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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.09.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070913020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907091302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907091302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-13
- Monat1907-09
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N." drahtet aus Florenz: In einer Unterredung mit dem Klavierlehrer Toselli stellte dieser cnt- sckieden in Abrede, daß er sich mit der Gräfin Montignoso zu verheiraten gedenke. * Gestern abend ist in Hamburg der Reichspostdampser „Prin zessin" nrit dem Ablösungstransport der Kreuzer „Bussard" und „Seeadler" aus Ostafrika eingetroffen. Die Heimkchrendcn werden nach Kiel befördert. * In der Koblenzer Landesverratsaffäre sind im ganzen 14 Verhaftungen erfolgt, von denen 12 aufrechterhalten wurden. Unter den wegen Hochverrates Angeklagten befinden sich vier Zivilisten, r> * Die englische Regierung gab ihre Zustimmung zu dem sranzösisch-canadischen Handelsabkommen. * Die russische P-rrtei der friedlichen Erneuerung hat sich aufgelöst. IS- Ausl.j Tagesschau. Die deutsche Antwort und die französische Presse. Die Kommentare der französischen Presse zu der deutschen Antwort auf das französische Promemoria tragen keinen einheitlichen Charakter, sondern sind in ihrer Stellungnahme mehr beeinflußt durch die grund sätzliche Haltung, die die betreffenden Blätter Deutschland gegenüber ein nehmen, und ,was ebenfalls natürlich ist, gelegentlich durch das Tem perament der in ihnen zu Worte gekommenen Politiker. Cins aber leuchtet unverkennbar aus allen Kommentaren heraus, nämlich daß diese Antwort nicht bedeutungslos sei, sondern eine trotz ihrer Reserve wohl abgewogene deutsche Stellungnahme zu der gegenwärtigen Phase der marokkanischen Frage darstellt. Besonders beachtenswert nach dieser Seite sind die Auslassungen des „Gil Blas" und der „Humanitö", die denjenigen Passus der deutschen Note unterstreichen, welcher darauf hin weist, daßdas„europäischeMandat"Frankreichauchdie Verantwortung für die weitere Entwicklung in Marokko zu schiebe. Gercchterweise wird man sich in Frankreich gegen diese Aufsasiung nicht wehren können, nachdem Frankreich ja aus der Konferenz in Algeciras selbst alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, da mit ihm die Polizeigewalt und die Ausgabe, für Ruhe und Ordnung in Marokko zu sorgen, übertragen werde. Cs ist selbstverständlich, daß eine solche Ausgabe nicht nur Reckte, sondern auch Pflichten bedingt und Verantwortlichkeiten auferlegt. Frankreich wird tatsächlich den Beweis zu erbringen haben, daß es imstande ist, dieser von ihm selbst erstrebten Aufgabe gerecht zu werden und die Wiederholung ähnlicher Vorkvmm- uisse, wie sie sich in Casablanca ereignet haben, zu verhindern. Cs kann nur im Interesse der gegenwärtig sich durchaus freundlich anlassendcn Beziehungen zwischen den beiden Staaten liegen, wenn man diesen Punkt in Frankreich nicht aus dem Auge läßt. Parteitag der Freisinnigen Volkspartei. 