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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.09.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070909019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907090901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907090901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-09
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NrWtzö-PveiA ttr Lech»ig »nd Koro«r durch «chr« Träger und Spedite« in» Hau» gebracht: Antgabe T (nur nwraeo»! »terteljührUch Lutgad« » (moroent »3> abead«) viertel» jährlich 4.50 »., immatlich 1U» M. Durch dl« Volt bezöge» (2 mal täglich) innerhalb DenHchlemdt und der deutjchien liolvuien viert«lithrlich 5,25 M., monatlich 1,7b «. «läjchtTPofi- desiellgcld jür Oesterreich S » 66 0, Ungarn 8 L vierteljährlich. Abonnement-Annahm«: Urrgnltnbpkatz 8, bei unseren Trägern, Filiale», Spediteur«! und Annahmestellen, jowie Postämtern and Briefträgern. Die einzeln« Stummer kostet K) Siedaktion und Erpedttivn: Johamlitgaste 8. Televhon Str. IE, Str. I4SSV, Str. I4S94. Berliner Stedakttvub -ivnrean: Berlin ITiV 7 Prinz Louis Ferdinand- Straße 1. Telephon!, Str. 9275. Nr. 25». Morgen-Ausgabe L. KiWgrrTagMM Handelszeitung. Amtsvlatt -es Males und -es Molrzeiavttes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-PreiS für Inserate au» Leipzig und Umgebung tue 6 gespaltene Pctitzeile 25 Ps., finanzielle Anzeigen 30 Ps., Reklamen l M.; von auSwärt« 30 Ps., Reklamen l-29 M. vomAutland5OPs., finanz. Anzeigen75Ps. Reklamen 1.50 M. Jnseratcv. Behörden imamilichcn Teil40Pf Beilagegcbübr 5 M. p. Tausend exkl. Post gebühr. üleichafteanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht Rabatt nach Tarif. Feflerteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Für das Erscheinen ar. bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie überuoinmcn. Anzeigen-Annahme: Augufiusplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen de» In- und Auslandes. Haupt Filiale Berlin Carl D »tick: , Herzog!. Bahr. Hofbuch- handlung, Lutzowstrahe 10. (Telephon VI, Str. 4603). Montag 9. September 1907. M. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. * Nach Beendigung des Galadiners im Residcnzschlosse zu Kassel fuhr der Kaiser im Automobil, von den Hochrufen der Menge be gleitet, nach Schloß Wilhclmshöhe. sS. Letzte Tep.j -* Die Wiener „Neue Freie Preße" meldet aus Petersburg: In aut unterrichteten Kreisen nimmt man an, daß eine Zusammen- lunftKönigEdnardsmitdemZarenin kürzester Zeit stqtt- finden werde. * In Moskau wurde dcrallrussischeSemstwokongreß eröffnet. * Prachatitz in Böhmen war gestern, wie uns ein Privat- teleqramm aus Prag meldet, der Schauptatzblutig er Aus schreitungen. Militär mußte ausrückcn. Viele Personen sind ver haftet worden. * Der Hafenbund in Antwerpen erläßt eine neue Kundgebung, worin der Beweis zu erbringen versucht wird, daß dec ictzige Streik mehr' einen politischen als wirtschaftlichen Charakter trage. sS. ferner Ausl, und Letzte Dep.s * Der italienische Abgeordnete Galli informierte den Vor ¬ sitzenden der Kammer, wie aus Rom gemeldet wird, daß er den Minister des Aeußern über die durch die Marokkoaffäre für Italien geschaffene politische Lage interpellieren werde. sS. Ausl, und Letzte Dep.s * Hinsichtlich der N e u f n n d