Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.09.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070904017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907090401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907090401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-04
- Monat1907-09
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nr. 101. Jahrg. -«bittet, dem in wenig Tagen üb«r bändert Mitglieder beitrat«n. Man kann wobt sä en: dem liberalen Gedanke» ist in einem politisch der» nachläisi.'.ten dfteise gründlich Bahn gebrochen worden. * Anarchistische A»gotz. Die anarchistische» Agitatoren scheinen besonders Leipzig za einem Versuchsfeld auserkoren zu baden, denn sie neben bicr in jüngster Heil mehrfach Lebenszeichen einer besonderen Tätigkeit. Nachdem erst kürzlich die Metallarbeiter in einer öffentlichen Versammlung nicht ohne einigen Ertolg bearbeitet worden find, baden sie sich jetzt an den sozialdemokrati'chen Nachwuchs herangemacht und 'ncken diesen für ihre Ziele zu gewinnen. ES ist gelungen, eine anarchistische Jugendorganisation zu begründen mit dem an» .-»blichen Hauptzweck, die „Bildungsbestrebungen" auf radikalerer Gruud- i-.-e zu fördern al- die gleichen Organlsationen sozialdemokratischer Dichtung. Die letzteren werden sehr wenig davon erbaut sein, daß der anarchistische „BilduagStrieb" sich in die Regeln ihrer Iugendorganisa- l ouen festsetzeu will, um letztere zur „direkten Aktion" zu erziehen. * Tie GetzattSausbesserungSwünsche der mittleren Gtsexdahnbnr nten in Preußen siod in einem Anträge »iebergelegt, der dem Verband-» Vorstände von der Ortsgruppe iu Köln zur weiteren Veranlassung über reicht ist. Für die Eisenbahuassistentea wird unter entsprechender Auf besserung de« jetzt 1500 betragenden AnsangSaehalts ein Höchstgehalt von 3500 vrngeschlagen, wahrend für die Beamten in gehobenen Dienststellen Endgehälter von 4000 bezw. 4500 erstrebt wcroeu sollen. * Zu -cm veuesungshei« für Poftunterdeautte deö Bezirks Berlin, welche- in Templin (Pommern) errichtet werden soll, ist kürzlich der Grundstein in Gegenwart von Vertretern der Reichs-, Kreis- uud Stadtbehördeu und einer große» Zahl von Verein-angehörigen gelegt worden. Außer dem ReichSpostamle, das eine einmalige Zuwendung von 25 000 -4 in Aussicht gestellt hat, habe» viele Berliner Firmen namhafte Beiträge geleistet, so daß di« baldig« Fertigstellung und In- betriebnahme gesickert erscheint. * Tcutschrr Apotheker-Verein. AuS Eisenach schreibt man uns unter dem 2. September: Hier wurde beute die vom 3.—5. d. M. tagende 36. Haupiversammluug de- Deutschen Apocheker-DereiuS durch einen BegrüßungSabcnd iu den Räumen des Hotels „Fürsteuhof* * ein geleitet. Auf der Tagesordnung der Hauptversammlung de« Verein-, dessen RcchnungSablaae, wie aus dem in der „Apotdeker-Zeiiuug" ver öffentlichten Geschäftsbericht bervorgeht. mit einer Bilanz über 865 000 abschließt, steht iu erster Linie eine Beschlußfassung über de« Entwurf eines Reichs-Apotheken gesetzt«, der bekanntlich im Frühjahre seitens des ReichSamtS de- Jauern den Bundesregierungen uud den Interessenten zur Begutachtung zugiug. Da zu diesem für die deutsche Pharmazie hochwichtigen Gesetzentwürfe nicht weniger als 16 vcc- sch edene Anträge versiegen, dürfte sich die Erörterung sehr ausgiebig gestalten. Wir kommen auf sie noch zurück. * Zentrum «u» Pole« in Echtesten. Die Versöhnung mit den obcrschlesi chen Polen, die vom westdeutschen Zentrum lange ersehnt wirk, gegen die sich aber das schlesische Zentrum wehrte, soll nun doch, wie die „Köln. Ztg." berichtet, sckou bald zur Tat werden. E- haben in den letzten Tagen in den geistliche» Kreisen Oberschlesiea» mehrere Beratungen darüber stattgesuuveu, wie man sich bei der kommenden Landtag-Wahl vem polnischen Volke gegenüber verhalten wolle. Ist auch dabei eine völlige Uebereiastimmung uicht erzielt worden, so neigte die Mehrheit der Ansichten doch dahin, daß unter gewisse» Bedingungen eiu Kompromiß de- Zentrums mit den Polen zustande kommen dürste. Es finden daher zwi'cken den gemäßigten Polenführern uud der poleufreuudlichen Geist lichkeit stille Verhandlungen statt, welche die Versöhnung zwischen Zentrum und Polen anbahnen und auch oen gewünschten Erfolg versprechen. Der Kurier Zagtebia mißt einem Bündnis für die Polen eine große Be deutung bei. Der „germainsalorische Druck iu der Kirche" würde sich dadurch verringern, das Verhältnis de- Zentrums zu den Polen sich im ganzen Reiche bessern. Vor allem aber würde da« polnische Volk einen starken Bundesgeuoffen im Kampfe gegen da- Enteignnng-gesetz finden. Tas Blatt ist also ehrlich und ungeschickt geang, zuzugeben, daß die Zwecke de- Bkndnrffes sich nicht in einem taktischen Zusammengehen bei den Wahlen erschöpfen, sondern auch nach einer inniger» Verbrüderung gehen würden. ... d. Tie Stellung der Kriegersanitätsdereiue. Das Zentralkomitee der deutschen Vereine vom Roten Kreuz hat über die Stellung der Kriegcrsonitätskolonnen im Moöilmachungsfallc folgende, prinzipiell wichtige Entscheidung gefällt: „Nicht darauf kommt es an, möglichst viele Ämegcrsanitätskolonnen aufzustellen, sondern darauf, daß die Kricger- toionncn der grundlegenden Vorbedingung für ihre Existenzberechtigung, Leistungsfähigleit in der Unterstützung des militärischen Sanitäts dienstes im Mobilmachungsfalle, entsprechen. Daß für den Grad dieser Leistungsfähigkeit nur die vom Königlichen Kriegsministerium gestellten Forderungen, die Hälfte des Personals, und ergänzend die seinerzeit tm Einverständnisse mit dem Vorstand des Deutschen Kriegerbundes bzw. des Preußischen Landes-Kriegcrverbandes aufgestellte Bedingung, ein Drittel des Personals zur Verwendung außerhalb des Wohnortes bereit, maßgebend sein können, ist selbstverständlich. Auch ist übersehen worden, daß die Kriegerkolonnen in der Aufnahme geeigneter Nichtkrieger jeder zeit ein Mittel an der Hand haben, ihre Leistungsfähigkeit im Mobil- machungssalle auf die Höhe der vorstehend dergelogten Anforderungen zu bringen. Der Eventualantrag, daß die Militärverwaltung im Feuilleton. Schiller» Schwester. Schillers Schwester Christoph ine ist am 4. September 1757, also vor 150 Jahren, geboren worden. Sie hat ein Alter von 90 Jahren erreicht, und es ist fürwahr kein leichtes Leben gewesen, das sic geführt hat. In der Lebensgeschichte unseres Schiller gebührt ihr eine ehrenvolle Stellung. Zwei Jahre älter als „Fritz", ist sie seine tapfere und treue Kameradin gewesen. Die Begabung der Familie war außer auf den Bruder wohl mehr auf tue jüngere Schwester Nanette übergegangen: sie aber teilte mit dem Bruder di« große Charakteranlage. Sic war seine Spielgefährtin, sie stand ihm in der Jugend defondcis nahe, und al- dann Schiller Württemberg den Rücken gewandt hatte und nach Mann» beim entflohen war, da ist es „Fmc" gewesen, die im väterlichen Haufe zu ihm gestände» hat und für ibn eingctreteu ist. So besitzen wir denn auch eine Reihe von Briefen Schillers an Ehristophine, die die zärtlichste Liebe zu dieser älteren «Schwester bekunden. Auch gibt es ein direktes Zeugnis ihrer Art, das sind die „Erinnerungsbldtter", die sie in hohem Älter niedcrg«schrieben und in denen sie so manche wertvolle Einzelheit über Schillers Jugend und Leben uns erhalten hat. Das sind schlichte wahrhaftige Blätter, die vor. einer durch und durch redlichen, ernsten und tapferen Frau Zengnis ablegen. Als sic diese Erinnerungen schrieb, hieß sic schon längst Ehristophine Reinwald. Reinwald war jener meiningische Bibliothekar, mit dem Schiller in seiner Bauerbacher Zeit, da er ganz vereinsamt war, Freundschaft geschlossen hatte, über dessen Charakter aber er bald ein nicht sehr günstiges Urteil zu fällen sich gezwungen sah. Rcinwald war ein verbitterter und enttäuschter, über» dies kränkelnder und zur Melancholie geneigter Mann, in dem, wie Schiller richtig erkannte, ein gutes Stück Philister lag. Wie er auf Ehrislrpbincn aufmerksam wurde, das ist drollig genug. Sie erzählt nämlich selbst, er habe zufällig einen Brief von ihr gelesen, und eS seien wohl die darin ausgedrücktcn Grundsätze der Sparsamkeit gewesen, die Rcinwald veranlaßt hätten, mit ihr zunächst rn Briefwechsel zu treten. Denn er war ein guter Haushalter. Anno 1784 besuchte er nun die Schillers auf der Solitude; seine Persönlichkeit machte zwar auf die damals 27jährige Ehristophine beim ersten Erscheinen nicht gerade einen besonders angenehme» Eindruck, aber man gewöhnte sich an ihn, seine Unterhaltung zog an, und im folgenden Jahre bereits hielt er um ihre Hand an. Ehristophine bedachte sich, und Schiller war bei seiner Kennt» nis des Charakters Reinwalds entschieden gegen die Vermählung. Es war in jener Epoche, daß Ehristophine und Reinwald ihn in Mannheim besuchten, — gerade in einer Zeit, wo Schiller äußerlich und seelisch in der allergrößten Not sich befand, und damals sah er diesen Besuch, auch den der Schwester, nicht gern. Dennoch erfolgte 1786 die Vermählung der beiden, und Schiller hat sich ja dann auch nachher nnt dem Ereig» niste ausaesöhnt und treu zu den Reinwalds gehalten. Ehristophine aber sollte bald die Schattenseiten ihres Gatten kennen lernen. Durch seine Philisterhaftigkeit, Grämlichkeit und Verbitterung hat er ihr das Leben recht schwer gemacht. I» ihrer schlichten Weise hat sie selbst davon nichts Leipziger Tageblatt. Mittwoch, 4. September 1907. Mobilmachungsfalle auf die der Landwehr H angehörigen Personen des Beurlaublenstandes, soweit sic .Kriegersanitätskolonnen angehören, zu deren Gunsten verzichten solle, würde jeder Aussicht auf Erfolg ent behre». Eine derartige Schwächung »nsercr Besatzungstruppen würde man der Militärverwaltung unter keinen Umstanden zumuten. * Kleine Nachrichten. AuS München wird gemeldet: Der Prinzregent ernannte den ReickSrat Hörsten v. Lorwenstein-Weitheim zum ersten Präsidenten der Kammer der Retchsräte. — Die „Münchener Neuesten Nachrichten" melden: Fürst Oskar von Wrrde ist aus Schloß Ellingen (Mittrlfranlea) gestorben. Deutschs Ttslonien. * Kamerun und Tüdwcstafrik«. An Offizier«; »uv Mannschaften der Schatztruppe von Südwestasrika ist die Anfrage ergangen, ob sie bereit seien, im Bedarfsfälle sich nach Kamerun überführen z» lassen, um dort für den Küstenschutz Verwendung zu finden. Es sollen zwei Kompagnien gebildet werden, von denen Vie eine in Swalopmnnd, die andere in Lüderitzbucht stationiert bleibt. Der Anlaß zu dieser Aufrage ist nicht durch bestimmte kriegerische Vorfälle iu Kamerun gegeben, man Will nur für alle Möglichkeiten gesickert sein, ckamit, wenn die Kameruner Schutziruppe nach dem Innern Vorgehen muß, die Küste nicht völlig vom Militär entblößt wird, und damit sich nickt die Gefahr einer AuSvebnung de« Ausstande« hierdurch vergrößert. Die Offiziere für die Kompagnie der Schntztruppe, die in Swalop- mund zusammengestellt wird, sind bereits bestimmt. Kompaaniechef wird Hauptmann Wehle, an weiteren Offizieren sind ihr Oberleutnant Hensel, Leutnant OuaaS, Leutnant Eckhardt und Leutnant Ricker zu- geteilt. Die beiden Kompagnien kommen jedoch einstweilen in Kamerun nicht rur Veiw »düng. Da die Unruhen dort, wie wir meldeten, als vorläufig unterdrückt angesehen werden lönnen. Dafür werde» sie wahrscheinlich gegen Morenga mit iuö Feld rücken, falls dieser sich auf deutschem Boden blicken lassen sollte. Ausland. Oesterreich-Ungarn. ?. Ter Austausch der Besuche zwischen Rom und Wie» Als Graf Nigra noch italienischer Botschafter in Wien war, kam er einmal nach Rom, um dem damaligen Minister deS Aeutzeren Princlti vertraulich den Wunsch des Wiener Hole- auszuspcechen, daß König Viktor Emanuel Ul. auch in Wien seinen Aluriitsbesnch machen möge. Ec entwickelte dabei die Theorie, Laß die Pflicht des Kaisers von Oesterreich, den ihm in Wien von König Humbert und König Margherita gemachten Besuch zu erwidern, durch deu Tod des Königs Humbert erledigt sei, — ecae Theorie, die ja um jo anfechtbarer war und ist, als der Kaiser Franz Josef reichlich zwei Jahrzebnte gewartet batte, bi- er sie ans die Szene bringen konnte. Die Theorie muo in Rom denn auch keinen Beisall, und man ging im übrigen auf die Anregung d«S Besuche- auch darum nicht ein, weil die Erwiderung eine- Wiener Besuchs des italienischen Königs durch einen römischen Besuch des österreichischen Kaisers nicht zugesichert wurde. — Dies die tatsächlichen Loraussesungea der Angelegen heit. Nun verzapft neuerdings die Wiener „Zeit" in wiederholter, aber nie verbesserter Äuilage der^ Welt die Ankündigung von Verhandlungen und Wahrscheinlichkeilen in Lachen des Wiener Erscheinens des Königs von Italien. Sie bedient sich zur Variation Les Themas der Bebauvtung, daß der österreichische Thronfolger an Stelle des Kaisers den itatienücheu Besuch erwidern würde. Daß an dieser Behauptung nichts sein toun, weiß am Ende jeder, der die Ansichten und Aeußrrnngra des Thronfolgers in Sachen Vatikan und Quirinal auch nur einigermaßen kennt und weiß, daß er bei einer Durchfahrt durch Rom aus Prinzip den Bereich des Bahnhofs nicht hat verlaßen wollen. Im übrigen bringt das „Giornale d'Jtalia" die folgende, offenbar offiziöse Meldung: „AuS Anlaß der lürzlichen Zusammenkunft des Minister- Tittoni mit dem Minister des Auswärtigen von Oesterrrich-llngarn Baron Aehreuthal und des BemchS d«S italienischen Minfflers beim Kaffer Franz Josef ist von einigen Zeitungen das Gerücht ausgenommen worden, daß es sich um einen nahen Besuch des Königs Viktor Emanuel in Wien gebandelt habe. Wir erfahren von kompetenter Stelle, daß solcher Besuch wegen der herzlichen Beziehnngen zwischen den beiden Staaten mcht nur uicht uotweudig ist, sondern daß auch gar keine Gelegenheit war, von einer Reise des Königs von Italien in Wien zu sprechen." Holland. eck. Vom Anarchisteukongrcsz. Aus Amsterdam erhalten wir folgen des Privattelegramm: Der vom 26. bis 31. August hier adgehalteue internationale Anarchistenkongreß hat nach bürgerlichen Blättermeldungen be schlossen. nach dem Vorbild des polnischen Nationaljchatzes einen anarchisti schen Zentraljonds zu gründen und sür diesen regelmäßige Wochenbeiträge zu erheben. Es wurde ferner bekannt gegeben daß die nnarchiftffche Bewegung zurzeit 24 000 über die ganze Erde verieilie Einzel- bezw. Ortsgruppen besitzt, Leien größte Zahl sich auf Rußland, Italien, Spanien und Brasilien verteilt, während Leuffchland, Oesterreich uud Frankreich erst au 14. Stelle kommen. Belgien. * Krawall im Antwcrpner Hafen. Aus Antwerpen wird ge meldet: Die Kohlen- und Metallarbeiter, sowie die Lastträger Haden gestern, der vorgestern ausgcgebenen Losung entsprechend, die Arbeit niedergelegt. Im Laufe des Vormittags kam cs zwischen Streikenden und flämischen Arbeitern, die sich zur Arbeit begaben, zu mehreren Zu sammenstößen. Streikende drangen in einen Kornspeicher ein, wo sic die Weiter gesagt, als diese Worte: „Das Schicksal hatte mir bestimmt, 29 Jahre meines Mannes Lebensgefährtin zu sein. Vieles habe ich ge tragen, stillschweigend, weil ich es für eine Höhere Schickung hielt, und Gott gab mir auch Kraft cs zu tragen." Auch ihre äußeren Verhältnisse blieben, da Rcinwald nur spärliches Gehalt bezog, recht beschränkt. Sie sah nach den Eltern den über alles geliebten Bruder frühzeitig ins Grab sinken, und neun Jahre nach dem Dichter verlor sic auch ihren Mann. Dann hat sic als Witwe einen langen und stillen Lebensabend gehabt, dec reich Ivar an wehmutsvollen Erinnerungen. Tapfer ist sie bis zu ihrem Lebensende geblieben, und auf ihr Leben zurückschauend war sie zu- frieden und beruhigt. Sie sah darin eine Fügung Gottes und war dank- bar dafür, baß sie durch eigene Not die Nöte und Leiden mitzufühlen ge lernt hatte. So ist sic des großen Dichters würdige Schwester geblieben. * * AuS Knnstzeitschriftea. Die Kunst. Monatshefte sür freie und an gewandte Kunst. (München, Verlagsanslalt F. Brnckmnnn. Piels viertesiäkrlich 6 Bor uns liegt das Septemberveft dieser bekannten Revue, eigentlich weniger eine ..Zeitschristennumwer" als eine gewichtige Publikation über das moderne Kunstschaffen Wir finden über 170 Abbildungen nebst vier Sonder beilagen in Farbendruck uns Gravüre in dem Heft; der Bffrtesiabrspreis beträgt dabei nur 6 .^i und man kann also für erstaunlich wenig Geld einen ausgezeich neten zeitgenössischen Bilberschan erwerben, der, was Güte und Reichhaltigkeit der Illustrationen anbelangt, gar uicht übertrojje» werden kann, lieber diesem glänzenden illustrativen Teil sei aber die textliche Seite der Zeitschrift nickt vergefsen. Die von ersten Fachleuten geschriebenen Hauptaufsätze dieses Hefte- sind: Die große Berliner Kunstaustsiellunq Der Münchener Glas palast, Neuere Werke von Adalbert Niemeyer und folcke dec neuen Züricher Kuustgtwerbrscbule; daneben ist in einem weiteren großen Aufsatz die konsttech- nisch wichtige Frage: Farbigkeit der Plastik aufgerollt. Kürzere aktuelle Berichte (über Ausstellungen, Denkmäler, Sammlungen. Kunstliteratur, Personalien» ver vollständigen den Inhalt und zeigen, in welch umfassender Weis« „Tic Kunst" über alle künstlerisch wichtigen Zritiragen orientiert. Sie sei daher beim Ab schluß ihres Vlll. Jahrgangs« wiederum allen dir an der zeitgenössischen Kunst Interesse nehmen, al« zuverlässigste Führerin bestens empfohlen. — Das Lev» temberhest der „Deutsche» Kunst und Dekoration" (Verlagsanslalt Alexander Koch, Darmstadt) enthält folgende illustrierte Beiträge: „Zur Mann- Heimer Jubiläumsausstellung" von Prof. K. Widmer; „Zur Lage des Kunst handwerks" von Otto Schulze; „Schreiben und Zeichnen" von Otto Scheffers; „Elvrl Adolf Bermaun-München" von Christian Rauch; „Französische Kunst ausstellung in Creseld", sowie „Buntvupiere und Tapetensabrikation". * Hochschulnachrichte». Professor Dr. Simon aus Königsberg hat der Universität in Tübingen eine Slivrndiensliftung von 10000 .^l sür weibliche Studierende der Ätedizin und der Naturwüsenichasleir uturgebcii. — Zum UniversitälSmusikdireklor in Tübingen wurde an Stelle des in den Ruhestand tretenden Professors Dr. E. Kansimann der Kapellmeister Pro fessor Dr. vhil. Friedrich Bolbach in Mainz unter Verleidung deS Titels und Range- eines außerordentlichen Professors ernannt. — Gebeimer Hosrat Professor ftr. a<w. publ. et für. Georg Schanz in Würzbura wurde an Stelle des verstorbenen Noinanillen Exzellent Professor- v. Bechmann München) zum lebenslänglichen Reicksrat der Krvn> Bayern ernannt.—Der Direktor deS Meteorologiichen Observatorium- in Aachen, zugleich Privatdozent an der dortigen Technischen Hochsckule und Honorardozent für Wittrrung-kunbe an der Räder der Lastwagen entwendete» n»d die Gerätschaften zerbrachen. Sie schleuderten Steine ans die Dampfer, auf denen englische Arbeiter tätig sind; die Engländer waren überall gezwungen die Flucht zu ergreifen. Ei» Kran, welcher der den Vorsitz in der Seevcreinigung führenden Firma Steinman» gehört, wurde iu die Schelde geworfen. Die Firma wandte sich au die Polizei mit der Bitte -m Schutz. Der Polizei- kommisiar gab indessen die Antwort, die Polizei sei anderweit bereits völlig in Anspruch genommen. Es wurden daher Schritte beim Gouver neur unternommen, um Schutz seitens der Armee oder der Bürgergarde zu erhalten. Allgemein herrscht große Erregung. Türkei. * Ter Fürst von Lamos. Aus Konstantinopel wird uns mitgeteilt: Die Pforte erhielt aus SamoS Tepejck>en. in denen gegen die Absetzung des Fürsten Karatheodory protestiert wird. Die sür heute bestimmte Abreise Les neuen Fürsten Georgiaves ist verschoben worden. Marokko. * Der heilige Krieg. Aus Easablanca wird depeschiert: Eine Aufklärungsabteilung verließ das Lager vorgestern um 1 Uhr nach mittags und stieß gegen 3 Uhr auf den Feind. Nachdem sie Verstär kungen erhalten hatte, brachte sie den Marokkanern große Verluste bei, in deren Folge, wie unbestätigte aber glaubhafte Gerüchte besagen, die Mahalla von Taddert zerstreut ist. Tie Franzosen halten sechs Tote, darunter einen Offizier. — Aus Tanger wird gemeldet, daß dort aulge- tretene Gerückte von der Ermordung Nalfulis durch Leute vo» Stamm der Bcni-Aros unbegründet sind. Im Gegenteil, der Beni-Aros-Stamm leistete Raisuli den Treueid. Raisulis Einfluß ist beständig im Wachsen, was eine erneute Panik in Tanger Hervorruf». Hunderte von Flüchtlingen reisen nach Europa ab. Von den Kadylen bei Easablanca >ol1 der Wunsch nach Frieden geäußert worvcn lern, ^oic litten viel durch Plünderung leitens der weiter im Inneren wohnenden kriegerischen Stämme. — Aus Paris meldet eine Depesche des „L.-A."; Clemeuceau hielt es für angemessen, seine dem nächsten Minister rat in Rambouillet zu unterbreitenden Anträge den hier weilenden Kollegen schon jetzt vorbereitend mitzuteilen. „Es handelt sich", sagte Elemenceau diesen Morgen, „augenblicklich nur um Möglichkeiten, um Hnpothesen von größerem oder geringerem Wahrscheinlichkeitswert. Aber zeder von uns muß für alle Falle »ein Teil der Verantwortlichkeit tragen. Darum sollen die Herren wissen, was geplant ist. Die zwei Bataillone, die Drude eben erhielt, und die zwei Fesselballons werden ihm nützlich sein. Tic Frage, was mit den in Mazagan lagernden Pa tronen geschehen soll, ist ungelöst. Unsere allerjüngste Nachricht aus Casablanca bezieht sich auf die Beschießung einer Gruppe Kabylen- reiler, etwa 200, aus 4 Kilometer Entfernung durch den Kreuzer „Gueydon". Diese Äeschießung erfolgte am 1. September 2 Uhr morgens. Das ist alles, was ich sür heute mitteilen kann." Die Jour nale kommentieren diese AeußerunAeu dahin, daß es sich um eine Truppenlandung in Tanger handeln könnte. Der nach Toulon er gangene Ausreffebefchl sür den Panzer „Jules Ferry" wird damit di rekt in Zusammenhang gebracht; auch habe die Ministerkonfercnz sich damit befaßt, ob die aus Europa nach Marokko gesandten, für Rech nung des Magbzeu in mehreren Häsen lagernden Schießwaffen auZzu- solgen seien und wem. Den weitaus bedeutsamsten Kommentar liefert die „T«Pc-che Coloniale". Danach hätten die Kriegshäsen des Mutter landes sowie der Hafen Dakar die Verständigung erhalten, daß die Ail- düng einer Marschbrigade aus Kolonialtruppen im Zuge sei, und daß die Reservisten der Sudanschützen zur Bildung eines Regiments ein berufen werden könnten. Mit Verstärkungen solchen Umfanges könnte §rude seine» wiederholt verschobenen Offensivplan aufnebmen. Die Lage Bagdadis, der angeblich alle seine Zelte aufgeben mußte, um sich nach Aindalia, 3 Stunden vor Tanger, zurückzuziehcn, gilt für ver zweifelt, während Raisuli vor dem großen Grabheiligtum non Abdessa- lam auf dem Deniarusgebiete über eine Macht gebietet, wie kaum je zuvor und Tanger durch ihn schwer bedroht ist. Die Auswanderung nach Tetuan wird denn auch von den reichen Familien fieberhaft betrieben. Japan. * Das Uereretukommen mit Rutzland. Ans Tokio meldet ein Telegramm: Die tonangebenden Zeitungen begrüßen den Abschluß des enqlisb- russische» Uebereinkommens. Es wird allaemein erwartet, baß die Sicherheit an der iudffckea Grenze dadurch gewäbrleistet und Japans Anteil an der Ver- antwortlichkrtt unter der Wirkung dieses Bündnisses erheblich erleichtert werde. * Das uittreundltche China. Au-Tokio wird gemeldet: Angesicht- der plötzlich zutage getretenen unfreundliche» Haltung China- gegen Japan wird in einigen Kreileu die Notwendigkeit bervorgehobeu. ans Tbiua wegen seiner unver- stäodlichrn Legenwärtigeu Stellungnahme einen Truck durch die Entsendung eines der ersten Staatsmänner al- Vertreter Japans in China anSzuüben. Es werden sür einen solchen Poste» GrakOkuma oder Marquis Ito tu Vorschlag gebracht, wenn dieser die Angelegenheiten Koreas geordnet hat. Rußland. * I» Erwartung des finnländischev Landtages. Die bevorstehende Eröffnung des finnländischev Landtages wirft schon jetzt ihre Schatten voraus und flößt fast allen finnländischeu Parteien eine unüberwindlich« Besorgnis ein, was in Anbetracht des unzweideutigen Vorgehens der russischen Zentralrcgierung und der Maßnahmen des „temporären" Gencralgouverneurs General Böckmann, der schon seit mehreren Wochen den beurlaubte» finnländischen Gencralgonverneur, Senator Gerhard, vertritt, durchaus erklärlich erscheint. Insbesondere rege ist die Tätigkeit der Zentralkomitees der oppositionellen Parteien, die so wohl zur allgemeinen politischen Lage im Großfürstentum Finnland, als auch zur Taktil der Parteien iu dem bevorstehenden Landtage Stellung nehmen. Von diesen Parteien scheint die jungfinnische Partei, die eine Landwirtschaftlichen Akademie zu Boun-Poppelsdorf, I>r. pbil. Peter Polis, ist zum Studium der Einrichtung des Wettcrbieustes iu den Vereinigten Staaten im Auftrage des preußffLeu Landwftffchait-minister- nach Amerika abaereist. I» Aussicht genommen sind zunächst Studien in dem Veatber-Bureau zu Washington, sowie an dem Blue Hill-Observatorium bei Boston. — siür Len in den Ruhestand tretenden Professor Dr. Michaeli- wurde der Grazer Professor Dr. Winter al- Ordinarius sür Kuustarchäologie an die Universität Straßburg berufe». * Thrateruotiien. Einakter-Zykl»- von Sudermauu. Hermann Sudermann hat einen neue» Einakler-Zyklu- vollendet uud dem Burgibraiec- Dirrltor Dr. Lchlenther in Wien überreicht. Ter Zyklus wird voraussichtlich zu gleicher Zeit am Wiener Burgtheater und am Berliner Lessinatheatec in Szene gehen. Er nennt sich „Rosen" und umschließt, im Gegeniatz zu Sudermann- erstem und ernstem Einakter-Zyklu», drei auf eine mehr heitere Tendenz gestimmte Stücke. TaS erste ist ein Schauspiel, das nach seiner Titelheldin „Margot" benannt ist, das zweite, ebenfalls eiu Schauspiel, beißt „Der letzte Besuch"; beide behandeln ein modernes Problem, während der dritte Einakter, ein Lustspiel, da- deu Titel „Die ferne Prinzessin" iüdrt, unS in- Reich der leichtbeschwingten Phantasie führt und das Ganze im fröhlichsten Tone beschließt. Noch vor Weihnachten soll die Uraufführung der neuen Sndermannschen Bühnenstücke statifinden. —„Weltbezwinger", vier Alte au- der Lebewelt von Ernestine n. Lrnoy, wurde» von Direktor Ste.n am Stadt- tveater in Riga zur Uraufführung angenommen. Die weibliche Hauptrolle wird Frl. Ida Wüst vom Lefsingthrater noch in dieser Spielzeit al» Gast dort kreieren und sie auch ans ihren weiteren Gastspielen zur Darstellung bringen. — Carl Schultze-Theater. Im Carl Schultze - Theater in Hamburg wurde zum ersten Male der Schwank „Der Leibwächter" von Nancerz und Armont gegeben. Oberregisseur Max Walden bat das Stück, da- mit Beifall aus genommen, vorzüglich herausgebracht und mit gutem Geschmack inszeniert. * Kleine L-rontk. Königlich« Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe lLeivzig). Als Nachfolger de« am 8. März d. J-. gestorbenen ProfefforS Dr. Aarland ist der Assistent bei der Technischen Hoch- schule in Berlin Dr. E. Goldberg al- Lehrer für die pdotomechanffchen BervIrlfSlttgllNg-versahrrn berufen worden. Dr. Goldberq leitete auch den Unterricht der Offiziere der Militärtechuischen Akademie speziell aus dem Ge- biete der Reproduktionstechnik. — Wiederaufbau der Burg Altena. Der Kaiser genehmigte anläßlich seiner Anwesenheit die ihm vom Oberpräfidenlcn persönlich vorgelegten Pläne für den viel erörterten Wiederaufbau der Burg Altena, deren Wiederherstellung der Kaiser als patriotisch künstlerische Großtat bezeichnete. — Im Septemberhrft der Neuen Rundschau «Berlin, S. Fischer, Verlag) schreibt Georg Simmel über die Soziologie der Sinne, indem er Vie sozialen Folgen der Tätigkeit de- Auge-, de< Ohr-, de- Geruchs znsammenstellt. W. Fred berichtet über die neue An-gabe der Märchen von 1001 Nacht, Hermann Hesse erzählt eine indische Legend«, der schwedische Arzt Poul Bjerre analysiert eine» von ihm beobachtete» Fall sogenannter spiri tistischer Klopslaule, der deotich« Arzt Robert Heften spricht sich über da» An wachsen der Naturbrilkunde au«. Otio Corbach schreibt über die Bodenreformer und ihre Stellung zur Politik. Henning Berger vollendet seinen Chicagoer Roman „Hmff". Tie bi«her unveröffentlichte fragmentarische Dichtung von OScar Wilde „Eine Floreatinffche Tragödie", eiu Akt an- der Blute seine« Schassen-, wird hier zum überhaupt erste» Male gedruckt. Kleinere Essay» von Poppenbrra über -noderu« Romane, Glaser über Bürs«, von Alte», berg, Handl, Bie schließen sich an.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder