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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.08.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070827029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907082702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907082702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-27
- Monat1907-08
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unterhält, traf sich mit ihm in Norderney. Die Zusammenkunft war eine der herzlichsten. Unser Vertreter und der Kanzler konnten ihr Ein« vernehmen und ihre Zuversicht in die Vortrefflichkeit dec deuisch-sran- zvsischeu Beziehungen fest,teilen". — Cambon hat auch den französischen Kaufleuten aus Lyon gegenüber, die er gestern bei ihrem Besuch in Berlin sprach, seine Freute darllb r ausgesprochen, daß sie Deutschland besuchten u >d wies darauf hin, daß derartige private Unternehmungen die geeig netsten Mittel feien, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutsch land und Frankreich aufrecht zu erhalten und viel dazu beitrügen, daß die Bewohner beider Länder sich gegenseitig kennen und schätzen lernten. Am 27. August werden die französischen Kaufleute die Reise nach Dresden und Leipzig fortsetzen. — Die englische Zeitung „Tribüne" sagt bezüglich der Zusammenkunft des Reichskanzlers Fürsten von Bülow mit dem Botschafter Jules Cambon in Noiderney: Jedes Zeichen des Wach'enS einer besseren und gesunden Stimmung zwischen Frankreich und Deutschland wird mit der aufrichtigsten Freude von unS ausgenom men werden, die wir aktive Freundschaft mit diesen beiden großen Völkern wünschen. * Posadowsky und der Handelstag. Auf das Schreiben des Präsi denten des Deutschen Handelstagcs, Abgeordneten Kämpf, an den frühe ren Staatssekretär des Innern Grafen von Posadowsky hat dieser fol gendes erwidert: „Das mir gütigst übersandte Anschreiben des Deutschen Handelstagcs gereicht mir zur hohen Freude und Ehre. Mein aufrich tigster Wunsch ist der, daß Deutschlands Handel und Industrie auch unter dem wachsenden Wettbewerb der Kulturvölker siegreich vorwärts- schreiten möge. Dem Deutschen Handelstage, der unter Ihrer auf reicher Erfahrung beruhenden Leitung steht, gebührt an der glücklichen Entwicke lung unseres deutschen Erwerbslebens reicher Anteil.' * Sächsische Landtagswahl. Aus Bergießhübel wird uns vom 25. August geschrieben: Seitens der nationalliberalen Partei fand heute hier eine Wählerversammlung statt. Als Kandidat für den hiesigen städtischen Wahlkreis ist Lehrer Richter- Rathen aufgestellt worden. Nachdem er von dem Einberufer der Versammlung vorgestellt war, sprach er über: „Was erwartet das sächsische Volk in der Gesamtheit und in seinen Berufsklassen vom kommenden Landtag". Zunächst sprach er über die Reform des Wahlrechts und Zusammensetzung der Ersten und Zweiten Kammer und ging dann zu wirtschaftlichen Fragen über, die sich auf Schiffahrtsabgaben, Finanzwesen, Beamtengehälter, Eisen bahn, Gemeindesteuerreform, Mittelstandssrage usw. bezogen. Sodann sprach er über das Volksschulwesen und die höheren Lehranstalten. slr. Die Bergarbeiterbewegung im Leipziger Braunkohlenrevier. Die Bergarbeiter des Leipziger Braunkohlenreviers haben Anfang August sämtlichen Werken ihre neuen Forderungen unterbreitet und bis zum 22. August um Rückantwort gebeten. Gestern nahmen acht große Bcrgarbeiterversammlungen zu den Antworten Stellung. Von den 34 in Betracht kommenden Werken haben nur 15 geantwortet und, wie vorauszusehen war, ablehnend, da die Werkbesitzer in der ganzen Bewegung nur eine auf sozialdemokratische Verhetzung zurückzuführende Machtprobe sehen. 