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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.09.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070928022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907092802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907092802
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-28
- Monat1907-09
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das kann man jetzt nicht auch tun. Andere Zeiten, andere Sitten. .Hätten sie doch damals seinen Rat befolgt und nicht den heiligen Rat. Und der würdige Herr dringt die Eheleute wieder zusammen und gibt dem rechten Sohn, was ihm gebührt. Der falsche Sohn aber zieht trotz seiner Erstgeburt in die Fremde hinaus. Wohin? Das wissen nur der Dichter und der liebe Gott. Unwillkürlich denkt man an die Geschichte von Esau und Jakob. — Ein schlichtes, ernstes Volksstück ist die Komödie „Der heilige Nat", eine Sittenkomödic im edelsten Sinne. Und das Publikum brachte der Ausführung große Teilnahme entgegen. Die schlichten Bauern spielten ja auch ganz vorzüglich. Das Bauernehepaar — erst in Jugendfrische und jugendlicher Liebe, dann alt und verbittert auseinander — wurde ganz vorzüglich von Hubauer Wolf und Baader Kat hl dargesteut: er ein cholerischer Dickkops, sie ein Weib, dessen Liebe vor nichts zurückschreckt. Die beiden Söhne wurden von Mittermann Karl und Schmid Seppl dargestellt. Rament- lich aefiel letzterer durch sein warmherziges Spiel. Der falsche Knecht deS S a ch s H e i n i, der fromme Pfarrer des W i ld Gustl, der geld hungrige Vetter des Wendler Joseph, das waren alles originelle Gestalten. Ein frisches, herziges Mädel war die Veverl der Hoff Wally, das drastische Gegenstück dazu die Mareile der Geromiller Leni, ein schwermütiges, sympathisches Geschöpf, dem Unglück von Kind auf auf den Weg gestreut ist. Sie spielte die Hagar der Berge ergreifend. „Der heilige Rat" verdiente öfter als bisher über die Bühne zu gehen. Freilich an einem scheitert vielleicht die Aufführung auf großen Bühnen: Man spielt das Stück dort vielleicht besser als auf dem Bauerntheater, aber nicht so gut . . . * Der Telcgraphendicnst bei dem Kaiserlichen Postamt in Leipzig- Gohlis wird vom l. Oktober ab bis 10 Uhr abends ausgedehnt. * Die Bauk für Grundbesitz hat das Hausgrundstück Schillerstraßc 5 und Magazingasse 4 käuflich erworben und gedenkt ihre Geschäftsräume gegen Ende dieses Jahres in das erste Obergeschoß von Schillerstraßc 5 zu verlegen. Zwei gefährliche Burschen. Wie bereits belichtet, ist der 20 Jahre alte Bäcker .iturt Niebel aus Gera verhaftet woroen, nachdem er in der Langen Straße einer Dame ein HanvtMchcl en mit Inhalt qcwalilam entrissen hatte. Jetzt wurde noch ein Komplice von ihm. ein 18 Jahre alter Bäcker aus Chemnitz, frst- genommeu. Am 26. d. M. haben die beiven zwei Mädchen, leren Be- tanntichast sie in einem Bergnügungslokal in Gohlis gemacht, zur Nacht zeit durch das Nosental begleitet und ihnen dort unter Anwendung von Gewalt die Handtüschchen abgcnominen. Weil sich angeblich nicht- darin befunden hat, wollen die Burschen die Täschchen wieder von sich geworfen haben. Anzeige über den Vorfall liegt noch nicht vor. Weiter haben die beiden in Etablissements in Plagwitz, Neudniy und GohliS aus Haudläschchen Geldbrtrüze und einen goldenen Dameuring. mit rotem Stein und zwei weißen Perlen leicht, gestohlen. Auch