8. b'. Der laut Organisationssatzungen gewöhnlich alle drei Jahre zusammentretende Parteitag der freisinnigen Volkspartei, der heute in Berlin im großen Saale der Lddfellow-Loge beginnt, wird von Dele gierten aus allen Teilen Deutschlands bedeutend zahlreicher besucht sein, als je zuvor. Die Neichstagssraktion, die des preußischen Land tages und aller anderen deutschen Einzellandtage werden säst vollzählig vertreten sein. Zu ernsthaften Auseinandersetzungen wird die Frage betr. der Oeffentlichkeit der Verhandlungen und die Stellung zur Block politik Veranlassung geben, ebenso wird das preußische Wahlrcchtssystcm eine lebhafte Aussprache Hervorrufen Dem von der Parteileitung herausgegebcnen Geschäftsbericht sür die Jahre 1905—07 ist zu entnehmen, daß in der Partei eine rege Tätigkeit entfaltet wurde und die Zahl ihrer Mitglieder erheblich im Wachsen begriffen sei. Ter Geschäftsbericht beschäftigt sich eingehend mit der im nächsten Jahre stattfindenden preußischen Landlagswahl und mit der veränderten inneren politischen Lage seit dem 13. Dezember vorigen Jahres. Dies sei die Hauptvcranlassung, daß in diesem Jahre bereits wiederum ein Parteitag berufen worden sei. In den Vorstand desZcntralausschusses wurden gewählt Schmidt-Elberfeld, Funck- Frankfurt a. M. und B l e l l - Brandenburg a. H. Als Vorsitzender des geschäftsführenden Ausschusses ist sür den verstorbenen Eugen Richter Dr. Müller-Sagan gewählt. Ferner wurden in den ge. schäftssührenden Ausschuß gewählt K a c m p f-Berlin, K o P s ch - Berlin, Dr. Wie m er-Berlin und Dr. M ii l l e r-Meiningen. Der Ge schäftsbericht erörterte im weiteren das Verhalten der freisinnigen Velkspartei bei den Nachwahlen seit 1905 und bei den letzten Reichstags wahlen. Aus dem Kassenbericht geht hervor, daß die Mittel der Partei bei weitem nicht so große sind, als bei anderen großen Parteien. Die regelmäßigen Parteibeiträge betrugen 1905: 14 240 X, 1906: 13 000 X, im erfreu Halbjahr 1907: 10 600 X. Verausgabt wurden für Wahlzwecke 1905: 11000 X, 1906: 36000 X, für die letzte Reichstags wahl: 160 700 X. Die Zahl der Provinzial- und BczirkSvcrbände hat sich wesentlich vermehrt. Es herrsche überall reges, frisches Leben in der Partei. 15 Provinzial- bezw. Landesverbände, 28 Bezirksverbände und 420 Einzelvereine, die sämtlich eine große Mitgliedcrzahl ausweisen, sichen auf dem Boden des Programms der Freisinnigen Volkspartei. Auch besonderer Jugcndvereine wird im Geschäftsbericht erwähnt mit dem Bemerken, „daß diese glauben, der Partei dienen zu können." — lieber die Tätigkeit der Freisinnigen Volkspartei und der Einzel landtage bericktet in einer 7 Bogen starken Broschüre namens der Parteileitung Abg. Dr. Wiemer dem Parteitage. Gestern abend ging der eigentlichen Eröffnung des Parteitages eine in der Philharmonie veranstaltete Begrüßungsfeier voraus. Verbandstag der deutschen Post- und Tclcgraphenassistentcn. Aus sämtlichen 41 Ober-Postdirektionsbezirken des Rcichsposi- gebictes sind beute die Vertreter des Verbandes deutscher Post- und Tclegraphenassistenten, der größten und mustergültig organisierten Bc- amtenvereinigung, in Berlin zum 17. Verbandstage zusammengctreten. Die aus drei Tage berechneten Verhandlungen finden im „Deutschen Hof" statt. Ter vorgelegte Geschäftsbericht läßt das andauernde Wachsen und die überaus günstige Entwicklung des Verbandes erkennen. Bei einem Mitgliedcrzuwacks von 4129 in der Zeit vom 1. Januar bis Ende August beträgt die Mitgliederzahl heute 33100, Dementsprechend ist auch das Verbandsverinögen, das sich einer vorzüglichen Verwaltung er freut, aus rund 996 000 X gestiegen: unter Hinzurechnung der Sonder vermögen der Bezirks- und der Ortsvereine beläuft sich das Gesamt vermögen des Verbandes annähernd auf 1,1 Millionen Mark. Von diesem Vermögen entfallen auf die Sterbekasse 710 000 X, auf die Für- sorgekasse 137 000 X. Bemerkenswert sür den gesunden sozialen Geist, der in der Mitaliedersckast herr'ckt, verdient hervorgehoben zu werden, daß eine aus Anlaß der diesjährigen Teuerungszulage veranstaltete