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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.08.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070830014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907083001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907083001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-30
- Monat1907-08
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vaß Herr BehrenS sich über den bekannten Fraktionöbeschluß eingehender verbreiten würde. Da- tat er jedoch »icht. Vielmehr erklärte er, er sei damals verhindert gewesen, an d«rFraltionSvtrsainmlung tei>1nnebinen,ttnd hab« deshalb jetzt keine Ürsacke, an dein Beschluß seiner Parteigenossen Kritik zu nven odrr auck nur Stellung dazu zu neymen. Das erscheint etwas »uertwiirdig anzesichis det Tatsache, daß dir Mehrheit der Konservativen Herrn Behrens fort während vvrwirfk, daß er mit seinen Dresdner Anhängern vollkommen isoliert rastiinve. Vergegenwärtigt man sich in Verbindung hiermit die Tatsache, daß die wiederholt angekündigte LandeSversaNimiung der Kon- lervattven erst in der zweiten Hälfte des September, alw nach den Wahlen, stattfinden soll, so kann man ermessen, wie viel den Konserva tiven beider Richtungen daran liegen muß, den tiefen Riß in der Partei vorläufig noch zu verdecken, und wenn eS nur darum wäre, diesen Wahl- IreiS zu retten. Ferner war aber noch die Rede des Stadtverordneten Beck in der sonst herzlich unerheblichen Debatte von Interesse. Herr Beck ist der Führer der Freisinnigen in Dresden, und als solcher sprach er, wie erinnerlich, in der ersten Versammlung des Herrn Behrens am 29. Mai in Hammers Hotel in Striesen. Damals forderte er unter deut Beifall eures Teile» der Versammlung Herrn Behr n» auf, die liberalen Grund- lätze, zu denen er sich eben bekannt habe, dadurch zu betätigen, daß er sich von der Gefolgschaft der Konservativen frei mache. Rur dann tonne ein liberaler Mann Vertrauen zu ibm haben. So sprach der freisinnige Politiker Beck am 29. Mai. Am 23. August sprach in der Versamm lung res Herrn Behren» der Mehrer Beck. Er serlrat, wa» recht und billig ist, die Forderungen der Lehrerschaft, deren Berechtigung zum großen Te l eigentlich von keiner einzigen Partei mehr rrnsthasl bestritten wird. Er veitrat tiefe Forderungen mit großer Beredsamkeit. Aber man hört« von ihm kein Wort der Kritik an der politischen Stellung des komervatwen Kandidaten, im Gegenteil, Herr Lehrer Beck sprach die „Hoffnung" an», daß Herr Behrens dies« oder jene Ansicht noch zu der seinigen machen werde. Wir hoffen da- auch. Wir hoffen ab«r feiner, waS Herr Beck nickt aussprack, daß alle liberalen Wähler, die siüher wohl den koniervalioen Abgeoivucten ntitgewählt haben, sich über die Belehrung des Herrn BehrenS herzlich freuen und — dem liberalen Abgeordneten Anders ihre Stimm« geben Werren, der nicht nur ihre Wünsche und Ansichten vertritt, svnvrrn dabei auch die Unterstützung leincr Parteigenossen hat, was bei Herrn Bohrens bekanntermaßen nicht der Fall ist. Herr Beck sagt« davon kein Wort, obwohl er in der vor erwähnter. Versammlung vom 29. Mai energisch für den liberalen Kandidaten eintrat. Da» Wort liberal kam überhaupt nicht über seine Lippen. Das war zum mindesten «ine Unterlassungssünde. E» hatte erjrischenb gewirkt in dieser Versammlung. -o- Der LandeSkn'tnrrat für da» Königreich Lachsen wird in diesem Jahre noch eine zweite Plenarsitzung abhaltcn. Der Zeitpunkt steht hierjür noch nicht fest, sicher findet die Tagung »brr noch vor dem Zusammentritt des Landtages, also vor dein 17. Oktober, statt. * Preußischer Landtag. Die