Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.08.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070829014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907082901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907082901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-29
- Monat1907-08
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Deutsehrs Reich. Leipzig, 29. August. * Ter Kaiser in Hannover. Der Kaiser ernannte den Regenten von Braunschweig Herzog Johann Albrecht zum Chef deS braun schweigischen HilsarenregimentS Nr. 17 und den Prinzen Albert von Belgien zum Ches dcS Lüneburger Dragonerceginientö Nr. 18. — Am gestrigen Tag« besuchte der Kaiser die Garnftonkirche und die MarkuS- kirche und war beim kommandierenden General von Stünzner zum Frühstück. * Kaiscrretfe». Wie der „Aveoerul" in Bukarest wissen will, er wartet der rumänische Hof in nicht serner Zeit den Besuch Kaiser Wilhelms. Mtnisterpiästkent Siurdza soll bei seinem Aufenthalt mit dem Fii, stcn Bülow die Modalitäten des Besuches festgestellt haben. Nach einer londoner Privalineidung hat Kaiser Wilhelm an den Earl os Lonsdale geschrieben, daß er den dem Earl vom Kanerpaar in Lowther Castle zugedach en Besuch leider auf ein anderes Jahr verschieben müsse. Einmal habe König Eduard ihn, den Kaiser, gebeten, seinen Aufenthalt aus Sckloß Windsor um mehrere Tage länger auszudehnen, als ur sprünglich geplant war; außerdem ser es durch den der Kaiserin in Wilde mS^öhe zugestoßenen Unfall zweifelhaft geworden, ob sie überhaupt werde mit nach England kommen lönnen. * Parlamentarisches. Der LandtagSabg. Landrat a. D., Fidei- kommißbesitzer von Bülow-Bothkamp lbei Kirchbarkau, Bez. Kiel) hat, nach der„Kreuz;lg.", mit Rücksicht auf die bedeutende Vermehrung seiner BerutSgeschäste — er ist gegenwärtig Quellemucher in Deutich-Süewest- asrika — sein Mandat niederg legt. Er vertrat den Wahlkreis 7 Schles wig-Holstein im Abgeordneien.iauie, wo er der konservativen Fraktion an gehörte. — Für die Landtagsersaywahl in Gerstemllnde-Lehe ist von den Nationalliberalen bekanntlich Geheimrat Willing, der frühere Oberbürgermeister von Posen, als Kandidat aufgestellt worden. Herr Witting hat sich auch bereit erklärt, die Kandidatur anzunebmen. Die Bündler haben den Hofbesitzer Aller» als Kandidaten nominiert. — Der füdere Reichstagsab geordnete Mehr, Hofaerichtörat a. D., ist zu Konstanz im Alter von 82 Jahren g slorben. Mehr, der wegen seiner politischen Tätigkeit im Jahre l88O aus dem Staatsdienste auSsch ed, wurde in demielben Jabre als Kandidat des Zentrums bei einer Eriatz- wahl im Wahlkreise Offenburg in den Reichstag gewählt und hatte das Mandat blö 1881 rnne. Auch dem badischen Landtage hat er angehöit. * Sächsischer LanvtagSwaktlkamßf. Aus dem 36. ländlichen Wahl kreis wird uns geichrieben: Nachdem der blcher'ge Abg. Faciu» am Sonnabend bereits in einer nationalliberalen Veriammlung in OelSmtz i. E. ein- tchwere Schlappe erlitten halte, wurde ihm am Dienstag abend in Burkhardtsdorf eine neue Niederlage beigebracht. Hier >m Wohnort des nat.-lib. Kandidaten Schüppel batte Facms trotz einer angeblich vorhandenen, aber nirgends zum Durchbruch gekommenen Gegenströmung, gar kein G ück. Sowohl die Programmrede SchüppelS, als auch die Ausführungen des Parteisekretärs Dr. Günther fanden die vollste Zu stimmung der Versammlung. * Ans Bcthmann-Hollwegs Ressort haben wir schon kurz die Neuig- keit gemeldet, daß dem Bundesrat ein Gesetzentwurf zugehen soll, der die zehnstündige Fraucnarbcitszeit als Höchstarbeitszeit festsetzt, die Nacht ruhe der Arbeiterinnen betrifft und Bestimmungen zur Regelung der Hausarbeit