Sammlung über 24 000 X sür die Fürsorgekasse ergeben hat. Nach den Plänen des Verbandsvorständes soll die Rechtsschutzkasse auf 60 000 X. die Fürsorgekafse auf 500 000 X Stammkapital erhöbt werden, um den stetig weichsenden Anforderungen gegenüber leistungs fähiger zu sein. Hinsichtlich der organisatorischen und sonstigen inneren Verbandsfragcn werden die innerhalb der mittleren Postbeamtenschaft in letzter Zeit ausgetretenen Sonderbestrebungen Gegenstand der Ver handlungen sein. Ferner ist vom Verbandsvorstande beantragt worden, den Namen des Verbandes in „Verband mittlerer Reichs post- und Telegraph cnbeamtcn" umzuändern, da nicht nur Assistenten, sondern auch Postverwalter, Sekretäre, Lbersekretäre, Post meister usw. dem Verband anaehören. Neber den Fortgang der Verhandlungen werden wir berichten. Deutsches Reich. Leipzig, 13. September. I. Kaiser Wilhelm wstd, wie uns ein Thüringer Korrespondent schreibt, nach Beendigung rer Manöver mit dem Kronprinzen einen Besuch abslatten, den er nn Vorjahre wegen Unpäßlichkeit verschoben bat. Der Besuch gilt der Beherrscherin des Werragebietes und des westlichen Eichsfelves: Burg Han stein. Die ältesten Teile der Burg stammen aus dem 14. Jahrhundert. Noch heute sind die Ueberreste der Buig gewaltig und ihr jetziger Besitzer, Generalleutnant z. D. v. Hon stein, sorgt dafür, daß die Ruinen gut erhalten bleiben. Ungeheure Mauern und Türme ruhen auf steilanstrebenden Basaltfelsen. Der Rittersaal mit seinen wertvollen Gemälden und dem historischen Kabinett ist besonders sehenswert. Das Schönste aber ist der herrliche Blick aus den Feiistern des Bergfrieds auf das Bergland zwischen dem Harz, den letzten Ausläufern des Thüringer Waldes bis zum Frankenwald. * Licbcrts Verteidigung. Auf dem alldeutschen Parteitage sollte bekanntlich Generalleutnant v. Liebert bezüglich der Polensrage gesagt haben: „Macht geht vor Recht." Jetzt schreibt er der „Post", datz die Aeußerung gelautet habe: „In der Politik geht Macht vor Recht", und daß er dabei auf die Aussprüche zweier Professoren der Jurisprudenz an der Berliner Universität hingewiesen habe, die ihm vor zwei Jahren schriftlich bestätigt hätten: 1) „Macht gehl nicht vor Recht, sondern das höhere materielle Recht der Nation geht vor dem formalen, in Buchstaben verfaßten Recht." 2> „Der nationale Machtgevante kann und muß teil weise das Recht umbilden." — Meint Herr v. Lieberl wirklich, daß riese Crllärung ihn entlastet? * Tas Automobil im Manöver. Nach einer Zusammenstellung der bisher vorliegenden Zeitungsnachrichten sind während der drei Manöver tage in Westfalen und an der Weser durch Automobile insgesamt vier Personen sofort getötet und sechzehn schwer verletzt woreen. Die Zahl der Leichtverletzten ist noch nicht bekannt. * Kleine Nachrichten. Auch der Abg. Liebermann von Sonnen berg ist als Fuhnr der Teuljchsozialen in Norderney vom Reichskanzler empfangsn worden.—TaS Befinden des Fürsten zu Inn und Klipphausen lat sich soweit gebessert, daß er jeitt an ein Niederlegen feines Reichstags- Mandats nicht denkt. — Ter Generaljupcrintendcnt von Schleswig-Holstein 0. Kaitan hat sich sür Len fakultativen dänischen Sprachunterricht aus- ge prochen. Ausland. * Coiiimunique über den Ausgleich. Offiziös wird in Wien ver- sichert, daß auf beiden Seiten die feste Absicht besteht, die Ausgleichs verhandlungen zu einem gedeihlichen Resultat zu führen, und daß beide Regierungen sich ihrer Verantwortung für den Fall des Scheiterns des Ausgleichs voll bewußt sind. — Klingt nicht sehr hoffnungsfroh! * Lcsterrcichijchcs Landtags-Wahlrecht. Beim