Absicht, drn preußischen Land tag vor Weihnachten einzuberusen, bat man jetzt völlig fallen lassen, da die Beamtengchältervorlagen und der Etat erst zum Januar ferlrg- gestellt werden tonnen und andere Vorlagen, die eine Einberufung im alten Jahre noch notwendig machen würden, nicht vorliegcn. — Im preußischen A b g e o r d n c t e n h a u s e sind zurzeit neun Mandate un besetzt, und zwar durch Tob: Hesse kl. Stade, Verdetl-Rotenburg, natl.s, Wolgast s14. Schleswig-Holstein, Kiel, sr. Vp.s, Eckels l6. Hildesheim, Göttingen-Münden, natl.s, v. Kardorfs (3. Breslau, Grvß-Wartensle^n, Namslau, Oels, frei!.), o. LingeNthal ll- Merseburg, Liebenwerda- Torgau, kons.s. Dr. Brandt s4. Stade, Geestemünde-Lehe, natl.s; durch Mandatsniederlegung: v. Schuckmann sl. Frankfurt a. O., Arnswalde- Friedeberg, kons.s, v. Bülow-Bothkamp s7. Schleswig-Holstein, kons.s; durch Ungültigkeitserklärung: Rudorfs l2. Minden, Herford-Bielefeld, kons.s. * krhcbnNgen über den AttfwaNb für das Dolksschnltvcsen. Auf Veranlassung des Bundesrates findet nach der „Köln. Ztg." gegenwärtig -um ersten Male für icimtlichr Gemeinden des Deutschen Reiches eine Erhebung statt, durch welche der gesamte, aus das Bollssckulwesen ent fallende Aufwand erfaßt werden soll. Zugrunde gelegt ist der Stand vom l. Dezember letzten Jahres. In dem ErhebungSbogen, der für alle Guneindeverwaltungen einheitlich vorgeschrieben in, wirb zunächst der persönliche Aufwand, den dk« VokkSschuleN verursachen, fo beispielsweise die Gehälter der Lebrer, deren Dienstznlewen, besondere Vergütungen für Turn-, Religions- oder srenibfprachliche« Unterricht. Aufwendungen für Wohnungen der Lehret usw., dann aber auch der sachliche Aufwand, so z. B. Ausgaben für Lehrmittel, für Schulränmlichkeiten, Schnlprämien usw. erfragt. Gleichzeitig gib» die zu erwartende Statistik wertvolle Aus schlüsse über die Gesatnt-ahl der Lehrer nnb der aus einen Lehrer entfallenden Schüler. * Gestohlene mtlikürtsche Geheimschriften. Koblenzer Meldungen zufolge wurde dotkselbst ein Vizewachtmeister des Keldarlillekie-Negirttents Nr. 23 unter dem Verdacht des Landesverrates verhaftet. ES soll sich um lie neuesten Druckvorschriften für Artillerie handeln. Die Ermittelung erfolgte durch den Kriminalkommissar in HcrbeS- thal, der einen nach Paris reisenden Mann an ter Grenze festnahm. Bei der LeibtSuniersuchung wurdet» beim Festaenom- menen lie beim Koblenzer Artilltlirregimenk gestohlenen geheimen Druckoorschrifteu, die von Offizieren unter strengstem Verschluß )lt hatten sind, vorgejundia. Bei dem verhafteten Zivilisten wnrde noch eine ganze Anzahl von Adressen deutscher Unterosfurere und Sergeanten verschiedener Infanterie-Regimenter gefunden. Das Feld-Arliklerie-Negiment Nr. 23 tst gegenwärtig im Manöver. Der verhaftete Vizewachtmeister hatte ein Feuilleton. rttae-Mahon und Manteuffel. In den soeben erschienenen, von Herrn IacqueS de la Fay_> beraus- g.gcbencll „Erinnerungen des General» Lncrrtclle" wird in fesselnder Weile erzählt, wie d-r Marschall Mo« Mahon Präsident von Frankreich wurde. Ter Marschall batte am 23. und am 24. Mar 1873 den stürmischen Sitzungen der Nationalversammlung, in denen LhierS seine Demission an- bvt, als Zuschauer beigcwohnt. Am 24. abends schickte er, da er selbst zu müde war, sein«. Flügeladjutanten i«8 Parlament; auch die Marschallin ging hin, um ibrem Gemahl über olle Vorgänge Bericht er statten zu können. Nachdem nun Thiers' DemissicnSichrciben verlesen war, verließ der Oberst Brvhe sofort den Saal, um den Marschall von dem Geschehenen in Kenntnis -u setzen und ihm mitzuteilen, baß, nich gewissen Anzeichen, cr