enthält. Wieweit man die letzteren als ausreichend wird begrüßen können, bleibt abzuwarten, bis der Entwurf der Oesfcntlichkeit vorlicai oder an den Reichstag gekommen ist. Mit Genugtuung aber darf begrüßt werden, daß endlich die Festsetzung der zehnstündigen Fraucnarbcitszeit erfolgen soll, die die Sozialpolitiker der verschiedensten Richtungen schon so lange gefordert haben. Zu bedauern bleibt nur, daß es Posadowsky nicht mehr beschiedcn war, dielen Gesetzentwurf einzu bringen, dessen Ausarbeitung natürlich unter seiner Ressortleitung im Reichsaml des Innern begonnen worden ist. Ter neue Mann erntet hier nur die Anerkennung, die dem Vorgänger gebührt. * Tte Auszahlung Ser Teucrungcrulantu hat vielfach Ansatz zu Klagen gegeben. Manchen Unterbeamien nämlich, die wegen Krankheit oder sonstigen Unglücks in ihrer Familie im Lause des Jahres eine Unterstützung bei «hier Behöide naä'gesucht unv zugebilligt erhallen batten, ist diele Unterstützung in voller L'öbe bei Auszahlung der Teuerungszulagen wiederum in Abzug gebracht worden, lo raß einzelnen dieser Unierbeamteu anstatt 100 H nur 20 over 10 ausgezahlt worcen lein sollen. Die ministerielle „Berliner Korrespondenz" berichtet h ervon, ohne viele Angaben zu bestreiten, bestreitet aber ersrculicher- weise Vie Rechtmäßlgkelt solcher Abzüge. Die untcra ordneten Behörcen scheinen allo wiever einmal päpstlicher als der Papst gewesen zu lein. In vieseu Fällen wird nun also hoffentlich das Versehen zu gunsten der Unlerbeamten wiever gut gemacht werden. * tücgcu die ungesetzliche Prozession in Metz anläßlich des Eucharistischen Kongresses balle bekanntlich der Piäsiocnt des M tzer resoim erien Konsistoriums Protest beim B-zirkspräsivium eingelegt. Die Prozession ist trotzdem erlaubt worden. Die Antwort der Regierung sagt, die Prozession sei nur ausnahmsweise gedulvet worden, weil es sich um eine außerordentliche Feierlichkeit handelte und die Prozession als ein Bestanvleil deS Eucharistilchen Kongreßes zu betrachten war. Von anderer Seite ist behauptet worden, Bftchof Benzler habe durch direkte Vorstellung beim Kaiser die Erlaubnis zur Prozession erwirkt. * Ter Ausfchuh tzer preußischen Aerztekammern hat folgende ein- stimmig beschlossenen Anträge dem Kultusministerium unterbreitet: Di« Königliche Staats» egicrung wolle veranlassen, daß 1) die Leitung ver Medizinal»Abieilung im Kultusministerium einen ärztlichen Vortragenden Rat als Ministerialvirekior unv 2) die Leitung ter wissen schaftlichen Deputation für das Mevizinalwesen einem ärztlichen Mitglied« derselben als Direktor übertragen werve, sobalv eine dieser Stellen durch Ausscheiden des jetzigen Inhabers erledigt wirv. * Zur Eisenbahntarifresorm'. In einem von der „Zeitung des Ver ¬ eins deutscher Eisenbahnverwaltunaen" übernommenen Artikel der „Ger mania", der die Vorzüge der Tarifresorm preist und für sie Stimmung zu machen versucht, wird u. a. gesagt, den Schnellzugzuschlägen sei der ichlimmste Stachel genommen worden, nachdem die Verwaltung den Wünschen des Publikums entsprechend die Zahl der zuschlagfreien Eil züge „erheblich" vermehrt habe.