19 Werke sind überhaupt die Antwort schuldig ge blieben, da sie die Revierkommission, der von der Revierkonferenz der Bergarbeiter die Ausarbeitung und Ueberreichung der neuen Forderun gen übertragen worden war, nicht anerkennen und nur mit den bei den einzelnen Werken bestehenden Arbeiterausschüssen verhandeln wollen. In den Arbeiterversammlungen erblickte man in der Ablehnung der Re vierkommissionen durch die Werkvertretungen nur einen Vorwand, um die Verhandlungen zu verschleppen. Die Arbciterausschüsse wurden jedoch im Interesse des Friedens, wie es hieß, beauftragt, mit den Werks verwaltungen in Verhandlungen zu treten und bis zum 13. September um Antwort auf die Forderungen zu bitten. Die Antwort der 19 Werke wird natürlich ebenso ablehnend sein, wie die der übrigen 15 Werke, die bereits geantwortet haben. Ob es dann zum Streik kommen wird, läßt sich jetzt noch nicht absehen. Die richtige Streikstimmung scheint den Ar beitern augenblicklich noch zu fehlen. Aber an der nötigen Hetzerei wer- den es die gewerbsmäßigen Streikagenten in der Zwischenzeit wohl nicht fehlen lassen. Ausland. * Die Verschwörer von Petersburg. Das Petersburger Militär bezirksgericht beendete in dem Verschwörerprozeß das Verhör der Ange klagten und ging zu den Plaidoyers über. Der erste Ankläger, Oberst leutnant II; in, faßte die in der Untersuchung gewonnenen Tatsachen dahin zusammen, daß die Angeklagten wegen Vorbereitung eines Atten tates gegen das Leben des Kaisers schuldig wären. Der zweite Ankläger, Oberst Schebeko, beantragte die höchste Strafe für die Angeklagten. * Spanischer Ministerrat. Aus Madrid wird gemeldet: Der Ministerrat beschäftigte sich in einer gestern abend abgehaltenen Sitzung mit der marokkanischen Frage. Der Marineminister erklärte auf Befragen, der Ministerrat habe in dieser Sitzung Beschlüsse gefaßt; ihr delikater Charakter verbiete es aber zurzeit, sie zu ver öffentlichen. * Die Studenten von Coimbra. Aus Lissabon wird gemeldet: Ter Staatsrat trat gestern zusammen, um über die Begnadi gung der Studentcnvon Coimbra Beschluß zu fassen. Es ist dies die erste verfassungsmäßige Versammlung des Staatsrates gewesen, seitdem das Kabinett Franco die Diktatur ausüht. Alle Mitglieder der Versammlung äußerten dem König gegenüber den Wunsch, daß zu normalen konstitutionellen Verhältnissen zurückgekehrt werde. Franco führte auf Befragen auch nach seiner Meinung aus, es müßten jetzt wieder normale Verhältnisse eintreten. Das Mitglied des Staatsrates Luciano de Castro sagte, er sei immer Monarchist kn konstitutio nellem Sinne gewesen, aber außerhalb der Verfassung sei er dies nre gewesen und wolle cs auch nicht sein. * Das bulgarische Jubiläum. Die Entsendung einer türkischen Mis sion zum Jubiläum des Fürsten von Bulgarien, die sich bis jetzt wegen Etikcttensragen verzögerte, scheint, wie aus Konstantinopel ge meldet wird, aufgegeben zu sein. Es verlautet, daß im Nildiz die Absicht bestand, einen Wechsel im Großwesirrate vorzunehmen, und daß man den Minister des Aeußern Tewfik Pascha den Posten antrug, den dieser aber abgelehnt habe. * Der griechische König unterwegs. Aus Paris wird gedrahtet: Der König von Griechenland ist gestern abend vonAix-les-Bains zu mehr« tägigem Aufenthalt hier eingetroffen. Er wurde von dem Prinzen Georg von Griechenland und den Mitgliedern der Gesandtschaft empfangen. * „Kanada approved". Aus