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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.09.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070907016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907090701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907090701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
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Avgekgeu-Pret- stb» -u« Leipzig und Umgebung die S^spaltm,« Pettt^ik 25 Ps., finanzielle «nzet^a 30 W., «ieklamen l M.; »mi -uIwLrt« 30 Pf., R«0amen 1.20 M. vomAuSland^^s., fina^^zeigen75Ps.. Inserat» ». Behbrden im amtlichen Teil 40 Pl vetlagrgebübr 5 vt. p. Tauseich erkl. Post- gebühr. <3eschüst«anzeigen an bevor,«girr Stelle im Preis« erhSht. Rabatt nach Taris. Festertetlte »ufträa« linnen nicht zurück- aezoge» werde». Für da» Erscheinen an brftimatten Tage» »nd Plätzen wird keine Siarantie übernommen. «nzefgen.Anuahmr: Lagustu«platz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Änno>ice>l. Expedttioneu de« In- und Auglande«. Haupt-Filiale verN»r Tarl Duucke., Herzogl. vayr. Hofvuch- handlung, Lützowstrabe 10. (Telephon VI. Nr. 4603). Nr. 248. Dar wichtigste vonr Tage. * Staatssekretär Dernburg beabsichtigt, am 13. Oktober mit dem Dampfer „Prinz-Regent" die Heimreise anzutreten und am 10. November in Berlin einzutresfen. * Die deutschen Truppenbewegungen gegen Morenga werden vorläufig eingestellt. (S. Ttsche. Kol.) * Der Beleidigungsprozeß von Bennigsen contra Erzberger endete heute in der Berufungsinstanz auf Grund einer reduzierenden Erklärung Erzbergers mit einem Ver gleich. lS. Dtschs. R.) * Ter Schiedsgerichtsausschuß der Friedens konferenz hat seine Sitzungen beendet. lS. Bericht.) * Der Befehl zur Besetzung der marokkanischen Hafenstadt Mazagan durch französische Truppen wurde widerrufen. lS. Ausl.) * Der Antwerpener Hafenarbeiter streik ist gestern beendet worden. lS. Ausl.) * Bei dem vor einigen Tagen in E i n l a g e an der Weichselmündung verstorbenen 46jährigcn Flösser hat die b a k t e r i o l o g i s ch e U n t e r. s n ch u n g, wie aus Danzig gemeldet wird, als Todesursache Ollolera nostras ergeben. lS. Neues a. a. W.) politische Jugenderziehung. Um eine Stellungnahme zur Frage der politischen Jugenderziehung überhaupt zu ermöglichen, muß dies Thema zunächst begrenzt werden. Cs könnte hier eingewendet Werren, daß der Liberalismus, insbesondere der Nationalliberalismus, die Frage längst beantwortet habe mit der Gründung ter junglideralen Vereine, worauf zu erwidern wäre, daß dies ein großer Irrtum ist, bervorgerufen durch den Nam n. Tie jung liberalen Vereine sinv gar keine Jugcndvereine in dem Sinne wie die sozialdemokratischen und die Zcntrumsgründnngcn und lehnen es aus drücklich ab, die unreife Jugend politi'ch zu organisieren, während Sozialdemokratie und Zentrum gerade auf das unreife Menschentum spekulieren. ES ist auch nicht richtig, den katholischen Schüler», Lehrlings-, Gesellen-, Studentenvereinen etwa die cvangcliichcn JnngsingSoereine als Pendants gegenüberzustellen, denn diele schließen jegliche politisch: Ver pflichtung ihrer Mitglieder satzungsgemäß und auch praktisch aus. Man hat noch nie von einer politischen Parteinahme dieier Vereine gekört, während eS als selbstverständlich gilt, daß die katholischen Jugendvereine prädestinierte Zentrumsmitgliedcr sind. Man sieht hier wieder ein Bei spiel der noch m vielen anderen Punkten zu beobachtenden Analogie von