- Man muß nun allerdings gestehen, daß, soweit die sächsische Staatsbahnverwaltung in Betracht kommt, von dieser erheblichen oder überhaupt von einer Vermehrung der Eilzüge nichts zu spüren ist. Der Fahrplanentwurf der König!. Sächs. Staatsbahnen zeigt in dieser Beziehung gegenüber dem Sommerfahrplan kaum eine Veränderung. Sehen wir uns einmal die wichtigsten sächsischen Linien an, so stehen auf der Linie Hof—Leipzig vier lzuschlagspfUchtigen) Schnellzügen zwei Eilzüge gegenüber, aus der Linie Leipzig—Hos aber fünf Schnellzügen nur ein Eilzug; die Luruszüge sind hierbei nicht be rücksichtigt. Für die Linie Reichenbach—Chemnitz—Dresden sind eben falls fünf Schnellzüge, aber kein Eilzug vorgesehen, das gleiche gilt für die Fahrt in der umgekehrten Richtung. Auf der Linie Dresden- Meißen—Döbeln—Leipzig und umgekehrt gibt es weder Eil- noch Schnellzüge, nur haben zwei Personenzüge l1507, ab Leipzig 10 Uhr 10 Min. und 1514, ab Dresden 7 Uhr 47 Min.) eine einigermaßen be friedigende Fahrzeit. Auf der Strecke Leipzig—Riesa—Dresden stehen sechs zuschlagspflichtigcn Schnellzügen nur zwei Eilzüge gegenüber, während die Strecke Dresden—Riesa—Leipzig keinen Eilzug, aber sieben Schnellzüge auswcist. Von einem Entgegenkommen gegen über den Wünschen des Publikums kann doch hiernach keine Rede sein. Es ist übrigens auf den für Leipzig in Betracht kommenden preußischen Linien nicht viel anders. Die neuen Fabrpläne zeigen zwar eine Anzahl von Personenzügen, die man zu Eilzügen gemacht hat — es kommt das ja nur darauf an, wie man die Züge benennt oder ob man die Ziffern im Fahrplan gerade oder schräg stellt —, dagegen ist nirgends zu entdecken, daß ein zuschlagspflich tiger Schnellzug in einen zuschlagsfreien Eilzug verwandelt worden Ware. Ausland. Frankreich» * Ministerrat. AuS Parts wird gedrahtet: Der Präsident deS Minister rate» weigerte sich ausdrücklich irgend eine Angabe über Vie Beratungen de» gestrigen Kabintttsrate» zu machen. In Beantwortung der zahlreichen Fragen von Journalisten am Schlüsse der Sitzung beschränkte sich Clemenceau auf folgen)« Ausführungen. Wir haben die marokkanische Frage als Ganze» unv la allen ihren Einzelheiten geprüft. Was wissenswert wäre, ist die Tatia.be, daß volles Emvernehmen erzielt worden ist. Dieses Resultat ist obne die ge ringste Schwierigkeit erreicht worden. Die Iukunstsbertchterstatier fiaglen darauf, ob General Drude Verstärkungen geschickt werden sollen. Clemenceau antwortete, daß man Drude mehr gegeben habe, als er verlangt habe. So habe er, der Ministerpräsident, während scines Aufenthaltes in Karlsbad. ohne darum an- gegangen zu sein, aus eigener Jnitialioe dem Krieasminisler geraten, eine Batterie nach Casablanca abgehen zu lasten. Aber, fügte Clemenceau hinzu, Trude wirv alle Truppen ei ballen. Vie er für die Ausführung seines Auftrage» benötigen wird. Ferner teilte Clemenceau mit, daß Vie Regierung an Drude vertchiedene Fragen gestellt habe. Wir erwarten jeden Moment seine Antwort, fügte er hinzu. England. * Tas Parlament wurde gestern, wir au» London geweidet wird, mit einer Thronrede vertagt, tn ver e» heißt: Ter neuliche Besuch des König» und der Königin von Dänemark, die nabe mit mir verwandt sind, hat der Königin unv mir große Freude bereitet und wird nicht verfehlen, die frrund- schasilichen Beziehungen, Vie zwischen unseren beiden Ländern bestellen, zu ver bessern. Tie Thronrede spricht dann Ven Dank au» sür den Besuch de» Prinzen Fushtini der vou vcm verbündeten lavantscheu Kaiser in beiondecer Mi sion nach Cuglanv gesandt warben sei. Die Beziehungen zu den anderen Mächten seien foit- kauerns sreundichaftlich Meine Regierung, sagt der König, ist von Vein Wunsche be seelt, aus jede mögliche Weise zur Erhaltung des Frieden» betzutragen. Sie bat ein Abkommen mit der spanischen Regierung zum Schutze der beiderseitigen Interessen in dem Teile des Miitellänbtschen MerreS .und de» Atlantischen OzeonS, an dem beide Länder interessiert sind, geschlossen. Auf Einladung Rußlands habe er, der Kö ftg, Delegierte sür di« Haager Konferenz ernannt. Er hege bas Vertrauen, daß die Beratungen der Konferenz den Abschluß von Uebereinkommeu im Gefolge haben werken, die daraus hinzielen, die Leiben de» Feuilleton. rNUnfter, ein deutsche» Städtebrld. sZnm Kaiscrbesuche in Münster.) Läge Münster, das jetzt glänzenden Kaisertagcn cntgegensieht, in Italien — es hätte längst seinen Doppelstern in den Reise büchern und Tausende von Reisenden würden jährlich die Stadt besuchen und begeisterte Kunde von ihren Herrlichkeiten in alle Welt tragen. Da es aber nur in unserem deutschen Vaterlande liegt und da cs gar so bequem von allen vier Himmelsrichtungen aus erreichbar ist, so ist der Fremdenverkehr in Münster recht bescheiden. Und doch muß es geradezu ein Juwel unter den deutschen Städten genannt werden, und dem, der an der in unserer Zeit wicderentdcckten edlen Kunst des Städtebaues Interesse nimmt, bietet cs eine außerordentliche Fülle köstlicher Anregungen. Schars grenzt sich gegen die neuen Stadtteile und die Vororte, wo so manches stattliche Fabrikgebäude davon Zeugnis ablegt, daß der rührige Geist der Neuzeit auch an Münster nicht spurlos vorübergegangcn ist, die alte Stadt ab, deren fast ringförmige Wälle sich nur gegen die Schloßseite hin behaglich öffnen. Innerhalb dieses Ringes herrscht durchaus die prächtige alte Weise malerischer Straßen anlage. Fast durchweg von mäßiger Breite, sind die Straßen in der Reget gewunden geführt, so daß sich überall geschlossene, immer wech selnde Bilder allen deutschen Städtelvesens dem Auge bieten. Während aber in manchen Städten, z. B. in Mainz, die malerische Straßen- jührung stellenweise nicht ganz von Verwirrung freigcblieben ist, so zeigt der Stadtplan des inneren Münster zugleich eine ausgezeichnete Klarheit und Gesetzmäßigkeit, und man möchte in Abwandlung des alten Sprichwortes sagen: hier führen alle Straßen nach dem Prinzipal markte. Der Prinzipalmarkt, das ist nämlich das Herz AltmiinsterS, und cs ist ein Platz, den niemand vergißt, der ihn einmal zu überblicken Gelegenheit gehabt hat. Seiner Anlage nach gehört er zu den seltenen und originellen Plätzen, die nicht- anderes sind, als verbreiterte Straßen. Eine kürzere und breitere Straße — das ist der Prinzipal markt allerdings; aber geradeaus trifft der Blick auf die herrliche Lamberlikirchc, an der die Gotik ihren ganzen Reichtum und Zaul:r verschwenderisch entfallet hat, und rechter Hand liegt das Rathaus, eine Perle unter den herrlichen deutschen Rathäusern, dessen offene Laube noch im 17. Jahrhundert für das Niedergcricht benutzt worden ist. und dessen Ratssaal in seiner Ausstattung mit der ganzen Schrankwand, der Ncitsbank und dem „Tische des Hauses" ein berühmtes Meisterstück bildet. Und diese großen architektonischen Herrschaften werden begleitet von einer Reihe köstlicher, traulicher, alter Häu>'r, und wie vor Jahr- Hunderten, so bewegt sich noch heute der Verkehr durch die alten Lauben gänge, die den .Häusern des PrinzipalmarkteS vorgelegt sind. Hier nun regt sich das Leben Münsters am vollsten, hier begegnen sich der Kauf- und Handelsverkehr, hier wandelt ein ernstes und tüchtiges Geschlecht von Menschen, hier erscheinen die eleganten Gestalten der Münster» scher Kürassierosfiziere, die zumeist altem Westfalcnadel entstammen. Doch nur ein paar Schritte weiter, und wir befinden unS in einer anderen Welt: auf weitem Platze rauschen uralte Linden, und in ihren dichtem Schatten, unter dem Gesänge der in ihnen nistenden Vögel wan delst du der größten Kirche von ganz Westfalen zu, dem herrlichen alten Tome, der ein ebenso hervorragendes Werk der Baukunst, wie reich an geschichtlichen Erinnerungen und künstlerischen Schätzen ist. Dieser lindenumschattete Tomplatz ist eine Stätte so voller Poesie, wie man laliermäßig vorgeganaen, und man darf Finger