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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.09.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070921028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907092102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907092102
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-21
- Monat1907-09
- Jahr1907
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Abend-Ausgabe 8. Bezug» Preit Nr Leipzig und Bororte durch unsere lrLger und Spediteure in» Haut gebracht: Ausgabe L (nur morarnl) vierteljährlich 3 M monatlich 1 M. Ausgabe » (morgen» und abend«) viertel jährlich 4.50 M. monallich 1.50 M. Durch di« Vvft bezogen (2 mal täglich) innerhalb Deutschland« und der deutschen Kolonien viertrltädrlich 5.25 M., monallich 1.75 M. aulschl. Post bestellgeld >ür Oesterreich !> K 66 d, Ungarn 8 ts vierteljährlich. Abonnement-Annahme Augustubplatz 8. bei unseren Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer lostet 10 Dfg. Redakttvu und Expedition: JohanniSgassc 8. Drlevbon Nr. 14692. Nr. 14698, Nr. I46S4. Berliner Redaktion« Bureau: Lerlin dilV. 7 Prinz Loui» Ferdinaud- Ltratze 1. Telephon I, Sir. 9275. Handelszeitung. Ämtrbfatt des Males und -es Molizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis für Inserate au« Leipzig und Umgebung die ijgcspaltene Petitzeile 25 Pi , stnan,,elle Anzeigen 30 Ps., liieklamcn IW.; von auswärts 30 Ps. Reklamen 1.20 M. vomAu«land5OPi., finanz. Anzeigen75Ps.. RcNamen 1.50 M. Inserate v. Behärden im amtlichen Teil40Ps. Beilagegebüdr 5 M. p. Tauseud exN. Post- gebühr. SicichästSa»zeigen an bevorzugter «ielle im Preise erhöht Rabatt nach Tarn. Feftrrteilte Auiträge können nicht zurück gezogen werden. Für bas Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätze» wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annabme: LugustuSplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Anuoncen- Lxpeditionen de» In- und Auslände«. Haupt Filiale Berlin. k:r! Dunck: Herzogi. Bahr. Hofbuch handlung. Liitzowstrahe 10. (Telephon VI, Nr. 4603). Nr. 262. Sonnabend 21. September 1907. 101. Das wichtigste vom Sage. * Heute mittag begann vor dem Leipziger Amtsgericht die Verhandlung in dem Beleidigungsprvzetz des Dr. Carl Peters gegen die h i e s i g e „V o l k s z e i t u n g". lS. Ber.j * Das Befinden des Großherzogs vonBaden ist an dauernd unbefriedigend. lS. Dischs. N.> " Heute morgen, kurz nach 8 Uhr, wurden bei Ausführung von Munitionsarbeiten auf dem Artilleriedepot in Wilhelmshaven durch Explosion von 15 Zentimeter-Schrappnells, die entladen wurden, fünf Arbeiter getötet, zwei Arbeiter, sowie zwei Frauen schwer und zwei Personen leicht verletzt. * Der nach st jährige Parteitag der Sozialdemokratie wird in Nürnberg stattfinden. lS. Vcr.j * Die von New Aork aus verbreitete, auch von uns wiederge- gcbene Meldung, daß bei dem Gericht in Washington gegen Hau ein Verfahren wegen Unterschlagung und Betrug in der Höhe von 39 000 Dollars eingeleitet worden sei, entspricht, wie uns von zu ständiger Seite mitgeteilt wird, nicht der Wahrheit. * Die Befestigungen von Wladiwostok werden verstärkt. Zehn japanische Spione sind verhaftet. lS. Ausl.j * Aus Marguette lMichiganj wird gemeldet: Ein Fördcrkorb mit 17 Bergleuten der Jones Maclanglin Steel Company in Noqaunee stürzte 700 Fuß hoch hinab, wobei 14 L e u t e sofort ge tötet und die anderen schwer verletzt wurden. Die Getreideprerse. Das Steigen der Getreidepreise fängt an, beängstigend zu werden. Die schlechte Witterung sowie ungünstige Schätzungen über den Ernte ertrag Haden an den Geircidemärkten eine Smumung geschaffen, rie vie Preistreibereien überaus begünstigt. Der Tonnenpreiö stellt sich für Roggen in den Monaten Mürz 'April Mal Juni Juli 1S05 139 84 141,88 151,80 152,14 153,78 1906 161,07 162,66 161,54 157,52 155,36 1907 170,34 175,38 199 89 203,24 205,05 Im Juli 1907 Juli 1906! stand also der Roggenpreis fast um 30 «/» höher als im Nichr ganz so stark, aber doch ebenfalls ungewöhnlich kräftig ist der Werzenprew, uno zwar ohne Unterbrechung von Januar ab, ge stiegen. Doch blieb der Grav der Steigerung hinter der Steigerung des Roggenprei'es zurück. Mit 179,33 --e pro Tonne setzte im Groß bandel Berlins der Januarprcis ein und stieg bis auf 208,74 .L im Jul-, während 1906 in der nämlichen Periode der Preis unter Swwauknngen von 182,52 auf 181,69 zurückgegangcn war. Gegen 1906 beträgt die Julisteigerung rund 15 Pro;., also die Hälfte der Roggensteigerung. Aus der Bewegung der Meblpreise kann man einigermaßen ent nehmen, wie die GctreidcpreiSsteigerung auf den Konsum weitcrwirkt. Tenn den Mehrpreisen folgen ziemlich rasch vie Brotpreife. Im Januar kostete der Doppelzentner Mehl 21,69 im April 23,33, im Mai 26,23 und im Inti 25,90. Gegen Juli 1906 war der Meblprerö um 25 Proz. gestiegen, während beim Getreide die Steigerung 30 Proz. betragen batte. Ungünstiger stellt sich die Bewegung des Mehlpreises dagegen bei Weizen. Hier ist die Steigerung fall genau so erheblich wie beim Ge treide; sie beträgt 15 Proz. Im Januar stellte sich der Weizenprris pro Doppelzentner auf 24,50 im Juni dagegen aus 28 Das letzte „TeuerunaSjahr" für Deut chland war das Jabr 189192 gewesen. Im Jakre 1891 betrug nämlich der Durchschnittspreis für Weizen an der Berliner Getreidebörse rund 224 rie Tonne; am 9. September d. I. hatte aber in Berlin der Weizenorcis aus September schon 230,50 erreicht. Somit ging also der Preis am 9. d. M. bereits über den Durcbschnittestanv deS Jahres 1891 hinaus. Bei einem Vergleich der damalige Getreidepreise mit den gegenwärtigen ist aber auch zu berücksichtigen, daß wir jetzt um 20 die Tonne Weizen und um l5 die Tonne Rostgen höheie Einfuhrzölle haben. Unter dielen abnormen Teuerungsverhältnissin, die sich möglicherweise in nächster Zeit noch verschärfen, sollte ebenso wie :m Jabre 1902 die Zweckmäßig keit einer zeitweiligen Suspendierung oder mindestens Ermäßigung der Gelreidczölle in Erwägung gezogen werecu. Es ist daran zu erinnern, daß damals sogar agrarische Wortführer für eine solche Maßregel eintraten. Deutsches Reich. Leipzig, 21. September. * Vom badischen Großherzig. Die Ursache der Erkrankung wird aus die Teilnahme des Großberzogs bei der Kircheneinweihung in Litzel- stetten am letzten Sonntag zurückgelührt. Der Großberzog, der sich schon vorher nicht ganz Wohl