Sozialdemokratie und Zentrum: beide setzen sich unter einfacher Betonung der Parteizweckmäßigkeit über alle Skrupel der Ethik hinweg. Sie fragen gar nichts danach, wenn sie sich an dem heiligen Menschenrecht der Selbstbestimmung versündigen, sie fangen die Kinder ein und benützen sie zur Sicherung und Mehrung der Parteimacht. Ob die kindliche Seele darunter Schaden leidet, ist ihnen gleichgültig. Eine Art Entschuldigung für diesen Unfug, als der er uns erscheinen muß nach der liberalen Anschauung von der Freiheit der Persönlichkeit, liegt in der Anmaßung der ultramontanen wie der sozialdemokratischen Anschauung von der absoluten Richtigkeit und der alleinseligmachenden Kraft ihre- Glaubens. (Schließlich ist der Marxismus doch auch nichts anderes als ein ganz unwiflenschafilicher Glaube, der den höchsten Grundsatz der Wissenschaft, daß alles fließt, weit von sich weisen muß.) Wer solchen Glauben aufrichtig und ohne alle Anfechtung in sich trägt, kann immerhin bei der sündhaften Kaptivierung der Jugend für sich ansühren, daß er nicht gegen sein Dogma verstoße. Denn da eS außer seiner Wahrheit für ihn keine zweite geben kann, handelt er nnr logisch, wenn er die Jugend, ohne ihr Zeit und Gelegenheit zur eigene» Prüfung zu lasten, auf die allein richtige Bahn führt. Nur sollte» dann aber auch diese Sklavenzüchter eingestehen, daß die Freiheit für sie ein leerer Begriff ist. Aber die Zentrumsleute Helsen sich mit scholastischen Kunststücken und die Sozialdemokraten mit Igno rierung solcher Einwürfe, denn beide wollen nicht auf die agitatorische Kraft des Wortes Freiheit verzichten. Sobald man sich außerhalb der Jdeenkreise des Zentrums wie der Sozialdemokratie stellt und objektiv die Berechtigung zur politischen Festlegung von Kindern prüft, muß die darin liegende grobe Versündigung am Menschen zutage treten. Die einfache Tat sache, daß eben zwei politische Parteien den politischen Jugenddrill betreiben, genügt schon zum Beweise, daß zum mindesten eine im Unrecht sein muß. Wenigsten» eine will mit der Unmündigkeit, mit der Unreife Geschäfte machen, ohne die Gewähr für die Richtigkeit ihrer Lehre bieten z« können. Tatsächlich kann e» keine von beiden, denn e» ist Aberwitz, sich für nvfehlbar zu halten. DaS Studium deS Berichts über die erste internationale Konferenz der sozialistischen Jugend ¬ organisationen in Stuttgart zeigt die Unnatur und die Sündhaftigkeit de» Beginnen». Mau erinnert sich der erregten Debatten de» der Jugend konferenz vorhergegangenen Kongresses der Großen über den Militarismus, über Kolouialpolitik, über den Begriff Vaterland uud Nation und über die dabei offenbarten Differenzen und Unklarheiten. Dan» mutz e» geradezu al» ein Verbrechen erscheinen, die Kinder schon ans politische Thesen festlege« zu wollen, über die sich die „Reisen" selbst nicht klar sind. HervS erklärt den Begriff Vater land für ein Phantom, von» Kapitalismus oder den herrschenden Klaffen zur Nobiliflernng der «garen Herrschaft und zur Knechtung de» Proletariat» ersonnen. Und Isars» hält die Nation für ein kostbare» Gefäß der Kultur. Und nun denke man sich fünfzehn-, sechzehnjährige Schnsterbvben »ad Pikkolos über die Probleme Nation und Vaterland sinnen nnd urteilen. Ein Bild, da« nur al» Karikatur denkbar ist. Aber leider hat der Humor der Situation einen sehr bitteren Beigeschmack. Denn dieses Bild ist kein Phantastegemälde, e» ist ein Abbild der Wirklichkeit. Diese Ver zerrung aller vernünftigen Pädagogik^ die ihr höchste» Ziel allein in Sonnabend 7. September 1907. der Entwickelung des jugendlichen Individuums zum eigenen Denken, Urteilen und ethischen Handeln haben darf, wird tausendfältig in deut schen Landen bettieben. Und mit dem Belächeln der Bedeutungslosigkeit dieser sozialdemokratischen Jugenderziehung ist die Angelegenheit nicht er ledigt. Gewiß steckt diese Bewegung noch in den Anfängen, auch werden sicher keine Werke durch sie geschaffen. Aber cs wird fortgesetzt schweres Unrecht an den Kindern unseres Volkes begangen,und darüber ist schwer zu lächeln. Es soll anerkannt werden, daß in der sozialdemokratischen Jugendarbeit auch einige gute Keime stecken. Dazu sind die Behandlung der Alkoholfiage, die sexuelle Aufllärung, die Pflege der körperlichen Bildung durch Sport und Spiel, der Wille zu ernsthafter Pflege deS Kunstsinnes zu rechnen. Die bürgerliche Welt hat hierin eben trotz aller löblichen Ansätze noch viel zu weiten Betätigungsraum gelassen. Auch wollen wir zugestehen, daß trotz der unsinnigen Verquickung von Kunst mit Politik die sozial demokratische Presse auf künstlerischem, auf kritischem Gebiete vielfach durchaus ernsthaftes Streben zeigt. Aber riese Einzelheiten können doch über die Kardinalsirude am srevn Menschentum nicht binwegtämchcu. Jugend, im Sinne vcn »»ausgewachsenen Menschenlindern, soll noch nichts mit Politik zu tun habe». Wir sind von der Nichtigkeit dieses Satzes und von seiner politischen Bedeutung so fest überzeugt, daß wir dem Staate daS Recht und die Pflicht zug^steben, nach Möglichkeit die Jugend der Nation vor der verderblichen und vielfach zwangsweisen politischen Parteipädagogik jeder Art zu bewahren. Die Pflicht des Staates geht unseres Erachtens aber noch weiter über daS Kisker Geleistete hinaus. Solange er nicht die Entwickelung der Talente auch den Mittellosen ermöglicht, so lange kann er seine er zieherische Aufgabe nicht a!S gelöst betrachten. TeShalb sollte es ein Programmfatz aller Liberalen sein, daß jedem Individuum die Möglich keit zur böchsten Ausbildung seiner Fähigkeiten garantiert werden muß. Darin sehen wir auch die beste Möglichkeit, den verderblichen Einflüssen der politischen Parieipädagogit entgcgenzuarbencn. Zur Lirtstehurigsaefchrchte -es Hevevo-Arrfstan-es. In dem demnächst erscheinenden Werke von Dr. PanlNohrbach: Deutsche Kvlonialmirischai? (Buchverlü^ der „Hil'.", Berlin-Schöne- berg) gibt der Verfasser an der Hand von bisher noch teilweise un bekannten Dokumenten einen tieferen Einchlick in die Entstehnngsgc- schichte. Der Verlag der „Hilfe" hat uns in freundlicher Weise einige Aushängebogen des Werkes zur Verfügung gestellt, denen wir ent nehmen, daß nach dem vielbesprochenen Briefe Henrik Witbois an den Gouverneur Leutwcin vom 6. März 1901 sich die Kunde verbreitete, der Gouverneur Leutwcin sei tot, von Henrik Witboi gefangen und ge tötet. Aber diese — vielleicht von Witboi selbst erfundene und ver breitete Geschichte — hätte, wie alles Vorausgegangcne, keine Rolle ge spielt und spielen können, meint der Verfasser, wenn nicht offenbar seit Jahr und Tag, seit es den Wciterblickendcn unter den Eingeborenen deutlich wurde, daß die Anwesenheit der Deutschen im Lande unabwend bar die deutsche Herrschaft, den Verlust der Freiheit und zuletzt auch den Uebergang des Reichtums, des Landes und des Viehs, an dte Deutschen bedeute — eine Kriegspartei unter den Hereros be standen hätte, die sich auf den Besitz von Tausenden moderner Hin- terlader und