hier sind die Bestohlenen nicht bekannt und wäre cs erwünscht, wenn dieselben sich alleuihalben umgehend bei der Kriminalpolizei melden winden. Im Besitz les einen Räubers ist eine Schlipsnadel vorgesunden worden mit blau, rot und grünem Stria und den Buchstaben V. V. C., die auch von einem Diebstahl herrühreu dürfte. * Ein Vermißter. Vermißt wird seit dem 23. d. M. aus der Woh nung seiner Mutter, der Frau verw. Justizrat Grieving in Düsseldorf, deren Sohn Rudolf Grieving, geb. den 9. März 1889 in Düsseldorf. Es wird vermutet, daß er sich in plötzlich eingctrctencr geistiger Umnachtung entfernt hat. Auf seine Ermittelung ist eine Be- Ivhnung von 300 .tl ausgesetzt. Es liegt eine Photographie von ihm bei der hiesigen Kriminalabtcilung aus. Der Vermißte ist 1,78 Meter groß, schlank, hat blondes Haar, längliches, bageres und knochiges Gesicht, große abstehende Ohren, großen Mund, große Hände und Füße, nm Hinterkovf einige kleine Narben und war bekleidet mit schwarzem steifen Hut, braunkarriertcm Ueberzieher, blauem Jackettanzug, schwär, zen Schnürschuhen und führt braunen Rohrstock bei sich. ' Schwindler verhaftet. Verhaftet wurde von der Kriminalpolizei ein schon vielfach vorbestrafter 39 Jahre alter Postkartenhändler aus Ze'tz der auf G.und eines Inserates eine Frau als Filialleiterin zum Postkartenperkauf engagiert und ihr 2000 .tl Kaution abgenommen batte. Die Uebcrnahme der Filiale wußte er unter nichtigen Vorwänden hinauszuschieben. Die Kaution hatte er inzwischen in seinem Nutzen bis auf 100 .tl aufgebraucht. * Belohnung. Wie bereits berichtet, wurde am 12. d. M. aus einer Wohnung in der Marschncrstraße durch Nachschlüsseldiebe eine goldene Herrcn-Remontoir-Savonettuhr mit einer eingravierten Jubiläums- Widmung wnd der Nummer 68164, «in goldener Trauring, graviert ,„N. S. 1826 und M. M. 1871", und verschiedene andere Schmucksachen DMWsi^"Aüf die Wiedererlangung der gestohlenen Gegenstände ist "fttzk blüe Belohnung von 50 ausgesetzt worden. * Flüchtig geworden ist einer Mitteilung aus Dresden zufolge von dort, der Agent Oskar Karl Paul Böhme, geb. am 15. August 1880 in Glashütte, nachdem er Wertpapiere und Sparkassenbücher auf den Namen Roßberg lautend, in Gesamtwerte von 600 .tl, sowie 2300 bar gestohlen hat. Ilnrhrltch Volk. Ein Unbekannter, anscheinend ein Italiener, 26—28 Jahre alt, groß und schlank, mit vollem Gesicht und Schnurrbart, schlich sich in eine Wohnung in der Humboldt braße ein und entwendete einen rotbraunen Hand- loffer mit Wäsche und Kleidungsstücken, sowie eine schwarze Damenubr im Gejamtwerte von lOO — In einem Geschäft in der Kurprinzstrabe er- schwintelle sich eine etwa 23 Jahre alte Unbekannte, die sich Elia Wolf aus Berlin nannte und in einem hiesigen Hotel logierte, eine Partie Toilettegcgen» stäube. — Gestabten wurde aus einem Geschästslokal in der Menckestraße in Goblis aus ler Ladenkasse ein Drahlkörbcheu mit der Tageseinnahme. — Bon dem Ticiistmävchen eines Restaurateurs in der Lützowstraße wurde gestern abeno rin Unbekannter in der Pnvatwohnung der Herrschaft angetrossen, der sich res Echuhwcikes entledigt hatte und die Flucht ergriff, als das Mädchen Lärm schlug. Der Wirt und mehrere Gäste verfolgten ihn, holten ihn in Ler Graisistraßc ein, worauf cr der Polizei übergeben wurde. Es war ein schon mehrfach bestrafter 26 Jahre alter Maler aus Lützschena, der stehlenShalber in Lie Wohnung ciugebrungen war und sich bereits riue Anzahl Betten zürn Mitnchmen zusainmengedunben hatte. Ja seinem Besitze wurde eine Partie Nach chlüssel vorgefunden. 's Zittau, 27. September. (Genehmigte Amtsnieder legung. — Goldenes Ehejubiläum.) Ta die König!. Kreis- dauptmannschast zu Bautzen nunmehr den hiesigen Stadtrat für zustän dig erklärt hat, auf das Entlassungsacjuch des unbesoldeten Stadtrats, Fabrikbesitzer Hermann Werner, selbständige Entschließung zu fassen, so hat der Rat nunmehr auf diese Entscheidung hin die wiederholt erbetene Amtsniederlegung genehmigt, und Stadtrat Werner scheidet Lamn, seinem Wunsche gemäß, endgültig auS der städtischen Verwaltung, in der cr seit dem Jahre 1891 ehrenamtlich tätig war, aus. Herr Werner ge hörte von 1891 bis Ende 1905 dem Stadtverordnetenkollegium an und bekleidete von 1899 bis mit 1905 das Amt des Stadtverordneten-Vor- stchers. Seit 1. Januar 1906 war er Mitglied des Ratskollegiums. Anlaß zu dieser vorzeitigen Amtsniederlegung gab eine Straßcnbabn- angclegenhcit. Stadtrat Werner wollte, daß bei der städtischen Straßenbahn der 5 Pfcnnig-Tourenpreis cingeführt werde und trat, als das Ratskollegium nicht darauf cinging, mit seiner Ansicht an die Öffentlichkeit. Dieses Verhalten Werners wurde aber vom Ratskolle gium nicht gebilligt und führte zu einem unliebsamen Konflikt. Werner gehörte auch dem hiesigen Vorstände der Freisinnigen Volkspartei an und kandidierte bei der letzten Landtagswahl ohne Erfolg. — Das seltene Fest der goldenen Hochzeit feierte beute in körperlicher und geistiger Frische Orgclbaumcister Andreas Schuster mit seiner Gattin. Das Jubelpaar, das jetzt im 74. bzw. 72. Lebensjahre steht, wurde vor 50 Jahren in Bautzen getraut und siedelte 1869 nach Zittau über. — Aus Afrika zurückgekcbrt ist Fabrikbesitzer Hermann Schubert, der Kolonial- Direktor Staatssekretär Dernburg längere Zeit auf seiner afrikanischen Reise begleitete. Gerichtssaal. Ser Alsrd im Kirk«,. (Fortsetzung.) München, 27. September. Es wird in der Zeugenvernehmung fortgefahren. Ein Zeuge, der früher lange Zeit Hausmeister im Zirkus Bavaria war, saAt aus, daß bei der Looping the Loop-Nummer früher am Schluffe ein Schuß abgc- seuert wurde. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob Kalk im Zirkus vor handen war, gibt cr eine bejahende Antwort. — Zeuge Perzl hat im Auftrage der Familie Hendschel die ersten Nachforschungen nach dem ver- schwunocncn Bernhard Hendschel angestettt und auch auf der Polizei sein Verschwinden gemeldet. Die Behauptung, daß er einmal gesagt habe, dem Hendschel sei der Kragen umgedreht worden, weist er als altes Weibergeschwätz zurück. — Zeuge Casetier Köllncr ist Inhaber dcS „Deutschen Theaters". Er gibt an, Niederhofer sei ihm stets unsym pathisch gewesen, cr habe ihn schließlich aus seinem Cai6 ausgewiesen. Der Angeklagte bestreitet das und erklärt, er sei von selbst wcggcbliebcn. — Es wurde dann der Redakteur Wilhelm Krämer von der „Kritik" als Zeuge vernommen. Er gibt an, daß der Angeklagte ihm gegenüber stets anständig und zuvorkommend gewesen sei. Gegen Tiere sei er im allgemeinen freundlich gewesen, nur einmal habe er gesehen, daß Nieder- bofer einen Elefanten furchtbar geprügelt habe. Eines Tages sei Frau Einselle zu ihm gekommen und habe gesagt: „Jetzt ist es Zeit, daß wir mit der Geschichte herausgehen, der David hat den Hendschel umge bracht." Frau Einsellc hat den Zeugen dann nach dem Zirkusplatz ge führt und ihm eine Stelle gezeigt, wo die Leiche des Hendschel liegen sollte. Sic war etwa sechs Meter von dem Orte entfernt, wo später dann wirklich die Leichenrcjte gefunden wurden. Earl Niederhofer, sei ein heftiger, aufbrausender Mensch gewesen, aber nur dann, wenn er getrunken hatte. Carl sei eines Tages zn ihm gekommen und habe ihm gesagt: „Tu. sag alles was du weißt, der David hat den Hendschel um gebracht." Als der Zeuge erfuhr, baß Nicdcrhoser Ringe verkaufte, die dem Hendschel gehört hatten, habe er den ersten Artikel geschrieben. Er sei aber sehr vorsichtig gewesen und habe nicht behauptet, daß der An geklagte der Täter sei, sondern er habe nur den Schluß gezogen, daß, wenn jemand Wertsachen von einem Verschwundenen verkaufe, die Poli zei die Pflicht habe, ihn als Zeugen ins Verhör zu nehmen. Frau Ein felle sei dann fast jeden Tag ein paarmal zu ihm gekommen. Der Zeuge, der auch Bernhard Hendschel kannte, schilderte diesen als eleganten jungen Mann, der besonders große Freude an Schmucksachcn hatte. Ob Hendschel viel mit Frauen verkehrt hat, weiß er nicht. — Der Ver teidiger wünscht, daß der Zcngc sich über die verschiedenen Widersprüche in den Aussagen der Frau Einsellc und über die Glaubwürdigkeit dieser Zeugin äußert. — Ter Zeuge bekundet, daß die Einselle sich wohl in Kleinigkeiten geirrt Haben könne, im übrigen sei es aber bewunderns wert, wie sie alles richtig erfaßt habe. — Verteidiger: Haben Sie nicht einmal gesagt, die Einsellc sei die größte Halunkin bei der ganzen Dache und gehörte zuerst ins Zuchthaus? — Zeuge Krämer: Diese Aeußcrung mag gefallen sein, sie ist aber nicht von mir' ich habe gar nichts gegen Frau Einselle. — Staatsanwalt Held: Weiß der Zeuge etwas davon, daß diejenigen Zeugen, die für die Entdeckung des Mordes viel getan baden, von der Familie Hendschel bezahlt worden sind? — Zeuge: Das Gegenteil ist richtig. Soviel ich weiß, hat sich die Familie Hendschel nichl einmal bei den Zeugen bedankt, die für die Aufklärung der dunklen Affäre tätig waren. Frau Einselle bestreitet, daß sie als erste dem Zeugen davon Mitteilung gemacht habe, daß Niederhofer der Tater sei. Als erster habe Niederhofers Bruder Carl das behauptet. Der Zeuge Krämer gibt zu, daß dies möglich sein könne. — Zeuge Juwelier Haag bekundet, daß er am 1. Juni 1904 das Monogramm des Niederhofcr auf der Stayluhr angefertiat hat. — Zeuge Frisenr Kößler sLugano, Schweiz), der früher in München war, bekundet, daß Hendschel kein direkter Geldverschwendcr war. Der Zeuge hat mit Hendschel meyrsacy gespielt, aber niemals um hohe Einsätze. Der Zeuge gibt dann Auskunft über den Friseur Muck. Er erklärt, das; Muck ein sehr elegantes Auf treten gehabt habe. Er konnte sich das ja leisten, denn cr besaß ein wöchentliches Einkommen von 18 .tt und außerdem noch Trinkgelder. — Vors.: Kannten Sie die Irma Wollmann? — Zeuge: Ja. —Verl.: Was war das für ein Mädchen? — Zeuge: Muck sagte, sie sei Kunst reiterin. Ter Zeuge gibt weiter an, daß Hendschel im April 1904 eine Stahluhr bcscsicn habc^ die er für 40 .X beim Uhrmacher Huber gekauft hatte. Ein junger Frfteurgehilfc namens Hans Meyer, der etwa 18 bis 19 Jabre alt war und auch mit Hendschel bekannt war, habe solche Uhr auch später versetzt. Er ser wegen allerlei Schwindeleien ins Gefängnis gekommen und dort gestorben. — Es wird sodann der Neuge Friseur Muck ausgerufen. Bors.: Kannten Sie die Irma? — Zeuge' Ja. — Vors.: Was war das für ein Mädchen? — Zeuge: Eine Künstlerin. — Bors.: Was für eine? — Zeuge: Sie war Kunstreiterin im Zirkus Renz. — Vors.: Bestanden Beziehungen zwischen Hendschel und der Irma? — Zeuge: Ja, ober nur gesellschaftliche. — Vors.: Wer stand ihr näher, Sie oder Hendschel? — Zeuge: Ich stand ihr näher. — Vors.: Erinnern Sie sich, daß die Irma Sie wiederholt mitunter als ihren Bruder be zeichnet hat? — Zeuge: Ja, sie hat mich am Artistentisch als ihren Bru der cingeführt. — Vors.: Hat sie nicht auch Hendschel als ihren Freund bezeichnet? — Zeuge: Ja. — Es wurde noch der Artist Adam Brown vernommen, der seinerzeit die Schleifenfahrt in dem Zirkus Nicderhofer ansgeführt hat. Er bekundet, daß Nicderhofer manchmal sehr gute Ge schäfte gemacht habe. Ost habe cr 300 .ll pro Abend verdient. In Stuttgart wollte es aber gar nicht gehen, weil der Schlcifenapparat polizeilich verboten worden war. Der Apparat wurde dorr auch ge pfändet. Der Zeuge erhob damals Einspruch dagegen, worauf er wieder freigegebcn wurde. Das Modell sei verschiedentlich ausgestellt worden. Nicderhofer hat es auch ihn: zum Kaufe angcbotcn, da cr aber 10 000 dafür verlangte, kam der Kauf nicht zustande. — Darauf wurden die Verhandlungen auf Sonnabend vertagt. Neues ans aller Welt. Vom Großhcrzog von Vaden. „Äkit mir können Sic sprechen wie mit Ihrem Bürgermeister", sagte der Großhcrzog einmal zu einem Oberländer Bauern, der in der Audienz vor dem gütigen Landesherrn nicht die rechten Worte finden konnte. Ein anderer Bauer, den der Großherzog bei einer landwirtschaftlichen Ausstellung ansprach, gab in seiner Verwunderung, daß der Fürst sich mit so viel Teilnahme nach seinen persönlichen Verhältnissen erkundigte, auf eine Frage treuherzig die Antwort: „Jo, Herr Großhcrzog, sell (das) werd Sic grad inter- essiere!" — Vor einigen Jahren erschien ein alter Gymnasiallehrer, den der Großhcrzog zum „Professor" ernannt hatte, im Karlsruher Schlosse, um den üblichen persönlichen Dank abzustatten. In seiner Aufregung und Verwirrung behielt er den eigenen Zylinder auf dem Kopf und nahm einen, im Wartezimmer auf dem Stuhl liegenden -wei ten Hut, der einem anderen zur Audienz befohlenen Herrn gehörte, in die Hand. Lächelnd empfing ihn der Großhcrzog und sagte: „Aber, lieber Herr Professor, wollen Sie nicht wenigstens einen Zylinder cblegen?" Der Professor schlenderte den fremden Hut von sich, griff betroffen nach der Stirn, riß den eigenen Hut herab und stammelte wehmütig: „Königliche Hoheit haben auch diesmal recht. Zwei Hüte sind entschieden zu viel für einen Mann, der den Kopf verloren hat!" — „Den Ihrigen haben Sie nun aber wiedergesunden, lieber Herr Professor, nun behalten Sie ihn immer oben!" rief der Großherzog und drückte ihm freundlich die Hand. — Folgende charakteristische Acuße- rnng teilt Dagobert v. Gerhardt (Amyntor) in seinem „Skizzenbuchc" mit: „Man muß bei Besprechung der sozialen Frage auch den Neichen und Vornehmen derb die Wahrheit sagen. Nichts ist verkehrter, als den Sozialdemokraten bei Bekämpfung der Doktrinen nur als ihr hochmütiger und leidenschaftlicher Feind gegenüberzutretcn. Man muß als ihr wohlwollender .Helfer anftreten und kann dann um so wirksamer das Verkehrte ihrer Forderungen bekämpfen. Es sind Men schen wie wir, und sie wollen, wie wir, als Menschen leben; nur die Mittel, die sie zur Erreichung auch ihrer diskutierbaren Forderungen anwenden wollen, sind töricht und verwerflich . . . Die sozial« Frage wird nur durch die freiesten Köpfe und die reinsten Herzen aus dem Volk selbst zu lösen sein. Und da werden sich freilich auch unsere oberen Stände gewaltig ändern müssen." Leopold Wölfling über Toselli. Leopold Wölfling depeschierte gestern abend aus Zürich an seinen Wiener Rechtsfreund Fri schön er: Leider habe er Toselli in Nizza flüchtig kennen gelernt; er habe sich aber dessen italienische Zudringlichkeitcp verbeten. Seine Schwester habe er im Januar vor ihm gewarnt — leider vergeblich. Toselli drohte mit seiner — Wölflings — Bekanntschaft, wie er mit der seiner Schwester in Florenz geprotzt habe. Er sähe in dem vorei li- gen Verzweiflungsschritt nichts Gutes. Triukwassernot! AuS Hamburg wird gemeldet: Der niedrige Wasserstand der Elbe bedroht die Stadt Altona mit Trinkwassernot. Der Magistrat hat die Einwohner angewiesen, sich mit genügend Trink wasser zu versehen, da möglicherweise schon morgen Mangel an Trink wasser eintrete. 75 VOV Francs unterschlagen. AuS Brüssel wird gemeldet: Wegen Unterschlagung von 75 000 Francs wurde der Kassierer der hiesigen Banque de Reports verhaftet. Er hatte einem entlassenen Be amten der Bank, mit dem zusammen er unglücklich spekuliert hatte, 75 000 Francs am Schalter auSgezahlt und dann behauptet, die Summe sei ihm aus der Kasse entwendet worden. Sein Komplize ist mit dem Gelbe flüchtig. Hochwasser. Aus Malaga wird gemeldet: 2000 im Erdgeschoß gelegene Wcbnungen sind nicht bewohnbar, wodurch 12000 Personen obdachlos sind. Im allgemeinen hat sich jedoch die Lage gebessert. — AuS Barcelona wird berichtet: Ein Teil der unteren Stadt steht unter Wasser. Nach Schlutz der Redaktion. König AlfonS and der sächsische Hof * Dresden, 28. September. sEigene Drabtmeldung.) Nach Mit teilung von amtlicher Stelle dürste ein Gegenbesuch des Königs von Spanien am sächsischen Hose im Lause der Zeit zwar zu erwarten sein, doch liege über den Termin noch keinerlei Bestimmtes vor. Frau Toselli. . Dresden, 28. September. (Eigene Drahtmeldung) Das „Tresd Journ." meldet: Einer amtlichen Mitteilung zufolge bestätigt es sich, daß die G r ö fi iwMo n tig n o s« vor dem Stanbesamte zu London eine Ehe mit dem Tonküustler Toselli eingegangen ist. Wie wir weiter erfahren, werden nunmehr aus allerhöchsten Befehl sosorr die erforderlichen Schritte getan werben, um die Herausgabe der Prin zessin Anna herbeizuführen. * Florenz, 28. September. Die frühere Gräfin von Montignoso, jetzt Frau Toselli, und ihr Gemahl sind mit der kleinen Prinzessin Monika Pia heute früh aus Mailand hier eingetroffen und nach Fiesolc weitergereist. Der Großhcrzog von Baden s. . — Berlin, 28. September. (Eigene Drahtmcldung.) Die Trauer botschaft lief auf der hiesigen badischen Gesandtschaft ein. Die Flagge auf dem in der Lenn4-Straße gelegenen Gejandtschastshotel wurde haio- mast gehißt. Dem Kaiser ist die Nachricht vom Tode des Großherzogs bereits zugegangen. * Dresden, 28. September. (Eigene Drahtmeldung.) Der Gesandte Frhr. v. Friesen übermittelte der badischen Regierung das Beileid der königlich lächsischen Regierung. Voraussichtlich wird König Friedrich August persönlich an den Äeisctzungsfeierlichkeilcn m Karlsruhe teilnelimen. Militärische Personalien. Berlin, 28. September. (Eigene Drahtmeldung.) In die Re- daktion der „N o rd d eu ts ch e n A l l g e m c i n e n Zeitung" tritt am 1. Oktober als militärischer Beirat der bisherige Chef der kriegs- geschichtlichen Abteilung II des Großen Generalstabes, Generalleutnant v. Leszynski, ein. Die Chesstelle der Kriegsschulabteilung II ist dem Oberstleutnant im Großen Generalstabe Friedrich, bisher Lehrer an der Kriegsakademie, übertragen worden. Bayerischer Landtag. * München 28 September. (Eigene Drahtmcldung.) Tic Kam mer der Abgeordneten wählte mit großer Mehrheit zum Präsidenten Dr. v. Orterer, zum Vizepräsidenten Juchs, veidr vom Zentrum, wieder. Cs ist die Neuschaffung einer zweiten Vizepräsidentenstelle be- absichtigt, welche.alsdann den Liberalen überlassen wird.. Der ewige Ausgleich. * Pest, 28. September. (Eigene Drahtmeldung.) Gras APponyi äußerte sich in seiner gestrigen Rede bei der Zusammenkunft der Un abhängigkeitspartei auch über den Ausgleich und führte aus, ein ge rechter Ausgleich sei für Ungarn und Oesterreich gleich wünschenswert. Für keinen der beiden Staaten sei cr jedoch so unbedingt notwendig, daß er diesen um jeden Preis erkaufen und daß Ungarn einfach kapitulieren müsse. Die Rcgiermna werde bei der Eröffnung des Reichstages die öffentliche Meinung.:über die Lage eingehend aufklären. v. Iswolsky. * Wien, 28. September. (Eigene Drahtmcldung.) Der russische Minister des Auswärtigen, Iswolsky, ist gestern abend von Schloß Buch lau, wo cr dem österreichischen Botschafter in Petersburg, Grafen Berchtold, einen Besuch abgestattet hatte, wieder zurückgekehrt. Antimilitaristen. r-- Paris, 28. September. (Eigene Drahtmeldung.) Sämtliche Unterzeichner der antimilitaristischen Plakate und Flugschriften, in denen die Soldaten zuun Ungehorsam und die Rekruten zur Fahnen- flucht aufgefordert wurden, werden nunmehr gerichtlich ver folgt. Die 3 Personen, welche die Maueranschläge angeheftet haben, sind auf frischer Tat ertappt wordeu. Sic wurden verhaftet. Die Todesstrafe. * Paris, 28. Septeutber. (Eigene Drahtmcldung.) Die Pariser Geschworenen überreichten gestern am Schlüsse der September- session dem Gcrichtsvräsfdcntcn eine Eingabe, in der bedauert wird, daß den Beschlüssen der Geschworenen nicht genügend Rechnung getrogen worden ist. Die Aufrechterhaltung der Todesstrafe wird dringend gewünscht. ----- 2V0NM Kronen unterschlagen. . „ -^Pest, 28. September. (Eigene Drahtmcldung.) Die Inhaber der Danksirmä Ri eß <L F k schwer, Ludwig Rieß und Max Fischer, beide aus Pest gebürtig, sind nach Unterschlagung von 200 000 Kronen flüch tig geworden. Die zuständige Strafbehörde bat gegen dieselben einen Haftbefehl erlassen. Ludwig Rieß ist von mittlerer Statur und spricht ungarisch und deutsch: Max Fischer von kleiner Statur, spricht ungarisch, deutsch, englisch und italienisch. Hochwasser - Katastrophe. (S. Neues a. a. W.) — Madrid, 28. September. (Eigene Drahtmeldung.) Große Uebcr- schwemmungen in allen Teilen von Spanien haben aroßen Schaden an gerichtet. In Almogia stürzten 30 Häuser ein. Dort wurde auch der Friedhof überschwemmt. Die neu eingegrabenen Särge schwimmen auf Len Fluten. Ein entsetzlicher Anblick! In M a l a g a wurde das Haupt postamt überschwemmt. Tausende von Briefen und Paketen gingen ver loren. Der Eisenbahnverkehr ist überall unterbrochen. Ein Eisen- bahnzug wurde durch den Einsturz einer Brücke unter Erbmassen begraben. 75 Personen haben dabei ihr Leben eingebüßt. — Toulon, 28. September. (Eigene Drahtmeldung.) An Bord des Panzerschiffes „Victor Hugo" platzte gestern eine Granate. Verletzt wurde niemand. Ter Schaden ist gering. Letzte Handelsnachrichten. Berliner Rachbörse vom 28. September, 2 Uhr 45 Min. Kredtiaktten Franzosen Lomvardrn Disconlo Deutsch« Vanl SandclSges. DreSdn. Bant Darmil. Bank Nationaldank Schaaffhausen Sommrrzbanl Lübecker Prinz Heinrich 203,—Warlch.-Wien — : vucno« Aires 142.— Vairtmor« > 42,30^»Argentinier 30,50 C anada ! 154,80, Lynam.-TruN 1/3.40 Pennsylvania 114,—/Nvrdd. Lloyd 231,87 MUlclmeerd. >75,— Hamb. Vackctf. 157,75 Mcrtdtonalv. .130,— Hansa Dampf. 143.20 Goltharb — Ah NetchSanl 124,12 Spanier — SO"/» Anatolier 121.50 3-i, Poriugtes. 66,75 Ortenldadnen 141.50 4'^ Shlucsen — «r.Beri.Stratz 130.50 Zapancr : 40,40 Russisch« vanl — Unii. Türken ! — >9o2er Russen 130.20 lückenlose 146,25 Wiener Vanlv. i — lOest.LLndcrbk. — .Laurahüne 152,87! I orlmunder Il3,37>Bochumer 124,12,Sodenlodewk. 124.25 Gclscnltrcheu 84.50,L>arpencr — Lonsolidation 114.25 Luxemburger 175.50 Ryetn. Stahl 124,75 LdUon 134'75 Schwächer. 22S.50 211>5 l 86,75 205.— 207^ 436,— 156.- 178.50 145,12 leipziger Bühne«. Sv>elvlan vom 28. Levtembrr bis 7. Lktober I »v. — Opern-Prem. «SD. — Operettea-Prcm. «v. — Schausp.-Preui. — Saltsvie!. IlM — Reu einstud. —Srmaft. Preis«. MV — Haide Preise. V.-V.verein« oorii «roe» Thcuirr «Ites Identer Tch»«f»t«ltan» treue« Lptt.-rkcaker Sonntag 4 Ser.(braun). « Salome. 8o>mt»g Nackim.l-gUdr: V.-V. Ein Fallissement. Abends Uyr: Farinelli. 8onnt»g Rachm. Uhr: V.»V. La« vcrlorcneParadtcs Abends <1, Uhr: Abschied vomRegimcnl. Di-iitpltn. 8or,ntaz Nachm. » Udr: V.-V. Gespenster. Abends 8 Uhr: Der Zigeunerdarcn. «emtng I. Scr. lgrün» 8V Auf dem kynast. vorher: il »- Am Ende. «ontrg Die lustige Witwe. ksontio Abschied vom Regimen! Disziplin. «nnlag Ter Ztgcuncrbaron. VI«»»t>g 2. Ser. trat) Figaros Hochzctl. 0i«n,t»g Ul'. Des Meeres und der Liebe Wellen vien«t»g »v Woftltälige Frauen. vienslag T«r Zigcuncrdaron. ältttn,ockii.Scr iwettz) SiL. Die Abreise. Hierauf: Hänse, und iitrclel. «Itkevyd Im weiften Röftl. «tttnwed Abschied oomReatment. Tis^plin. «ittieocd Der Zigcuncrbaron. 0onn«e»t»g4. S < braun) Torquato Lasso. 0van«rrt»g „'S PoussterschlSftl'. vonnaertaa Ut». Der Kaufmann non Vritrdln. llonnee«t»g Der Zigeunerdaron. fieolt», 1. Ser. iarün). «. Tannhäuser se«lt»g MV. Jugend. 5e«N»g Dt« Grobe Gemeinde beettsg Der Ztacunerbaron Smm»d«n0 2. Ser. irol). «uf dem kynast. vorder: Am Ende. SoonidonN »vr. Lin Walzertraum 8oai>»denll 4V. Der Lowaianicil. 8onn»ven<i Ter Zigeunervaron. Sonnt», 8. Ter. iwetß). dl«. Der Bardier von Tevwa. Hierauf: Wiener Walzer. S«mt», Nachmittag« >>,8 Udr: V.-V. DU Meere« und der Lied« Wellen. Abend« Uhr: »in Walzeriraum. Soontag Nach«. 2 Uhr Sgmonr. Abend« Udr: Der Löwenanteil. Sonntag Nachm. 3 Uhr: V V Da« Glück im Winlcl. Abend« 8 Uhr: Ter Zigeunerdaron. «ont»g 4.Ser.,braun-. Der Btderpelz. tkont», Sin Walzerrraum Gvnt»g «vntsg für: Volttv M. »ruck, de« allgemeinen Dell und vdiftestund«« C. Mittler, dt« HandelSzeilunz LS. Schtttz«, da» Feuilleton 0. Mole, Mufif S. Sport und Sertchtssaai I. Ha«rscU>. gar den Inserateutetl U. Sretschnetder. Sämtlich ta Leipzig. Druck und vertag don «. Potz M Leipzig. Die doriieoeade Nummer u»s«ßt 6 Seite«.
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