Ministerpräsidenten Frhrn. von Beck erschien gestern eine Abordnung des sozialdemokrati schen Reichsratsvcrbandcs, um für die Einführung des allgemeinen Wahlrechts in den Landtagen einzutreten und die Stellung nahme der Negierung hierzu kennen zu lernen. Ter Ministerpräsidcnt erklärte, die Regierung erkenne an, daß eine zeitgemäße Ausgestaltung des Landtagswahlrechtes notwendig sei. Die besondere Aufgabe der Landtage bedinge aber, daß aus die ökonomische Struktur der Bevölke rung, aus die Verhältnisse in Stadt und Land und auf gewisse politoche und soziale Momente in angemessener Weise Bedacht genommen werde. Insbesondere könne nicht von der Berücksichtigung der Besteuerungs verhältnisse vollkommen abgesehen werden. Abgesehen von diesen Ein schränkungen bekenne sich die Negierung vollständig zu dem Gedan ken der möglichsten Erweiterung des Landtagswahl, rechts und halte sich verpflichtet, alles aufzubieten, um den Abschluß eines allen maßgebenden Verhältnissen gerecht werdenden Reformwerkes zu ermöglichen. Zur Frage der Wahlresorm für den böhmischen Landtag erklärte der Ministerpräsident, die Regierung sei bestrebt, durch ein gehende Verhandlungen mit den Parteien die Aktion oorzubereiten. Er werde sein Augenmerk darauf richten, die bevorstehende Session für das Reformwerk möglichst nutzbar zu machen. Wenn es nicht gelinge, das Werk in dieser Session abzuichließen, dann werde die Regierung es als ihre Pflicht anseben, im neuen Landtage vor allem der Erweiterung des Wahlrechts zum Durchbruch zu verhelfen. * Spaniens Marokkopolitik. Spanien ist nicht wohl bei der Zu- spitzung der marokkanischen Frage. Man möchte vielleicht ganz gern, aber man getraut sich nicht: die Sache kostet Geld, und das spanische Feuilleton. Wer die Bettdecke von der schlummernden Wahrheit wegzieht, den nennt man einen Ruhestörer. Börne. * Zur Geschichte der Feste. Von Heinrich Pudor (Berlin,. Die ältesten Feste waren Naturfeste, Neumondsfeste, Neujahrsfeste, Ernte- und Winterfeste. Die Feste der asiatischen Religionen waren meistens Frühlings- und Herbstäguinoktienfeste. Die Osirisfeste der alten Aegypter fanden im Monat Athyr statt, wenn der Nil zurücktritt; sie allegorisierten das Hinschwinden und Wiedererwachcn der Natur und bestanden aus mimisch-dramatischen Darstellungen der Leiden des Osiris. Durch Vermittelung der Kreter und Thraker kamen die Osiris- feste der Aegypter zu den Griechen und wurden dort in demselben Sinne als Dionysosseste gefeiert, bei denen das Naturlebcn und Hinschwinden im Wcingott Dionysos symbolisiert waren. Aehnlich mit den Eleu- sinischen Festen. Diese Feste trugen in ältester Zeit den Charakter von Mysterien. Mit der Zeit wurde der Kult des Dionysos mit dem des Apollon vereinigt und dadurch zu einem Nationalfest des gesamten Griechenland gemacht. Zu den Tänzen um den Altar wurden Chöre gesungen, aus denen die lyrische und dramatische Poesie entstand. Aus den Wallfahrten zu den Festen wurden Prozessionen. Zu den Tänzen und Chören kamen gymnastische Spiele, die mit der Zeit zu einem Haupt bestandteil der Feste wurden. Den Siegern in den Festspielen wurden Statuen errichtet, so daß also nicht nur die lyrische und dramatische Dichtkunst der Griechen, sondern auch die Plastik und überhaupt die ge- famte griechische Kunst wesentlich ihren Ausgang nahm von den großen Nationalfesten. Unter den Festspielen waren die olympischen die be rühmtesten. Olympischer Sieger zu sein, war die höchste Ehre, die einem Bürger widerfahren konnte, und die Besten der Nation nahmen an diesen Spielen teil. Zu den isthmifchen Spielen erschien selbst Plato unter den Ringern, Pythagoras trug zu Elis den Preis davon, und im Jahre 480 v. Ehr. trat Sophokles als 15jähriger Jüngling als Vor tänzer im Siegesreigen nach der Schlacht bei Salamis auf. An diese olympischen Spiele, welche alle vier Jahre dem höchsten Gotte Zeus zu Ehren in Elis gefeiert wurden, knüpfte sich die Zeitrechnung der alten Griechen (Olympiaden); außer dieser waren die nemeiichen, isthmifchen, pythischen Spiele berühmt. Als Teilnehmer kamen, wie Plato sagt, selbst die Götter zu den Festen. Diese Feste gingen dann später mit der Auflösung der griechischen Herrschaft durch die Römer auf diese über. Im römischen Reich waren cs alsdann Gladiatorenkämpse, Zirkusjpiele, Wagenrenncn, Tlerkämpsc, Pantomimen, Atellanen, Sathrswiele und endlich Tragödien und Lust spiele, welche die Feste verschönen halfen. Aber sie hatten nicht die Be deutung wie im alten Griechenland; denn einmal fehlte ihnen die rechte Weihe, und dann beteiligte sich auch das ganze Volk nicht solidarisch, ja, cs wurden häufig Verbote erlassen des Inhalts, daß sich die Ritter an den öffentlichen Wettspielen nicht beteiligen dürfen. Da könnt, also von wahren Volksfesten nicht die Rede sein. Und als das umgekehrte Ver hältnis eintrat, daß gar der Kailer selbst in der Arena auftrat, da war aus dem Volksspiel ein „Theater" im übelsten Sinne des Wortes ge worden. In christlicher Zeit sind die festlichen Ausführungen alsdann teils Mysterien, d. h. Darstellungen dramatocher Begebenheiten aus der heiligen Geschichte, teils Prozessionen. In die Mysterien, die aber aus der kirchlichen Liturgie entstehen, wurden, um das Volk zu fesseln, bald Possenspiele eingeschobcn, zumal als man erstere aus dem inneren Raum ocr Kirche vor die Kirche verlegte. Allmählich Hörle die liturgische Be teiligung auf und die Mysterienspiele fielen den Jongleurs oder den Zünften und Brüderschaften anheim. Zu den Prozessionen aber kamen später die Fronleichnamsprozejsion und der Aarnevalszug. Im späteren Mittelalter kamen hierzu noch die Festspiele, welche die Fürsten veranstalteten, und endlich entstanden aus der merkantilen Bedeutung der religiösen und Naturfestc und der sich daran knüpfenden Spiele die Jahrmärkte: aus dem feierlichen Hochamt, aus der Missa wird die Messe. Alle diese Festlichkeiten entlehnen durch das ganze Mittelalter bis in die Neuzeit hinein, den den Mysterien eigentümlichen Zug der Symbolik und Allegorie. Wenn wir nun sehen, daß im alten Griechenland die gesamte Nätion, und voran ihre Besten, an den Festspielen teilnahmcn, so finden wir in der italienischen Renaissancezeit dasselbe, wenngleich die Weihe und innere Bedeutung bier nicht so groß ist wie dort. Für das Annunziatenfest auf Piazza S. Felice erfand der berübmte Künstler Bruncllesco jenen unbeschreiblich künstlerischen Apparat einer von zwei Engelkreisen umschwebten Himmelskugel, von welcher Gabriel in einer mandelförmigen Maschine niederflog, Cecca gab Ideen und Mechanik für ähnliche Feste an (siehe Burckhardt, Kultur der Renaissance, S. 138, 8. Band nach Vasarij. In Mailand leitete Leonardi da Vinci die Feste des Herzogs; eine seiner Maschinen stellte in kolossaler Größe das Himmelssystem in voller Bewegung dar. (Ebenda, S. 144j. Vergegen wärtigt man sich das szenische Talent und die reichen Trachten der Schau spieler, die Darstellung der Oertlickkeiten durch ideale Dekoration des damaligen Baustils, durch Laubwerk und Teppiche, endlich als Hinter grund die Prachtbauten der Piazza einer größeren Stadt, so ergibt sich ein überaus reiches Bild. (Ebenda