massenhafter Munition stützen konnte! Diese Bewaffnung der Hereros war das Verhängnis. Wo stammt sie her'? Bis auf einen verschwindenden Teil, wie wir jetzt wissen, nicht aus amtlichen Verkäufen der letzten Jahre — vielmehr aus der ersten Epoche der deutschen Verwaltung im Schutzgebiet. Non 1888 bis Mai 1891 sind an 3000 Hinterlader nnd Hnnderttauscnde von Patronen in das Schutz gebiet eingesübrt worden! Die von unserem heutigen Standpunkt aus schwer begreifliche Erlaubnis zum Vertrieb dieser Menge von Waffen und Munition ist damals seitens der Reichsregierung gegeben worden, nm durch die Gewährung von Lizenzen zur Waffeneinfuhr einen gewissen Einfluß auf die von unserer proklamierten Herrschaft tatsäch- lich noch ganz unberührten Stämme im Innern zn bekommen, nament lich aber, um den Hereros eine Hilfe in ihren Kämpfen mit Hendrik Witboi zu gewähren, der dem Oberhäuptling Kamaharero im Sep tember 1889 den Krieg angekündigt hatte. Bier Jahre vorher war in Okahandja durch den Reichskommissar Dr. Goering jener Schutz- und Freundschastsvertrag abgeschlossen worden, durch den „der deutsche Kaiser dem Maharero seinen Allerhöchsten Schutz" zusichcrte. Da aber dieser Schutz bei Abwesenheit jeder Halbwegs ausreichenden deutschen Militär macht in Südwestafrika anders vollkommen illusorisch gewesen wäre, so wurde die Erlaubnis zur Einfuhr von Hinterladern und Munition, fast ausschließlich Henry Martinis, ins Hereroland gegeben. So ist der Grundstock für die spätere Bewaffnung des Volkes durch eine direkte Maßnahme der damaligen Verwaltung selbst entstanden. Danach ist sie dann durch Schmuggel über die portugiesische und englische Grenze verstärkt worden. Wir haben «ns also die Entstehung des Aufstandes etwa so vorzu stellen. Zunächst beruhte die deutsche Autorität im Lande von vorn herein nicht auf dem instinktiven Gefühl und der Ueberzeugung der Herero, daß die Macht bei uns sei und sie bedingungslos die Schwächeren, sondern sie beruhte auf der persönlichen Autorität und Beliebtheit des Gouverneurs. Dieser Tatsache standen auf der anderen Seite entgegen der Stolz und das Kroftgefühl, die aus dem angeborenen Hochmut der Nasse und dem Besitz der Menge Waffen und Munition flössen, ferner die wachsende Besorgnis vor dem Verlust des Landes durch die fort schreitend« weiße Besiedelung; der Reservatsplan; die fortgesetzt sich verschärfende Idee, zu Unrecht und gegen den ursprünglichen Sinn deS SchutzvcrtrageS KamahareroS aus dem ererbten und zu eigen besessenen Laude gedrängt zu werden; endlich die Uebergrisfe verschiedener Händler und eine Reihe zweifellos ungeschickter Maßnahmen der Lokalver waltung. In diese bereits aufs höchste kritisch gespannte Situation fiel nun noch Ende Dezember oder Anfang Januar die vermeintliche Nachricht: „Am Oranjefluß schießen die Engländer auf die Deutschen!" Daß diese Behauptung unmittelbar vor dem Ausbruch und während der ersten Wochen des Aufstandes unter den Herero umgelaufen und fest geglaubt worden ist, weiß man jetzt durch bestimmte Bekundung von missiona rischer Seite. Allen Versuchen deS betreffenden gefangen gehaltenen Missionars, die Leute von der Verkehrtheit der Idee zn überzeugen, setzten sie die hartnäckige Versicherung entgegen: „ES ist doch so, die Eng- 101. Jahrgang. läuder schießen auf die Deutschen." Man braucht nur zeitlich die Vor gänge im äußersten Süden und im Hererolande zu vergleichen, um zu begreifen, worum es sich hier handelt. Am 12. Dezember wurde Ober