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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.09.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070920026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907092002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907092002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-20
- Monat1907-09
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Dcrs wichtigste vorn Tage. * Der Kaiser trat heute früh 6 Uhr die Reise nach Posen, Königsberg, Memel und Nominten an. * TaS persische Parlament will morgen die allgemeine Volks bewaffnung verkündigen, wenn die Regierung bis dahin der tür- lisch en Invasion nicht entgegengetreten ist. (S. Artikel.) * In I ez ist eine M i n l st e r k r i s i s ausgebrochen. (S. Artikel.) * In Lodz wurden in einer Fabrik sämtliche 900 Arbeiter wegen Mordes verhaftet. (S. Ausl.) Dis irr ist andauernd gespannt. Der Optimismus, mit dem in Paris die in Casablanca cingeleiteten Friedensverhandlungen be trachtet wurden, weicht einer kritischen Auffassung. Cle- iii e u c e a u sprach sich gestern abcnd den Journalisten gegen über sehr skeptisch aus. Ob die Delegierten der Stämme ihr Versprechen gehalten und gestern wieder vor Genera! Trude erschienen, :sl im Minstcrium noch nicht bekannt. Doch besteht kein Zweifel, daß nur die in der unmittelbaren Nähe von Casablanca wohnenden Stämme der Schauias bereit sind, Frieden zu schlicßcu. Tic Stämme im Hinrer- I lande würden erst mürbe werden, wenn sie ähnliche Niederlagen erlitten ! haben. Die französischenTruppen müßten also einen Vorstoß ins Innere unternehmen. sAba!) Jeden- ! falls hat General Trude Nachschub von Kriegsmaterial vcr- I langt. Clemeuccau erklärte übrigens wieder, daß die militärischen Operationen, auch wenn sie bis i n s H c r z M a r o k k o s ausgedehnt würden, nicht den Charakter einer Expedition annehmcn würden. iDas .'erstehe wer will!) — Tie Lage ist so gespannt, daß der franzö sische Botschafter in London nach Paris gereist i st. Auch für Mogador wird gejürchtet. Täs „Rcutersche Bureau" meldet von dorr: Tic fremden Konsuln sind der Ansicht, daß die frcin- zösischen Schisse nicht genügen, um die Europäer zu beschützen, und haben daher eigene Maßnahmen getroffen zum Schutze ihrer Kolonien. Ein jeder bat jetzt genügend Waffen und Munition empfangen, welche in Bereitschaft gehalten werden sollen. Tie fremden Staatsangehörigen hoben die Aufforderung erhalten, bei dem ersten Anzeigen von Feind seligkeiten seitens der Eingeborenen sich in ihre Konsulate zu begeben, wo sie sich verteidigen werden. Tic Stämme sind mit der Unent schlossenheit Mulch Hafids hinsichtlich seines Vordringens nach Nordea dermaßen unzufrieden, daß selbst diejenigen, welche ihn zum Sultan ausgerufcn haben, jctzr zögern, -hm weitere Unier- stützung zu gewähren. Mulcy Hafid sandte fünfzig auserwählte An hänger mit einem Wesir nach Tanger, welche wichtige Depeschen für die 'Vertreter der europäischen Mächte überbringen sollen, in denen er seine z Proklamation zum Sultan mittcilt und alle Verträge und die Ab- mochungen der Algecirasaktc anerkennt, welche bei richtiger Anwendung 8 Frieden und Sicherheit für ganz Marokko gewährleisteten, wozu sein ü Bruder Abdul Aziz nach seiner Ansicht nicht imstande sei. Muley Hafid fordert, daß die europäischen Mächte aushörcn in Casablanca Anlaß zu ttnrnhen zu geben, uud ferner, daß die französischen Truppen zurückgc- ogen werden; dagegen würde er die Bestrafung des Schauja-Stammcs übernehmen und mit der französischen Regierung Frieden schließen. Bei dem andern Sultan ist inzwischen eine Minister krisis ausgcbrochcn. Der „Tribuna" wird aus Tanger gemeldet, daß der K r i e g s m i n i st e r Gebbas durch Buchta ben Bagdad! e r- letzt wird; auch Mohammed el Torres ist in Ungnade ge fallen. Nach Briesen aus Fez werden außer den augenblicklich im marokkanischen Ministerium vollzogenen Veränderungen noch weitere !! iolgen, sobald der Sultan aus Rabat zurückgekehri sein wird. 8 Der marokkanische Hexenkessel brodelt tüchtig. Ter Ministerwcchscl 8 ist vielleicht der Anfang vom Ende für Abdul Aziz, wie einst der Sturz Gnizots am 24. Februar die letzte Amtshandlung am letzten Tage der znsammenbrechendcn Juli-Monarchie war. Aber Muley Hafid steht auch zwischen dem Hammer Europas und dem Amboß der Stämme. Clcmenceau redet schon von einem Zug ins Herz Marokkos! kini« bluurcstnniao? Und die Algecirasaktc? Und das Kaiserwort von Tanger? Nrieg iin nahen Orient! Es ist sonderbar wie wenig Notiz in Europa von der Tatsache ge nommen wird, daß seit mehreren Wochen ein Krieg zwischen zwek großen Mächten des „nahen Orients" ausgebrochcn ist. an einer für euro päische Interessen recht empfindlichen Stelle. Ter Jahrzehnte alte Grenz- streit zwischen der Türkei und Persien hat zu einer türkischen Invasion geführt, welche eine ganzcGrenzprov'nz mit löst Ortschaften in türkischen Besitz gebracht hat. Man darf einen solchen Vorgang wohl als einen Krieg bezeichnen, wenn auch für unser durch diplomatische Ueberkultur in seiner Logik und in seiner Willensbestim- mnng falsch gemünztes Jahrhundert damit noch nicht der Krieg szu- stano gegeben ist. Tic gegebene Antwort auf den Einmarsch der Türken lies ins Land hinein war doch wirklich eine sofortige Kriegs- crtlärung. Bis weit ins 18. Jahrhundert hinein wäre natürlich auch dieser einfache Kausalncxus unweigerlich bestimmend geblieben. Dann hätte entweder der Elan der Angegriffenen die Eindringlinge zum Lande hinaus geschlagen, oder das Reich der Nadirdynastie halte das Schicksal des Sassanidcnrciches abermals durchgemacht. Wahrscheinlich wäre das zweite geschehen. Aber Persien darf nicht. Tarf sich nicht wehren! Tie orienta lischen Länder stehen nun einmal mner der Vormundschaft der Groß mächte. Natürlich durfte auch die Türkei ihren Einsall nicht machen, und wenn cs sie jucken sollte, ihn zu einem Spaziergange nach Teheran zu erweitern, möchte gar leicht eine der allseitig so beliebten „Flotten demonstrationen" den Machthabern am Goldenen Horn die Grenzen ihrer „Souveränität" ins Bewußtsein zurückbringcn. Allerdings sind si'lclze Flottcndcmonstrationcn recht kostspielig und allmählich auch ein bißchen komisch geworden, weil ihre äußeren Erfolge nicht im geraden Verhältnis zu ihrer anspruchsvollen Herausforderung und zu ihren Un kosten stehen, und sie sich durch gar zu häufige Wiederholungen abnutzen. Wahrscheinlich hätte aber auch dieses Mal ein „Ultimatum" ausgcrcicht. Es ist ein reines Wunder, daß dieses Mal noch gar nichts von Europas Seite geschehen ist Tic Ueberlastung mit marokkanischen Ge schäften reicht doch nicht aus, um diese Untätigkeit der Diplomatie zu er klären. Oder ist sic so schwerfällig geworden, daß sie nicht mehr zwei Sachen zu gleicher Zeit betreiben kann? Wahrscheinlicher fürchtete man eine Störung der cngUsch-russtschcn Verhandlungen über die asiatischen Fragen durch eine Intervention. EuEsnh uno Rußland sind ober so gut wie die einzigen Interessenten in der Frage der Grenze im östlichen Tigrisgcbict. Tas englisch-russische Abkommen, steht jetzt vor