l a n d f r a g e ist zwischen Eng- land und den Vereinigten Staaten ein Abkommen ge troffen worden. lS. Letzte Dep.s * Der dritte internationale Petroleumkongreß ist gestern in Bukarest eröffnet worden. Die offiziellen deutschen Delegierten wurden vom Ministerpräsidenten Sturdza empfangen. (S. Letzte Dep.s *GrafKamarowski,auf den am 4. September in Venedig ein Mordanschlaq verübt wurde, ist gestern früh gestorben. * In Krasnovodsk ist, wie aus Aschabad gemeldet wird, ein Cholerafall festgestellt worden. Die Kolonisation im Osten. Seit Jahren wird in einem großen Teil der deutschen Presse die Anschauung vertreten, daß das Polentum durch die Ankäufe von großen Gütern seitens der Ansiedelungskommission, durch den Geldstrom, der den Ansiedelungsprovinzen infolge der Siedelung im allgemeinen zu geflossen ist, eine wesentliche Stärkung erfahren hat. Ohne Zweifel bat oas Polentum an materiellen Mitteln und an Kraft des Nationalbewußt- seius große Fortschritte gemacht. Es muß aber betont werden, daß diese wirtschaftliche und moralische Stärkung der Polen ohne das Dasein der Ansiedelungskommifsion vielleicht langsamer, aber ebenso sicher und dann mit völliger Verdrängung der Deutschen gekommen wäre, wie das tat sächlich bei solchen Städten zu beobachten ist, die abseits von den Sic- delungen liege». Der Denkschrift »„Zwanzig Jahre deutscher Kulturarbeit, 1886 bis 1906" entnehmen wir den folgenden Abschnitt: „Dazu kommt, daß die Ansiedelungskommission ihren Gütereinkauf überwiegend auf Kosten des Deutschen Großgrundbesitzes und nament lich seit 1898 fast nur aus deutscher Hand gekauft hat. Noch hat trotz dem der deutsche Großgrundbesitz in der Provinz Posen allein nach dem Stande vom 1. Mai 1906 dem polnischen gegenüber einen Vor sprung von 19,150 Hektar. Setzt aber die Ansiedelungskommission den Ankauf aus deutscher Hand auch nur annähernd in dem bisherigen Umfange fort, so ist es unvermeidlich, daß die Fläche des deutschen Großgrundbesitzes unter die des polnischen sinkt und der polnische Großgrundbesitz allmählich ein wesentliches Uebergewicht gewinnt." Es geht daraus einesteils hervor, daß den Polen unmittelbar durch Verkäufe an di« Ansiedelungskommifsion, die nur im verschwindenden Maße stattfanden sin den letzten Jahren durchschnittlich jährlich etwa 6 bis 8 polnische Gülers, erhebliches Kapital nicht zugeflossen ist, daß also daraus ihre materielle Stärkung nicht hergeleitet werden kann, daß anderseits aber die Ankäufe deutscher Guter seitens der Ansiedelungs kommission zur Parzellierung und Besiedelung nicht ohne Gefahren für das Deutschtum fortgesetzt werden können. Zwar ist es ja für die Germanisierung der östlichen Provinzen von Wichtigkeit, daß auf einem großen Gute, wo früher ein deutscher Groß grundbesitzer saß, jetzt nach der Besiedelung 30 oder 40 deutsche bäuer- liche Wirtschafter sitzen, aber der fortdauernde Rückgang deutschen Groß grundbesitzes muß dazu führen, dem polnischen Großgrundbesitz allmäh lich ein Uebergewicht zu sichern. Damit wäre die herrschende Stellung des deutschen Großgrundbesitzes im öffentlichen Leben der Ansiedelungs provinzen gefährdet. In der von altersher von Deutschen durchsetzten Provinz Westpreußen sind schon auf einzelnen Kreistagen die deutschen Mehrheiten infolge der Verminderung des in privater Hand befindlichen wahlberechtigten deutschen Großgrundbesitzes im Schwinden. Die Er haltung eines kräftigen deutschen Großgrundbesitzes, aus dem der deut schen bäuerlichen Bevölkerung auf nationalem Gebiete die Führer er wachsen und der für die wichtigsten Selbstverwaltungsämter die nötigen Kräfte stellen muß, ist in den östlichen Provinzen eine Lebensfrage. Nur in einer richtigen Mischung von Großgrundbesitz und bäuerlichem Besitz kann daher das Ziel einer erfolgreichen Ansiedelunyspolitik liegen. Eine nach dieser Richtung hin erfolgreiche Fortsetzung der Ansiede- lungstätiakert erscheint aber überhaupt sehr in Frage gestellt. Abgesehen von den Gütern mit sehr schwachem Boden, der sich zur Besiedelung nicht eignet, ist ein großer Teil der Provinz durch fideikommisiarische Bin dung dem Gruudstücksmarkt entzogen. Ein weiterer Teil, namentlich des polnischen Großgrundbesitzes, der in kapitalkräftigen Händen ist, ist für die Ansiedelungskommifsion nicht feil: bei drohender Verachtung ihrer Volksgenossen entschließen sich polnische Besitzer überhaupt nur noch in ganz seltenen Fällen zum Verkauf an die deutsche Hand, so daß die Hälfte des noch übrigen Grundbesitzes unter den heutigen Verhält nissen für den Ankauf fast ganz ausscheidet. DaS so beschränkte Güter- angebot wird aber »och dadurch vermindert, daß die Besitzer bei den ivrunghaft ansteigenden Preisen mit dem Verkauf zurückhalten. So hat sick> das Angebot in den letzten Jahren ständig verringert; die angcbotenc Güterfläche betrug im Jahre 1904 197 612 h» 1905 115053 „ 1906 102 464 „. Im gleichen Maße fiel auch die Fläcbengröße der angetansten Güter. In dem Angebot von bäuerlichen Grundstücken liegt kein Ersatz für die Verminderung des Güterangebotes. Die Bildung leistungsfähiger Ge meinden, ohne die eine innere Kolonisation wirkungslos, kann nur durch den Ankauf großer Güter erreicht werden, ganz abgesehen davon, daß einzelne Käufe bäuerlicher Besitzungen den deutschen Besitzstand in den vom Polentum bedrängten Gemeinden nicht sichern können. Es ist des halb nicht zu verkennen, daß sich mit dem Landerwerb verbundene, schwere, das Ansiedelungswerk gefährdende Uebelstände herausge bildet haben. Ihnen kann der Staat durch Einstellung seiner Käufe, wie mancher- seits empfohlen wird, nicht begegnen, denn dadurch würde nicht allein das bisher Erreichte preisgegeben, sondern es würde auch mit dem Ver schwinden des kaufkräftigsten Bewerbers vom Grundstücksmarkt die Grundlage des KrÄsitweseus, auf der heute das Gedeihen der wichtigsten Zweige des Wirtschaftslebens der Ansiedelungsprovinzen beruht, schwer erschüttert werden. Entzieht der Staat dem noch nicht genügend ent wickelten Wirtschaftsleben der Ansiedelungsprovinzen seine stützende Hand, so ist ein Zusammenbruch zu erwarten, in den das Handwerk, der kleine Kaufmann, der Großhändler, der Fabrikant und das junge deutsche Genossenschaftswesen mit hineingerisscn werden. Hiermit ist dem Staat gebieterisch die Pflicht auferlegt, den Weg zu finden, einen planvollen, nach wirtschaftlich und politisch gesunden Ansichten möglichen Landerwcrb für die Ansiodelungskommission auch in Zukunft sicher zu stellen. Es ist dabei zu berücksichtigen, daß die Bedeutung des bisher Geleisteten weniger in einem eigentlichen Fortschritt des Deutschtums, als vielmehr darin liegt, daß sein Rückgang endlich zum Stehen gebracht und jetzt das Polentum jm Begriff ist, wieder zurückzuweichen. politische rtongresse. In den beiden letzten Tagen verhandelte in Kaiserslautern die nationolliberale Jugend und in Wiesbaden trat der Alldeutsche Verband zu seiner diesjährigen Hauptversammlung zusammen. Wir geben aus den bisher eingelaufenen Berichten hier das Wichtigste wieder. 