Ottawa wird gemeldet: Das Gesetz über die Nahrungsmittelüberwachung wird am Donnerstag in Kraft treten. Das Gesetz erstreckt sich aus das ganze Verfahren der Fleisch verpackung für die Ausfuhr. Sämtliche Waren müssen den Negierungs- stempel tragen mit den Worten: Onnackn approvoä. * Zum Ausstand in Südchina. Aus Kanton, 20. Juli, wird uns geschrieben: Nachrichten aus den entlegenen Gebieten des Aufstandes fehlen immer noch. Man darf jedoch annehmen, daß die Erfolge der Negierungstruppen andaucrn und daß diese die Oberhand behalten wer- den. 300 Mann der Hunan-Truppen sind bereits aus der Front auf Liencbou zurückgezogen worden. Wie sich jetzt mehr und mehr bestätigt, sind die früheren Kämpfe mit den Aufständischen erbittertster Natur gewesen. Es wird offen erzählt, daß in einem Zeitpunkt drei Regi- rungs-Feldgeschütze bereits in den Händen der Aufständischen gewesen sind und nur mit schweren Opfern zurückerobert werden konnten. Nir gends soll den Regierungstruppen das Feld widerstandslos überlassen worden sein. Gegenwärtig sind Beamte und Soldateska eifrig damit beschäftigt, „auszuräumen". Der Hopu-Magistrat zieht in den einzelnen Dörfern umher und fordert Auslieferung sämtlicher Waffen. Nach einem gewissen Zeitraum halten die Soldaten Haussuchung. Wer dann noch im Besitz einer Waffe betroffen wird, ist der Todesstrafe durch das Schwert aus dem Platze verfallen. Die Auszahlung der Entschädigungs- summe seitens der chinesischen Negierung hat sich glatt abgewickclt. Die Missionare sind mit der Erledigung sehr zufrieden. Schaden haben sie jedenfalls nicht erlitten. Leipziger und Sächsische Angelegenheiten. Wetterbericht de; königl. sächs. iireteor. Institut» zu Dresden. Voraussage für den 28. August. Nach vorübergehenden Regelfällen trocken un) ziemlich heiter, veränderliche Winde, Temperatur nicht rrheolich geändert. * Ordensverleihung. Tcr König hat genehmigt, daß der Schrift leiter des Orientreiseklubs iu Leipzig, Lehrer Arthur Oskar Wünsch, das ihm von dem Könige von Rumänien verliehene Ritter kreuz des Ordens der Rumänischen Krone annchme und trage. * Titclvcrleihung. Der Herzog von Anhalt hat dem Kaufmann Alban Wrlly Diesel, Inhaber der Firma E. F. Barthel, Kron- leuchter- usw. Fabrik und -Handlung, in Leipzig, Nanstädter Steinwcg 2, das Prädikat „Hoflieferant" verliehen. * Jubiläum. Der Schraubenschneider Karl Albrecht Fer- dinand Bauer in Leivzia-Liudcnau begeht morgen das Jubiläum 25jähriger Tätigkeit in der Maschinenfabrik von Gebrüder Brehmer tn Leipzig-Plagwitz, Karl-Heine-Straße 111. * Die Korbmachcrgchilsen nahmen in einer Versammlung Stellung zur Aufbesserung ihrer als sehr ungünstig bezeichneten Lohn- und Ar- beitsvcrhältnisse, und da der mangelhaften Organisation hieran die Hauptschuld beigemessen wurde, so wurde ein zweiter Vertrauensmann, der insbesondere für die Organisation agitatoriich tätig sein soll, ernannt. * Die Rattcnvertilgung in den städtischen Schleusen erfordert all- jährlich einen Betrag von etwa 3000 .tl. Sie wird übrigens nicht auf die Schleiften allein beschränkt, sondern auch auf Plätze ausgedehnt, wo sich eine besondere Ansammlung solcher Tiere bemerkbar macht. In diesem Jahre ist das besonders beim Völkerschlachtdenkmals bau der Fall gewesen. Dort machten sich energische Maßnahmen — so ein mehrmonatiges Anslegen von Gift — erforderlich, um der Rattcnmassen Herr zu werden. Die 3000 haben deshalb in diesem Jahre nicht ausgereicht und der Rat hat die Stadtverordneten noch um Nachbewillignng von 400 F ersucht. * Zum Lorcnzkirchner Jahrmarkt. Während der Tauer des Lorenz, kirchncr Marktes, der vom 28. bis mit 30. August stattfindet, wird die Sächsisch-Böhmische Dampsschifsahrtsgesellschast wieder eine größere An zahl Sonderschisfe von Meißen und allen Zwischenstationen bis Riesa nach und von Lorenzkirch verkehren lassen. Es sei hiermit besonders darauf aufmerksam gemacht, weil sich diese Fahrten stets als beste uno billigste Verbindung lebhaftester Frequenz zu erfreuen haben. Tre Fahrzeiten der Schiffe werden durch besondere Plakate auf den Schiften und Stationen usw. bekannt gegeben. * Bürgermeistergchälter in Sachsen. In dem Artikel in heutiger Morgennummer ist statt Altenburg Altenberg zu lesen. * Die 16. Hauptversammlung des Vereins Sächsischer Rcalschul- lehrer wird in den Tagen vom 27. bis 29. September in Riesa statt finden. Der erste Tag ist für die Abwickelung der geschäftlichen Ange legenheiten bestimmt. Am 28. September wird zunächst früh 8 Uhr das neue Nealprogymnasium mit seinen Sammlungen besichtigt. Dann fol gen Abteilungssitzungen. In diesen wird u. a. Oberlehrer cand. rev. min. G o t d a ck e r - Leipzig über die Vorschläge einer Kom mission von Ncligionslehrern an Leipzigs höheren Schulen zur Neuge staltung des Spruch, und Liederstoffes im amtlichen Schulkatechismus sprechen, weiter Oberlehrer Dr. M ü l l e r-Leipzig über „Ernst Moritz Arndt im deutschen Unterrichte an Realschulen", sowie Professor Dr. John-Leipzig über „Aufgaben der Schnlchemie und Einführung in dieselbe". Ferner halten noch Vorträge die Direktoren Professor Dr. Schöpke - Dresden, Dr. Müller- Auerbach, Dr. Schmidt -Oschatz, Dr. Richter. Löbau, Dr. Schuberth. Großenhain und Oberlehrer Bö r n c r - Riesa. Die Festrede wird Oberlehrer Dr. Heim bach. Chemnitz über „Die Realschule im Kamvfe um die Weltanschau ung" halten. Erwähnenswert sind noch d« Grammophon- Vorführungen von Vorträgen französischer Schauspieler (Telau- nah, Coquelin und Sarah Bernhardt). Für den 29. September ist ein DampferauSflug nach Diesbar vorgesehen. 8.2. L. Ueber die Verantwortlichkeit des Wirtes. Eine in das Gast- und Schankwirtsgewerbe tiefeingreifende Frage beschäftigte in seiner letzten Sitzung den Strafsenat des Kgl. Sächsischen Oberlandes- gcrichts zu Dresden. Es handelte sich um eine Entscheidung darüber, inwieweit ein Gastwirt oder Restaurateur für von seinen Gästen ver übten ruhcstörenden Lärm strafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann. Der Tatbestand ist folgender: Der Restaurateur Franz Richard Seyrig in Meerane ist Inhaber des Restaurants „Zum Reichs- kanzler" in Meerane. Im genannten Restaurant steht den dort ver kehrenden Gästen ein Klavier zur freien Benutzung, und dann und wann versucht sich dieser oder jener Gast auf dem Instrument. Das war aum am 3. und 8. April d. I. geschehen, unglücklicherweise aber nach 12 Uhr nachts, so daß einige Personen im Hause und in der Nachbar schaft in ihrer Nachtruhe gestört worden sind, Anzeige erstatteten und dafür Sorge trugen, daß dem ahnungslosen Gastwirt eine Strasver- fügung vom Stadtrat zu Meerane zuteil wurde. Der Restaurateur fühlte sich zu Unrecht bestraft. Er beantragte richterliche Entscheidung und warf die Frage auf, ob er überhaupt als Täter in Frage kommen könne. Er verwahrte sich gegen seine strafrechtliche Verantwortung und behauptete, daß er ganz ocsouders seine Gäste gebeten habe, leise zu spielen. Zudem sei es unzulässig, Klavierspiel im allgemeinen als eine Ruhestörung anzusehen, zumal von den Gästen keine Gassenhauer, son dern bessere Musik gespielt worden sei. Tas Schöffengericht Meerane erkannte auf Grund dieser Ausführungen auf kostenlose Freisprechung, weil der Wirt sich in der ganzen Angelegenheit rein passiv Verhalten habe. Das Landgericht Chemnitz, das sich auf Antrag der Staatsanwalt schaft als Berufungsinstanz abermals mit der Sache zu beschäftigen batte, erkannte jedoch auf Bestrafung deS Restaurateurs und führte da- bei folgendes aus: Es sei festgestellt worden, daß laut und andauernd gespielt worden sei, so daß das Spielen in den Nachbarhäusern unan genehm und als Störung der Nachtruhe bemerkt worden sei. Den Wirt treffe die volle Verantwortung, auch wenn die nächtliche Ruhr- störung durch seine Gäste verursacht worden sei. In seiner Hand ruhe das Benutzungs- und Verfügungsrecht und durch Abschließen des In struments und Abziehen des Schlüssels habe er den Gästen die Be nutzung des Klaviers jederzeit entziehen können und müssen. Der Wirt sei als Täter auzuseben und die Frage, ob seinerseits nur eine Beihilfe zur Täterschaft vorliege, sei zu verneinen. Er sei der selbständige Täter, weil er das Musikinstrument seinen Gästen überlassen und nach Zeit und Art des Spiels eine Störung der öffentlichen Ruhe habe voraus sehen müssen. In diesem Falle sei der Wirt für die Handlungen seiner Gäste strafrechtlich verantwortlich. — Die gegen das Chemnitzer Urteil eingelegte Revision beim Oberlandesgericht rügte Verletzung des 8 300, 11 des Neichsstrasgcsctzbuches. Diese Rüge ließ jedoch das Ober landesgericht nickt gelten, sondern verwarf die Revision des Ange- klagten und legte ihm sämtliche Kosten des erfolglosen Rechtsmittels auf. Das Oberlandesgericht fübrte aus, daß nach den Feststellungen der Vvrinsianz die Täterschaft des Angeklagten als begründet anzusehen sei. Ter Wirt habe in seiner Anwesenheit den Gästen gestattet, auf einem zu ihrer Verfügung im Schankraum ausgestellten Klavier laut zu musi- zieran, und durch diele Musik seien andere im Schlafe gestört worden. Diesen Erfolg mußte der Wirt voraussehen und deshalb fei die Revision zu verwerfen. * Verhaftungen. Verhaftet wurden ein 29 Jahre alter Reisender aus Neustadt a. O., der von der hiesigen Staatsanwaltschaft wegen Un terschlagung, und ein 23 Jahre alter Klempner aus Mittweida, der wegen gleichen Vergehens von der Staatsanwaltschaft in Plauen gesucht wird. * Achtung! Aufmerksam gemacht wird aus einen Unbekannten, der in Geschäften im angeblichen Auftrage einer hiesigen Firma Nachfrage hält, ob Bedarf für Margarine, Marke „Solo", vorhanden ist, und dabe, noch offenstehende Rechnungen einkassiert. Ter Schwindler ist etwa 25 Jahre alt, mittelgroß, hat volles, rundes Gesicht, blonden Schnurr bart, trägt dunklen Anzug und schwarzen Hut. * Unglücksfall auf der Messe. Auf dem Meßplahe wurde gestern abend ein 22jähriger Barbiergehilse von einer im Gange befindlichen amerikanischen Luftschaukel an die Stirn gestoßen, so daß er besinnungs los zu Boden fiel. Wie sich nachmals herausstellte, bat er einen Schädel bruch erlitten. Der Unglücksfall ist von dem Verletzten, der durch die Barriere hindurch gekrochen war und eine im Gange befindliche Schaukel hatte aufhalten wollen, selbst verschuldet worden. * Unvorsichtiges Kind. In der D i e s k a u st r a ß e in Kleinzschocher wurde gestern ein 4jähriger Knabe von einem Motorwagen umgerisien und kam unter die Schutzvorrichtung zu liegen. Er trug zwar Beulen und Hautabschürfungen davon, erlitt aber erheblicheren Schaden nicht. Das