jenen. Aber sein Schloßbau hat mheit und die Großartigkeit :n der An- sie selbst in unseren deutschen Städten nur selten findet. Doch Münster bietet auch ganz andere Bi der. Ueberschreiten wir das Wasser, so ge langen w»r zu dem Schlosse, das aus dem 18. Jahrhundert stammt. Erbaut hat es der Genera Schlaun, ein Oesterrelcher, wenn ich Nicht irre, und als Baukünstler ein Dilettant. Aber dazumal war guter Ge- schmack und gutes Handwerk noch so allgemein, daß ein Dilettant schöner bauen konnte, als es heute die gelernten Baumeister von unseren ge segneten Hochschulen können. Der Generalbaumeister Schlaun ist in den Einzelheiten ein bißchen kavaliermäßig vorgeganaen, und man darf ihm nicht gar zu genau auf die Finger festen. Aber sein Schloßbau hat doch die ganze beitere Vornest"^^ i- -»- läge, die diese Barockbauten kennzeichnen. Mit zwei Flügeln greift eS in den schönen großen Schloßplatz aus, der in kleinerem Maßstabe sür Mün ter etwa die Nolle spielt, wie der Schloßpark für Stuttgart oder der Park von Herrenhausen für Hannover. So tritt hier daS heiter-weltliche Barock neben die heiligmäßige Gotik, und das Barock findet man auch in den zahlreichen „Höfen" wieder, die sich die alten westfälischen Adclssamilien in der Hauptstadt des MünsterlandeS staben erbauen lassen. Doch die bauliche Physiognomie einer Stadt fällt ja noch nicht immer mit ihrem Gegenwartscharakter zusammen. Alt-Nürn berg und das heutige Nürnberg sehen sich nicht eben sehr ähnlich. Hier aber, in Münster, reichen Vergangenheit und Gegenwart einander die Hand. Einen Kirchennamen trägt die Stadt, an Kirchen ist sie so reich, daß man sie ein zweites Köln nennen könnte, und ein geistlich-katholischer Charakter: daS ist noch heute die ausgesprochene Stimmung dieser Stadt. In dieser Stimmung vereinigen sich alle Erinnerungen Mün- sters; und wenn wir durch diese köstlichen alten Straßen wandeln, ln den Kirchen tränmen oder den Hof der DrosteS betrachten, dann denken wir an die wilden Tage der Wiedertäufer, und wie die Fürstin Galitzvn Goethe zu bekehren versuchte, und wie die herrliche arme An nette hier dichtete und litt. . . . * Wilhelm Holzamer Im Elisabeth-Krankenbouse zu Berlin ist gestern vormittag der bekannte Schriftsteller Wilhelm Holzamer nach kurzer, schwerer Krankheit an» dem Leben geschieden. Noch nicht 38 Jabre alt — er war am 28. Mürz 1870 geboren — ist er dn: tückischen Tipdtbrritt» erlegen, dl« ihn vor acht Tagen befallen batte. Mit Wilhelm Holzamer, der au» Nieder-Olm bei Mainz stammt, bat die deutsche Literatur rin hoffnungsreiche«, bedeutende» Talen» verloren, einen Mann, der sich au» frischer Lyrlk heran» nal' allerlei misslichen Irrungen zu einem kernigen, urwüchsigen Erzähler »nlwickelt baitr, »nd von dem wir noch manch« erfreuliche Gabe er warten dursten. Zu feinen besten Cchspsungen gebvrt „Peter Nockler", die Geschichte eine» Schneider«. E» ist ein Buch, au« tiefster i'ebenserkenntni» heraus geschaffen ein Roman, den ein liebevoller Kenner des deutschen Volke» neichrirben hat. Auch ,,Jng«', ein Franenlrben. „Der arme Luka«" u. a. zetgrn Holzamer auf der Höhe seiner tiefen Kunst und al« einen Dichter, dem «tu guter Humor zu eigen ist. Freilich, ost genug — besonder« tn seine« Ge dichten — suchten Holzamer melancholisch« Gedanken heim, un> wie eine trübe Vorhersage mutet lein Gedickt „Ohne Tiost" on, in dem er schwermütig singt: „Rinne, Leben, rinn« — Meine Seele lchrei». Wa» ich auch beginne, Ja dem Tod geweiht." Holzamer hinterläßt sieben unoertorgtr Kinder. * »Harles vah. Am 29. Ainust 1882, also beute vor 25 Jahren, nistete ster Tod da- »war erfolgreich«. aber sehr ruhelos» Leben »ine« der