seiner Veröffentlichung: da wird der diplomatische Apparat wohl etwas schneller arbeiten. Zeit wird's. Tic Geduld dcS persischen Volkes ist inzwischen er schöpft. Ans T c h c r a n wird telegraphiert: In der gestrigen Sitzung des Parlaments unterzogen wiederum her vorragende Mitglieder die Untätigkeit der Regierung im Hinblick auf die Grenzverletzung durch die Türkei einer scharfen Kritik. Sic kündigten der Regierung an, daß, wenn bis Sonnabend nichts ge schehen sei. sic sich an das Volk wenden würden, mit der Ausiorde- rung, Schicßwasfen zu beschaffen zur Ausrüstung und Unterhaltung einer ausreichenden Triivpcnmacht, um den Feind zn vertreiben. Ver treter von vielen patriotischen Vereinen, welche der Sitzung beiwohnten, begrüßten mit Zuruf den Antrag, eine Frciwilligentruppe zu schaffen. Ta die Bevölkerung von Aderbeidjan nur mit Schwierigkeit ruhig ge halten wird, ist die Erregung in Zunahme. Also loväo o:i inn.--c?l Aber von cincr militärischen Tüchtigkeit der heutigen Perser hat man noch nichts gehört. So muß denn doch die Hexe dran — Verzeihung: die europäische Diplomatie. Mcnn's sein soll. und man nun einmal nicht die Orientalen ihre Streitigkeiten unter sich ausmachen läßt — bann, bitte, aber recht schleunig! Sonst möchte die politische Bcrussfcuerwehr später doppelte Arbeit haben, und die Völker müßten die Bctriebsbummelei ihrer Regierungen wieder einmal be zahlen! Deutsches Reich. Leipzig, 20. September. * Tie Erkrankung öeS Großhcrzogs von Baden gibt, darüber ist leider kein Zweifel mebr, zu ernsten Bedenken Anlaß. Der von seinem Volk und über die badischen Grenzen weit hinaus beliebte Fürst ist erst vor kurzem, am 9. September, 8l Jahre alt geworden und hat damit ein Greiscnalter erreicht, bei dem jeder neu behauptete LebcnStag ein der Macht des Todes abgernngeuer Gewinn ist, bei dem drum auch jede kleine gesundheitliche Störung Sorge erweckt. Und dieses Mal ist es mehr als dies. Die ron Fieber begleitete Entzündung des Darmes läßt befürchten, daß zum all rmindcsten die Lebenskräfte sehr ungünstig beeinflußt werden, daß die NahrungSzusuhr nicht mehr hinreichend sein wird, um den Krästeverlust zu ersetzen. Wohl besteht noch die Hoff nung. daß eS dem greisen Herrlcher gelingen wird, dieses Leiden, von dem er schon vor drei Jahren (Frühjahr l904) befallen wurde, zn Übel winden, aber die Liebe seines Volkes und seiner Verehrer im Deutschen Reich sorgt sich mit Recht darüber, wie sich die Krankheit entwickeln wiro. * Bsm Zolltarif. Dcin Vernehmen nach wird, ebenso wie das amtliche, auch ras statistische Warenverzeichnis zum Zolltarif einer Rcvision aus Gründ der seit dem l. März 1900 gemachten Erfahrungen unteizogen werden. Die Entscheidung über etwa auf diesem Gebiet zu treffende Neuerungc» hat der Bundeörat. Die Vorarbeiten werden vom Kaiserlich Statistischen Amte geleitet. Wie Berliner Blätter hören, kommt bei der in Aussicht genommenen Revision auch die Frage in B.tracht, ob angesichts der günstigen Erfahrungen die Vorschritt der Wertangabe für die Ausfuhr verschiedener Warengaitungen auszudehncn ist. Des ferneren wird augistrebt, Positionen, deren Trennung nach ! den inzwischen gemachten tatsächlichen Erfahrungen nicht nötig war, I zusammeiizulegen und andere neu zu schaffen, sowie sonstige Ver- I blsseiiingcn <,n;u''ühren. § Aus dem 45. ländlichen Wahlkreise. Während die Stimmenver- hältnisse und Wahlaussichten in den übrigen 29 sächsischen Wahlkreisen, i die am 26. September d. I. einen Abgeordneten zu wählen haben, ziem- 8 lich klar liegen, läßt sich dies von dem die Amtsgerichtsbezirke Oel-- « nitz. Adorf und Markneukirchen umfassenden 4ö. LandtagS- wahlkrcisc nicyt sagen. Hier ist nämlich insbesondere von liberaler Seite die Behauptung ausgestellt worden, die im Jahre 1905 gewählten Wahlmänncr lwelche diesmal ohne Neuwahl wieder in Tätigkeit treten, weil Abg. Bundc-Erlbach vor Beendigung seiner Mahlzeit starb) könn ten skrupellos auch für den nationalliberalen Kandidaten etntreten, weil sie als Biindeschc Wahlmänncr gewählt worden seien und Bunde 190Ö als Kartellkandidat der Konservativen und Nationalliberalen auftrat. Da nach den drei in den letzten Tagen im Bezirke vorgenommenen Wabl- männernachwahlcn das Zahlenverhältnis 37 (konservativ), 23 (deusich- srcisinnig) und 7 ssozialdemokratischj ist, so läßt sich tatsächlich von dcm Wahlakte nicht mit Sicherheit behaupten, ob Dr. S ch a n z - Oelsuitz lKonß). Tr. W e r b a t u S - Bad Elster (Ncstl.) oder Oberlehrer B r u ck n c r - Markneukirchen (Dfrs.j die Palme des Sieges davon tragen wird. * Albeltskämpfc. In Straßburg beschlossen die Unternehmer « einstimmig die Aussperrung aller organisierten Erv-Baubilts- l arbeite,. Es kommen etwa 1000 Arbeiter in Betracht. — In Posen ( treten alle Droschkenkutscher in den Ausstand. * Korrektur. In Zittau wurden nickt, wie in der heutigen S Morgcnnummer stand, 30, sondern 10 sozialdemokratische Wablmänuer z im ganzen gewählt. Feuilleton. Deritseke Frauen in Afrika. Von Dr. Alfred Funke (Berlin). I. Die Pioniere in unseren afrikanischen Kolonien berichten ost genug, wie schmerzlich sie in den wenigen Stunden .örperlicher und geistiger Erholung die Möglichkeit vermißten, in Gesellschaft gebildeter euro päischer Frauen zn jein, in ihrer Unterhaltung neue Anregung zu stnden, in ihrer Gegenwart die guten Manieren des Gentleman streng zu wahren — in neuen Ländern nicht immer so selbstverständlich — und den Segen zu verspüren, den der Verkehr mit einer gebildeten Frau dem Manne ohne Zweifel ist. Nur sehr wenigen un'crer Afrikaner war dieses Glück beschicdcn. Togo und Kamerun scheiden von vorn herein aus, so lange nicht Bahnen von der ungesunden Küste eine schnelle Verbindung mit dcm hoch und ge'und gelegenen Hinterlandc sichern. Ter Aufenthalt an der Küste bringt stets die große Gefahr, die Keime des Fiebers in sich aufznnchmcn, dieser Geißel Afrikas. Besonders die Bremer Mission hat an der Ewheküsic (Togo) manche treue Arbeiterin verloren, Zinzcndorss Vers von der „Saat der Mohren" hat seine tiefe, traurige Berechtigung. Aber es fehlte nicht an mutigen Frauen, die trotz Gefahr und Ent- bcbrung den Gatten hinausbcgleiteten in die tiefste Wildnis Afrikas. Als Hauptmann Schloifer den ersten Dampfer, die „Hedwig von Wissmann", nach dem Nyassascc brachte, begleitete ihn 'eine Gattin, machte die große Expedition zum Tanganjika mit, weilte mit ihrem Gatten am Kagera, dem Ouellflusse des Nils, wo Dr. Kandt mehrere Fahre der Wissenschaft aufopfernd gedient, und gelangte über Mombassa wieder unversehrt in die Heimat. 'Auch später weilte sic mit dem Gatten tief im Innern und leidet heute in Berlin an den Folgen cincr Ver- lctzung, die sie beim Zusammenbruch ihres afrikanischen „Hauses" erlitt. Schwere Tage erlebte eine mutige Offiziersttau, Frau Hauptmann Brince, die heute als Majoratsherrin in den grünen Bergen Uiamvaras litzt. Sic ging nach kurzem Aufenthalt in Daressalam mit ihrem Gatten in die Gefahren und Nöte des Stationslebens im Innern, wo Prince bekanntlich 1896 mit großem Geschick und her vorragender Tapferkeit den rebellischen Quawa von Uhehe