leutnant Böttlin mit seiner Bcistardabteilung am Oranje im Kampf gegen die aufständischen Bondclzwarts von diesen über den Fluß auf englisches Gebiet gedrängt und dort durch den Inspektor der Kap- polizei, Woon, entwaffnet. Diese Tatsache, daß den auf deutscher Seite stehenden Bastards die Waffen abgenommen wurden, erschien den Ein geborenen natürlich nicht als das, was sie sein sollte, eine allerdings rigorose und befremdliche „Neutralitätsbekundung", sondern als feind seliger Akt. Indem die Nachricht weiter flog, verschärfte sie sich alsbald vom Waffenabnehmen bis zum Schießen, und sie ist es wahrscheinlich ge wesen, die den Funken in das aufgcschlagene Pulverfaß warf! Sie er klärt auch jenen Bries des David Kaunjonjua aus Waterbcrg an unsere Duren in Grooifontcin: „Ihr seid Engländer und wir wollen Eng länder sein, darum laßt uns in dieser schweren Zeit gegen die Deutschen zusammcnstehcn!" Ist dies in den Grundzügen die Entstehungsgeschichte des Auf- standcs, so weist sie den Turchschnittstypus solcher Katastrophen über haupt auf: langandaucrnde Ansammlung von Zündstoff in der Tiefe, ohne daß die herrschende Klasse merkt, was sich vorbereitet — und dann plötzliches Ausflammcn der Lohe durch ein zufälliges, meist schwer zu entwirrendes nnd zn erkennendes Zusammentreffen an sich nebensäch licher, aber in ihrem Gegeneinanderwirken verhängnisvoller Umstände. Deutsche» Reich. Leipzig. 7. September. * Ter Kaisir und die Flottenmanöver. Aus Wilhelmshaven wird gemeldet: Die Flotieuinauöver sind um einen Tag verlängert worden. Der Kaffer trifft infolgedessen erst Sonnabend in Wilhelmshaven em. Die Verlcikung ceS Fahneukandes an das 2. Seebataillon ist auf Sonn abend nachmittag 5 Uhr festgesetzt. — Gestern nacht manövrierte die Hochseeflotte vor der Jade. * Bei der Verleihung neuer Fahnen an die Truppenteile des sieben- tcn und zehnten Armeekorps sind der „Mil.-Pol. Korrcsp." zufolge zwi lchen deni Kaiserhos nnd den nordwcstdcutschen Fürstenhöfen Unstimmig- leiten entstanden. Das Recht der Fahnenverlcihung ist nach den Mili- tärkonventioncn ein Hoheitsrccht der Kontingentsherren. Demzufolge wurde vom Preußischen Kriegsministerium in Oldenburg, Detmold und Bückc^lng angefragt, ob die betreffenden fürstlichen Kontingentsberren nut der Ncuvcrleibnng von Fahnen an ihre Landcstruppen einverstanden seien oder nicht. Die lippischen Fürsten gaben ihre Zustimmung, wäh- rend der Großhcrzog von Oldenburg die Zustimmung nicht erteilte, viel- mehr wünschte, daß die Oldenburger Truppen ihre alten Feldzeichen bedielten. Eigentümlich lagen die Verhältnisse in Braunschweig. Der Regentschaffsrat, in dessen Händen nach dem Tode des Prinz-Regenten Albrecht von Preußen die Regierung des Landes übcrgcgangen war, besaß hestimmungsgcmäß keinerlei militärische Hoheitsrechte. Diele Rechte ruhten vielmehr, solange kein Regent gewählt war, in den Hün- den des Kaisers als oberstem Kriegsherrn. Tie Verleihung neuer Feld zeichen an die braun'chweiaischen Truppen wurde deshalb auch ohne wei tere Anfrage von Berlin aus verfügt, noch ehe die Wahl des Herzogs Johann Albrecht zum Regenten erfolgt war. * Jnr Laiidtagswalilrcform. Der „Dresdner Anzeiger* schreibt im Anschluß an die Mitteilung vom Nücklritte deS bisherigen Vorsitzenden im Konservativen Landesverein: „Der Rücktritt des Herrn Professor Dr. Gravelius beruht im wesentlichen auf persönlichen Gründen, Ueber- bürdung mit Geichästen usw. Im übrigen lassen die jetzt schwebenden Verhandlungen innerhalb des Konservativen Landesvereins erfreulicher weise lehr wohl noch die Hoffnung zu, daß sich die Partei auf einer zwischen den bisherigen Gegen'ätzen vermittelnden Linie eiuigt, wobei der Regierunqseniwurs, betreffend die Waklresorm, in seinen Haupt zügen als eine geeignete Grundlage anerkannt wird." — Wieder eine neue Note in dem Tonstück der konservativen Friedensschalmeien. * Bennigsen contra Vrzbergcr. In der Privatklagesache des srüberen Gouverneurs von Bennigsen geg:n den Reichstagsabgeordneten Erzbergcr stand gestern vor der achten Ferienstrafkammer deS Land gerichtes I Termin zur Hauptverbandlnng in der Berufungsinstanz an. Aus der von Erzberger während deS ReichStagswablkampseS berauS- gezebenen Broschüre „Warum ist der Reichstag aufgelöst worden?" hatte v. Bennigsen den Vottvnrs bcrausgclcsen, seine amtlicke Stellung miß braucht zu haben, um sich persönlich zu bereichern. Erzberger, derWidertlage erhoben hatte wegen einiger gegen ihn gerichteten Artikel in der „Kölnischen Zeitung", war vor einigen Monaten vom Schöffengericht zu einer Woche Gefängnis rerurteilt worden. Bennigsen war von der Wider klage freigesprochcn worden. Gegen dieses Urteil war von beiden Seiten Berufung eingelegt worden. In der gestrigen Verhandlung, zu der Zeugen nicht geladen waren, kam nach längeren Auseinandersetzungen auf Anregung des Vorsitzenden ein Vergleich zustande. Erzbergcr gab die Erklärung ab, er erkenne an, daß der angedeutete Vorwurf aus ter Broschüre habe entnommen werden tönnen; er habe aber einen solchen Vorwurf nicht erheben können und wollen und nehme ihn unter dem Ausdrucke des lebhaftesten Bedauerns zurück. Ferner verpflichtet sich Erzberger zur Veröffentlichung dieleS Vergleichs auf seine Kosten in der „Kölnischen Zeitung" und der „Kölnischen Volkszeitung" und übernimmt sämtliche gerichtlichen nnd außergerichtlichen Kosten, einschließlich des vom Kläger seinem Anwalt zugebilligten ExtrahouorareS. Klage und Widerklage wurden hierauf znrückgenommen. f. Ein Dementi. Aus Braunschweig meldet uns ein Privat telegramm: Zu den welsischen Treibereien gegen den Staats minister Dr. v. Otto schreibt die „Brau:ischw. LandeSzeitung", die als gut unterrichtet bezeichnet werde» darf: T)ie welfische „Deutsche Volks- zeitung* in Hannover bringt seit einiger Zeit heftige gehässige Angriffe auf den Staatsminister Dr. v. Otto. Wir versagen eS uns, hierauf näher einzugehen, was aber die inzwischen auch von anderen Blättern ausgenommen«» sachlichen Behauptungen betrifft, so lönneu wir auf das allerbestimmteste versichern, daß an den Rücktritt de- Staatsministers in absehbarer Zeit nicht zu denken ist. Ebenso sind die Bemerkungen dcS welfischen Blattes über da» Verhältnis deS Staatsministers zum Herzog-Regenten bezw. über die angebliche Kaltstellung des Ministers vollständig aus der Lust gegriffen. Prozeß Gädke. DaS „B. T." meldet: Am Montag, den 9. September, findet in Moabit vor dem Schöffengericht Berlin Mitte die seinerzeit vertaate Hauptverbandlnng in dem bekannten politischenTendenzprozeß gegen unseren militärischen Mitarbeiter, Herrn Oberst Gädke, Natt, der sich, wie unsere Leser wissen, seit nunmebr vier Jahren gegen die ungerechtfertigte und verfassungswidrige Entziehung seine» Titels wehren muß. Durch das Ansetzen de« Termins ans den 8. September ist e« Herrn Oberst Gädke unmöglich gemacht worden, in diesem Jahre den Kaisermanövern beizuwohneu.
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