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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.09.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070910024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907091002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907091002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-10
- Monat1907-09
- Jahr1907
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1907. S., Li. - »traßenbahu- Li. — Raue. T.. Pl. - k- P.. Tapez si. — König, ir. Kind, Li. B-, Gummi- larggraf, M. i T., Li. - E., Kutsch. 8-, Handarb. Ö- G., Hilfs- — Novotny, - Spahlholz, rieds S., Li. rcrrb. S., Li. eechsl. T., Li. m. T., Li. - nieds T.. Li. Hr. T., Schl, i. S, Klzsch. Glasers S., i. CH., Ober- Mönicke, M. g, mit Miß- kann in Vo^ rchtcr in Co., t Hoffmann, halteur, mit t Deubel, A. ätzsch, S. E., Schmidt, E. Horn, P. B., . T., Co. - chhandlungs- aann, G. E., b. T., Co. - ilers S., Co. en). t Alter 8 — - — StrP. 71 3 22 vt.39. 70 S 7 itr.32. — 2 — g 76«. 7 Std. ist. 21. — d 11 str 10. — —- 18 — 5 10 tr.13. — 1 14 str.1I — 11 23 Zt.13 — 3 12 tr.83. — 5 4 — 4 16 !3. 7» 4 3 >tr.39. 17 7 16 — — — ). 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Für do» Srschei:^n an destiuuuSe» Lage» und Plätzen wird keine «aomtie übernommen. «»zeige»-Anm-Hme: LugustuSplatz 8 bet sämlliche» Ailialeu u. allen Annoncen- «Mebitiour» de« In- und Auslandes. H«»Vt-Filiale Vertin. >«« Du»chr , H«r»»ll. Bahr. Hofbuch- haadl»»«, Lüstowstrefie 10. (Telephon VI. Rr. 4603). Nr. 251. Dienstag 10. September 1907. 101. Zahrqanq. Das wichtigst- vom Tage. * Die 16 Linienschiffe der Hochseeflotte unter dem Befehl des Prinzen Heinrich sind in Apenrade vor Anker gegangen, nm bis zum 13. September mit ihren Landungskorps Felddienst Übun gen vorznnehmen. Nm Schloßtage werden die vereinigten Lan dungskorps gegen einen Teil des IX. Armeekorps operieren. * Der frühere Minister Diaz Ferreira ist gestern in Bidago gestorben. * In Montreal haben sich Japanerunruhen ereignet. lS. Ausl.) * Bei dem BrandeeinerMühleinRaabin Ungarn haben zahlreiche Arbeiter den Tod in den Flammen gefunden. Insgesamt werden 50 Personen vermißt. sS. Neues a. a. W.s * In Wiener Hofkreisen wird die Nachricht von einer Wiedervermählung der Gräfin Montignoso nicht geglaubt. sS. Neues a. a. W.j Am Zeichen -er Fleischteuerung. Mit bedeutsamen Sätzen wird von der Verwaltung desLeipziger Vieh- un^ Schlachthofes der Bericht für das Jahr 1906 eingeleitet. Sie lauten: »Mehr noch als im Jahre 1905 wurde im Be- richrssahre der Verkehr durch die herrschende Viehnot beeinträchtigt. Tie Viehzufuhr wie die Zahl der Schlachtungen blieb nicht unwesentlich hinter der der letzten Jahre zurück. Erstere zeigte gegen das vorhergegangene Berichtsjahr einen Ausfall von 14 522. letztere einen solchen von 10278 Tieren. Dieser verminderte Verkehr mußte auch nachteilig aus die E i n n a h m e n wirken: der Rech nungsabschluß ist wesentlich hinter dem Voranschläge zurückgeblieben. Die Viehnot und die durch diese veranlaßte Fleischteueruna gab der Anstaltsleituug mehrfach Gelegenheit, über die am hiesigen Platze gemachten Beobachtungen zu berichten und sich gutachtlich zu äußern." Cs ist bekannt, iu welchem Sinne das geschehen ist: ebenso bekannt ist, daß die Vorstellungen