wenigen Klavirckomvoni"««. deren Werke sich al» tzau-musit au« der Mitte de« vocigen Jahrhunderts in daS jetzige hernberaerettet baden und noch jetzt zu den belieb testen Nieren feinjchmrckender Kunstfreunde gehören: e» sind die de» seinerzeit Kriege» zu mildern und den Weltfrieden zu sichern. In Indien hätten gewisse voruoergehende Sri w erigkeiten die englische Regierung nicht entmutigt, Pläne sür die Verbesserung der Berwattungsmaschineri» zu entwecsen. Es seien be reits Schritte getan, um die Teilnahme indisch« Mitglieder am indischen Staatsrat zu sichern. Di« Thronrede nimmt sodann Bezug aus di« kürzlich abgebattene Kolonialkonserenz und dir Vereinbarung klü ftiger ähnlicher Zu« sammenkünste unter der Bezeitnung Reichskousecenzen zur freien Aussprache über Fronen von allgemeinem ReichSinleresse. Der König gibt sodann der HossaunaAusdruck.daß lte Einführung ter Selbstverwaltung de« Volke» amOlange- sluh dieKolonie zurWohlfahrt undZusriedenheit führen werde. Bei cer Parade über die kürzlich gebilbele Heimatsflotte habe er, der König, einen tiefen Eindruck von der guten Verfassung und der wunderbaren Erscheinung der Schisse und von der ausgezeichneten Haltung und Manneszucht der Osfizirre und Mann schaften emp'angen. Weiter gedenkt die Thronrede der erfolgreichen, aus breiter Grundlage durchgefübrlen Reorganisation der heimischen SireiitrSite durch die Einteilung in 6 große Divisionen und die Umgestaltung der Hi s-streitkräfte zu einer zweiten Heerrslinie. Zuletzt gibt die Thronrede einen Ueberbiick über die in der ersten nunmehr jchlicgenden Tagung verabschiedeten Lande-getetze. Bulgarien. * 8um Jubiläum. Aus Wien belichtet ein Telegramm von gestern: Kaiser Franz Joftf hat an den Fürsten Ferdinand von Bulgarien aus Fschl solgendes Telegramm gerichtet: „An dem heutigen, sür di» Geschichte Bulgariens denkwürdigen Tage, da Euere Königliche Hoheit mit Befriedigung aus einen 20jährigen Zeitraum innerer Erstarkung und friedlicher Entwickelung Ihres Landes zurückblicken können, spreche ich Euerer Königlichen Hoheit meine herzlichsten Glückwünsche au- und verbinde damit meine besten Wüntche sür das fernere gedeihliche Wirken Euerer Königlichen Hoheit zum Wo le des Fürstentums". Der Mintner des Aeußern Frhe. v. Aehcentdal richtete aus Wien folgendes Glückwuuichlelegramm an den durften Ferdinand: Euere ttönig- liche Hoheit wollen an diesem denkmürbigen Tage, an dem Euere Königliche Hoheit die 20 ädrige Wiederkehr einer Regierung voll von Erfolgen in der friedlichen Entwickelung Bulgarien» begehen, meine respektvollen und aufrichtigen Glückwünsche entgegennehmen." Ter Geinndte tn Sofia, Graf von Thurn, er hielt den Auftrag, anläßlich de» 20jähiin>n Regierung-jublläums des Fürsten Ferdinand von Bulgarien der fürstlichen Reg elung die herzlichsten Glückwünsche des Kaisers und deS Kabinetts zu übermitteln. Marotko. * Die Tituation. AuS Loncon wird gemeldet: Muley Hafid der regie rende Sultan von Marrakesch. hat eine Abordnung der dort antässigea Fsroelitm empfangen und ihnen völlige Sicherheit gewähr leistet. Er erwiderte auf ihre Anwrache, die Juden und die Mauren brauchten einander, und ließ den israelitiicken Bewohnern durch die Abgeordneten Frieden und Gedeihen wünschen. Diese freundliche Verabschiedung hat angeblich sehr zur allgemeiuen Beruhigung im Süden beigetragen. Trotzdem wird nach Meldungen aus Tanger die Lage von len dortigen maurischen Behörden un iemein peisi- mistilch heurte lt, zumal sich bereit» das bisher allerdings unbeuätigte Gerücht von der Ermordung des Sultans Abdul Aziz verbreitet hat. Rach anderen Meldungen wäre Abdul Aziz im Begriff, mit seinem Harem r ach Rabat zu fliehen, um sich von dort nach Mekka in Sicherheit zu bringen. Unter den Parteigängern Muley Hafi.S lpielt eine besonder« eifrige Rolle der israelische, zum Islam übergrtrerene Arzt Hoizmann, trotz seine- deutschen Namen übrigens rin gebürtiger Franzose, der cen Ehrgeiz bat, unter dem neuen Suuan Mtniuer des Auswärtigen zu werden. — Tie Abteilung aus Algier rin« getroffener arabischer Reiter leistet Len französischen Truppen gute Dienste. Sie schwärmten in der Richtung auf Taddert bis nach Ulaohadu aus, daS sie völlig überrumpetien und auspiünderten, worauf sie, da die französische Regierung sie nicht besoldet, sondern ihnen nur Pferde und Flinte lieferte, angewiesen sind. Der spanischen Kolonie tn Langer ist auf ihre Bitte um verstärkten militärischen Schutz von Madrid aus die Ent sendung zweier weiterer Kreuzer versprochen morden. Die englische Renieruug beabsichtigt, wie hier verlautet, der analogen Bitte der britftchen Kolonie keine Folge zu geben und entsprechend den Erklärungen, die ne im Unterhause abgegeben hat, den Sius der Engländer in Marokko auch weiterhin Franzosen und Spaniern zu überlassen, da sie der Meinung ist, ein energisches Eingreifen in Marokko sei mit der kotevts ooräialo nicht vereinbar. — AuS Paris wirb gemeldet: Admiral Philibert meldet, das Transportschiff „Shamrock" sei am 27. August um 9 Uhr morgens in Casablanca angekommen und werde vorauSsichtftch am 31. August bereit sein, nach Oran tn See zu gehen. Die politische Situation fei unverändert; die Ein geborenen fingen an, zurückzukehren. In Mazagan sei die Ausratung Muley Hafids zum Sultan beifällig ausgenommen worden. Eine Ableitung Kavallerie sei bis auf 8 üm von Laiabtanca vorgerückt, ohne jedoch auf Leu Feind zu stoßen. Amerika. * Hearsts Präfldentschaftskandtvatur. Auf dem bevorstehenden „Labor Day", der in JameStvwu auf dem Au-stellungsgelände abgehatlen werden soll, wird auch der Zeiiung-besttzer Heaust, der im vorigen Javre unter legene demokratische Kandidat »ür den GouverneurSpoilrn im Staate New Kork, eine Sftde haften. Wie verlautet, werden den Inhalt derselben Icharfe Angriff« gegen den Präsidenten Rooirvelt bilden, denen er vorwirst, daß er au» bestimmien Gründen eine nicht durch allgemeine politische Gründe dotierte persönliche Rache übe, anstatt eine gesunde allgemeine gegen die Trust» gerichtete Potltik zu veriolgen. Hearst verfügt über einen starken persönlichen Anhang, und von diesem wird bereit- ausgesprengt, daß Hearst al» eventueller Präsidentschaftskandidat der demokratischen Partei, der vonäufig noch im Hintergrund gehalten werbe, in Betracht zu ziehen lei; denn die Begeisterung für Bryan, die aus künstliche wcache zurückzuführea sei, beginne in den Reihen der Demokraten bereits stark nach- zulaisen. bockberühmten Klaviervirtuosrn Charles Boß, der am 20. September 1815 zu Schmorsow in Pommern geboren wurde. Die Werke de- als einen der brillan testen Piaoofortrvirtuosen anerkannten Meisters zeichnen sich durch eine vornehme Eleganz und graziöse Melodie au», w baß sie al« Mobekomposillonen bei Leb zeiten Charter Botz' namentlich großen Antlang in Paris sanden. Besonder» fas zinierend mögen sie aber durch sein eiaene» Spiel gewirkt haben, von dem ein französischer Kritiker u. a. laut: ,,Voß besitzt den Anschlag Cdovm« mit der Korrektheit Kalkbrenners, übettr fft aber beide an Feuer". Kein Geringerer al- Mendel-sodn-Bartboldy urteilt über leine Kompositionen, „daß sich nament lich op. 52 durch korrekte, fließende, durchaus musikalische und gründliche Schreibart andernteil« durch brillante Eisekte im guten Sinne der modernen Klaoiertechnik vor unzähligen anderen Klav