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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.09.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070925026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907092502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907092502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-25
- Monat1907-09
- Jahr1907
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Suzeigeu-PreiS Mr Inserate au« Leipzig und Umgebung dt« -gespaltene PetitMe 25 Pf., iinon,iellc Antigen 30 Pi., «eklamen l M.; vou -u«wLrt« 3V W., »evLmen 1.20 vom «»«land 50 Pi , ftu-n,. «n^i,e»75Pf.. RrNamen 1.50 «. Inserate ». vehtrdrn im amllichen keil «0 Pf «rilagegebidr 5 Pt. p. lausend exN. Post gebühr. Geschüstlanzeigen an devorzuglec S-l-Le im Preise erhitzt. Rabatt nach loris. Hestert eilte Auftrige kinyen nicht zurück- aeroge» »erben. Für da« Erscheine, an veftiauuten lagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. «"zeigen-«nnahme: Uuguft»«platz 8, t«> sämtlichen Filialen u. allen Lnnoncen» ExpedUtonen de« In« und «»»lande«. »aupr.Ftltal« »«rlt»! «arl Duncki Herzogi. Bahr. Hosbuch» handlang, Lützowstraße 10. llelephon VI, Rr. «M3). Nr. 266 Mittwoch 25. September 1907. 101. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. * Der Zustand des Grobherzogs von Baden zeigt weiter ernste Erscheinungen. lS. Dtschs. R.j * Die Verhandlungen zwischen dem bayerischen Verkehrs« Minister o. Frauendorfer und dem österreichischen Eisrn- bahnminister Derschatta fanden am 24. September ihren Ab schluß. Die Grenzbahnen Jnnsbruck-Mittenwald-Gar- m i sch und Garmisch-Routhe sowie der elektrische Betrieb in Salzburg und Berchtesgaden wurden im Einverständnis festgesetzt. * Der zur Teilnahme am Kongreß für Innere Mission in Essen weilende bekannte Geh. Oberkonsistorialrat Zllessen er litt gestern nachmittag vor seinem Hotel einen Schlaganfall und starb kurze Zeit darauf. . * Auf dem internationalen Religionskongreß in Boston, der zurzeit stattfindet, sprach aus Deutschland Professor I). Martin Rade aus Marburg über die religiöse Lage in Deutschland und Pastor v. Fischer- Berlin behandelte den Prote stantismus in Deutschland. * Ein ungarisch-rumänischer Zwischenfall erregt die öffentliche Meinung inUngarn. sS. Ausl.) * Der russische Finanzminister Kokowzew hat seine Ent lassung gegeben. lS. Ausl.) * Auf Puerto Rico herrscht infolge von Mißernte eine furcht bare Hungersnot. (S. Ausl.) Borstoße wegen der „Nebenregierung". Man hatte augenscheinlich Herrn v. Nostitz-Wallwitz unterschätzt und geglaubt, ihn leicht ab- tun zu können. Hierin aber sah man sich getäuscht. Es entstand nun die Frage: WaS tun? Ließ man den Angriff ohne jede Erwiderung hingehen, so konnte daraus leicht gefolgert werden, daß man sich schuldbewußt fühle. Nahm man andererseits den Fehdehandschuh auf, so war zu erwarten, daß noch eine gefährliche Verschärfung der Parteikrife eintrat. So wurde die Parteileitung in ein sehr unan- genehmes Dilemma gebracht und wir wüßten auch nicht, oaß sit bis zur Stunde einen befriedigenden Ausweg hieraus gefunden hat." Das ist jedenfalls ein sehr interessantes Eingeständnis, bedeutend interessanter jedoch ist die Bemerkung, daß man wohl nicht fehlgehc, wenn man als den spiritw, rector der neuerdings inaugurierten Aus- gleichspolitik Herrn Geh.-Rat Mehnert bezeichnet. Bei aller Aner kennung, die das Chemnitzer Blatt dem diplomatischen Geschick dieses Herrn zollt, glaubt es nicht, daß die Ausgleichstaktik von dauerndem Erfolg gekrönt sein werde, denn es handle sich nicht nur um Differenzen prinzipieller Natur, sondern ckuch um solche persönlicher Natur. Die letzteren äußern sich in dem lebhaften Kamps um die Rede des Herrn von Nostitz von der „Nebenregierung". DaS böse Wort, meint das Blatt, sei nun einmal gefallen und an dem Geschehenen ließe sich nichts mehr ändern, man könne deshalb nur er wägen, wie es wieder ans der Welt zu schaffen sei. Zunächst habe Herr von Nostitz sich in der bevorstehenden Versammlung des Landcsvereins Gelegenheit, sich klar »nd bestimmt darüber zu äußern, welche Vorgänge er im Auge gehabt habe, als er das aufregende Wort „Nebenregierung" gebrauchte. Wenn Herr von Nostitz noch einer Anregung bedurfte, auf dem einmal beschrittenen Wege fortznschreiten, — nun hat er sie. Ein? der angesehensten Blätter seiner eigenen Partei ruft ihm freundlich zu: „Ilie ksiockus, siie snlta!" Wir sind von jeher der Ansicht gewesen, daß Herr von Nostitz reden kann, wenn er will, und wir vermuten, daß er nun reden wird. Tagesschau. Vor Tische las man's anders ... Die Generalversammlung des Konservativen Landesvereins in Dresden rückt immer näher, und immer wieder hört man auS dem kon servativen Lager die Versicherung, diese Versammlung werde die Gegner der herrschenden Partei arg enttäuschen, sie werde eine gewaltige Kund gebung der Einigkeit werden, und die Partei werde neugestärkt aus oer Krisis bervorgehen. Nur ein einziges Beult, aber cruS der an gesehensten konservativen Blätter in Sachsen, ist anderer Ansicht, tms „Chemnitzer Tageblatt", das sich schon einmal vor noch nicht langer Zeit durch den später so viel zitierten Artikel, der auch in die Spalten der „Leipziger Zeitung" seinen Weg fand, durch rücksichtslose Offen heit auszeichnete. In einem „Zur Lage der konservativen Partei m Sachsen" überschriebenen Artikel plaudert das Blatt wieder einmal arg aus der Schule, allerdings in der löblichen Absicht, seinen Partei freunden für die Generalversammlung noch einmal das Parteigewissen zu schärfen. Ob der Zweck erreicht werden wird, steht noch dahin, vorläufig ist der Inhalt des Artikels an sich schon für uns recht inter essant. Es heißt da nach einer Erwähnung des bekannten konserva- tiven Wahlrechtsentwurfes mit dem schönen erhöhten Zensus, daß eS von diesem Projekt jetzt auffallend still geworden sei, ja daß bekanntlich der engere Vorstand des Landcsvereins der Generalversammlung eine Entschließung zur Annahme vorlegen wolle, die der Regierung bedeutend weiter entgcgenkäme. Dann fährt der Verfasser fort: „. . . Wie sagt doch Tiefenbach in den „Piccolomini"? Vor Tische las man's anders! — Es ist kein Zweifel, in diesem Punkte haben die „Revisionisten" gesiegt und man wird kaum fehl gehen, wenn man auf Grund dieser Tatsache die Einigkeit der Partei in dieser Frage als gesichert ansieht . . . Weniger Bedeutung legte man anfänglich dem Differenzpunkte persönlicher Natur bei, dem Die kommende Tabaksteuervorlage soll nach dem „B. T." beabsichtigen, einmal den Zoll für fertige Zi garren, der heute schon 270 F für den Doppelzentner beträgt, noch er heblich heraufzusetzen, und gleichzeitig die fertigen, im Jnlande hergestell ten Zigarren nach dem Verkausswert zu besteuern. Anscheinend habe man sich dabei von einem Vorschläge leiten lassen, den Dr. Julius Lissner in Breslau in einer Broschüre über die deutsche Tabaksteuer frage gemacht hat. Lissner will nicht weniger als 52,6 Millionen mit Hilfe einer Banderolcnsteuer auf Zigarren aufbringen. Er schlägt zu diesem Zweck vier Steuerstufen vor, die in folgender Weise ausgestaltet werden wllen: pro Stück pro Stück -l -l Steuer pro Mille: 3 6 12 24 Zigarren im KleinverkaufSpreise: bis zu 4 Pf. pro Stück - von 6— 7 P. pro Stück von über Wenn sich auch daS Reichsschatzamt nicht sklavisch an diese Vorschläge binden dürste, soscheintes doch, als ob ihr die Lissnersche Arbeit sehr gelegen gekommen ist. Die größte Schwierigkeit liege allerdings in der Frage, wie die Heimarbeit in der Zigarrenindustrie mit der Banderolen steuer in Einklang gebracht werden kann. Es ist klar, daß die Bande rolensteuer, die bereits bei den Zigaretten große Schwierigkeiten machte, sich mit der Heimarbeit nicht vertragen würde. Man scheint deshalb die völlige Beseitigung der Heimarbeit in der Zigarrenindustrie in Aussicht genommen zu haben. Zur Begründung dieser sehr einschneidenden Maß- regel führt man soziale Gründe ins Feld, namentlich im Hinblick auf die Kinder- und Frauenarbeit. Zur Lage in Rußland. sVon unserem Petersburger ^-Korrespondenten.) Petersburg, 21. September. Eine Anzahl von Gouverneuren des südlichen Rußlands erbat sich dieser Tage vom Ministerpräsidenten Instruktionen, wie sie sich für die Zeit der Wahlkampagne gegenüber Gesuchen, welche die Einberufung von Versammlungen »um Gegenstände batten, Verhalten sollten. Tue Anfrage ist als Rückäußerungauszufassen. Vor einiger Zelt hatte näm lich ein Geheimzirkular das Ministerium des Innern verlassen, >n dem schlank und frei den Gouverneuren vorgeschrieben wurde, „darauf zu achten, daß jede regierungsfeindliche Agitation im Keime zu ersticken sei". Der Nachsatz hierzu, daS „Sonst, durfte etwa ,n Amtsentsetzung ausklingen. , . „ . . , , .. . . In der Tat, die Chefs der Provinzialverwaltuna sind in einer mehr als fatalen Lage. Sofern sie nicht alles Gerechtigkeitsgefühl außer Kurs setzen wollen und sich zu blinden Werkzeugen eines gesetzes widrigen Terrorismus' degradieren, müssen sie täglich darauf gefaßt sein, daß ihnen eine Maßregelung von oben droht. Ist doch eine Wahl kampagne ohne Versammlungen überhaupt nicht gut denkbar. Ebenso wenig, wie zu erwarten ist, daß auf diesen Versammlungen die Re- gierung mit Sammethand'chuhcn angefaßt werden wird. Das gilt in gleicher Weise von den Zusammenkünften, welche von den linksstehen- den Parteien ausgeschrieben werden, wie von denen der reaktionären Gruppen. Hier wie dort ist die Parole ausgegeben: „Gegen die Re- gieruna Stolypins" Die Pogroms, von denen die Chronik der letzten Wochen zu be richten wußte, sind ein sichtbares Menetekel dafür, daß wieder der Dunst des Blutes über dem Lande liegt. Es gibt noch andere Zeichen. Die Fabrikanten halten Sitzungen über Sitzungen ab, auf denen die Frage besprochen wird, wie man sich in diesem Winter gegenüber den Arbeiterausständen, welche mit Sicherheit zu erwarten seien, Verhalten solle. Aus den Gouvernements Poltawa, Kiew und Charkow, den .Brutstätten der Revolution", kommen Nachrichten, daß aufständische Bauern Wälder niedergebrannt und Güter in Asche gelegt haben. In Petersburg, Moskau und in anderen Universitätsstädten haben Stu- dentenversammlungen stattgefunden, auf denen die radikalen Bolschiwiki (Maximalisten) ein sturmdurchwebtes Programm aufgestellt haben. D i e Agitation unter dem Militär bat derartige Di mensionen angenommen, daß ksin einziges Regi ment mehr als absolutsicher betrachtet werden darf. Man hat sich deshalb entschlossen, zum persönlichen Schutze des Mo narchen ein aus Truppenteilen einer ganzen Anzahl von Regimentern gebildetes Regiment zu formieren. All diese Umstände weisen deutlich darauf hin, daß die Agitation wieder eifrig bei der Arbeit ist. Sie zu unterdrücken, oder „im Keime zu ersticken", wie die Regierung wünscht, hieße nichts anderes, als Gewalt an die Stelle von Recht setzen. Deutsches Reich. Leipzig, 25. September. * vo« Vrotzherzog vom Vaden. Obwohl sich das KraukheitSbild gebessert hat, ist der Zustand des GroßherzogS noch immer ernst. Es besteht die Gefahr, daß eine plötzlich eiutretende Herzlähmung dem Leden des Großherzogs ein Ende macht. Der Großherzog schlummert viel, sein Zustand ist jedoch nicht mit Agonie zu vergleichen; eS handelt sich nur um körperliche Müdigkeit. Der Großherzog leidet subjektiv nicht unter seinem Zustand. In den gestrigen Morgenstunden trat sogar ein Anflug seines allen HumorS wieder ein. — Die Prinzessin Max ist jetzt ebenfalls auf der Mainau eingetroffeu, desgleichen aus Karlsruhe Minister von Marschall und Hofprediger Fischer. — DaS beute vor mittag 10 Uhr auSgegebcne Bulletin lautet: Im Verlaufe deS gestrigen Tages unv auch heute früh ist beim GroßherzoH die Temperatur unter ver Fiebergrenze geblieben. Die Herztätigkeit zngt aber die gleiche Er regung unv Schwäche wie in den letzten Tagen. Das Bewußtsein ist wieder ganz klar. Die heutige Nacht war sehr unruhig, durch Herz klopfen und Atemnot unterbrochen. Erst gegen Morgen traten mehr Ruhe unv einige Stunven Schlaf eiu. gez. Dr. Fleiuer. Dr. Dreßler. * Ter Kaiser uns sie Anfiedlun,Sko««tssiou. Verschiedene Domänen sollen an die AnsiedlungSkommifsion verkauft werden. Der Kaiser hat dem Vernehmen nach hierzu selbst die Anregung gegeben in dem Bestreben, durch Aufteilung der Komplexe zahlreichen Landwirten die Gelegenheit zu bieten, eine kleine Besitzung »u günstigen Bedingungen zu erwerben. Erst vor einiger Zeit wurde zu diesem Zweck die Domäne Altbausen in Westpreußen an die Kommission verkauft, die sie im Feuilleton. Die neuesten Luftfahrten -e» Grafen Zeppelin. Von Regierungsrat Rudolf Martin. Gestern nahm mit Erfolg Graf Zeppelin, der schneidige Reirergeneral, feine Fahrten durch die Lust wieder auf. Noch einmal hat er sein AlumiNiumluftschisf Nr. 3, mit dem er bereits am 9. und 10 Oktober v. I. ausgestiegen ist, der Welt vorgeführt. Wenige Wochen später wird in der alten Halle, aus der jetzt dieses Luftschiff in die neue Ballonhülle übergesührt wird, der Bau eines noch größeren Aluminiumschiffes Nr. 4 vollendet fein. Unter den vielen Aufstiegen der letzten Zeit ist keinem, auch nicht den Premieren, die von den deut schen und englischen Muitärballons veranstaltet wurden, ein so leb haftes Interesse entgegengebracht worden, wie diesen erneuten Ausstiegen des Grasen Zeppelin. Die Ursache dieser allgemeinen Spannung liegt in der Eigenart die- ses Luftschiffes. Alle übrigen Motorluttschisfe sind sich mehr oder weniger ähnlich, da das unstarre und Halbstarre System sich nur unwesentlich voneinander unterscheiden. Der Tragkörper des Zeppelinschen Luft- schisses aber weicht von allen anderen dadurch ab» oaß er vollkommen aus Aluminium besteht und die ungeheure Länge von 128 Metern bat. Ueber die Grenze der Leistungsfähigkeit des unstarren Parsevalschen Motorballons, sowie der Halbstarren Kriegsluftschisfe Frankreichs, Deutschlands und Englands ist man sich nunmehr in der Hauptsache im klaren. Der Aktionsradius dieser unstarren und Halbstarren Motor- luftichisfe ist dadurch außerordentlich begrenzt, daß sie nach 3—4 Stun- den durch das Entweichen des Gases die pralle, zigarrenartige Form mehr oder weniger verlieren und »ur Landung schreiten müssen. Wenn die Entwickelung der Motorluftschisfahrt nur von diesen nicht starren Systemen abhängen würde, so könnten große wichtige Leistungen erst allmählich im Laufe der Jahre nach mannigfachen Verbesserungen zu erwarten sein Die größte Entfernung, welche Motorluftschiffe dieser Art zuruckgeleat haben, sind die 90 Kilometer, die der „Lebaudv" am K. Juli 1905 be> einer Dauerfahrt von 3 Stunden und Ä) Minuten durchfuhr. Es erscheint unwahrscheinlich, daß eine« dieser Luftschiffe in diesem Jahre eine größere Leistung als höchstens 150 Kilometer auf weisen wird. Von dem Zeppelinschen Aluminiumluftschiff.aber erwartet mau, daß eS eine mindestens lOmal größere Entfernung zurücklegen kann. Professor Hergesell hat am 20. September auf der 79. Versammlung °er Ass^rfo.ricker und Aerzte in Dresden erklärt, daß die- Zeppelin'che Luftschiff mit der größten Leichtigkeit 2000 bis 3000 Kilometer zurück- legen und mehrere Tage in der Luft bleiben könne. Dr. Hergesell ist Nickt nur als Professor der Meteorologie zu einem Urteil -erechtigt, sondern er Hot persönlich den Ausstiegen der Motorluftschiffe des Grasen Zeppelin wie des Maiors von Parseval beigewohnt, und ist auch selbst in dem Motorballon des Maiors von Parseval gefahren. Wenn diese Ansicht des Professor Hergesell der Wirklichkeit entspräche, so würde die Ueberlegenheit des Zeppelinschen Luftschiffes diejenige der unstarren und Halbstarren Luftschiffe um das zwanzigfache überragen, und wir würden in diesem Herbst -um erstenmal das Schauspiel einer wirklichen Beherrschung des Luftozeans, zum wenigsten über dem gesamten Deut schen Reiche, vor Augen haben. Die Ansicht des Professor Hergesell stimmt mit der theoretischen Berechnung des Grafen Zeppelin überein. Nach seiner Berechnung kann sein Luftschiff mit beiden Motoren zu sammen während 60 Stunden zu 50 Kilometern insgesamt 3000 Kilo meter zurückleaen. Selbst gegen den ungünstigen Wind von 6 Metern in der Sekunde soll es mit einem Motor in 4 Tagen 1700 Kilometer zurücklegen können. Bevor die Theorie nicht durch die Praxis ihre Bestätigung gesunden hat, kann ich der Auffassung des Professor Hergesell und des Grafen Zeppelin nicht beistimmen. Auch bei den unstarren und Halbstarren Motorluftschiffen hat sich die Beschränkung des Aktionsradius durch den Verlust der prallen, zigarrenartigen Form nach 3—4 Stunben erst durch die Praxis herausgestellt. ES »st richtig, daß die starre Aluminium- hülle deS Zeppelinschen Luftschiffes durch daS Entweichen des Gases seine Form nicht einbüßen kann. Aber es können sich während der Fahrt dieses Aluminiumkolosses nach einer bestiyimten Anzahl Stunden Schwierig keiten irgend welcher anderen Art geltend machen, die dauernd den Aktionsradius auch dieser Riesenschifje begrenzen. Ich teile mit dem Professor Hergesell sein Vertrauen zu der Zukunft des starren Alu- miniumsystemS nud habe in meinem Buche „Berlin-Bagdad, das deutsche Weltreich im Zeitalter der Luftschiffahrt 1910/1931" den Aluminiumluss- schiffen im Krieg wie im Frieden wegen ihrer großen Tragfähigkeit die wichtigste Rolle -ugewiesen. Bei Beurteilung der Leistungsfähigkeit der gegenwärtigen Technik halte ich es aber für ingezeigt nicht nur die Phantasie vollkommen auszusckalten, sondern auch die theoretischen Be rechnungen mit größter Vorsicht aufzunehmen. Bei der Erprobung sol cher neuen Erfindung macht die Praxis zunächst regelmäßig einen Strich durch die Rechnung und sorgt dafür, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Vielleicht ist diese Beschränkung von der Natur mit besonderer Weisheit eingesetzt. Denn wenn plötzlich Luftschiffe, die 10 bis 15 Per sonen tragen und bei Vergrößerung vielleicht 50 Personen tragen können, mit der größten Leichtigkeit 2000—3000 Kilometer ^urücklegen, so dürf ten sich nicht nur in Europa, sondern auchanderwarts mancherlei Um- Wälzungen in sehr kurzer Ze,t zutragen. Man sagt, daß Graf Zeppelin nach Fertigstellung seines im Dau begriffenen Luftschiffes Nr. 4, welches aus Grund seines größeren GaSinhaltes noch stärkere Motoren tragen und daher eine größere Eigenbeweguna ausweisen wird, vom Bodensee die rund 800 Kilometer nach Berlin oder nach der Nordsee zurücklegen will. Die Hinreise allein würde eine bewundernswerte Leistung sein. Die Hin- und Rückreise acker ohne Landung, also eine Fabrt von rund 1600 Kilometern, würde die wirkliche Eröffnung des Zeitalters der Motorluftschisfahrt bedeuten. Bisher ist bas Zeppelinsche Luftschiff sowohl im Jahre 1900 als 1905 und 1906 immer nur 2- oder 3mal im Jahre aufgestiegeu. Regel mäßig hatte es sich bei der Landung auf dem Wasser trotz aller Vor sichtsmaßnahmen eine Verletzung zugczogen. Es wäre dem greisen Grafey zu wünschen, daß sein Lebenswerk endlich durch eine Dauerfahrt ge rechtfertigt würde. In der Leichtigkeit des Landens werden ihm die nicht starren Systeme noch lange überlegen sein. Sein Riefenluftschns kann seine Ueberlegenheit über alle anderen Systeme nur in der Luft beweisen. Daher wäre zu wünschen, daß Graf Zeppelin möglichst schon bei dem ersten Aufstieg, spätestens aber, sobald das Funktionieren aller Organe sichergestellt ist, eine große Rekordsahrt antritt. * Fritz Voehle. Ein deutscher Radierer. Eine seltsam neue Erscheinung, neu wenigstens für weitere Kreifc und neu vor allem für Leipzig, denn meines Wissens haben über ih» nur die „Rheinlande" vor Jahresfrist einen Aussatz gebracht oder die „Deutsche Kunst und Dekoration". Genau kann ich das nicht mehr sagen. Auch das ist seltsam; denn der Meister ist nicht erst von gestern; er hat schon Jahre des Schaffens hinter sich und man merkt es feinen Blattern an, datz sie ein auch innerlich reifer Mensch geschaffen hat. Aber solche Reife kann nur in der Einsamkeit gedeihen und ein Ein samer ist Boehle. Selten, daß man diesen feinen, tiefgefühlten Schöp fungen sonstwo begegnet; einige wenige erinnere ich mich im Sommer auf der großen Berliner Kunstausstellung gesehen zu Haden, wo sie von der Masse des unbedeutenden Zeugs, mit dem die Wände tapeziert waren, erdrückt wurden und sich ,n ihrer Eigenart nicht auStun konnten. Denn in der Tat, diese Blätter dulden nichts Fremdes neben pch. Wenn man sie so genießen kann, wie in depi kleinen graphischen Kabinett bei P. H. BeyerL Sohn — besser noch in der Mappe des Sammler- —, dann wachsen sie in einer Größe empor, vor der man betroffen zurück schrickt. Hinter diesen Blättern, so einfach, ost so traulich deutsch, ver birgt sich ein ganzer Kerl, ein steifnackiacr Gesell, der sein Handwerk in eiserner Selbstzucht gelernt, die technischen Mittel alle in der Hand hält und mit dem Herzen zu sprechen weiß. Auf den ersten Blick glaubt man, bekannten Gesichtern zu begegnen, so den Besten der holländischen Landschaftsradiercr, an die zunächst jene Radierungen gemahnen, die ein Stück niederländischer Landschaft behandeln. Man denkt an Jq«i van Götzen, an Cuyp, die beiden Ostade oder A. van de Velde. Akkr sieht man genauer zu, ist cs nicht mehr als die Gleichheit der künstle rischen Motive, die die Aehnlichkeit bestimmen; die Handsckrjst der Blatter ist eigen und groß. Man denkt auch an so viele Zeichnungen Millcts. wenn man den einsamen Sämann aus dem Felde erblickt, aber der Künstler, der diese Blätter dem deutschen Landleben entnommen, hat deutsches Gefühl über sie ausgeckreitet, bie bart«, scharf umrissene Kontur deutet eher auf Dürer. Und wieder anbere Blatter erinueru
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