endgültig vernichtete. Die Expedition Zelcwski war vorder von den Wabebe uiederaemacht worden, nach der Erstürmung ihrer Hauptstadt glaubte man, die Wahche seien gebändigt, aber die Niedermctzclung von Askaris aus den Etappen, die unaufhörliche Abschlachtung deutschfreundlicher Wahche durch ihren Sultan zeigte, daß Quawa noch lange nicht daran -ckte, sich zufrieden zu geben. In dieser gefährlichen Zeit kam Frau Prince nach Perondo, verlegte mit ihrem Gatten die Station nach Fringa und hat in ihrem ausgezeichneten Bucke Eine deutsche Frau im Innern Deutsch-O st afrikas" (Berlin, Mittler <L Sohn) Erinnerungen an diese Zeit niedergelcgt, die nicht nur sür die deutschen Frauen, sondern sür jeden Freund unserer Koiouialpolitik einen wahren Schatz bilden. Während der Gatte mit seinen Askaris kreuz und guer das Land durchstreifte, nm den gefährlichen Gegner endlich zur Strecke zu bringen, lasteten auf den Schultern der Frau alle Sorgen des Hauses, schwerer aber noch die Angst um den Mann, de:: taufens Gefahren umlauerten, und die furchtbare Sorge, selbst den Aufrührern in die Hänve zu fallen, denn vor den Toren der Boma, in ocn Straßen Jringas, sanden die Mörder, welche Quawa sandte, ihre Beine. Seine Brüder, die angeblich als Freunde de: Deutschen zurückgeblieben waren, erwiesen sich als Verräter. Eckt weiblich sieht die deutsch: Fran auch in den Verrätern doch noch ocn Men chen uud tröstet me Hinterbliebenen Frauen: „Während des Kriegsgerichtes hielt ich cs nicht mehr aus und ging ins Gefängnis zn den Mpangirefrauen. Sic saßen dicht zusammen, das Gesicht der Wand zugekehrt. Ich ries Mgamditemmi zu mir. Sie war kaum wieder zu erkennen, io avgemaacrt und abgehärmt 'ab sie aus, die Tränen standen ihr in den Augen, ne litt wirkt.ch mit Mpangire ldcm Verräter), während die anderen nur ihr eigenes Schicksal zu be dauern schienen, sic bettelten auch gleich um bcsicre? Essen. — Mein Mann hatte gehofft, die Quawabrüdcr so -u verpflichten, daß sic der Station ergeben wären, aber der Quawairieb, ..Nein zu herrschen, war zu mächtig in ihnen, und io mußten sic eS mit dem Leben büßen. — Sic wurden verurteilt, uns als ihnen die Ketten abgenommcn und sie zum Galgen geführt wurden, bat Mvangirc einen noch recht menschlichen » Zug gezeigt. Er hat gefragt, was wohl aus seinen Kindern werden würde. Tas versöhnt einigermaßen wieder. Alle Europäer waren sür ihn eingenommen, auch mick hatte das düb'chc Gesicht, der freie Blick, das große Auge, das manierliche Wesen, der chevalereske Ton, sein schnelles Aufsasscn so geblendet, daß mir sein jähes Ende sehr nahe ging: ich habe bitterlich geweint, und noch jetzt traure ich um den schwarzen Gentleman, trotzdem sich meine Vernunft dagegen sträubt." — Die Sor- gen der Hausfrau blieben natürlich auck nicht aus, besonders die schwar zen Dienstboten — zum Trost unserer Frauen hier sei es scstgestcllt — brachten allerlei Ucoerraichungen: „Heute habe ick zu Bett gelegen, in folgedessen glaubten meine Damen, ich würde den Hübnerstall nicht revi dieren: statt 31 Hühner sand ich nur 20 dort. Setzt müssen sie die fehlen de:: suchen. Der Koch ließ das Etzen von den kleinen Boys machen, und ich bekam erst um 1 Nbr Mittagbrot. Mabinke 'cklng sich mit der Wache, so daß er an die Kette gekommen ist. Ich erwischte auch einen der Boys, wie er eine vom Koch ihm zugeitecktc Fla'cke Wein in Sicherheit bringen wollte. Eine Revision unseres Aeinvorratcs hatte ein sehr betrübendes Ergebnis: die Kerle batten gestohlen wie die Raben. — Ich hatte die Herren zu Mittag eingeladen: da sich aber mein Koch und die Bons betrunken hatten, mußte ick mich auf belegte Brötchen mit Bowle be schränken. Mit den Händlern habe ich vielen Aerger. Dieser Tage boten sic mir meine eigenen beiden Staune, d>e mir abbandcn ge kommen, -um Kauf an. daS Stück zu 12 Rupien. Mein Kock klagt mir wieder sein .Hauskreuz: 'eine bessere Hälfie behandelt ibn zu schleckt. Das würde mir nun wenig Kopfschmerzen machen wenn sich diese ebe- I liehen Zwistigkeiten nicht auf meine Küche erstreckten. Eines schönen js Tages war meine „Perle" verschwunden. Ein Rind wurde für seine Einlieferung als Belohnung ausgesetzt. Endlich kam mein Mpi chi ganz von selbst wieder an, leine Frau hatte ihn wieder mal so schlecht behau- delt, daß er im Pori (Wildnis) Schutz gesucht hatte." — Die Sudanesen der Schuhtruppc standen übrigens auch böse unter dem Pantoffel. — „Die Frauen, die sich bei mir tüchtig heransgefuttert hatten, sollten beim > Umzug helfen. Sie drückten sich einfach. Schammy rauchte Haschisch und j versuchte im Delirium seinen Kollegen Humadi zu erschießen; der schlug aber zum Glück noch den Gewehrlauf in die Höhe, so daß der Schuß in z die Decke ging. Ain diese Weile kann man noch einmal vom eigenen Hausbay über den Hausen geschossen werden. Als er gesctzclt werden sollte, entwickelte der Bengel Riesenkräfte, zerschlug alles, was ibm unter die Fäuste kam, und verschwand im Pori. Dort fanden ihn nach einigen Tagen einige Askaris zwischen den Steinen hocken, hungrig, zitternd — mit einem Mordskatcr! Tic UnglückSpfciie habe ich vor 'einen Augen zerschlagen und verbrannt." — Auch die Gefahren der Wildnis sollte die Verfasserin kennen lernen: „Ich hatte mir ein ichattiges Plätzchen unweit des Lagers ausgesucht, als plötzlich mein Hund mit allen Zeichen des Schreckens unter meinem Kleide Deckung suchte: uwa Schritte ab steht zwischen den Bäumen eine Löwin. Im ersten Augenblick stockk mit der Atem, dann rief ick nach dcm Ambuscha. der auch so-ort augc- sprungen kam, leider ohne Gewehr. Ick sab die Löwin noch im Tickicht verschwinden. Nack etwa einer halben Stunde wurde ich durch des Hun des Bellen aufmerksam: links von mir. kaum zehn Schritte weit, siebt die Löwin wieder und äugt nach uns. Diesmal trat ich aber schleunigst den Rückzug an. Auch diesmal entsprang die Bestie." — Fieber und Tod in der Umgebung, eigene schwere Krankheit, alle diese Müb'ale konnten der deutschen Frau dennoch die Liebe zum deutschen Attika nicht nehmen. Seit 1900 lebt ste als Pflansersttau auf eigener Scbolle, und ihr Wunsch klingt aufrichtig: „Ter Mann gründet das Haus, die Frau hält cs! Der Satz gilt heute auck iür die Kolonien. Könnte ick doch euch, ihr deutschen Frauen uud Mädchen, für unter junges Deutschland über See gewinnen! Was -h-'"ckk-s en des Lebens, an Geselligkeit, Vergnügungen und Anregungen jeder Art bier entbehren würdet, es wird mehr als ausgewogen durch die Pflicht- ersüllung, in der ihr euch an der Seite eines geliebten Gatten ausleben könnt. Deutsches Familienleben, deutsche Fügen d in Ostafrika — wenn dieses hohe Ziel erreicht ist, dann erst strahlt un'ere neue .Heimat als herrlicher Edelstein in der deutschen Kaiserkrone!" * * Ter Knltur-Kaifer. Im neuesten Heft drS „Morgen ' finden wkr „imaginäre Zeitungsausschnitte au-imaginärer Zeit, imaginiert von Otto Julius Bierbaum". Z. B: Berlin, den 3. ... IS. . Wie wir aus bester Quelle vernehmen ist es durchaus unrichtig, daß der Kaiser Herrn X. seine Bitte, von der Verleihung des ProsessortitelS Abstand zu
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