1) Die nationalliberale Jugend. Zu den schon gemeldeten Entschlüssen über die Beziehungen des Reichsvcrbandes der nationallibcralen Jugend zu den süddeutschen Iungliberalen ist folgendes nachzutragen. Der Verbandsvorsitzende, Rechtsanwalt Fi scher-Köln, begründete ausführlich den Antrag des Verbandes, welcher den Anschluß aller badischen und bayerischen Jung liberalen an den Reichsvcrband ermöglichen soll. Man müsse auf die besonderen Verhältnisse in Baden und Bayern Rücksicht nehmen. Durch den Anschluß würden über 10 000 Jungliberale dem Reichsverband zu- g«sührt, ein Erfolg, der nur zum Nutzen der Gesamtpartei ausschlagen könne. sStürm'scher Beifalls In der Diskussion sprechen u. a. W o e l z l - Stuttgart, H a r t d e g e n-Duisburg, Wassermeier- Bonn, H ü b s ch - Nürnberg, M e r t c-Ludwigshafen, Kramer- Schweinfurt, K o ch - Mannheim, G o l d s ch m i d t-München, Tho ma n n-Göttingen. Der Antrag wird schließlich mit 217 Stimmen bei 46 Stimmenthaltungen angenommen. Dagegen stimmt keiner. Er lautet im wesentlichen: Die Nertreterversammlung wolle beschließen: Die Landesverbände der badischen und der bayerischen Jung liberalen rechts des Rheines können dem Rcickisverbunde beitreten unter der Bedingung: a. daß ihre Vereine cs sich satzungsgemäß zur Aufgabe machen: 1> jüngere Leute zu politischer Betätigung heran zuziehen: 2> sie für nationale und liberale Ideen zu gewinnen; b. daß die Vereine dieser Verbände sich bereit erklären: 1s zu den Ver treterversammlungen des Reichsvcrbandes nur solche Mitglieder zu delegieren, di« noch nicht 40 Jahre alt sind; 2s für etwaige Wahlen ln den Vorstand des Reichsvcrbandes nur solche Mitglieder in Var schlag zu bringen, die noch nicht 40 Jahre alt sind; 3s ihren Vorstand ln der Mehrheit aus Personen unter 40 Jahren bestehen zu lassen mit der Maßgabe, daß dieses Verhältnis bei den regelmäßigen Neu. Wahlen der Vervinsvorstände hcrzustellen ist. Die entsprechend geänderten Satzungen werden ebenfalls ange nommen, worin betont wird, daß bezüglich der Altersgrenze nur gegen über den badischen und bayerischen Vereinen, mit Rücksicht auf deren besondere Verhältnisse, eine Ausnahme gemacht wird. Es wird weiter der Wunsch ausgesprochen, daß die „Iungliberalen Blätter" zweimal monatlich erscheinen sollen. Die Herausgabe einer jungliberalen Zei tungs-Korrespondenz wird angeregt. Die jungliheralcn Vertreter im Zentralvorstond sollen dahin wirken, daß seitens der Partei eine regere Tätigkeit in der Herausgabe von kurzen populären Flugschriften ent faltet wird. Dr. Fischer-Köln wird unter lebhaftem Beifall durch Zu ruf als Vorsitzender wiedergewählt. Beisitzer im geschästsführenden Vorstand werden Rebe-Köln und Nord-Köln. Die nächste Ver treterversammlung findet in Elberfeld statt. Während diese Verhandlungen in geschlossener Versammlung stvttfanden, sprach dann in öffentlicher Versammlung Dr. Fischer über das Thema „Jungliberale Bewegung und politische Lag e". Er berührte dabei das Verhältnis zur nationallibcralen Partei und erklärte, das Bekenntnis zu dieser Partei entspräche wie in der Ge- burtsstunde der Bewegung der Herzensstimmung der Vereine. Dann berührte er vor allem die Blockpolitik, die liberale Einigung, den Parteidoktrinarismus und die Sozialpolitik. Seine Ausführungen wurden von ihm selbst in folgende Thesen zusammengefaßt: „Die Vertreterversommlung des Rcichsverbandcs der Vereine der nationalliberalen Jugend betrachtet die Politik einer Sammlung der liberalen Parteien, wie sie sich im Reichstage angebahnt hat, als die aus dem Reichstagswahlkampf sich ergebende unumgängliche Grundlage für eine weitere gedeihliche Entwicklung der Wohlfahrt unseres Vaterlandes. Sie erkennt freudig die Tätigkeit der nationallibcralen Abgeord neten im Nahmen dieser Blockpolitik an und schöpft aus deren bis heriger Tätigkeit die feste Zuversicht, daß der liberale Gedanke auch in dem Gefüge des nationalliberalen Blocks zum Siege kommen werde. Sie hofft aber vor allen Dingen, daß die gemeinsame realpoli tische Arbeit der liberalen Parteien innerhalb des nationalen Blocks diese in gegenseitiger Rücksichtnahme aufeinander zu dem Einver nehmen führen werde, das di« unerläßliche Voraussetzung jeder Macbtgewinnuny des Liberalismus ist. Nur auf gutem Einvernehmen der liberalen Parteien kann die zielbewußt« Fortführung der Sozialreform sich gründen, die als die Grundlage des sozialen Friedens die Voraussetzung ist für die Entfaltung der wirtschaftlichen Kräfte unseres Volkes." 2s Alldeutscher Verbandstag. Die Verhandlungen wurden am Sonnabend mit einer Vorstands- s-tzung eingeleitet. Di« Vertreter der alldeutschen Bewegung aus ganz Deutschland und Oesterreich hatten sich eingefunden, u. a. der frühere Rcichstaqsabgeordnet« Professor Dr. H a s s e - Leipzig, Professor Dr. Samassa , Professor Hötzsch - Posen, Dr. Ritter von Mübl- to e r t h - Oesterreich usw. Auch mehrere Abgeordnete alldeutscher Ver eine im Auslande waren zugegen. Den Vorsitz führte bei den Ver handlungen Professor Dr. H a s se-Leipzig. Den Geschäftsbe richt erstattete Generalsekretär Geiser- Berlin. Danach ist die Entwicklung der deutschen politischen Lage nach der Ansicht des Alldeutschen Verbandes wenig erfreulich. Durch den Mangel an Energie, durch Verständnislosigkeit und Unterlassungssünden der leitenden Kreise sei im deutschen Volke ein immer lähmenderer Pessimis mus wachgerufen worden. Es gelang nicht, die Regierung in der Frage der Flottenvermehrung aus ihrer zagenden Haltung aufzurüttcln, und euch der Reichstag war nicht weltklug genug, aus eigenem Antrieb über das von der Negierung Geforderte hinauszugehcn. Auf der Algeciras- konfcrenz sei die Isolierung Deutschlands in geradezu erschreckendem Maße aufgedeckt worden. Eine Periode der Schwarzseher machte sich geltend, bis mit der Berufung Dernburgs zum Kolonialdirektor ein be deutsamer Schritt zum Besseren getan wurde und die Regierung erfreu licherweise den Reichstag auflöste. In Oesterreich hatte das Deutschtum schwere Kämpfe. Die Parlamentswahlcn verminderten die Zahl der alldeutschen Vertreter. In Ungarn aber entwickelt« sich das Deutschtum in schönster Weise. Eine ungarländische deutsche Volks partei wurde gegründet, die die nationalen Interessen der Deutschen mit aller Energie vertreten will. Auch der deutsche Baltenstamm habe sich mächtig aufgerafft. In der Polenfragc hat sich immer klarer gezeigt, daß nur der Standpunkt des Alldeutschen Verbandes, der in der Provinz Posen das Enteignungsrecht gegenüber polnischem Grundbesitz cinführen will, der allein richtige ist. Das Deutschtum in Belgien und Amerika hat sich gleichfalls auf sich selbst besonnen. Was das innere Leben des Verbandes anlangt, so sind für die deutschen Afrikakämpfer insgesamt 150 000 Mark gesammelt worden. Di« Neste der Burcnsammlung sind für deutsche Schulen in Afrika verwendet worden. Das Leben in den Ortsgruppen war recht rege. Verschiedentlich, z. B. in Berlin, wurden auch Frauengruppen ge gründet. Dem Verbände schloß sich im letzten Jahre auch der Rüdes- ycimer Verband deutscher Burschenschaften an. Jm Lande wurde «ine rege Agitation entfaltet. Ilebcrall wurden kleine alldeutsche Gruppen gegründet. Ter Etat des Jahres 1906 balanciert mit rund 87 000 F. Deutsches Reich. Leipzig, 9. September. * Die Englandreise des Kaiserpaares Kaiser und Kaiserin wer den, wie verlautet, auch die Londoner City, das Geschäftsviertel der Riesenstadt, den Sitz der Gemeindebehörden besuchen; die städtischen Körperschaften Londons hätten, so heißt cs, die Absicht, das Kaiserpaar zu einem großen Empfang und Frühstück in der Guildhall, dem Rat hause, einzuladen. Auch sonst trifft man in London bereits umfassende Anstalten, um den Besuch so glänzend wie möglich verlausen zu lassen. Es hat den Anschein, als beabsichtige König Eduard VII. bei dieser Ge legenheit aller Welt nochmals darzutun, daß zwischen ihm und seinem Neffen der letzte Rest einer vorübergehenden Verstimmung getilgt sei. Kaiser und Kaiserin werden, wie man weiß, in Windsor wohnen, jenem am Ufer der Themse, Eton gegenüber gelegenen Schlosse, in dem ja auch voriges Jahr die deutschen Journalisten gespeist und umhergeführl wurden und das durch eine eigenartige Mischung alter Bauweise — Wilhelm der Eroberer hat cs erbaut — und moderner Kultur eine Fülle des Interessanten bietet. * Der Kaiser und das Oldenburger Kanalprojckt. In einer beim. Schützenfest zu Emden gehaltenen Rede machte nach der „Magdcb. Ztg." der Bürgermeister dieser Stadt, Fürbringer, die Mitteilung, daß ihm der Kaiser, als er ihm kürzlich in Hannover seine Ernennung zum Ge heimen Regicrungsrat bekannt gab, ausdrücklich versicherte, das; er, der Kaiser, persönlich, seinen ganzen Einfluß aufbietcn mußte und ausge- bc-teu hätte, um das für Emden und die anderen Emshafenstädte «Leer und Papenburgs gefährlich« Oldenburger Kanalprojekt lHuntc—Ems- kanal) zu vereiteln, und daß er auch weiter alles, was nur in seinen Kräften stehe, im Interesse des Emder Hafens und Handels tun werde. * Diplomatenschub. Die Gerüchte und Kombinationen über aller- lei Veränderungen in den höheren Diplomatenstellen der deutschen Reichsmaschineric kommen nicht zur Ruhe. Herr von Tschirschky, Staatssekretär des Auswärtigen, soll aus der Berliner Wiihelmstraye nach der Rue de Lille übersiedeln als Nachfolger des Botschafters Fürsten Radolin. Radolin soll, sagt man, Statthalter der Reichslande werden. Das aber wird wiederum bestritten von Leuten, die gerne den Sohn des Fürsten Hohenlohe, den Erbprinzen Ernst, ehemaligen stell vertretenden Kolonialdircktor „vordernburgschen" Angedenkens auf dem „Throne" Elsaß-Lothringens sehen möchten. Jedenfalls werden, so heißt cs, zurücktreten: der deutsche Botschafter Graf Monts in Rom, iweil es ihm doch nicht gelingen werde, seine persönliche Stellung am italienischen Hofe zu verbessern; ferner Baron Speck von Sternburg in Washington wegen seines schweren — Kopfleidens. Wer auf den schwierigen amerikanischen Posten nachrücken soll, weiß man noch nicht genau. Kiderlen-Wächter, der Stellvertreter Marschalls in Konstantinopel, während dieser im .Haag zu tun hat, wird als der aus sichtsreichste bezeichnet. Freilich sind alle diese Tips ohne Obligo. * Zentrum und Regierung. Die Versuche der Zentrumsprcsse, die Kaiserrede in Münster im Sinne einer Anerkennung der Zentrums politik zu deuten, werden auch in der „Nordd. Allg. Ztg." mit Schärfe zurückgewiesen: „Den Gipfel der Geschmacklosigkeit hat in dieser Be ziehung die „Germania" erklommen, die es fertig bringt, zu behaupten, es klasse ein unüberbrückbarer Zwiespalt zwischen den Grundsätzen und Zielen des Kaisers und zwischen der inneren Politik, die Fürst Bülow seit dem 13. Dezember betreibt, zwischen der Kaiserrcdc und der gegen wärtigen Kanzlerpolitik. Wenn das Blatt sich sonach den Anschein gibt, zu glauben, daß der Kaiser in der Zentrumspolitik den Ausfluß himm- Iiichcr Weisheit und Erhabenheit erblickt, so können wir ihm die Ver sicherung geben, daß es sich in einem gründlichen Irrtum befindet. Solche Vcrdrehungsversuche können nur dazu beitragen, die Kluft zwischen den hohen Auffassungen, denen der Monarch so beredten Aus druck verliehen, und dem Bemühen, die Religion in den Dienst der Partei zu zwingen, für jeden, der nicht blind sein will, deutlich erkenn bar zu machen. * Z» den LandtagSwahlcn in Leipzig. Der Vorstand des Konser vativen Vereines zu Leipzig empfiehlt unter Bezugnahme aus seine dies bezüglichen Mitteilungen vom Juli d. I., daß er seinen Mitgliedern und sonstigen Parteifreunden bci den in den nächsten Tagen stattfinden den LanvtagSwahlen die Kandidaturen des Herrn Geb. Justizrat Dr. Schill und des Herrn Fabrikbesitzer O. Müller zu unterstützen. Der Vorstand begründet diese Empfehlung mit seinem Wunsche, die bei der letzten ReickstagSwabl bewährte patriotische Einmütigkeit der staatSer- baltenden Parteien an seinem Teile weiterhin zu betätigen und mit dem Hinweis aus die allgemeine Achtung, welche die beiten genannten Kaudiraten sich sowohl durch ihre persönlichen Charaktereigenschaften, als durch ihre langjährige rerdienstvolle Tätigkeit und ihr maßvolles Auf treten im Landtage ru gewinnen gewußt haben. * Agrarische Lncrtrcibcreie«. Jm Wahlkreise Geestemünde- Lehe bat der vom Bunde der Landwirte aufgcstellte Stadtveiork- nctcnvorsteber und Hofbesitzer Alkers gelegentlich seines ersten Auftretens erklärt, raß er sich im Falle seiner Wahl der nationalliberalen Fraktion des Abgeordnetenhauses anschließen werde. Hierzu ist zu bemerken, daß für die nationalliberale Partei als offizieller Kandidat in jenem Wahl kreise nur Herr Geheimrat Witting in Betracht kommt, der von der geordneten Parteiorganisation aufgestellt ist. Tas ist ein typisches Beispiel dafür, wie das Agrariertum unter dem Deckmantel des Libe ralismus diesen zu schädigen sucht.
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