städtischer Behörden tauch der unserigens bei den Staats- und Reichsbchörden so gut wie nichts geholfen haben. Gehen wir nun zu dem Zahlenwerk über, das der Bericht bietet, und vergleichen wir es mit dem früherer Jahre. Zunächst die Haupt sache. die Zahl der Schlachtungen. Sie war in den letzten drei Jahren folgende: 1904 1905 1906 32 059 32 155 32111 70 638 68315 65 141 50 175 54 989 54 520 185 351 174 123 167 564 244 247 201— Zusammen Tiere: 338 467 329 829 319 537 Vergleicht man die Jahre 1904 und 1906, so ergibt sich, daß in letz terem Jahre^zwar 52 Rinder und 4345 Hammel mehr, dagegen 5497 und 17 767 Schweine weniger geschlachtet wurden. Trotz der Be- völkcrungszunahme also ein erheblicher Rückgang in der Zahl der Schlachtungen! Nach der, Berechnung der Schlachthofsoerwallung be- trug das Gesamtgewicht des aus den Schlachtungen gewonnenen und des hier eingeführten Fleisches, soweit es zum menschlichen Genüsse zugclassen wurde, im Jahre 1904 33 686 550 Kilogramm, im Jahre 1905 31 461 730 Kilogramm und im Jahre 1906 31 536 020 Kilogramm. Ter danach berechnete Fleischverbrauch pro Kops der Bevölke- rung betrug 1904 : 67,86 Kilogramm, 1905 : 62,60 Kilogramm und 1906: Rinder Kälber Hammel Schweine 61L3 Kilogramm. Also hat in den letzten zwei Jahren der Fleisch verbrauch pro Kopf der Bevölkerung um 5,93 Kilogramm oder um 8,74 Prozent des Verbrauchs von 1904 abgenommen! Für eine Familie von vier Köpfen ergibt das einen Minderverbracrch von 23,72 Kilo gramm oder 47 Pfund im Jahre. Fürwahr, eine gewaltige Ein schränkung, die man sich der Fleischverteuerung halber auferlegt, und sicher nicht bloß in den Kreisen der Arbeiter, sondern auch in denen des Mittelstandes. Was nun die Viehpreise anbetrifft, so sind von der Vrehhofs- verwaltung folgende Durchschnittsverkaufs Preis e festgestellt worden, und zwar bei Rindern und Schweinen für 50 Kilogramm Schlachtgewicht und bei Kälbern und Schafen sür 50 Kilogramm Lebend gewicht: 1904 1905 1906 Ochsen 70 .tl 79 .K 80 Bullen 64 ,, 65 „ 70 „ Kühe und Kalben .... 62 „ 67 „ 69 „ Kälber 45 ,, 49 „ 53 „ Schafe 34 „ 36 „ 39 „ Schweine 50 „ 65 „ 69 „ Danach hatte das Jahr 1906 die höchsten Preise zu verzeichnen, obwohl die beiden vorhergehenden Jahre schon im Zeichen der »ileisch- teuerung standen. Was aber diese Preissteigerung in ihrer Ge samtwirkung bedeutet, läßt sich daraus entnehmen, daß sich der Wert der zu den Schlachtviehmärkten verkauften Tiere stellte: 1904 aus 31 632840 .tl, 1905 auf 35 541 400 .L und 1906 auf 38636760 .L. Die Zahl der verkauften Tiere betrug insgesamt 1904 : 284 786, 1905: 277879 und 1906 : 266 516 Stück. Im Jahre 1906 wurden also rund 18000 Tiere weniger verkauft, aber sieben Milllonen Mark mehr gezahlt als 1904. Solche Zahlen sprechen so beredt für sich, daß jeder Kommentar überflüssig ist. Unter diesen ganzen Verhältnissen hat auch, wie schon eingangs be- merkt, das finanzielle Ergebnis des Vieh- und Schlachthof. beriebes gelitten. Als Betriebsüber schuß konnten im Jahre 1904 179 201 und im Jahre 1905 noch 56 688 an die Stadtkasse abgeliefert werden. Im Jahre 1906 ergab sich aber überhaupt kein Ueber- schuß. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, daß das für die Ver größerung des Viehhvfes angekaufte Areal im Jahre 1905 eine Ver zinsung von 31 500 und 1906 eine solche von 66 437, .E erforderte. Allein selbst wenn man diese Summen in Betracht zieht, so stellt sich das Jahr 1906 noch um über 110 000 ungünstiger als das Jahr 1904. So hat auch noch der Steuerzahler im allgemeinen unter den hier berührten Verhältnissen zu leiden. Es wäre daher dringend zu wünschen, daß den von unseren städtischen Behörden im Interesse der Beseitigung der Fleischteuerung unternommenen Schritte schließlich doch ein Erfolg be- schieden ist. Zeitung-stimmen. Gegen ein weiteres Anziehen »er Lteuerfchraubc wendet sich in sehr vernünftigen Ausführungen die „Freis.,Zeitung": Vorausgesetzt daß es gelingt, von den 130 Millionen 30 auf anvere Weise durch laufende Mittel zu decken, so mußte die Summe von 100 Millionen aus dec Einkommensteuer mehr herausgeholt werden. Nun ist kaum an zunehmen, daß diese Steuer, selbst nach der verschärften Heranziehung der Arbeitereinkommen, durch die Nooe ie von 1906 und unter Berücksichtigung der natürlichen Steigerung im Etalsjadr 1908 höher als auf 300 Millionen Mark veranschlagt werden lnnn. wahrscheinlich wird sogar noch ein erllecklickr» Stück daran fehlen. Um also lOO Millionen nie.r zu gewinnen, müßte die Einkomm n- steuer mindestens um ein Drittel erhöht werden. Beispielsweise würden allo Personen mit einem Einkommen von 3000 bis 3500 statt 66 88, Personen von 96O>—950> ./t Einkommen statt 300 400 Einkommensteuer zu zahlen haben. Und mit dieser Steigerung allein würde es gar nicht sein Bewenden Vaden: denn für die kommunalen Köroerschaften, d'e ihre Einkommen steuer in ,1orm eines Zuschlags zur Staatssteuer erheben wurde ein millkoinmenrr Anreiz gegeben fein, gleichialls ihre Einnahmen zu erhöhen. Ohne Zweifel würde nunmehr die Gelegenheit wahrgenommen werde«, den Zuschlag aus IM Prozent zu bemessen, wobei IV, Millionen Mark mehr für die «tadttasje heraus- fpriuqen. Der oben als Beispiel angeführte Zeusit also mit einem Einkommen von 3000—3500 ^l, der in der 120 Prozent znschlagendeu Kommune wohnt, hatte bisher an Einkommensteuer insgesamt 145,20 zn zahlen. In Zukunft würde er 176 gleich 30,80 mehr abznführen haben, und der Zensil mit 9000—9500 statt 660 fortan 800 >l gleich 440 mehr. Zu dem von dem „New Korker Herald" angeregten Verkauf der Phtltppine« nimmt jetzt fast vie ganze amerikanische Presse Stellung. Die meisten Blätter sind mit einem Berkaus der Iaselu einverstanden. So schreibt der „Washington Herald": Jedermann weiß, daß nur unser Besitz der Philippinen die Kriegsgefahr mit Japan heraufbeschworen hat. Al- wir die Inseln sür 20000000 Dollars erwachen, kauften wir gleichzeitig eine Insurrektion mit, deren Unterdrückung uns 170 000 (BO Dollars kostete. Ferner ist es nicht ausgeschlossen, daß wir auch noch einen Krieg mit Japan als Beigabe erstanden. Sri kein wie es wolle, eins ist sicher: wir sind in den Besitz eines nutzlosen und nichts ein- blingenden Besitzes gekommen, der jetzt, um ihn zu vertritigen, unserer ganzen Seemacht bedarf. Es kann also nicht Wunder nehmen, daß der Verlauf der Inseln zu einer brennenden Flage geworden ist. Im „Washington Star" beißt es: Tie Philipvinenfrage wird den Kongreß in seiner nächsten Sitzung beschäs tigen, möglicherweise wird di« Frage auch aut dem Wahlpanier für die kommenden Präsidenten- und Aongreßwahlen stehen. Die Diskussion im Kongreß wird sich um die Frage des Verkaufs der Inseln drehen. Di« Mehrzahl des Voiles bat von jeher gewünscht, d>e Inseln zu veräußern, aber trotzdem wird jedeimann zu- gebeu müßen, daß uns der Besitz der Inseln nicht mit Gewalt streitig gemocht werden darf. Die „Washington Post" bemerkt: Wenn Japan jemals in den Besitz der Philippinen kommen sollte, so könnte dieses nur mittelst blanker Waffe und nach einem siegreichen Kriege mit den Vereinigten Staaten geschehen. Man muß sicherlich erstaunt über die große Zahl der intelligenten amerikanischen Staatsbürger sein, die mit Vergnüg,n dem Verkauf der Inseln an eine beliebige fremde Macht beisiimmen würden. Vielleicht 80 Prozent dieser intelligenten Bürger bedauern, daß die In eln nicht englisches Eigentum sind; zweifellos würde die öffentliche Meinung einen Ver kauf an England oder Deutschland gutheißeu, aber es jür Schimm und Schande erklären, sie an die heiduischen Japaner abzntretrn, die für das 4'and iemen ankeren Gebrauch hätten, alS die Bewohner einem endlosen Sklavenleben au?- zuseyen. Gegen den Verkauf spricht sich der „Albany Argus" mit den Worten aus: Der Gedanke des Verkaufs wird bei einer Gruppe von Politikern Anklang finaen; er darf aber nicht ausgeiührt werden. Erstens ist kein Käufer in Sicht, und zweitens, obwohl jedcm das Experiment mit den Philippinen zum Half« herauslängt, wird die herrschende Regierungspartei nicht io einsältiz fein, kurz vor der Präsidentenwahl so mit „Pflicht und Bestimmung" zu io- 'eltierrn. Deutsches Reich. Leipzig, 10. September. * Ncuciuteilung »er Armee-Jnspekti-nen. Am 1. Okurber d. I. erfolgt eine Ncucinleilung der deutschen Armee-Jn ipcktionen. Aus den jetzt bestehenden fünf Inspektionen werden sechs gebildet, die sich wie folgt zusammensetzen werden: I. Armee-Jnfpeltion (Berlin» aus dem II., VIll. uuo IX. Armeekorps; II. Armee - Inspeitiaii (Meiningen) aus vem VI., XI., XII. (1. Köuiglich Sacksi'cken) nno XlX. (2. Königlich Sächsischen» Armeekorps; Hl. Armee»Jnfpeino.i (Hannover) aus dem VII., X., XVIII. und rein XIII. «Königlich Wülttembergischen) Armeekorps; IV. Armee-Jnspetlion (München, aus rem III., IV., dem I., II. und III. Königlich Bayerischen Armee- Feuilleton. Dar Theater irn Theater. Vou Professor Dr. Friedrich E. Hirsch (Wiens. Noch immer wird das deutsche Publikum durch Vorführungen des Theaters im Theater gefesselt: alljährlich erblickt mindestens ein Stück das Licht der Rampen, das ein Stuck im Stück enthält oder Bilder aus der Kulisfenwelt entrollt. Und wenn schon kein neues Werk allzu lange die Repertoires der Bühnen beherrscht, wird sicherlich allfahrlich Dumas' ,,K e a u" hervorgeholt und tut — entweder im Original oder, wie es kürzlich i« Hamburg geschah, als Operette bearbeitet — seine Wirkung. Wer es einmal unternehmen wird, eine Geschichte des Publikumgeschmackes oder der Publikumpsychologie zu entwerfen, wird an diesem Faktum nicht vorübergehen dürfen. T»e Begründung sür das große Interesse, das allenthalben Darstellungen aus dem Büyuenleben entgegengebracht wird, ist zismlich einfach: das Theater nimmt heute einen so breiten Raum in unserem kulturellen Leben ein, daß jede Dar stellung, die sich mit ihm beschäftigt, auf warme Teilnahme rechnen kann. Schwieriger wäre schon die Frage zu