cs wäre, den die Versammlung .in Thier-' Stelle mit der Exekutivgewalt betrauen würde. Mae Mahon eilte augenblicklich zu Thiers und spreit'! zu ihm also: „Ihr Sturz scheint sicher zu kein, und man wird, «vorauf gewisse Symptome schließen lassen, mich zn Ihrem Nachfolger wählen. Ich kann Sie aber nicht crketzen, denn ich stehe nicht aus der Höhe diese: Aufgabe. Rur Sie allein können ihr gerecht werden. Retten Sie da» Land, ermächtigen Sie mich, zn erklären, daß Sie ein Ministerium auS der Rechten nehmen werden, und die Situation ist wieder wir sic war: Si, bleiben und alle» «st gut." ThierS wollte aber nicht anbeißen. „Niemals", schrie er, „niemals! Tausendmal ne«nl Mein Schritt ist wohlüberlegt. Ein «nbeuasamer Wille hat mir ihn eingegcbcn, ,ck lasse mich nickt umstimmrn." G- gab nun «in lange- Hin und Her mit Wiederholung derselben Argumente, bis rin Diener erschien und dem Marschall meldet«, daß der Präsident und daZ Bureau der Nationalversammlung ihn in seinem Hause erwarteten. Da auch die letzten Bitten vergeblich waren, kehrte de: Marschall kn seinen Palast zurück, wo er Herrn Buffer und daS Bureau der Versammlung vorfand. Buffet brachte di« Wünsche der Versammlung -um Ausdruck. Der Marschall lehnte die ibm angrbottN« Präsidentenwürde unter An- sübruna vieler Gründe ab und wiederholt« vor allem, was er schon Thi«rS gesagt hatte: rr sei palttisch nicht geschult genug, um eiu solche» Amt zu übernehmen. „llebcrdieS", jo fügte er Hinz«, „widerstrebt «S mir, mit dec mir angeborenen Präsidentschaft tu Kauf zu nehmen, daß ich zur Beut« des aehässiaen Geschreis der Presse gemacht werde: die Zeitungen werden ,n ihrer alles Maß überschreitenden Ungerechtigkeit weder mein, Ehr«, noch meinen militärischen Rus schonen. Diese Schätze kann ich dem Batcrlande nicht -nm Opfer bringen. Und endlich, meine Herren", so schloß der Marschall, „muß ich^ um Ti« vollständig aufzuklären. Ihnen etwa» erzählen, was unser« Beziehungen -um Ausland« betrifft: AIS die Räumung unserer östlichen Departements nah« mar, rrwirS mir d«r Gcn-ral Manteufs«l, der damals nach Paris gekommcu Var. di« Ehr« Wachtkommandü zu befehligen und ein Zimmer im Negimentsbureau eingerichtet. Man Nimmt an, daß eS ihm aus diese Weise möglich war, zu Geheimschriften fit gelangen. Eine sehr umfassende Untersuchung wurde sofort cingelenet. * Meine Nachrichten. Au» Hanuovr« Wird gemeldet! Generalmajor v. Maltzan, Kommandeur der 37 Jnsanterie-Brigake, stürzt« gestern morgen beim Au-inarsch Ins Manöver in Minden mit dem Pferd« nnd erlitt eine» llnterfchenkelbtuch. Dek General wurde in «in benachbarte» Haus getragen uuv dann in da- GnrNisonlazarrtt übergesühlt. — Gegenüber der Nachricht, TtaatSmtnistrk a. D. Hobrrcht werde bei Sen nächsten Landtag-Wahlen ans sein Mandat verzichten, ist die „Königsberger Allgemeine Zeitung" in der Lage, authentisch erklären zn können, daß Hobrecht lm Intkreße leines Wahlkreises nicht eher seine Entscheidung wessen wird, als bis er von berufener Seite, d. h. von dem Wahlkomitrr, gefragt wird. Letzteres ist noch nicht ge schehen, alle Nachrichten find daher mindesteu» mrfrüht. Deutsch« Aslonien. * Kamerun. Einem soeben eingctrvssenen Telegramm des Gouver- nements in Buck-Kamerun über die Bewegung in A d a m a u a ent nehmen wir folgendes: Die Bewegung ist nutz dem Tode deS Malam (Wanderpriesters Wadai, der bei Dinbake, einen Tagemarsch nordöstlich von Garna fiel, als vorläufig beendigt anzusehen. Die lokale Erhebung zwischen Garua nnd Nganndere wurde niebergcworfen. Vier Haupt anhänger des Malam Wadai wurden in Ubao, drei Tage südlich von Garua, hingerichtet. Auch der durch den Lamibo (Häuptlings von Garua gefangen genommene Fnllah Mahdi, der Anstifter der ganzen Bewegung, wurde hingerichtet. Die Bevölkerung von Lnmidate, Rei Bnba und Nganndere ist noch erregt: jedoch haben die beiden Lamidos sich re gierungstreu erwiesen. Die Bewegung hatte einen allgemein europäer feindlichen Charakter. Im südlichen Jola-Berogen, zu englisch Nord- Nigeria gehörig, wurden Agenten der Senussi-Sekte festgesteilt. Am 13. August ist ein Transport von 80 Mann mit Maschinengewehren unter dem Hauptmann Krogh über Burutn nach Garua in Bewegung gesetzt worden. Diese Verstärkung soll in der Hauptsache die Refidentnr Adamaua instand setzen. Die deutsch-englische Jola-Croß-Schnellen- Grenzexpeditton, die am 9. August unter Major Haering die Ausreise von Hamburg angetreten hat und auf ein bis zwei Jahre berechnet ist, wird das nötige Begleitkvmmando stellen. Nach Eintreffen der Per- stärkung wird aber auch die Klärung der Lage in den Lamidaten Rei Bnba und Nganndere möglich werden. Eine weitere Verstärkung halt das Gouvernement für unnötig. An der Küste ist alles ruhig. Der Gouverneur Dr. Seitz hat am 16. August eine Dienstreise in den Süd bezirk angetreten, auf der er Edeo» Jaunde und Kribi besuchen wird. Ausland. Belgien. * Der Antwerpener Streik. Der Arbeitgeberverband beschloß, die Hasen« a'beitrr solang« auSzuipeiren, bts sie sämlllch die Arbeit wieder ausgenommen Hütten, uns zu diesem Zwecke neun Millionen z« bewilligen. Gegenüber der Haliung der Arbeitgeber beschloßen dir Arbeiter in den gestern vormittag abgr- l-attenen Versammlungen, den Widerstand sorkzusetzen. Die Lage im Hasen Ist ruhig. Die Ladearbeiten werden von ausländische» Arbeitern verrichtet. Die Gendarmerie Ist verstärkt worden. Dänemark. * Der Bauttschkerstreik. Aus Kopenhagen wird gemeldet: In der gestrigen außerordentlichen Generalversammlung der Arbeilgeberorreintgung wurde in der Angelegenheit de» fett vtet Monaten dauernden BautiichlerstreikS einstimmig beschlossen, den Bauttschlera zur Wiederaufnahme der Arbeit eine Frist von 3 Tagen z« gewähren. Bei Nichtaufnahme der Arbeit innerhalb dieser Zeit soll di« Generalau-sperrnng für sämtliche der Arbeitgebrrverrtnigung angehörendea Betrieb« des Lande» proklamiert wett«,. Rußland. * Iwanows Mörder. Au» Petersburg wird telegrapbiertt DerMörder deS Petersburger GrsängnikchesS Iwanow wurde vom Militärgericht zum Tode durch den Strang verurteilt. In der gestrigen Nacht wurde da- Urteil vollstreckt. * Stützen der Regier»«». DaS überaus wohlwollende Verhütten des Minister» Stolvdia len reglerung-sreundllchrn Parteien gegenüber scheint der russischen Negierung nach wie vor neue Ltii»«n zu bringe», deren Verläßlichkeit sich allerdings erst bei den Wahlen zeigen kann, während man in den beteiligten russischen Kreisen solchen Stützen auch jetzt keine große Bedeutung belmißt. Unter den schon vorhandenen Stützen nimmt zwar der vom Zaren so hoch gepriesene Verband „wahrdast russischer Leute" dl« erste Stelle ein, aber dicht hinter ihm folgt die reorganisierte „Partei der Rechtsordnung", die erst kürzlich ei» nenes Programm ausgestellt hat, nnd dl« sich jetzt mit einem ent sprechenden Programm oder Ausruf, dessl» Text Stolvpin schon ein mal vorlag, an dir Wähler zu wenden beabsichtigt und da» sich wie folgt dar stellt: „Tie Partei der Rechtsordnung verkündet: Rußland muß einheitlich unv ungeteilt bleiben, ein« Autonomie der Grenzgebiete ist nicht zulässig. Während ven fremden Nationalitäten die weitgehendste Selbstverwaltung elngeräumt wird, ist dec Herr in Rußland da» stammeingesessene russische Volk, Vie Staats sprache tst die russisch«, in den Staatsschulen wnß der Unterricht In der russischen Sprache erteilt werden, bi« Partei erkennt die Gewissen»- und Religionsfreiheit aller Bürger an mit dec Maßgabe, daß die orthodoxe Kirche Lie vorherrschende in Rußland ist, und Sie Altgläubigen sofort tue von ihnen geforderten Rechte erhalten. Für dte Juden sollen die größten Einschränkungen bestehen, darunter kein Recht zur Erwerbung oder Pachtung von Land, kein Zutritt zum Staat»- oder Kommunaldirnst, Staats schule» usw. Den Baneni soll sofort Land zugetrtlt werden, jedoch ohne da» Eigentumsrecht Dritter zu oerleven. Auch die Acbrltrrfürsorge muß der Jetztzeit ratweecl-en» ,«tn. lowte di« allgemeine VoltSbtldung baldmöglichst «Ingesührt werde». Dir Partei tst ferner für «int tonstünttonelle Monarchie, für di« Durchführung der lm Zarenmanifest vom 3. Oktober verkündeten Bürgerfrei« heilen, sofern sie mit der Staattordnung übereinstimm«»." Unter solchen Umständen dürfte StolhplU die Mißstimmung, dir in den Negirrungs- und Hof- kreisen bezüglich der bevorstehenden ReichSdumawahlen berrscht, wohl »och eine Zrittang Niederhalten lönnrn. Daß aber dir dritte Reich-duma auch kein« echt russischt sein wird, steht wohl schon fest. Bulgarien. * Ferdinands Jubiläum. Aus Petersburg wird gemeldet: Ter Kaiser sandte an den Fürsten Ferdinand von Bulgarien «In Telegramm, in dem rr seine ausrichlige Geneigtheit sür den Fürsten ausdrückt und ihm lange Gesund- heil wünscht, um das große Werk zutn Wohle des bulgarischen Volkes zu voll- bringt«^ Las mit Rußland durch denkwürdig« historische Bande brüderltcher Einigung verknüpft sei. Der Minister deS Auswärtigen JSwolkt sandte rin Telegramm, in dem er dem Fürsten zu seinem Jubiläum Glück wünscht und dem Wunsche Ausdruck gibt, Laß Bulgarien gedeihen möge Die Glückwünsche der russischen Regierung wurden Lurch drn russischen Geschäftsträger in Sofia überbracht. Türkei. * Der Konflikt mit Persien. Aus Konstantinopel wird depeschiert: Tie vorgestrige Not» der Psorte an die persische Botschaft erklärt, die Trupvrn bollen Befehl gehabt, die Grenze in keinem Fall zu überschreiten. Ta die Note die Persische Regierung nicht einlud, die Delegierten für dte Untersuchunos- koinmission zu ernennen, so unternahm der persische Botschafter erneute Schritte, und r» gelang ihin, ein Einvernehmen zu erziele», demzufolge Lie Pforte eine neue Note an die Botschaft richtete, in der sie die persische Regierung auf. forderte, dir Mitglieder für die Kommission zu ernennen. In persischen diplomatischen Kreisen ist man der Ansicht, daß sich die Angelegenheit jetzt aus dem Wege der diplomatischen Regelung befindet. Japan. * TtaütSrat. Aus Tokio wild uns unterm 28. August depeschiert: Tie sür morgen einberufene Sitzung des Staatsrats, in der dir kvreaoiiche Politik von Marquis Ito erörtert wetten sollte, wurde vertagt, weil einige Minister und ältere Staatsmänner durck Ueberschwemmuugen am Erscheinen verhindert waren. Man nimmt an, daß Murquis JtoS Plan sei, eine vollständige Reform dec LandgeseygebuNg, sowie eine Umgestaltung deS Iuslizwesens und der Polizei nach japanischem Muster durchzusühreu. Auch vermutet man, daß Ito be absichtigt, die Bewilligung von elwas über einer Million Jen jährlich sür einen Zeitraum von sünf Jahren bei der japanischen Regierung zu beantragen. Gut unterrichtete Kreise hegen die Zuversicht, daß die Landreformen Lie Einkommen Koreas vermchren werden, und das; Anleihen, für die Lie finanzielle Unab hängigkeit Les Landes Sicherheit geben würde, mit japanischer Garantieleistung au-gegeben werden können. Man glaubt, daß der Staaisrat Itos Pläne nicht beanstanden werde, und Laß sie von dem nächsten Landtage genehmigt werden, Marokko. * Schlimme Situation. Aus Tanger wird gedrahtet: Bei dem Kriegsminisier Gebbas sind Reiter vom Sultan aus Fez eingetroffen, welche berichten, daß die Lage in der Hauptstadt sehr crnst ist. Der Sultan befiehlt Gcbbas, ihm schleunigst verfügbare Truppen zu senden, nnd zwar 800 Mann einschließlich bestimmter Teile der Mcihalla El Meranis, von dessen Niederlage der Sultan nichts weiß. El Merani ist schwer verwundet ohne Soldaten in Elksar eingetrosfen. — AuS London wird gemeldet: Tie Machtsphäre des Gegensultans Mulay Hafid dehnt sich, obwohl er selbst Marrakesch noch nicht verlassen hat, den hier vorliegenden Meldungen zufolge stetig aus. Seine Aus rufung zum Sultan ist auch in Mazagan und Asimur von der Beamten schaft bereits anerkannt wordcn, wie folgender Vorfall beweist: Abdul Asis hatte den Pascha von Mazagan Si Hassan brieflich angewiesen, eine Anzahl Gewehre und eine Quantität Cchießbedarf, die dort lagerten, nach Tanger zu schicken. Ter französische Dampfer „Anatolie" hatte den Transport der Gegenstände bereits übernommen, als Sonderboten aus Marrakesch die Ausrufung Mulay Hafids zum Sultan meldeten und Gehorsam sür den neuen Monarchen forderten, der alle vor handenen Schießwaffcn nebst Zubehör nach Marrakesch zu schicken gebot. Si Hassan berief sogleich die Behörden und Notabeln zu einer Beratung, sie mit der Rückgängigmachung der Verschiffungsorder und also der tat- ächlichen Anerkennung des neuen Sultans endete. In Mazagan Wer ren Schwierigkeiten nur von dem mächtigen Scherif Ma cl Ainin bc- ürchtet,, der ein tatkräftiger Parteigänger von Abdul Asis ist; sonst indet dieser bei den Marokkanern zwar viel Sympathie, aber wenig lnterstützuna. So verwendete der Scherif Malalun sich zwar dafür, raß Abdul Asis von Mulay Hasid kein Leiv geschehe, leistete icdoch dem neuen Machthaber den Treueid. Wie in Mazagan, so hat Mulay Hafid auch irr Tanger die aktiven Behörden durch Briefe in ihren Aomtern Wenigstens beltaiigt. t^icickzen.a hoi er den S""nmrn Angriffe auf die Franzosen bis auf weiteres untersagt und dem Chanja-Stamm befohlen, von Casablanca auf Marrakesch abzumarschieren. In einem lvcitcren offenen Briefe bezeichnet Mulay die Politik von Abdul Asis als ver derbenbringend für Marokko, da sie es nicht verstanden habe, die Fran zosen auf eine vorübergehende Besetzung von Udiide zu beschränken. Den Ausländern müsse für erlittene Unbill, wie die Ermordung Dr. Mauchamp», Genugtuung gewährt werden, aber sie dürften sich auch ihrerseits keine Uebergrisfe erlauben. Er hoffe aus baldige Herstellung geordneter Bcziehiuigen zu allen Mächten. Dieser Brief hat auch in Tanger auf allen S-eiten einen vertrauenerweckenden Eindruck gemacht, und man erwartet, daß die Stadt, sobald Mulay sich auch dort zum Sultan ausrufen läßt, alsbald zu ihm abfallen wird. Amerika. * Friedenskongreß. Aus Washington wird gemeldet: Die Präsidenten Roosevelt und Diaz richteten gleichzeitig an die Präsidenten der mittelamerikanischen Republiken Telegramme, in denen sie die guten Dienste der Vereinigten Staaten und Mexikos zur Bildung eines Kon gresse- anbieten, der die Vorschläge zur Aufrechterha tung des Frledenszu erörtern haben würde. Es heißt, die Republikaner wür den eingeladen werden, die Konferenz in Washington abzuhalten. Die Diplomaten erklären, daß keine Republik es verantworten könnte, die angebotene Vermittlung abzulchnen, und daß ein dauernder Friede tat sächlich gesichert sei. eine« Besuche-: er betont« seine Sympathie für Frankreich, versicherte, daß er sich ständig bemiidt habe, die Härten der Okkupation zu mildern, und streckte mir beim Abschied die Hand hin, um mir seine persönlichen Sympathien -um Ausdruck zu bringen. Ich aber zog meine Hand zurück und antwortete ihm: „Herr General, ich werde iiremals die Hand eines preußischen Generals berühren, und kein Mensch in Deutschland soll in mir etwas anderes sehen als den Mann der Revanche!" Die Abord nung der Nationalversammlung bestand aber trotz alledem darauf, daß Mac-Mahon znm Heile deS Landes die Präsidentschaft annähme, und dec Marsckall mußte schließlich sich selbst und seine Bedenken überwinden. Mac Mahon erzählte später dem General Lacretelle: «Meine Unter haltung mit dem General Manteuffel zwang mich, al» ich im Amte war, an den Kaiser von Deutschland einen Brief zu richten, der, wie ich hoffe, di« Wirkung meiner Worte abgeschwächt baden wird. Der Kaiser hat sicher eingesehen, daß ich als Soldat anderer Meinung sein konnte wie als Staatsoberhaupt." O. * Stn französisches Urteil über öle deutsche Literatur. Dte erMerische Bedeutung der deutschen Literatur für di« iungen Franzosen wird von dem Gymuasialproseffor M. Bloch in der Wochenschrift „l.o Ocwneur" eingehend und anziehend besprochen. E» genüg« nicht, führt er au-, di« deutsch« Sprache zu lennen oder in Deutschlaud Stuviennisea zu unternehmen, sondern man müsse auch in da- Geiste-leben de» Nachbarvolk» «indrinaen, da» mau sonst gar nicht zn verstehen vermöge. Ueberhaupt habe dte deutsch« Literatur einen allgemein erzieherischen Wert. „Keiur modtta« Literatur wetst so viele Philosophen und Pädagogen auf; kein« hat sich mit gleiche« Feuereifer für alle Probleme der Erziehung begeistert; keine hat tm gleichen «rode de» Ehrgeiz gehabt, nicht nur sür eiu« Rass«, sonder» stir die ganz, Menschheit erzieherisch zu wirke». So verwegen dieser Ehrgeit auch sein mag, muß dock zn- aestanden werden, daß er auf dem Gebiete der Kunst und de» Gedanken- Werte von unsterblicher Schönheit, Tief« und Wiffenschast g«-«itigt hat. Niemaud erlaubt sich heute mehr, wie »« noch vor ulcht langer Zett Mode war, de» Nutzen in Abrede »» stellen, den di« tutelleltuell« nnd moralisch« Kultur der Jugend au- dem Stuvlum «lae- Herder, eine» Lessing, «tue» Goethe, etue- Cchlller ziehen kann. Diese GeisteSyeroe« hoben uickt nur sür ihr, Zeit und slir ihr Land geschrieben. Indem si« hochstrebende und gewaltig« Gedanken in eine vollendete Form lleideten, indem st« unvergängliche Gestalte» und Typen schuf«», baden sie da» Bürgerrecht in all«« Nationen erworben. Wer si« nicht kennt, bleibt einer ganzen großen Provinz de» menschlichen Gedanken» fremd. Wer si« liebt und erlaßt, vereichert sei» Herz und seinen Geist mit unser- gleichttchen Schätzen, er schafft sich «tu« neu« Seel«. Aber La» Studium der großen Veatschrn Schrlktstrller kann nicht ohne eine weise, methodisch« Vor bereitung erfolgen. Der synthetisch« Charakter ihrer Sprach« «ad ihre« Stil», dir philosophische Tragwrlle ihrer W«rke bieten jungen Intelligenz«» unüberwindlich« Schwierigkeiten. Ja der deutschen Literatur finden wir indrffe» glücklicherweise da» Mittel, un» allmählich za der Erkenntnis ihrer Meisterwerke auszulchwiaaen, nämlich durch dle Volk-märchra und die Lieder. Ibr Studium ist »beaso leicht wie anziehend. E» ist di« natürlichste and gluckllchstr Ein führung in die Kenntal» de» germanischen Geist«» »ad feiner mauai-fach«, NVU«W»MW»WWME»UM«0U»I Schöpfungen. Das deutsche Märchen belebt das ganze Weltall und gibt allen Dingen eine Stimme, Tränen und Lächeln. Der Menich erscheint uns nie ein sam und verlassen. Er lebt in enger Verbindung mit de» Wesen, den Pflanzen und scheinbar unbelebten Gegenständen. Ein Hauch der Weltbrüderlichkeit nnd Sympathie durchweht diese naiven Erzählungen, tn denen dte ganze primitive Menschheit mit ihren Illusionen und ihren Aengsten wieder amlebt. Welche Nahrnag kann die EinblidungS- und Einpfindungslraft der Kinder in diesen Märchen finden, in denen Las Wahre nnd das Wunderbare sich vermischen, in Lenen alle- Leben» Farbe unü Bewegung isil" JonrnaltSmuS tn früherer Zeit. Im „Rests del Carlino" erzählt ein italienischer Journalist anläßlich seines BerufsiubilämnS mit gutem Humor allerlei Kuriose» Über drn italienischen ProvinzjournaliSmu» in früherer Zett, wobei jedoch za bemerken tst, daß dir „frühere Zeit" noch gar nicht so lange zurückllegt, Vena e» handelt sich um die achtziger Jahre des vorigen Jahrhundert-. Für da» Publikum war der Journalist damals nicht viel mehr al- ein au» der bürger- lichrn Gesellschaft ou-gestoßeneS Subjekt, und di« Zeitung aalt allgemein als Uahetlbrirrgertn. Dazu kam noch die Redaktion-miserc: Glückich der Berleger, d«r «inen halbwegS brauchbaren Redakteur sein eigen nannte. Die dritte Schwierig keit bildet« der miserable Nachrichtendienst: eS ist nicht zuviel gesagt, wenn man behauptet, daß dte Ankunft einer Depesche ein grandioses Ereignis war. Und dann der Druckerrt-Iammerl „Als ich", so schreibt Grassetti, „mir in Fadriano Vie ersten journalistischen Sporen verdiente, gab «S dort zwei Druckereien, auf die selbst her selig« Gutenberg nur voll Mitleid herabgrschaut hätte. Man konnte immer nur zwei Seiten drucken und mußte dann len Satz ou-elnandernehmen, um dl« andern beiden Seiten setzen und drucken zu können. Und dann war da «ine liebliche Handpresse (LaS Verbum „ächzen" schien eigens für sie erfunden »n selnl di« sür den Druck von 500—-609 Exemplaren anderthalb Tage ununter brochener Arbeit und diverse Flaschen ErmunterungSschnavs erforderte." Die über raschendsten Htndernifse aber kamen von falschen, gar nicht vorauSzusehcnden Aus- legungen der Aeltung-notlze«. Bet der Schilderung eines vom vornehmsten Verein« der Stadt veranstalteten BallfestrS war dem an „Phantasir-Hyper- trophte" leidenden Chronisten der Satz entschlüpft: „e- war ein« Orqle von blendend«» Farben"; durch da- Wort „Orale" fühlten sich aber di« Damen der Stadt so brletdigt, daß man drn armen Journalisten brinahe gelyncht Hütte. Einen ähnlichen Wutausbruch rief unter den Verehrern einer Sängerin eine Theaterkritik hervor» well der Kritiker infolge eine» ealami' von der ^toec-a'' statt von der ..kresea voev" (von der „trüben", statt von der „frischen Stimme") d«r Künstlerin gesprochen hatte. Große Aufregung gab eS auch, wenn in einem Artikel einig« Zeilen zufällig durcheinander geworfen waren. Einmal erzählt« der Leitartikler, daß „der Ministerpräsident Depreit» zu nachtschlafender Zeit vor dem Gartengitter gewesen sei und unter dem Mantel ein« Blendlaternr gehabt habe", während tm Romaaseuillrton unter dem Strich berichtet wurde, wir der Mana mit dem schwarzen Mantel „die alten politischen Parteien sür tot erklärt habe". Durcheinander gewürfelt« Sätze dtrser Art bildeten tagelang den einzigen Grspräch-stoff lm Städtchen und wurden ganz einfach als beab sichtigte Bo-Helten der Journalisten au-gelegt. Als ein argloser Journalist gar den Ramen-vrtter eine» bekannten Republikaners mit diesem Rrpudlikancr selbst verwechselt«, hatte er sofort «tu Duell auf dem Halse. ,,Zwanzig Jahre", so schrribt Graffett, „genügten, um alle diese Hindernisse der lournatisttschoa Tätig keit zn beseitig«» und . .. dafür andere zu schaffen".
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