fühlte, scheint sich dabei eine schwere Er kältung zugerogeu zu haben. Zahlreiche Änsragen von Fürstlichkeiten über das Befinden des Großherzogs treffen täglich auf der Mainau ein. — Das neueste Bulletin von beute vormittag ll Uhr lautet: Im Befinden deS GroßkerzogS ist seit gestern eine wesentliche Veränderung nicht eingctreten. Die Hälfte ter Nacht war unruhig, erst um 2 Uhr trat besserer Schlaf ein. Die Herz tätigkeit ist wechselnd und im allgemeinen noch nicht befriedigend. Die Nahrung wird mit ciwas mehr Appetit und in genügender Menge ausgenommen. Ab und zu tritt Kopfschmerz auf, sonst klagt aber der lohe Patient sehr wenig. Gellern abend betrug die Temperatur 37,4, heute früh 38,3 Grad. * Tic Rückkehr SeS UnterstaatSsekrctärS voll LtiiScquist aus Deutich-Südwellaslika scheint sich — wie man wohl annehmen darf aus Gründen, die mit dem Morenga-Aujllanv Zusammenhängen — noch etwas zu verzögern. Wenigstens ist der „Neuen politischen Eorrespon- denz" an einer Stelle, die als untei richtet gellen kann, auf Anfrage mitgeteilt woreen, daß ein feststehender Termin der .Heimreise des Unterllaalsietrctärö von Lindegu'st noch n äff bekannt sei. Anderweitige vurch vie Presse gegangene Mitteilungen über die beiens erfolgte Ab reise deS UnierilaalSiekretärS scheinen danach unrichtig zu »ein. * Gegen die Jahrkartenstcucr. In der Zeitung des Vereins deut scher Eisenbahnverwaltungcn wird nun auch eine Kritik an der Fahr- kartensteucr geübt, die der Verurteilung seitens des Publikums in nichts nachsteht: „Die Abwanderung der Reisenden in niedere Klassen ist zweifel los mehr der Fahrkartcnsteuer als der Tarifreform zur Last zu legen. Diese Steuer ist, wie jetzt wohl von keiner Seite mehr bestritten werde, eine der unglücklichsten Maßregeln, die man sich denken kann." Beachtenswert in hohem Maße ist es, daß die „Norddeutsche All gemeine Zeitung" diese Kritik zwar ohne Kommentar abdruckt, dabei aber den letzten Gedanken durch Sperrdruck hervorhebt. Die Beichte der Zeitung des Vereins der Bahnverwaltungen fährt fort: „Es kann dahingestellt bleiben, ob Verkehrsstenern überhaupt zu empfehlen seien: vorliegenden Falles ist die fehlerhafte Bildung der Steuer zu tadeln, das heißt die gänzliche Freilassung der vierten Klasse und die Belastung der höheren Klassen in der unerhörten Steigerung von 1:2:4 für den gleichen Geldbetrag . . . Eine solche Steuer reizt natürlich im äußersten Maße zur Umgehung, das heißt zur Wahl der niederen Klasse an; sie ist aber in ihrer jetzigen Gestalt um so unhaltbarer, als mit dem Uebergangc in die niedere Klasse nicht nur der Steuerempfänger verkürzt, sondern auch die an der Steuer unbeteiligten Eifenbahnverwaltungcn den empfindlichsten Schaden zu leiden haben. Aus Sem VogtlauSe, 21. September. Zwei national liberale Verfainmluugen fanden im Laufe die'cr Woche in vogl- ländischen Orten statt. Am Mutwoch abend referierte Landtago- abgeoidneter Startrat Bleyer in Fallen llein vor einer gut besuchten Venammlung über seine Tätigkeit in rcn zwei letzten Lanblagesenionen, sowie über die Aufgabe des nächsten Landtages, und erniete für >eine Auslührungen allieiligen Beoall. An remseiben Abend sprach Schul direktor