beantworten, warum seit dem 16. Jahrhundert immer wieder das Leben und Treiben aus der Bühne geschildert wurde und die Komödie in der Komödie sür jo viele Autoren ein gern bearbeitetes Thema bildet«. In England, das als die Heimat des Stückes im Stück gelten muß, waren die eigenartigen Bühnenvcrhöltnisse des Theaters Shakespeares und seiner Zeitgenosse« maßgebend für diese etwas komplizierte Buhnen darstellung. Da nämlich die englische Bühne aus zwei ineinander ge bauten Schauplätzen bestand, so lag von vornherein die Versuchung nahe, iu das eigentliche Drama ein anderes zu verweben, das vor den Schauspielern deS erste« Stückes gespielt wurde. So finden wir tat- sächlich bei Shakespeare, Beaumont, Fletcher und andern Dramatikern des elisabethanischen Zeitalters wiederholt Komödien in der Komödie s„Hamlet", „Sommernachtstraum", Der Widerspenstigen Zähmung" usw.s. Von den Engländer«, deren Wanderzüge in Deutschland wir seit 1596 verfolgen können, ai«, dieses System — so lautet die bisher all gemein gültig gewesene Ansicht — auf die deutschen Dramatiker über, die bemüht sein mußten, in allem ihre englischen Vorbilder nachzuahmen. Leider widerspricht dieser Annahme die Tatsache, daß wir schon aus dem Jahre 1550 ei« deutsches Drama besitzen, das eine Komödie in der Ko mödie enthält. ES Nt deS Schweizers Jakob Funkelin Drama „Lazarus'. Das Werk selbst ist kein Originalprodukt, sondern gebt auf ein lateinisches Drama von Sapidus zurück, dos schon der Sachje Joachim Greff bearbeitet hatte. Aber in einem Motive ist Fimkelin durchaus originell: er läßt vor dem reichen Manne und dessen Gästen im „Lazarus'-Stück ein aasz selbständiges „Vom Streite der Benus und Pallas" auffübren. Damit hat Fvnrelin einen sehr feinen Zug in sein Drama gebracht; den vornehmen Gästen soll Unterhaltung geboten werden, und deshalb wird ein Fastnachtsboll von ihnen bargestellt. Das Thema dieses „Spiels von VenuS und Pallas" ist nicht originell: der Wiener Schottenabt ChelidoniuS, Sebastian Brant und Hans Sachs haben es früher bearbeitet. Aber daß Funkelin damit als erster eine Komödie in der Komödie schuf, bleibt sein Verdienst. Nun fragt es sich, ob er hierbei aus Eigenem geschöpft bat, oder fremde Vorbilder gekannt und nachgeahmt hat. Er erwähnt in diesem Zwischenspiele, daß man kahrende Komödiantenbanden schon zu seiner Zest in der Schweiz sehr wohl kenne. Es wäre also möglich, daß solche wandernde Truppen etwa nach Niederdeutschland kamen und dort von der Gewohnheit der Eng länder, Stücke im Stück auszuMren, hörten. Wahrscheinlicher ist indes, daß Funkelin, der in allen seinen Stücken einen sehr sicheren Blick sür theatralisch wirksame Szenen beweist, ohne fremde Anregung die Neuc- rung^der Komödie in der Komödie schuf. Sein Bciipiel fand in Tcuochland keine Gefolgschaft; erst dem Ein flüsse der Engländer ist cs zu danken, wenn zu Beginn des 17. Jahr hunderts, namentlich in Sachsen und Sch'esien, eine Reihe von Ko mödien in der Komödie entstand. Als das älteste Beispiel »st die ano nyme Tragödie von „Iuliusund Hyppolila" zu betrachten, die einige Achnlichkcit mit Shakespeares „Tic beiden Veroneser" aufweist. Hier wird aus dein Mono des Theaters im Theater reichlich Kapital geschlagen. Schon im Prolog unterhält sich ein Liebespaar über das Wesen der Schauspielkunst, im Verlaufe des Dramas wird ihm dann ein Stück vorgefiihrt. Tie Ouellc dieser Tragödie kennen wir nicht; vermutlich war es ein vorshakespearesches Drama, das Shakespeare und dem deutschen Bearbeiter vorlaa und von beiden in verschiedener Weise ausgeführt wurde. Zu dieser Annahme verleitet der Umstand, daß auch sür ein anderes Stück Shakespeares eine oltcnglischc Borlage nach gewiesen ist, die ein Stück iin Stück enthält, während Shakespeare nur leise Andeutungen des Motivs gibt, ohne es ausführlich zu verwerten. Es ist dies »Der Widerspenstigen Zähmung". In der Vorlage ,4. caocviteä Ui^tarv c-rUIvä (de I uwizg ak <z k-ürew" lLondon 1594s mußte der betrunkene Kesselflicker S«y, dem man ein geredet hat, er sei ein Lord, der Aufführung der „Zähmung der Wider- Ipenstigen" beiwobnen, wobei er die Vorstellung durch alberne Be merkungen über Stück und Darstellung wiederholt unterbrach. Auch bei Shakespeare sieht Sly von einem Balkon aus der Aufführung zu, macht aber nur an einer Stelle im ersten Akte eine Bemerkung, daß er den Schluß der Vorstellung herbcischnc, worauf er für immer verstummt. Man muh wohl annehmen, daß Sly vor Langeweile einschlafe und erst am Schluffe des Stückes, geweckt durch den Applaus des Publikums, hinausgetragcn werde. — Auf sächsischem Boden sind die ersten Nach bildungen des Shakcspcareschcii Stückes entstanden. Am 5., 6. und 7. März 1658 führte der Zittauer Rektor Christian Keimann „Die wunderbare Heurath Petruvko mit der böien Katharina" auf, und ein paar Jahre später schrieb sein Nachfolger im Zittauer Rektorat, Christian Weise, die „Komödie von der bösen Katdarina". Shakespeares Vorspiel ließ er weg, denn er erkannte, daß cs sich ganz gut zu einer eigenen Komödie verwerten lasse, die er unter dem Titel „Von dem träumenden Bauer am Hofe Philippi Boni in Burgundien" veröffentlichte. Dagegen hatten seine Hanptaegner, die Jesuiten, viel Gefallen an der Vorführung des Stückes im Stück. 1698 wurde zu Augsburg ein Fastnachtsspiel „Ter Taa-lanae Baurcnkönig" gedruckt, worin vor einem Bauer, dem cingercdct wirb, er sei König, eine Tra- gödic^ausgeführt wird, die er lcbha't alossiert. Sehr viel Nachahmung durch dcutimc Dramatiker sand Shakespeares ..Sommernachtstraum". Dis Riipclipiel blieb jahrzehntelang eine Fundgrube für deut'che Autoren; freilich war cs kein ,.^tiick im Stück", das au'oesünrt wurde, sondern immer ein selbständiges Lustspiel. So ist cs in Grnphius „Peter Squen;", in Johann Rists „Pyramus und Tdisbe" und in des Niederländers M. Gramsbcrgcn „Ivlin-sttixo Trn- «chckit». s)f teil Il.irtnc,^ V-III l'chrh-no'i". Hier ist das Riipclspicl der Handwerker von einem Rabmenstiicke umgeben Cin Bauer wird von lustigen Komöoientcn als Herzog verkleidet: um ihm die Zeit zu ver kürzen, wird das Spiel von „Pyromus und Tyisbe" vor ihm ausgcsührt. Auch in einem Dresdner Spiele aus dem Jahre 1660 „Vom König Paul mit dem Possenspicl von Pyramus und Thisbe" handelt cs sich um cin Stück im Stück. Die meiste dramatische Gefolgschaft fand i« Deutschland und Frank reich Shakespeares „Hamlet". g.as Drama wies einen sehr gang baren Weg zur Lösung von Konflikten durch ein Stück im Stück, wes- halb dieses Muster gern nachgeabmt wurde. Daß das Theater un Theater in „Hamlet" den größten Beifall fand, geht wohl daraus hervor, daß wir dem Werke häufig unter dem Titel „TieKomödie in der Komödie" begegnen iz. B.,Theaterzettel aus Dresden voin Jahre 1778.s Namentlich das Lustspiel bediente sich gern des Effektes, durch cin Stück im Stück eine Lösung berbeizusüyren. So enthält der „Poetische Torsjunker" von Destouchcs eine kurze improvisierte Ko mödie, in einem anonymen Lustwiele -kl-os laux 1losaovite8" rauvcn vier Betrüger Herrn Goraibus seine rochier, während er glaubt, c? handle sich un^ eine Theatervorstellung. In Deutschland waren Jünger und Schröder die ersten, die sich der Komödie in der Komödie bedienten, um ihre Handlung zum Abschlüsse zu dringen, jener in der „Ko in öd >e aus dem Stegreif", diejer im ,,Porträr der Mutter". Jünger führt einen jungen Mann und ein Mädchen vor, die einander heimlich lieben, ohne zu wissen, daß sie ohnehin von den Eltern für einander bestimmt seien. Sie wollen der ihnen vermeintlich ausgezwungenen Ehe entfliehen. Ter Vater der Braut ist ein großer Komödienfreund; des- halb nähern sich ihm der Liebhaber und sein Diener als Komödianten les ist dasselbe Motiv wie bei Destouchesl. I« einer improvisierten Komödie wird nun die Liebe des jungen Mannes für die Tochter des Hauses geschildert. Dadurch wird endlich alles ins Reine gebracht. Tie Äto'fgeschichtc des Stückes ist sehr interessant. Kein Geringerer als Richelieu hat die Idee dazu geliefert. Ein Stück der von »hin zu gemeinschaftlicher Arbeit, geführten sogenannten „fünf Autoren": ,.l.a aamixlie ckos Tuiloi-i«" sl635j beruht auf denselben Borausietzungen. Jünger bat sein Stück nach P o i s son bearbeitet; übrigens gibt cs mehrere Ueberschungcn der französischen Vorlage in deutscher Sprache. So erwähnt Schröder in seinen Briefen „Schröder und Potter" heraus- gegeben von Likmann, Hambura 1887s Seite 80, daß die „Komödie aus dem Stegreif" („I-'impronnplu cke von Poissons von Goswr übersetzt worden sei. Gedruckt wurde diese Uebersctzuna nie; daß sic bei Ausführungen verwendet wurde, ergibt «ine Notiz in Reichharts „Gothaischem Theaterkalcndcr", 1775, Seite 119. In Schröders „Porträt der Mutter" entlarvt ein „verlorener" Sobn »einen Stiefvater durch eine improvisierte Komödie. Hier ist der Jdeengang des „Hamlet" einfach in die bürgerliche Sphäre gerückt. Wie sich die Vorgänge in der Posse des Wiener Journalisten Josef Richter „Die Komödie in der Komödie" (1789s abspn-ltcu, kann nicht einmal er- raten werden, da ßch weder das gedruckte Stück noch eine Besprechung voriindet. Daß sich endlich der in allen Sätteln gerechte Kotzebue dieses dankbare Thema nicht entgehen ließ, ist bei seinem sicheren Blicke für alles theatralisch Wirksame klar. In seinem „Jntcrmc;zo" ode: „Der Landfunker in der Residenz" bringt der Dichter im Schlußakte durch cin «>tiick im Stück die Vereinigung eines Liebespaares zuwege. Der Reiz des Schauspiels im Schauwiel lockte auch Goethe und die Romantiker. In feinem „Jahrmarktsfest zu Plundcrsweiler" parodiert Goethe als Stuck im Stück RacincS „Esther". Die Kobe Tragödie wird IN Hans ^aclisscken Knittelversen ins Burleske verzerrt und Personen des ißoctl,eschen Kreises verulkt. In der zweiten Fassung des „Jabr- marktsestes", die in die Weimarer Zeit fällt, wurden aus den Knittel-
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