste Schuß, der siel, war wie ein scharfer Peitschen knall, ein Schuß, wie wir ihn zu laufenden von Malen aus den fran zösischen Karabinern in unmittelbarer Nähe zu hören Gelegenheit gehabt haben. Die marokkanischen Soldaten hatten den strikten Befehl, einer Landung nichts in den Weg zu legen und aufkeinen Fall einen Schuß abzugeben. Auch wird cs von sämtlichen Deutschen, die von Bord des deutschen Dampfers „Arkadia" aus die Vorgänge an Land mit fieber hafter Spannung verfolgten, entschieden bestritten, daß das Tor den an kommenden französischen Soldaten verschlossen gewesen sei. Dem ersten Schuß folgte Salve auf Salve, und im Sturmschritt eilte das kleine Häuf lein, wild in alle Straßen schießend, daher, den bisherigen Frieden störend. Die Bewachung des französischen Konsulates war in diesen Tagen durch eine verstärkte Abteilung marokkanischer Truppen erfolgt, und es widerspricht jedem menschlichen Gefühle, niederschreibcn zu müssen, daß selbst diese Wache, welche vorher die Franzosen beschützen durste, nun von den ankommenden Truppen wie Mörder niedergeschossen wurde. Zur gleichen Zeit wurde ein heftiges Bombardement auf die Stadt eröffnet. Die Umstände der Landung gehen nach Ansicht aller Europäer smit Ausnahme der Franzosen) gegen jedes Völkerrecht, da die ganze Stadt bei Landung größerer Truppenmassen, wie sie eben drei Tage später eintrafen, in einer ganz ruhigen Weise in Besitz genommen werden konnte und dann all das furchtbare Elend verhindert worden wäre. Die Europäer hatte man durch diese so unglaublich leichtsinnige Landung für drei Tage einer sehr kritischen Situation und allgemeinen Massakre ausgesetzt und ist dadurch, daß man mit diesen 75 Mann nur einen ganz versck-windend kleinen Komplex von drei Häusern schützen konnte, den von draußen hereinkommenden Landarabern und Juden Gelegenheit gegeben worden, die Stadt in ihrer weiteren Ausdehnung völlig in Brand zu stecken und auszuplündern. Tank der Ruhmbegier des Komman danten der „Galilce" ist die vorher so blühende Stadt jetzt ein Trüm merfeld. Durch diese Vorgänge ist natürlich der Handel in allen Teilen brach gelegt. Alle im Marokkogeschäft interessierten Häuser sind durch diese Vorfälle aufs Aeußerste betroffen, und ist es nur zu hoffen, daß seitens der Diplomatie Deutschlands dafür gesorgt wird, den berechtigten An sprüchen der enorm geschädigten deutschen Häuser den genügenden Rück- halt zu geben. Daß diese Darstellung der hiesigen Verhältnisse eine völlig objektive ist, darüber braucht man nur die Stimmen der anderen hier ansässigen Nationen zu hören, sogar die der Spanier, die sich doch selbst am Bom bardement der Umgegend beteiligt haben. Schutz der deutschen Interessen und die Ge währleistung eines offenen Handels, darauf ver trauen wir alle und hoffen, daß unser deutsches Vaterland seine Söhne nicht im Stiche lassen wird. Telegraphisch wird weiter gemeldet: --- San Sebastian, 25. August. (Eigene Drahtmeldung.) Zwischen dem französischen Botschafter Revoil und dem spanischen Minister dc-S Aeußeren hat gestern eine Konferenz über Marokko stattgesunden. Später hatte Revoil eine Unterredung mit dem Ministerpräsidenten Maura. In hiesigen Ncgierungskreisen wird versichert, daß von einer weiteren Entsendung von Truppen nach Casablanca keine Rede sein könne. — Paris, 25. August. (Eigene Drahtmeldung.) Nach Meldungen au? Casablanca beschlagnahmte der französische Kreuzer „Du Cbahla" ein spanisches Boot mit Kriegskontrebande, bestehend aus 10000 Gewehren und der entsprechenden Munition. Tie Munition wurde auf den „Du Chayla" gebracht. Deutsches Reich. Leipzig, 26. August. nel. Tie Hrrbft-Manövc» flotte. Die Herbstübungen der Flotte ver einigen in jedem Jahre ein an Zahl und Kraft wachsendes Schiffs material. Auch in diesem Jahre ist an Schiffen herangezogen, was nur zu er»eichen war. Den Kern der Herbst-Manöverflotte bildet natürlich die Hochjecflolte mit 16 Linienschiffen, 3 Panzerkreinern, 6 kleinen Kreuzern und 2 Tendern Diesen werden rugeselll die Küstenpanzer „Aeg>r" und „Frithjos", die Mincnschiffe „Nautilus", „Pelikan" und „Rhein", die Torpedo-bezw. Artillerieschulschiffe „Bineta" und „Nymphe" sowie Fischereiichiff „Zielen". DaS sind im ganzen 35 Kriegsschiffe. Ueberaus groß ist die Zahl der zu den Hebungen herange.ogenen Torpedo boote. Zu d n beiden Schulflotlillen treten eine Manöverflottille nnd eine Reseroeflottille, so daß im ganzen vier Torpedobootsflottillen zur Ver fügung stehen, die einschließlich cer Depeschenboole für die GeschwacerchefS über bOTorpedobool« verfügen. Die in Veibindung mit den Manöver» slattsindenden Minenübungen machen auch die Heranziehung der beiden Minensuchdivisionen notwendig, die ans 24 Mirrenbooten bestehen. Als solche dienen ältere Torpedoboote, die wegen nicht mehr ausreichen der Fahrgeschwindigkeit au« der Front autscheiden mußten. Im ganzen handelt eS sich um eine Floltenmacht von 109 Schiffen und Fahrzeugs)» aller Art und Größe vom 13 200 Tonnen- Schiff biS zum kleinsten To pedocoot. Der Personalbestand dieser Floitenmacht übersteigt 18 500 Köpfe. Ueber den Ort der Manöver der Flotte sind in den letzten Tagen schon Einzelheiten gemeldet worden. Ihr Schwerpunkt liegt in der Nordsee, denn raS LanrungSmanöoer bei Apenrade wird mehr den Charakter einer Uebung haben; hier liegt der Wert in der Feststellung, was ein auSgeschiffleS staikcS LanvungSkorpS am Lande auSzurichlen vermag.
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