Vorwerk-Untersachienberg im Gambruius in Kl nzeuthal über „Nebenlegieruug, Miitelstanesbewegung uno Wahlgesetz". Recner bezeichnete das neue Wahlgesetz zwar als gut rurchdacht, jeeoch nicht in seinem ganzen Umfange >ür annelnnbar. Namentlich ist er gegen die Wahl von 42 Abgeordneten durch die Kommunalverbände. Reicher Beifall wurde auch diesem Redner zuteil. * Kleine Nachrichten. In dem schon lange Zeit schwebenden Prozeß des Schristnellers Lentz gegen Maximilian Harnen wegen Äctiibigung wurde Harden in zwei Fällen zu 20 ./L Geidurafe verurteilt. — Tie Regierung iehnte es ab, in teiu Oberrbeiner Metallarbeitcritreik die Bermitteiung zu über nehmen. Die Aussperrung wurde bis 15. Lkwber verlängert. — Ter Posener Drojchkenkutscherslreik ist beendet, nachcem die Lrosch.enlutscher es er reicht haben, daß die ibnen von dein Hotel de Rome durch Transport des Klein gepäcks bereitete Kouturrenz ausgehön bat. Ausland. * Die marokkanische Frage. Die Ente des „Daily Telegraph" wird abermals jehr nachdrücklich, besonders von deutscher Seite, dementiert. Ein Berliner Gewährsmann des „Matin" hat die Akte von Alge ciras für die einzig mögliche Basis Deutschlands erklärt, nicht einer Verständigung, sondern einer clötvuto. Ganz unser Standpunkt. — Ern anderes Dementi kommt aus Spanien. Der Minister des Aus wärtigen erklärt, entgegen im Anstande verbreiteten Nachrichten, daß Spanien niemals kriegerische Absichten in bezug auf Marokko gehabt habe. Die in Tanger getroffenen Maßnahmen bezweckten lediglich die Verteidigung der Europäer im Falle eines Angriffes seitens der Marokkaner. — Zur Lage in Marokko selbst wird berichtet: Cle- menceau erklärte, die Lage fei nach den eingcgangcnen Depeschen unver ändert. Er fügte hinzu, Admiral Philibert bringe in einer Depesche zur Sprache, daß die Eingeborenen sich über die von der Presse ver breiteten Ger ächte, es wäre vvn einer Landung von Truppen in Den Häfen die Rede, beunruhigten. Philibert beklagte sich, daß auf diese Weife die öffentliche Stimmung zu unrecht aufgeregt werde und dem Gegen sultan neue Anhänger zugeführt würden. — Das „Reuicrsche Bureau" meldet aus Mogador vom 17. September: Tie neuesten Nachrichten aus Marrakesch melden die Ankunft Benomars, des Gouver neurs von Saffi und des Abdau-Distrikts, sowie des Kaids des Fint- voga-Tistrikts, beide mit einem großen Trupp von Berittenen, die sie Muley Hafid zur Verfügung stellten. Muley Hafid weigerte sich, sie anzunchmen, weil sie seiner Aufforderung, sich ihm anzuschließen, nicht gleich nachgekommen waren. Sie lagern jetzt außerhalb der Stadt und warten ah, ob Muley Hafid sie empfangen oder ihnen Befehl erteilen wird, in ihre Distrikte zurückzukehren. Die Kaids der Anflus und Tschilluli weigern sich noch, Muley Hafid als Sultan anzuerkennen. Mogador bleibt dem Sultan Abdul Aziz noch treu. — Spanische und portugiesische Flüchtlinge ans Fez, welche in Lissabon ein getroffen sind, berichten, daß sie in der Nähe des Vorgaflusses, zwischen Fez und Larache, von Angehörigen des Stammes Serbala angegriffen worden sind. Sie konnten ihren Weg erst fortsetzen, nachdem sie den Marokkanern ihre jüdischen Dienerinnen, sowie ihre Wertgegenstände ausgeliefert hatten. Tie Flüchtlinge berichteten weiter, daß Raisuli Feuilleton. Deutsche Kranen in Afrika. Bon Dr. Alfred Funke (Berlin). II. (Schluß.» Eine tapfere Farmersfrau aus Südwest, Margarete von Eckebrecher, liefert das Gegenstück zu den ostafrikanischen Schilderungen der Frau Hauptmann Prince. „Was Afrika mir gab und nahm", nennt sie ihre Erinnerungen (Berlin. Mittler L Sohns, und es ist ein vor züglich geschriebenes Buch, voll scharfer Beobachtung und knapper, klarer Darstellung. Mit dem „Eduard Woermann" .sing es auf die See. In Monrovia, der Hauptstadt der Musterrepublik Liberia, werden Kru- leute mitgenommen. „Stolz wehte ihre Flagge, genau wie die der Ver einigten Ltaaten, nur mit einem blauen Stern. Der Herr Postmeister bot uns Postmarken zum Kauf an, aber weit unter ihrem Wert. Es wird ihm nachgejagt, daß er einen sehr schwungvollen Handel damit treibt. Seine Haupttätigkeit soll auch darin bestehen, daß er die bei ihm im Hauptpostamt abgegebenen Briefe einfach unterschlägt, die Marken ablöst und wieder verkauft!" Auch Nifu, einen Vasallenstaat Li- bcriens, lernten wir kennen. „Es war eine bunte Gesellschaft, die dort ankam. In der Mitte des einen Bootes saß ein kieines, vertrocknetes Kerlchen, im ausgewachsenen blauen Hemd, Zylinder, in der Hand eine« richtigen preußischen Tambourstock. Hinter ihm stand ein Diener, der über 2r. Exzellenz, dem Minister des Innern, denn das war das Kerl chen. einen gewaltigen baumwollenen Regenschirm ausgespannt balan- cicrie. Majestätisch folgte er einer Einladung des Kapitäns in die Kajüte. Tort wurde er sofort unter Rum gesetzt. Die versprochenen Geschenke für den „König" von Nifu wurden verladen: Salzfleisch, Bruchreis, Rum, und der Kapitän erschien wieder mit seinem hohen Gaste. Der letztere war längst in der seligen Stimmung, da alle Men schen Brüder sind. Auch war wohl der Hochmutsteufel in ihn gefahren. Er wollte absolut in dem großen weißen Boot des Dampfers von Matro sen und nicht von seinen Niggern im Kanoe an Land gebracht sein. Dem Kapitän wurde das schließlich langweilig und auf seinen Wink trat der baumstarke Zimmermann herbei. Er spuckte sich in die Hände, und mit einem markigen „Wüllst du wohl runner, du iwartes Swin!" beförderte er Seine Exzellenz in die Tiefe. Wie eine reise Pflaume fiel Exzellenz in das schwankende Kanoe, nahm den beschleunigten Abstieg nicht weiter übel und grüßte huldreich hinaus." An der trostlosen Küste Angolas, dem Fischernest Port Alexandre entlang, nahm die Fahrt in dichtem Nebel ihr Ende vor Swakopmund. Landung mit dem Brandungsboote ebenso unbequem als daS „Hotel" schlecht: in einer Holzbaracke winzige Kästchen. Zwei Feldbettstellen, efne umgedrehte Kiste, eine Emailleschüssel: Fußboden: reiner unver- säl'chter^Dünensand. Bettdecke, Kiste, alles bedeckt mit einer dünnen Schicht Sand. Kostenpunkt: die Nacht zwanzig Mark! Die sechsbeinigen Peiniger, deren Zahl Legion in Swakopmund ist, wurden nicht berechnet. Frühstück gab es nicht. Mit dem „Bähnle" ging es im Morgengrauen nach Karibik. Hier werden die Karre, Ochsen, Trcckgut, Proviant ge kauft, und in mühsamer Fahrt ging es nach Okombahe, Militär posten und Missionsplatz. Die nachfolgenden Schilderungen der Herero und Hottentotten sind so treffend, das; wir sie mit gutem Gewissen zu eingehender Lek- lüre empfehlen. Hochmut, Grausamkeit und Faulheit sind die Haupteiqcnschaften vcr Herero. Die Million hat nichts daran geändert. Nette Burschen sind die eingeborenen Evangelisten und Aeltesten. Tie Heuchelei ist allgemein. Ein alter Herero ist angeklagt, Schnaps gestohlen zu haben. „Nicht ich, Herr, der Satan quälte mich so lange, bis ich es tat. Ich mußte auf seinen Befehl die Flasche in die Tasche stecken, fortlaufen und austrinkcu. Mich kannst du nicht strafen, Herr, aber den Satan.' „Wo fühlst du den Satan?" „Im Rücken, Herr. Wenn ich fremdes Gut sehe, dann kribbelt und zuckt es, und meine Arme recken sich es zu nehmen." „Sei nur ruhig, ich kann dir am Ende Helsen." Und der Offizier befahl: „Legt den Kerl über und treibt mit 15 Hieben den Teufel aus!" und meinte lächelnd zu dem alten Gauner: „Merke cs )ir gut: Nicht daß du denkst, daß du Hiebe kriegst, wir wollen nur den Teufel hauen, der dich armen Kerl in so schlechten Ruf bringt." Mit ehrlicher Arbeit ist endlich ein fester Wohnsitz geschaffen, von früh bis spät sind die deutschen Farmer beim Vieh, im Garten, im Hause tätig, endlich steht die Zukunft verheißend vor der Tür — da bricht der Aufstand los. Der Mann muß seiner Pflicht als Reservist genügen, er siedelt in die Station über, die Frau bleibt mit ihrem Säugling allein. Nur mit Geistesgegenwart entgeht sie dem ersten Mordanschlag. Gerade die Herero, die sie oft als Gäste bewirtet, denen sie nur Gutes getan, er scheinen. Sie wollen ein Schaf verkaufen. „Es fiel mir aus, daß sie bewaffnet waren. Im Frieden stellen sie die Waffen außen an das Haus. Diesmal jedoch ochiel'en sie sie in der >?and. Sie baten um zwei Hemden; damit ich die Kerls los wurde, sagte ich es zu. Da ich gänzlich ahnungslos war, hatte ich kein Arg, daß sie mir ins Haus folgten. Wir waren bald handelseinig und unterhielten uns nach Ab schluß des Geschäfts. Geert Afrika, der älteste der Herero, trat plötzlich auf mich zu. Je zwei Leute vertraten die beiden Türen. Er schrie mir lachend ins Gesicht: „Jetzt kommt erst das richtige Gespräch über den Krieg, das sollst du sehen!" Mir klopfte das Herz sehr. Hilfe gab es nicht. Ich nahm mich zusammen: „Du kommst, mit mir Handel zu machen, und weißt nicht, wie du der weißen Frau begegnest? Platz, du Lump!" Hart an ihm vorbei ging ich zur Tür. Da hatte ich Wider- stand erwartet. Die beiden Kerle waren aber so überrascht, daß sie zur Seite traten. Im Nu war ich draußen. Da war ich sicher, denn der Platz war besetzt mit Bergdamara. Sie hätten auch drinnen nicht ge wagt zu schießen. Aber ein Schlag mit dem Kirri ist lautlos. Auf den war ich gefaßt. Wäre mein Mann daqewesen, sie hätten ib obne Er barmen erschlagen." Und das waren dieselben Kerle, die im Farmer- hauie so oft ihre Mahlzeiten geholt, ihr Korn auf der Mühle gemahlen, sich Rat und Medizin geholt hatten! Eine Patrouille bringt glücklich die Pferde von der Weitw nach Omaruru. Hauptmann Franke ist mit seiner Kompaqine noch iin Süden. Zwei allein wohnenden Engländern sendet Frau von E. ^Patronen, >n einem kleinen Milcheimer verpackt. .Obenauf tat ich To aten und Mohrrüben. Der Bote hatte von dem Inhalt keine Ahnung. Ich be gründete die Schwere des Gefäßes damit, daß das Gemüse in feuchtem Land läge. Zur Vorsicht gab ich ihm zwei Briese mit. Einen harm losen, der auf dem Deckel festgebunden war, und den wichtigen aus dem Boden des Gefäßes." Tie beiden Ansiedler wurden durch die List der deutschen Frau gerettet, den Patronen verdanken sie ihr Leben. Daniel Kariko, der Häuptling von Kawab, läßt nun der einsamen Frau sagen, ihr Gatte liege erschossen hinter Okarumdu — eine Lüge. Frau von E. flüchtet aus die Missionsstation. Dorthin jchasfte sie die wichtigsten Papiere, Kinderzeug, Decken, Wäsche. Auch die Nachbarn fliebcn dahin. Der Missionar glaubt noch immer nicht an den Ausstano, denn Samuel Kariko, der fromme Evangelist, ist ja unter den Herero, da kann von Revolte keine Rede sein. Dieser Samuel ist ein niedlicher Junge, der echte freche Missionsschwarzc. Der brave Samuel aber war die Seele des Aufstandes in Omaruru. „Samuel war schon .ange bei dem Ober kapitän Michael Gebenn'chreiber gewesen. Er kannte den ganzen Aus- standsplan genau. Er war in der Nacht zum 16. Januar bei dem Häupt ling Cornelius der Bergdamara, um Erlaubnis nr Plünderung unseres Hauses zu bekommen. Er stahl das Vieh auf Merkers Farm. Er und sein Vater Daniel vollzogen kaltblütig einen der icheußlichstcn Morde an dem Ansiedler Jahr, einem ehemaligen Tegcnfähnrich. Jahr war ein Sonderling. Er lebte ganz als Sonderling unter den Herero. und beherrschte ihre Sprache vollkommen. Im Raie der Herero durfte er sitzen, mit einem Hereromädchen war er verheiratet, den Weißen war er fremd geworden. Anch er wurde zur Reserve einqezogen, erschien aber nicht. Wir warnten ihn. Da ließ er sagen, er suhle sich ge nz als Herero, fürchte nichts und gedenke, bei den Hereros zu bleiben. Trotzdem wurde er ermordet. Samuel und Daniel Kariko traten auf ihn zu und sagten: Unsere Sache ist ein Kampf der Rasse gegen die Nasse. Du weißt viel und könntest uns verraten! Daraus knebelten sie ihn, mißhandelten ihn scheußlich und stachen ibm die Augen aus. Ans Mitleid erschoß ein Herero den Gequälten! Der totacsagte Herr von E. kommt mit ein paar Deutschen von Omaruru zurück, entgeht den lauernden Hereros, und aus der Feste Okombabe, ans der zwei Hvimanern just niedergelassen waren, verschanzte sich die Handvoll Ditscher." „Den ganzen Nachmittag bis zum Sonnenuntergang arbeiteten wir schweißtriefend an der Wieserausrichtung der Mauern. Da es keine Backsteine gab, schleppten wir Steine heroci. Die Haut schälte sich von den Händen." Die Bastards, die anch in der Feste waren, hielten sich natürlich zu vornehm zu dieser Arbeit. Anch der Wachtturm wurde not- dürftig gebessert. Wo ihm die obere Mauer fehlte, wurden Kisten mit Sand gestellt, die Waschleine gewannt und mit Decken und Worzlachs als Kugelf'anq behängt. Trotz der Ermattung schlief niemand. Jede Nackt erwartete man den Uebcriall der Herero. Die Kaisern werden schwankend, denn die Herero drängen: Tötet die Weißen! Wenn ihr nicht schießen wollt, so vergiftet sie! — Die Musterfarm in Spitzkoppjcs
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