Kind war direkt in den Wagen hinein gelaufen. * Diebstähle. In einem Etablissement im Westviertel wurde einer Dame gestohlen eine goldene Tamen-Remontoiruhr mit langer goldener Kette mit viereckigem Schieber und einem goldenen Kreuz mir der In- schrift: „Gott mit Dir" als Anhängsel. — Ferner wurde gestohlen: In der Auen st raße aus einem Handtäschchen ein Tamenporlemonnaie mit einem Geldbeträge und einem Pfandschein des hiesigen Leihhauses Nr. 44 087 über eine verpfändete Tamen-Remontoiruhr; aus einer Werk statt in der Höllischen Straße 30 Stück halbfertiae Skunks-Pelz- boas im Werte von 150 am Ne »markt ein Fahrrad, Marke „Meteor". Dresden, 27. August. * Die Tagung des Verbandes deutscher Milchhändlervereine wurde am Sonnabend abend mit einem solennen Begrüßungskommers im Saale des Hotels zum Palmcngarten eingeleitet. Vorher yatte dort eine nichtöffentliche Sitzung der Delegierten stattgefunden, in ver hauptsäch lich die aus der Tagesordnung stehenden Beratungsgegenstände durch ¬ braune Felsen oder blendend weiße Schneeselder ausbreitet, was je nach dem Hintergründe gänzlich verschiedene, oft überraschende Faroenein- drücke erzeugt. Ebenso kommt cs im „coupierten Gelände" — wie der militärische Ausdruck heißt, — vor, daß nur Teilstücke sichtbar werden, während der Nest des Bogens hinter einer Hügelkette verschwindet. Diese Teilstücke, die den Namen Regen- oder Wassergallen trogen, finden sich auch gelegentlich in der Ebene und Pflegen sich durch scharfe Aus- vrägung von den größeren, meist in einigen Teilen nicht „gelungenen" Bogen auszuzeichnen. Daß das Phänomen der Strahlenbrechung in den fallenden Wasser tropfen nicht an Regen und Gewitter gebunden ist, bedarf kaum der Erwähnung. Jeder natürliche oder künstliche Wasserfall, jede ausge peitschte See- oder Meercswelle, jeder Springbrunnen — den man .deutsch" Fontäne, französisch aber keineswegs ckontaiirs, sondern zet «i'eau nennt — bietet im Kleinen das gleiche Schauspiel wie der Regen- bogen. Wer z. B. den 35 Meter hohen Springbrunnen im Genfer Hasen kennt, dessen Tropfen der scharfe Ostwind fächerartig nach dem Ufer sagt, wird sich der zauberhaften Farben wohl entsinnen, falls nicht eine durch Winddrehung plötzlich über den Beschauer sich ergießende Gratis dusche andere als ästhetische Gefühle in ihm geweckt hat. Weniger be- könnt dürfte sein, daß der Regenbogen nicht nur nicht an den Regen, sondern auch nicht einmal an die Sonne gebunden ist. Warum sollte der Mond als Lichtquelle nicht die gleichen Wirkungen hervorbvingen? Die Erscheinung ist allerdings seiner schwachen Leuchtkraft wegen bedeutend seltener; zuweilen fehlt cs auch — am Beobachter! Aber das Phänomen des Mondrcgenbogens ist wissenschaftlich wohl bekannt, und wer cs nicht ans eigener Erfahrung kennt, weiß zum mindesten davon aus der Rütli szene in „Wilhelm Dell", wo von den zusammenströmenden Eidgenossen „ein Regenbogen mitten in der Nacht" bewundert wird. * * Forschungsreise auf Ve« deutsche« Lüdsee-Jnsel«. Dr. Thurvwald vom Museum für Völkerkunde in Berlin hat aut HerbertSHVH« auf Neu- Pommern unter dem 10. Juli an den Herausgeber der „Allgem. Wissenschaft lichen Berichte" «in Schreiben gerichtet,' worin er einige Mitteilung«! über den Verlauf feiner weiteren Reisen macht. S» -«Ißt in diesem Schreiben: In den letzten Monaten hielt ich zumeist im Gebiet de» Varzin-Berg» (Wunakokor) auf der Gazelle-Halbinsel in Neu-Pommern auf, um dort über dr« religiösen Ge- Iieimbund der „Jnglet" etwa» zu erfahren. ES gelang mir, nicht nur «Ine höchst eigenariige Sammlauq von Strlnidolen (Darstellung eine» männlichen, eiueS weiblichen WefenS und deS „«tuen" Tier«: des HundeS, der «Icht Blut ver gießt!» zu erwerben, sondern auch HSchft seltsame Lieder ia dem eigenartige« Dialekt jener Brrgfttlmme aafzuzrichne», außerdem noch Zauberformeln und derzleicheu mehr. — vorher hatte ich «sch eisig« Woche« a«f Nissan, einer Insel im Osten von Neu - Pommern aufgrhalten, wo in letzter Zeit viele Morde für kannibaliiche Zwecke vorgekommen waren. ES war mir sehr interessant, hier viele Details über den kort herrschenden Kannibalismus zu ermitteln, worüber ich ausführlich an die Berliner Anthro pologische Gefellichait berichtet bade. — Vor einigen Tagen kehrte ich von einer Reise nach den Karolinen zurück. Der „Seestern' lief auf dieser Nriie mehrere vom letzten Taifun m «genommene Inseln an. Auf den Inseln, die wir be suchten, waren Menschenleben nirgends zu Grunde gegangen, dagegen mehr oder minder große Verwüstungen unter den KokoSnußpalmen und den Brotfrucht bäumen angerichtet worden. Von der großen Insel Oleai hingegen erfuhren wir, daß sie ganz verwaslet worden sei und daß auch viele Menschen — man sagt 99 — zu Grunde gegangen seien. Ein besondere» Mißgeschick waltet jetzt über den Karolinen, denn früher scheinen die Taisunverwüstunarn nicht so häufig gewesen zu sein. Sehr erfreulich ist, daß auf den Karolinen die deutsche Spracht unter den Eingeborenen mehr unv mehr Fuß zu fassen beginnt, während in Melanesien der Kampf gegen das hier seit langem eingewur,ette Pidjin-Enqltsch schwierig ist. * Was die Engländer für da» Theater ansgeben. Eine inte essanle Berechnung, die jüngst ausgestellt worden ist, versucht den JahreSetat deS eng lischen Volke» für die Theater zu ermitteln uns kommt dabei zu folgendem Er gebnisse. War zunächst London angrht, so gibt ,» dort vier Theater, die im Iah« durchschnittlich i« L Millionen Mark «innehmeri; vier hoben Durchschnitts einnahmen von je 1 400000 ^l, zwei von je 1 200000 Eli Theater nehmen im Iah« je 1 Million ein, sieben je 800 000 ^l, vier je 600 000 vierzehn je 400000 ^l, zwölf je 300 000^1, drei je 200 000 „eil und sieben je 100000 ^ll ein. Hiernach ergibt die jährliche Gesamleinnabme der Londoner Theater nach Adam Riese dal hübsche Sümmchen von 45'/, Millionen Mark. Hierzu kommen nun aber noch di« „wnaie-kali," oder Singsvielhalleu, deren durch'chnittliche JabreSeinuahmen von 1400000 bis zu 100000 schwanke«. Im ganzen dürfen die 50 Londoner „musio-dalls" auf »Ine Jabrcseinnahme von 23'/, Mill. Mark rechnen, so daß das Theaterbudgrt London- im Jahre auf beinahe 70 Mill. Mark anzusetzkn ist. Bleiben die Provinztheater. Auch unter ihnen gibt »S sech-, die eine JahreSeinnahme von durchschnittlich 600000^4 erreichen und im ganzen beträgt die JahreSrinnahme der 450 Provinztheater über 50 Mill. Mark während die der provinziellen ,,mu»ie-h«IIo" auf 33*/, Mill. Mark zu berechnen sind. Zählt man alle diese Posten zusammen, so kommt man zu dem Ergebnisse, daß da- englisch« Volk im Jahre ungefähr 153 Mill. Mark für Theater aujgibt — ein Posten, welcher hinlänglich beweist, welche riesige volkswirtschaftliche Be deutung der Kunst innewohnt. Von Interesse ist, daß die TbeaterauSgaben der Engländer vor 25 Jahren noch nicht die Hälft« dieser Summe betragen haben; eS ist also da« Interesse für theatralisch« Vergnügungen im Lauf« «IneS Viertel- jahrbundertS frhr wesentlich in England gestiegen. * Staatlich« Aufsicht «der die Theaterschuken fordert im „Kuastwart" Ferdinand Gregors. der selber Schauspieler und dramatischer Lehrer ist. Er schreibt: Ja kriuem Berasr ist da» Lehrproletariat größer und frecher als im schauspielerischen. Es ist hohe Zeit, daß Theaterschulea einer vernünftigen Auf- sicht unterstellt werden, und auch Privatlehrer dürsten nicht ohne Diplom ihr Handwerk treiben. Wie leicht ist rin Kunstrat eingesetzt, der über die Befähigung entscheidet. Ten Eltern, die dem Theater mit schwärmerischer Unkenntnis gegen überstehen wird das Stundengeld für den dramatischen Unterricht der Kinder aus der Tasche gezogen, ohne daß dem bezahlten Lehrer die geringste Verant wortung erwächst. Wenn die Behörde die Kenntnis der Sprechwerkzeuge und ihrer Abnormitäten, Lautlehre usw. zu einer Art von Prüfungsstoff für den Rebelehrrr machte, wenn sie ihm öffentlich oufgäbe, die Sprechfehler einiger Prüflinge und Mittel zur Korrektur zu nennen, dann schmölze der Hau e der Uebelläter schnell zusammen: und vielleicht träte dann der Fall ei», daß ein talentloser Theaterenthusiost keinen Lehrer bekäme. Heute klagt wohl eine Mutter, ihr Junge finde keinen Platz als Apotheker» oder Konditorlehrling, aber keine braucht — leider — um seine Aufnahme in eine Theaterschule besorgt zu sein. * Kleine Chronik. Das TlauSnitzer-Denkmal. Di« Arbeiten für da von der deutschen Lehrerschaft gewidmete ClauSnitzer-Drnlmal sind soweit vor geschritten, daß die Aufstellung am 24. September, dem Geburtstage des ver dienstvollen langjährigen Vorsitzenden deS Deutschen Le'arrrvereinS, erfolgen kann. — Der 1l. Kongreß des Internationalen Statistischen In stitut» ist Montag mittag im RcichStagsgebäudr zu Kopenhagen durch den Kronprinzen Christian als Ehrenpräsident eröffnet worden. — Der Nordpol- ahrrr Wellmann hat feine Fahrt nach dem Nordpol zu Luftballon der- choben. Zuerst war der Teimln lür den Beginn der Reise auf den 20. August estgesrtzt. Ta jedoch schlechte- Wetter war, zögerte Weltmann mit dem Auf lieg und obwohl am 21. die Witterung so günstig wie möglich sich gestaltete, lieg der Ballon doch nicht auf. Es heißt nunmehr, daß der Forscher den Ans tieg in diesem Jahre überhaupt nicht mehr wagen wolle. Aus welchem Grunde teht noch nicht fest. Jedoch herrscht i« vielen Kreisen der Eindruck vor, daß Wrllmann den Mut verloren habe und überhaupt nicht aufsteigen werde, wa» nah den viele» pompösen Ankündigungen immerhin eine traurige Blamage wäre. — Der 19. deutsche Phtlateltstentag (Briefmarkensammler) wurde am Sonnabend ia Hamburg eröffnet. Gleichzeitig tagt der 11. Bundestag deS Bunde» deutsch-österret bischer PhilatrliNenverrine. — Siegmund Bodnar gestorben. AuS Pest wird gemeldet: Am Sonnabend ist hier der bekannte Philosoph und Sprachforscher Stegmund Bodnar grstorden. Bodnar, der älteste Dozent der Pestrr Universität, hat auch eine reiche literarisch« Tätigkeit entfaltet. Da» bedeutendste seiner Werke ist da« „Gesetz des geistigen Fortschritte»". Bodnar hat ein Alter von 68 Jahren erreicht. — Gründlich gestrichen. Einen sehr strengen Zensor besitzt offenbar die Stadt Prag. ES sollte dir Szenenreide „Das Bett' von Henry Lavedan ansgesührt werden, ein Stück, da- in Wien schon mehr al» v erhundrrtmal in Szene gegangen war. Al- eS zur Stattbaltrrei kam, enthielt es 14 Austritte; al» «» wieder lm Theaterburrau eintras, zählte e» nur noch deren drei. Der Zensor hotte elf Szenen glatt gestrichen. Unter diesen Umständen mußte da« Stück unausgeführt bleiben.
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