S. 139.) Ncberreich wurde Grün angewendet. Für die größten Fronleichnamsfeste mußten die Kirchen und Klöster allen Schmuck an Teppichen usw. bergeben, die größten Künstler mußten ihre Kraft den Festen widmen. Und ebenso bei den .Oarncvalszügen. Die Maske kam dadurch aus, daß man Heilige darzu- stellen die Absicht hatte; allmählich aber verwendete man sie als Mittel der Verheimlichung der Perlon (Maskierung). Das Wort Karneval schreibt sich daher, daß zur Zeit der Karnevalszüge der Schiffwagen (Larrss navalisj eigentlich das Jsisschiff, welches als Symbol der wieder eröffneten Meerfahrt ins Wasser gelassen wurde, aus dem Heidentum in den Karneval herüber genommen wurde. Auch hier war die Beteili gung des Volkes solidarsich. Lorenzo de Medici, der „Prächtige" ge- nannt, dichtete selbst Lieder zu den Karnevalszügen, die er in den Straßen von maskierten Edelleuten oortragen ließ und vom Volke tanzend nachsingen ließ; Lorenzo selbst milchte sich bei solchen Festen unter das Volk und sang mit. *) Bei dem eigentlichen italienischen Karneval gab cs auch alle Arten vom Wettrennen. In Nom kam bei anderen Festen auch der Fackelrilt im großen Maßstabe auf. Die schon erwähnten Allegorien spielten bei den Festzügen und Karneoalszügen wieder eine große Rolle. Die Tugen den, Laster, die vier Elemente, die Lebensalter, die Winde, — alles wird allegorisicrt durch Gruppen, auf Wagen befindlich. Daneben mytholo gische Szenen; dann Charakterisierung von Leuten und Ständen, wie Astrologen, Landstreicher, Eremiten, Teufeln, Verkäufern bestimmter Waren — wobei die begleitenden Gelänge eine große Rolle spielten. Diese Darstellungen haben sich ja bis in unsere Zeit erhalten und die Darstellung von Gruppen und lebenden Bildern, Allegorien, wie sie heute auch bei uns noch bei Festen, Festzügen usw. beliebt sind, danken ihre Entstehung im letzten Ende den ulten Mysterienspielen. Alle diese Feste übertrugen sich nun mit mehr oder weniger geringen Veränderungen von Italien auf die übrigen europäischen Länder. In Deutschland nahmen besonders ritterliche Uebungen eine hervorragende Stelle bei allen größeren Festlichkeiten ein. Zwar war es ein Merkmal auch der italienischen Renaissance, daß sic körperliche Uebungen pflegte und es wird zum Beispiel nicht genug Rühmens gemacht von den allseiti gen Leibesübungen und Turnkünsten des großen Baumeisters Leon Batista Alberti, der mit geschlossenen Füßen den Leuten über die Schul tern hinweglprang, im Dom ein Geldstück so bock warf, daß man es oben an den fernen Gewölben anklingen hörte, unter dem die wildesten Pferde schauderten und zitterten, — aber daß körperliche Wettspiele bei den Festen, abgesehen von den Ballspielen, größeren Raum eingenommen hätten, davon hört man wenig. Anders in Deutschland, besonders in den Residenzen. Da gab es Rinarennen, Scharfrennen, Stechen, Frei turniere und andere ritterliche Spiele, für die Bauern Gänserenncn, Sackspringen, Strohrennen usw. (Vergl. -. B. Lindau, „Geschichte der Stadt Dresden" S. 326, 387, 514, 542, 63, 183, 351, 500, 682). Daneben entwickelten sich natürlich auch in Deutschland die Mnstc- rienspicle weiter, die immer dramatischer gestaltet werden und sich end lich in den Dramen selbst verlieren. Als Rest der Bibeldramen hat sich bis heute noch das Oberammergauer Passionsspiel erhalten. Außerdem kommen noch die rein germanischen Feste im Gegensatz ,u *> Siche GiaguenS Mixt. litten. ckltLlie 18. p 504 ff. (bei Burckhardt a. a. O.). Vergleiche auch Burckhardts „Geschichte der Renaissance.
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