erlomposilionen out da» vorteilhafteste auszeichnet, so daß dieses Konzertstück (k'moU) wirklich guten Spielern eine willkommene Erscheinung lein wird, da eS an solchen Stücken ganz fehlt". Voß führte ein ruhelose» Wanderleben. — Ans seinen »abllosea Reisen, die mehr Studien- al» Konzertzwrckrn dienten, bevorzugt« er Leipzig au- dem Grunde, weil er sich mit Vorliebe mit der Technik de- hier heimischen Pianosortebaur« le- schüstigte. Er ist infolgedessen auch mit dem Leipziger Pmnosorlebauer Aterander Breischneider, dessen Fabrik sich noch in Leipzig, Elftenstraße 30 befindet, und dessen Piano» noch heute wie vor 70 Jahren wirklich vorzüglich und preiSwürdig sind, in Verbindung getreten. Die Vorliebe sür den Pianotorlebau und für sein Klavier veranlage ihn sogar, den Versuch zu wagen, ihm im Orchester einen größeren Spielraum einzuräumrn. Er schuf zu die'em Zwecke zwei große Ptanosortekonzerte mit vollem Orchester. Eln« dieser Werke soll, wie Schubert« Leztkon schreibt, zwar Manuskript geblieben sein, aber bei feinen damaligen Auffahrungen dat es ganz bedeutende Leniafton erregt; ein derartige» Wagnis, da« Klavier al« Orchesterinstrument einzusühren wurde ganz besonder« in Frankreich aufgegriffen und heimisch, von dort aber auch bei uns eingebürgert, so daß hierdurch der gesamten Pianofoiteinduslri« rin erweitertes Ablatzgebiet geschaffen war. Noch heule wird dem Pianosorte bet tleineren KavrUen ein größerer Spielraum eingeräumt. E< ist diese Besetzung der Kapelle gewiß aus Charles Voß zurück^uführen. * Oleine Tßrsnik. Isidor« Vrrhehde«.Ausstellung. Den Be mühungen der Au-stellung-leitung von Pietro Del Beeckio ist eS mtt großen Kosten gelungen, dru gesamten künstlrritchr« Nachlaß dr« vor kurzem verstorb nen belgilchen Meister« Isidore Berheyden zur Autsielluug zu bekommen. Diese Sonderausstellung zeigt die eminente Begabung de« mtt Recht geschätzten Meister«; man konut« sei«» Werk« aus jeder großen Ausstellung sehen und viele erste Staatsausstrllungrn babea sich Werke schon bet Lebzeiten de« Künstler« gesichert. Die Souderausstellung, welch« jrdeusall« bedeutende« Jntereff« erregen wird, wird am Donnerstag eröffnet werdrn. — „DasDuellrezept", ein neuer dreiakiigerschwank von Richard Keßler, erzielte bei seiner gestrigea Urauifübrung am Kurtheater tn Bad Frrienwalde einer» durchschlagenden Lachertolg. Ter Autor wurde nach allen Akttcdlüffen oft und stürmitch gerufen. — VIl. ärztlich« Sludienrris«. Dir Eröffnungssitzung drr VIl. ärztlichen Etudiearete findet am Sonntag, den 1. September, vormittag» 9 Udr in Berlin im Kaiterin Feiedrich-Hau» für da» ärztliche Foribitdungswesen, Luisenptay 2—4, statt. Jq ihr wird nach einer Ansprache de« Vorsitzenden R«g.-Rat Prof. Dr. Glox- Abbazia Geh. Med.-Nat Prof. Dr. vou Reuver« emea wissenschaft lichen Vortrag holten. Nach der Hißung findet tte Besichtigung de« Kaiserin Friedrich-Hause» und hierauf die de« Rudolf Birch"v-Kranken- haul«« statt. Zur Beförderung nach lehternn bat die D^/, on der „Allgemeinen Berliner Omu bus-Aktien-Gesellschaft" i« entgrgi-n.ommender Wese eine Anzahl Auto-Omnibusse zur Beifügung gestellt. De große Zahl ter Tettnedmer an der die-jädrioen Studienreise co. 250 Aer te> brwftit den An klang, w lch-n die Studienreiien irr drr deutsche« Aekztrwelt gesunden haben. Di« Steile selbst beginnt am Monia», den 2. Eepieml>«r, mittelst Svnderzuar« vom Stettiner Badnhof au» iMsabri 7 Ubr 10 Min. vormittag»'; besucht werden die mecklen 'urgrschrn rügeniche« und pommerlchen Oiisre äd,r. Born holm, Wisby, Stockholm und Kopenhagen. Die Reift en.et am 15. September in Ste tin.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder