Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.09.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070902027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907090202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907090202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-02
- Monat1907-09
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug--Preit fttr Leipzig und Vorort« durch unsere LrLger und Spediteure iu« Hau» gebracht: Lutgabe 4 (our morgen«) vtertrljthrlich '! M, monatlich r M., Autgabc li (morgen« und abend«) viertel jährlich 4.50 M., monatlich 1.50 M. Durch btr Vvk bergen (2 mal ttglich) innerhalb Deutlchlaod« und der deutschen Kolonien vtertrljthrlich 5L5 M., monaUich 1.75 M. aurschl. Post- beftellgeld ,ür Oesterreich 9 L 66 t», Ungarn 8 K vierteljährlich. Abonnement Annabme: Auguftubplatz 8 bei unseren Tragern, ftüialen. üpediteurrn und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Hummer kostet 10 stlfg. Redaktion und Expedition: JohanniSgasse 8. Telephon Nr. IE. Nr. 1469», Nr. 14694. Verlinrr Redaktion« «ureau: Berlin UV. / Prinz Louis Ferdinand- E trahe 1. Telephon 1, Nr. 9275. Abend-Ausgabe S. aMkrTagMM Hllndelszeitung. Ämlovsatt -es Mates und -es Mottzeiamtes -er Lta-t Leipzig. Luzeigeu Prei- sitr Inserate au» Leipzig und Umgebung di« baespaliene Petitzeile 2b Ps , stnanzielle «neigen 30 Ps., Reklamen I M. ; von auswärt» 30 Ps., Reklamen 1.20 W. vom Ausland 50 Ps., finanz. Anzeigen 7b Ps. üiektamcn 1.50 M. Inserate v. Behörden nn amtlichen Teil 40 Pi Brilagegebübr 5 M. p. Tausend exkl. Poft, gebühr. iiseschästSanzcigen an bevorzugter -stelle IM Preise erhöht. Rabatt nach Toris, "efterkeilte Austräge können nicht zurück gezogen werben. Für das Erscheinen an bestimmten Tagen uub Plätze» w,rd keine Garantie übernommen.. An,zeigen-Annahme: Pugust»«Platz 8 bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des Ja- und Auslande«. Haupt Filiale Berlin: Earl Dunck: , Herzogl. Bagr. Hofbuch' Handlung, Lützowftrabc 10. «Telephon VI, Nr. 4603). Nr. Montag 2. September 1907. 1V1. Zahrqanq. Das wichtigste voin Tage. * Der Kaiser Kat in Münster eine bemerkenswerte Rede gehalten. sS. Art.) , * „Daily Telegraph" meldet aus Mazagan, daß Sir Oman ben Meched von Muley Hafid auserwählt ist, um mit Noten, die der neue Sultan an die Regierungen von England, Frankreich und Spanien richtet, nach Europa zu gehen. * Der Anarchistenkongreß in Antwerpen hat gestern seine Verhandlungen beendet. Der nächste Kongreß soll in zwei Jahren srattfinden. * Die S i t u a t i o n i n K o r e a hat sich wieder verschlimmert. ,S. Ausl.s Tine Raiserrede in Münster. Am gestrigen Tage hat der Kaiser im LandeSinuseum zu Münster eine längere, inhaltlich bedeutsame Rede gehalten, deren Wortlaut er st heute offiziös bekanntgegeben worden ist. Danach lautete die Rete: „Es ist Mir «in Herzensbedürfnis, den Vertretern der Provinz, die Ich beute um Mich versammelt habe, aus tiefster Seele Meinen herzlichsten Dank auszusprechen für die Art und Weise, wie Ich in dem schönen Westfalenlande allerorten empfangen worden bin. Ich möchte auch zugleich nochmal- Ihnen allen im Namen Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin wiederholen, wie unendlich betrübt sie ist, daß es ihr durch den Unfall nicht vergönnt gewesen, die westfälischen Tage mitzumachen und persönlich mit Ihnen und dem west» jütischen Volke in Berührung zu treten. Die Provinz Westfalen bietet ein schönes Bild dafür, daß cs wohl möglich ist, historische, konfessionelle und wirtschaftliche Gegensätze in versöhnlicher Weise zu »inen in der Liebe und Treue zum gemein sauren Vater lande. Die Provinz letzt sich zusammen aus ver schiedenen Landesteilen, von denen viele schon lange der Krone Pieußcns zugebören und manche erst später dazngekommen sind. Sir wetteifern ober alle miteinander in der treuen Zugehörigkeit zu Unserem Hause. Wie Ich keinen Unterschied mache zwischen alten und neuen Landesteilen, so mache Ich auch kernen Unterschied zwischen Untertanen katholischer und pro testantischer Konfession, stehen sie doch beide auf dem Boden des Christen- Iums und beide sind bestrebt, treue und gehorsame Untertanen zu sein. Meinem landesväterlichen Herzen stehen alle Meine LandeS- kinder gleich nabe. In wirtschaftlicher Beziehung bietet unS die Provinz gleichfalls ein höchst erfreuliches Bild. Es zeigt, daß die großen Erwerb Szrvrige sich ein- ander nicht zu schädigen brauchen, und daß die Wohlfahrt des cinen auch dem andern zugute kommt. Der Bauer bebaut seine rote westfälische Erde mit Fleiß, fest am überlieferten Althergebrachten haltend, eine kernige Natur mit eisernem Fleiß uns ehrenhafter Gesinnung, von treuem Wesen, eine feste Grundlage für unser Staatsiveseu. Darum wirdMic der SchutzderLandwirtschaststetsbe sonders am Herzen liegen. Der Bürger baut seine Städte in immer vollkommnerer Weise aus; es entstehen großartige Werke gemeinnütziger Art, Museen und Sammlungen, Krankenhäuser und Kirchen. Im Schoße ihrer Berge ruhen die Schätze, die von fleißigen Händen der braven Bergleute gefördert, der Industrie Gelegenheit gebe», sich zu betätigen, dieser Industrie — der Stolz unserer Nation — wunderbar in ihrem Slusschwung, beneidet von aller Welt. Möge es ihr vergönnt sein, rastlos auch fernerhin Schätze zu sammeln für unser Nationalvermögen und nach außen den guten Ruf von der Tüchtigkeit und Güte deutscher Arbeit zu mehren. Ich gedenke hierbei auch der Arbeiter, die in den gewaltigen industriellen Unternehmungen vor den Hochöfen und unter Tage im Stollen mit nerviger Faust ihr Werk verrichten. Die Sorge für sie, ihren Wohlstand und ihre Wohlfahrt habe Ich als teures Erbe von Meinem in Gott ruhenden Großvater überkommen und es ist Mein Wunsch und Wille, daß wir auf dem Gebiete der sozialen Fürsorge festhalten an den Grundsätzen, die in der unver» geblichen Botschaft Kaiser Wilhelms des Großen niedergelrgt sind. Das schöne Bild versöhnlicher Einheit, welche die Provioz Westfalen dem Beobachter zeigt, würde Ich gern auf unser gesamtes Vaterland übertragen sehen. Ich glaube, daß zu einer solchen Einigung aller unserer Mitbürger, aller unserer Stände uur ein Mittel möglich ist. Das ist die Religion, frei lich nicht in streng kirchlich dogmatischem Sinne verstanden, sondern im weiteren für das Leben praktischeren Sin ne. Ich muß hierbei auf Meine eigenen Erfahrungen zurnckgreifen. Ich habe in Meiner langen Regierungszeit — jetzt daS zwanzigste Jahr, das Ich angetreten habe — mit vielen Menschen zu tun gehabt und habe vieles von ibnen erdulden müssen. Ost unbewußt und ost leider auch bewußt haben sie Mir bitter weh getan, und wenn Mich in solchen Momenten der Zorn übermannen wollte und der Gedanke an Vergeltung aufstieg, dann habe Ich Mich gefragt, welches Mittel wohl das geeignetste sei, den Zorn zu mildern und die Milde zu stärken. Das einzige, was Ich gesunden habe, bestand darin, daß Ich mir sagte: „Alle sind Menschen, wie du und obgleich sie dir wehe tun, sie sind Träger eiuer Seele aus dem lickten Höhen, von oben stammend, zu denen wir alle einst wieder zurückkehrcn wollen, und durch ihre Seele haben sie ein Stück ihres Schöpfers iu sich." Wer so denk», der wird auch immer Verständnis für seine Mitmenschen haben. Wäre cs möglich, daß im deutschen Volke dieser Gedanke Raum gewönne für die gegenseitige Beurteilung, so wäre damit die erste Vorbedingung geschaffen für eine vollständige Einigkeit. Aber erreicht kann diese nur in einem Mittelpunkte werden: In der Person unseres Erlösers! In dem Manne, der unS Brüser genannt, der uns allen zum VorbilS gelebt hat, der persön lichsten der Persönlichkeiten. Er wandelt auch jetzt noch durch die Völker dahin und ist uns allen fühlbar in uusrrm Herzen. Im Ausblick zu ihm muß unser Volk sich einigen, es muß fest bauen auf seinen Worten, von denen er selbst gesagt hat: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht". Wenn es das tut, wird es ihm auch gelingen. Zu solcher Mitarbeit möchte Ich am heutigen Tage aussordern, insbesondere die westfälischen Männer, denn wie ich vorher aiiseinaudecsetzle, haben Sie es verstanden, das schöne Bilü versöhnter Gegensätze in Ihrer Provinz zu geben. Sie werden Mich auch zuerst und am besten verstehen. In diesem Geist sollen alte und neue Landesteile, Bürger. Bauer und Arbeiter sich zusammentun und einheitlich, in gleicher Treue und Liebe zum Vaterlande Zusammenwirken, dann wird unser deutsches Volk der Granitblock sein, auf dem unser Herrgott seine Kulturwerke an der Welt weiier aufbaueir und vollenden kann. Dann wird auch das Dichter wort sich erfüllen, da- da sagt: „Au deutschem Wesen wird einmal noch die Welt genesen." Wer bereit ick, hierzu Mir die Hans zu bieten, dem werde Ich dankbar sein, und Ich werde ihn freudig als Mitarbeiter annehmeu. er sei wer und wrß Standes cr wolle. Ich glaube, daß Ich von den Westfalen am ersten verstanden w.rde, und deshalb habe I h Mich an Sie gewendet. Nun erhebe Ich Mein Glas mtt den;'Wunsche, Laß Gottes Segen auf der alten westfälischen roten Erde ruhen möge und auf allen ihren Be wohnern, daß eS Mir vergönnt sei, fernerbin den Frieden zu erhalten, damit Sie ungestört Ihrem Berufs nachgehen können. Gott segne die Provinz West- salen. Hurra! Hurra! Hurra! . Die Antwort des Lber-räsidenten. Obrrpräsidcnt Freiherr von der Recke erwiderte auf den Trinkspruch deS Kaisers im Lanresmuseum folgendes: Euer Majestät haben soeben geruht, der Provinz Westfalen in so gnädiger und huldvoller Weise zu gedenken, baß die Herzen Euer Majestät treuer West falen heißer schlagen und Jubel und Dank ihre Seele erfüllt. Jubel und Dank für Len langersehnten Besuch in der Provinz und in der altehrwürdigen Stadt Münster, für die Herrschaft über Westfalens Söhne, Jubel und Dank für die Fülle Allerhöchster Gnad.-, deren so viele Bewohner der Provinz teilhaftig geworden sind. Euer Majestät betreten in der Provinz Westfalen ein Land schaffender Arbeit. Biele hunderttaulende stehen jahraus jahrein in ihr fest und zah, betriebsam bahn brechend, bisweilen psadfinderisch in reicher Betätigung werktätigen Schaffen-. Gewaltig ist die Entwicklung Westfalen- in den letzten Jahrzehnten gewesen, aber große Aufgaben harren noch der Lösung. Die Konzentration der Versorgung mit Licht und Kraft, die gesunde Wasserwirtschaft, die Anlage vou Talsperren und neuen Wasserwegen sind nicht die geringsten unter ihnen. Wir hoffen, die Aufgaben den Absichten Euer Majestät entsprechend zu ersüllen, und wenn erst, so Gott will, der iu wrniqeu Jahren von Euer Majestät jo machtvoll geförderte große Wasserweg vom Rhein über die Weser hinan- sich eröffnet, so wird dir weißrote westfälische Flagge noch mehr als bisher den anderen Ländern zeigen, was Westfalens Gcwerbefleiß unter dem Hohenzolleroaar vermag. Durch zwei Jahrzehnte haben Euer Majestät das Vaterland und unsere Heimat in ge segnetem Frieden geführt und dadurch eine feste Grundlage geichaffeu für die Erfolge der Arbeit, auf die wir stolz find. Uubegrenzt ist das Zutrauen zu Euer Majestät gesegnetem Watten. So maauigfaltig die Stände in Westfalen find, nur ein Gedanke beseelt sie: Wir leben, wir sterben für Euer Majestät, für den Ruhm und die Größe Les Hohrnzollernhaujes. Freudigen Herzens wellen die Söhne der roten Erde ihr Trrugetöbnis von neuem de- siegeln. Innige Wünsche für die Genesung der Kaiserin, deren Ferubleibeu in diesen frohe« Tagen unser cinziger Schmerz ist, fügen wir hinzu, und indem wir das volle Maß des Dankes der treuen Provinz Euer Majestät zu Füßen legen, rufen wir einmütig: Sr. M. der Kaiser, unser Allergnädtgster König und Herzog Hurra! Hurra! Hurra! Tagerfcharr. Der böhmische Landtag. Die tschechischen Blätter geben sehr entsprechende Präludien zur Tagung des böhmischen Landtages, dessen Einberufung allentbalben als eine Schwäche der Regierung empfunden wird. Jedenfalls dürfen die Pläne gewisser Kreise, die Wahlreform in der kurzen Sitzuugszeit durch zubringen, mit dem energischen Widerstand der Deutschen rechnen. Auch mit dem äußersten, wenn nicht )enes Maß von Gerechtigkeit gegenüber den deutschen Forderungen gewahrt wird, das unumgärmlich notwendig ist. Ueber die wirtschaftlichen Vorlagen, bzw. die Stellungnahme der Deutschen zu diesen, ist ein« bestimmte Taktik bisher nicht festgelegt. Anzuuehmen ist, daß der Oberstlandmarschall im Einvernehmen mit den Obmännern der Parteien die Tagesordnung festsetzen wird, wiewohl die Bestimmung derselben ausschließlich in seinen Wirkungskreis fällt. Innerhalb der deutschen Parteien wird hoffentlich durch eine der Tagung vorausaekende Besprechung Einmütmckcit bezüglich der zu de- obachtenden Taktik erzielt werden. Eine solche ist namentlich letzt un bedingt erforderlich. Es wäre zu wünschen, daß auch bezüglich der Re form des Landtagstoahlrechtes, dessen Erweiterung ia niemand wider strebt, ein Einvernehmen unter den Deutschen erzielt wird. Es wird namentlich davon abhängen» wie weit die Deutsche» mit ihren Forde rungen Erfolg haben werden. Daß der nationale Besitzstand geschützt werden müsse, ist der leitende Gedanke aller Anträge. Die Hinzu fügung einer besonderen Gruppe zu den bisherigen, entspricht dem Kuriensystem, wird ober ernsthaft geprüft werden müssen. Jedenfalls haben Anträge, das allgemeine und gleiche Wahlrecht nach dem Muster des Reichsrates einzufübreu, auf deutscher Seite keine Aussicht, au- genommen zu werden. Auch ist, wenn die vom Abg. Geßmanu für den niederösterreichischen Landtag vorgeschlagene Bedingung, die einer Ein schränkung gleichkommt, hinzugefügt als: dreijährige Seßhaftigkeit. Sie jchaltet die fluktuierenden Elemente zweifellos aus und die sind im deutschen Sprachgebiet meist die national fremden. Der erste Landtag, der eine solche Kurie dem Landtage angliederte, war der von Kärnten; mit dem kärntnerischcn Landesgesetz vom 5. September 1902 wurde dort eine allgemeine Wäblerklafse mtt vier Landtagsmandaten eingcführt. Bald darauf folgte derVorarlderger Landtag mit drei Abgeordneten der allgemeinen Wählerklasse. Im Jahre 1904 erhielt der steiermärkische Landtag acht Abgeordnete des allgemeinen Stimmrechtes, im nächsten Jahre folgte Schlesien mit einer allgemeinen Wählerklasse von vier Abgeordneten. Am !4. März dieses Jahres bat auch der Görzer Landtag die Ein führung einer fünften Kurie von sechs Abgeordneten beschlossen. Die genannten fünf Kronläuder sSteiermark, Kärnten, Schlesien, Görz, Feuilleton. Den besten Beweis von Weisheit liefert eine ständig gute Geistesstimmung. Montaigne. * Die Einweihung -er Denkmals zu Altranstädt. Altranstädt» 1. September. Es gibt im ganzen großen deutschen Vaterlande wohl kaum «ine Gegend, die so reich wäre an geschichtlichen Erinnerungen, wie die weite Ebene, die sich um Leipzig ousdehnt. In diesen Gesilden, wo jetzt Acker bau und Industrie sich zu schönster Blüte entwickelt haben, wo weite Kornfelder und Gemüsegärten von dem Fleiß der Bewohner Zeugnis geben, wo Fabrikschlotc rauchen in fast zahlloser Menge, wo Tag und Nacht die Maschinen nicht stille stehen, wo der Welthandel einen seiner Mittelpunkte gefunden hat, da hat in der Vorzeit manches Ereignis statt- gefunden, das für Deutschlands, ja für Europas Geschicke von ent scheidender Bedeutung gewesen ist. Da, wo das Dörfchen Keuschberg, von den gewaltigen Gradier werken der Saline Dürrenberg umgeben, zur lieblichen Saalaue sich bcrniedcrziebt, da haben vor bald tausend Jahren die ungarischen Reiter borden ihre Rosse getummelt, bis Heinrichs Krieger in blutiger Schlacht, an die noch der „Leichcnhügel" erinnert, ihnen aus mehr als ein Jahr zehnt das Wicderkommen verleitet haben. Des deutschen Volkes Natio nalität und christliche Kultur ist da gerettet worden. Und abermals, anderthalb Jahrhunderte später, hat dies« Gegend einen Sieg des Deutschtums über undeutsches Wesen geschaut. Bei Hohenmölsen, zwischen Zeitz und Weißenfels, traf dort der deutsche Kaiser Heinrich IV. mit seinem abtrünnigen Schwager Rudolf von Schwaben, dem „Pfafstnkaiser", der von den Knechten Roms, so sich deutsche Fürsten nannten, sich hatte auf den Schild heben lasten, zur Entscheidungsschlacht zusammen. Und abermals siegte deutsche Treue über welsche Falschheit und Hinterlist. Rudolf siel unter den Streichen Gottfrieds von Bouillon. Tie meineidige Schwurhand wurde ihm abgchauen, und im Dom des un fernen Merseburg, wo er sein Grab gefunden hat, wird sie noch heutigen Tages gezeigt. Und als hundert Jahre nach der Reformation der Kampf um Deutschlands höchste und heiligste Güter, um Glaubensfreiheit und deutsches Wesen, abermals entbrannt war, da war eS wieder die Ebene um Leipzig, wo er entschieden wurde, zum Heil und Segen Deutschlands. Bei Breitenfeld wurde der gefürchtete Tilly von Gustav Adolf ge schlagen, und mit Recht steht auf dem dort errichteten Denkmal«: Gustav Adolf. Christ und Held, Rettete bei Breitenfeld Glaubensfreiheit für die Welt. Mit diesem Siege allein war doS Werk indeS noch nicht vollendet. Noch einmal mußte der tapfere Fürst unfern der Stätte seines ersten Sieges den Kampf aufnehmen nick den -weiten Sieg mit seinem Blute erkaufen. Der schlichte Stein an derLützener Landstraße redet eine gewaltige Sprache von der Treue bis zum Tode. Ohne diesen Sieg wär« die Sache des Evangeliums wahrscheinlich für immer verloren ge wesen und Deutschland würde in dieselbe Finsternis -urückgekehrt sein, die überall da die Völker dcckl, wo Rom die Herrschaft führt. Unweit aber derselben Stätte, bei Großgörschen und Caja, hat der Boden vor bald hundert Jahren wieder Ströme heiligen Blutes ge trunken. Zwar war es kein voller Sieg, der da errungen wurde, aber das erste blutige Morgenrot dämmerte da nach der siebenjährigen Nacht des Elends und der Schmach. Erst Leipzig selbst hat uns die Frel- heit gebracht. Da erblich der Stern des gewaltigen Eroberers, und ein Niesendenkmal wird den Völkern Europas verkündigen, welch welt geschichtliches Ereignis sich hier vollzogen hat. Mit Blut ist die Geschichte all dieser Orte geschrieben, und schaudernd denkt man an die zahllosen Opfer, die auf diesem Boden haben gebracht werden müssen. Tnntrro inolis erst, Oermanarrr nancksre gsntein. So viel Mühe hat es gekostet, aus Deutschlands Stämmen ein Volk zu machen. Es gibt aber noch einen Ort in dieser Gegend, der statt des blutigen Lorbeers den Palmcnzweig trägt. Er heißt Altranstädt. Dort wurde 1706 der Teil des nordischen Krieges beendet, an dem unser engeres Vaterland Sachsen beteiligt war. Karl XII. von Schweden, der tollkühne junge Held, diktierte da August dem Starken den Frieden, der diesem die polnische Aönigskrone kostete. Daß hier immerhin ein deutscher Fürst einem fremdländischen unterlag, das ist wohl der Grund gewesen, daß man den denkwürdigen 24. September des vorigen Jahres nicht gefeiert hat. Eine Schmach ist und bleibt es, daß ein Jremoer, wenn auch ein Glaubensgenosse, auf deutschem Boden hat Gesetze geben dürfen. Trotzdem aber bat ein Teil des deutschen Volkes Ursache, dem fremden König dankbar zu sein. Was der eigene Fürst ihm versogie, das hat der fremde ihm erwirkt. Karl hat sich als echter Nachkomme seines großen Ahnen gezeigt und hat nicht vergessen, wie dessen entartete Tochter Christine, die den Glauben ihres Vaters abgeschworen hat, daß des großen .Königs Blut für das Evangelium geflossen ist. Er zwang den Deutschen Kaiser in der Konvention, die am 22. August 1707 jl. September neuen Stils) hier abgeschloffen worden ist, den schlesischen Protestanten einen Teil der ihnen widerrechtlich entrissenen Kirchen zuruckzugeden und einige andere, die sogenannten Gnadcnkirchen, zu erbauen. Darum ist auch heute eine Deputation schlesischer Diasporagemeinden anwesend, der schlesische Generalsuperintcndcnt hält die Jestpredigt, und als Empfängerin einer Liehcsgabe von tausend Mark, die der Lützener Gustav Adolf-Verein gesammelt hat, ist eine schlesische Gemeinde aus ersehen worden. Der Gedanke, das Andenken an dieses Ereignis durch ein Denkmal zu verewigen und den hochherzigen König zu ehren, ist von dem schweoi- schen Schriftsteller Herrn Blomquist, der seinen Wohnsitz in Friedenau bei Berlin hat, ausgegangen. Ein Denkmalskomitee, an dessen Spitze Graf LudwigDouglas steht, hat die Sache in die Hank» ge nommen und die nötigen Gelder in Schweden aufacbracht. Schlicht, wie der allem Prunk abholde König, sollte auch das Denkmal sein: ein ein facher Obelisk aus schwedischem Granit. Als Standort wählte man den von hohen alten Bäumen umschatteten wenig geräumigen Hof des Schlosses, in dem der König fast ein Jahr lang geweilt hat. Wie oft mag er wohl über diesen Hof geschritten sein, wie ost haben da die blan- gclbca Fahnen geweht, und wenn auch merkwürdigerweise die Kirchen- büchcr, sonst oft die einzige Chronik der Dorfgemeinden, über die be deutenden Ereignisse, die sich in diesen Mauern abgespielt haben, völlig schweigen, wenn die Steine erzählen könnten, was würden sie uns da nicht alles sagen! Zu heute nun, dem 1. September, hat das bescheidene Dors Fest- gewand angelegt. Die Ehrenpforten, Kränze und Laubgewinde, die vom Jubiläum der freiwilligen Ortsfeuerwehr am vorigen Sonntage noch übrig waren, sind durch neue ersetzt worden. Viele Häuser haben sich bekränzt, besonders aber der Weg zur Kirche ist durch hochragende Masten mit vergoldeten Spitzen, durch grünumwundene Blumenkörbe tragende Pfähle, zwischen denen sich Girlanden hinziehen, durch reichen Fahnen schmuck iu schwedischen und deutschen Farben in eine Triumphstraße ver wandelt worden. Schloß, Kirche und Pfarre liegen in unmittelbarer Nachbarschaft mit einander am westlichen Ende des Dorfes. Rechts der Pfarrhof, von schattigen Bäumen überragt, ein Bild des Friedens, links der ausge dehnte Wirtschastshof des Gutes, auf dem heute natürlich alle Arden ruht. Noch sicht man an den Eingangspscilern die Wappen der Ge schlechter, die vordem Herren des Gutes gewesen sind, ein laut redendes Zeichen von der Vergänglichkeit alles Irdischen. Ilbi sunt, grri sitto nok, in innnttn tnsrs? In der Mitte führt der Weg zur Kirche, am Friedhof entlang, auf dem die Grabkapellc der gräflich Hohentdalschen Familie cinen bevorzugten Platz einnimmt. Seit fast hundert Jahren ist das Gut als Majorat in dieser bekanntlich aus Leipzig stammender Familie, und jetziger Besitzer ist der Kgl. Kammerherr und Schloßbaup!- mann von Merseburg Graf Hohentbal auf Dölkau. Die Kirche, die sieb unmittelbar an den mit einem Tnrine versehenen südlichen Flügel des Schlosses anschließt und selber keinen eigenen Turm besitzt, ist äußerlich ein schmuckloser und etwas nüchterner Bau, dessen Errichtung in den zweiten Schlesischen Krieg fällt, nämlick in das Jahr 1745. Der damalige Pastor Magister Kirchner muß mit der bäuerlichen Sparsamkeit seiner Gemeinde cinen barten Kampf ausgcfochten haben, ton dem eine etwas boshafte Inschrift an der Außenseite der Kirche Zeugnis gibt. Sie lautet: . Dieses Gotteshauses Dau, Er wurde ziemlich schwer, Die meisten Seelen sind Von Liebe Gottes leer. Ein jeder denkt nur drauf. Wie cr sein Geld erhält. Drum ist und bleibt es wahr: Welt ist und bleibet Welt. Das Inner« ist freundlich und sauber. Altar, Orgel, Chorbrüstung und Decke sind für den heutigen Tag neu gestrichen worden, und es duftet noch reicblick» hier und im Schlosse nach Oelfarbe. Denn auch da bat man Vorbereitungen zum Empfang der Gäste getroffen. Die von einer Mittelsäule getragene Diele mit kajsettierter Holzdeckc hat man an Stelle
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite