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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.09.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070930013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907093001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907093001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-30
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Morgen-AudgabeL. vezsgS-Prrtt Ar Ltipxla md Bormn» durch mrjer« träger uud Spedttru« tn» Hau» -rbrachtr Alltgade ä luur morgrul) viertrtjthrlich S iN., mouatNch 1 »i.; iludgabe » (morgen» unt> abend«) viertel, jährlich 4.50 M., monatlich 1.50 w. Durch di« Poft bezoaen: (2 mal täglich) innerhalb Deutlchland« und der drutichen Kolonien dterteljährlich 5,25 M., monatlich 1,75 M. onlichl. Post, bestcllgcld. sür Oesterreich S L SS d, Ungarn ö L vierteljährlich. Abonnement^lnnabme: Uugustn-Platz 8^, bet unseren lrägeru, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Stummer kostet K) Psg. Redaktion und Lxvedtti«»: Johannirgass« 8. rüevhon Str. 14692, Nr. 14S90, Nr. I46S4. Berliner Redaktion« -Bureau: Berlin d!>V. 7, Prinz Loui« Ferdinand» Straße I. Telephon 1, Nr. 9275. HMr Tageblatt Handelszeitung. Ämtsvlatt des Rates und -es Rolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen Preis fär Inserate au« Leipzig und Umgebung di« Sgespaltene Petitzeile L Ps., iinanzielle Anzeigen 30 Pf., NeNameu 1 M.; von auiwärt« 30 Ps., Reklamen 1.20 M. vomAu»land5OPi., finanz. Anzeigen 75Ps- Reklamen 1.50 M. Inserate ». Vchärden im amtlichen Teil 40 Ps. Beilngegebübr 5 M. p. Tausend exkl. Post, gebühr. Geichäst-anzeigen an bevorzugter stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Festertetlie Aufträge können nicht zurück- gezogen werben. Für da» Erscheinen an vesummtrn Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Augustu«platz 8. bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen de» In» und Au»lante«. Haupt Filiale Berliu: Earl Dunck: , Herzog!. Bahr. Hofbuch- handlung, Lützowstrastc 10. (Telephon VI, Nr. 4603). Nr. 271. Montag 30. September 1907. 101. ZahMnq. Das wichtigste vorn Tage. * Um das Andenkendes verewigten GroßherzogsFried- rich von Baden in der Sächslschen Armee zu ehren, hat der König bestimmt, daß sämtliche Offiziere auf drei Tage Trauer anlegen. (S. Letzte Dep.) * Der Kaiser von Oesterreich verlieh dem russischen Mi nister des Auswärtigen Iswolski das Großkreuz des Stephan- Ordens. * „Echo de Paris" meldet aus Tanger, daß General Drude Nachricht von Verhandlungen des Med l u n a sta m m e s über die Bedingungen eines allgemeinen Friedens erhalten hat, und daß der Maid der Mediunas bereit sei, die französischen Bedingungen anzunehmen. * In Persien wird der Schah mit Absetzung bedroht, wenn er nicht der türkischen Invasion entschieden entgegentritt. sS. d. bes. Art.) * In Berlin stind gestern die Schlußsitzung des internatio nalen Kongresses für Hygiene und Demographie statt. sS. Letzte Dep.j * Bei den gestrigen Radrennen in Spandau ereignete sich ein schwerer Unfall, wobei Walthour eine schwere Gehirn erschütterung davontrug,, ein Mann der freiwilligen Sanitäts- kolonne getötet wurde. Die Mächte rrnö -ev Persisch-türkische Konflikt. lVon unserem Londoner L.-Korrespondenten.j Ob die Teilung Persiens das Vorspiel zu einem russisch-türkischen Konflikt sein wird, und ob wir nicht der Aufrollung des Problems des nahen Ostens augenblicklich viel näher sind, als diese stillen Herbsttage ahnen lassen, diese Frage beschäftigt gegenwärtig die Kenner Persiens lebhaft. Zumal diese Frage aufs engste mit der Zukunft der Bagdad- Lahn zusammenhängt. Die Bagdadbahn soll von oberhalb Mosul durch das Tigristal nach Koweit sich erstrecken. Die persisch-russische Linie soll sich von Jausa am Aras direkt nach dem Persischen Golf ausdehnen. Welche dieser Bahnen soll nun die wirtschaftliche und politische Erschließung dieser reichen Länder in die Hand nehmen? England, Rußland, Deutschland, Persien und die Türkei haben sich darüber auseinanderzusetzen. Diese Auseinandersetzung hat vorläufig für Rußland das lebhafteste Interesse. Tenn die türkisch-persische Grenze läuft mit seiner Eisen bahn fast in deren ganzer Erstreckung und nur in kurzer Entfernung parallel. Von Mosul bis zur Lahiangrepze, 30 Meile« südwestlich vom Urmia-See, marschiert eine Karawane 8 Tage; von Ushnu ostwärts führt ein zweitägiger Marsch zu der Eisenbahntrasse. Nördlich von dieser, auf der türkischen Seite, ist das Land ausschließlich von Kurden bewohnt, unter denen sich die letzten Neste der ostsyrischen, nestorianischen oder chaldäischen Christen befinden. Auf der persischen Seite ist das Land reich bewässert, außerordentlich fruchtbar, gut bewaldet und stark bevölkert, aber imstande, ein Vielfaches der gegenwärtigen Bevölkerung zu ernähren. Der Sulduz-Distrikt, südlich vom Urmia-See, ist als Weizengebiet bekannt; 30 Meilen reiches Weideland trennen den Bezirk von der Ebene von Urmia, dem „persischen Paradies", einem üppig bewässerten Gartenland, das Weizen, Tabak, Melonen, 30 verschiedene Sorten Trauben hervorbringt und der Sitz einer uralten, mit der Zoroaster-Verchrung verknüpften Kultur ist. Der Urmia-See ist von drei Hochebenen umgeben: Mergawan, Tergawan und Bradost, hauptsächlich von Kurden, aber auch von Christen bewohnt, die den verhaßten Kurden als Holzfäller und Wasserträger dienen müssen. Von deren Handarbeit und der Plünderung der Urmia-Ebene, welche die persische Regierung nicht mehr zu schützen vermag, leben die Kurden. In Tergawan gibt es einige christliche Ort schaften von kriegerischem Charakter, die sogar Kurden als Diener hal ten, und wenn einmal eine feige persische Truppe sich in die Gegend wagt, von dieser als Pläirkler requiriert werden. Urmia erinnert sich heute noch mit Entsetzen des Kurden^Schciks Obeidullah, der die Ebene im Jahre 1881 völlig ausplünderte; sein Sohn Saddik war der Schrecken der Grenze bis zu seinem Tode im Frühjahr. Die Schecks lassen den feinsten türkischen Tabak von den Christen lohnfrei bauen und sind durch den Tabaksschmuggel vielfache Millionäre geworden. Diese drei Ebenen sind im Sommer von den türkischen Garnison städten Dirza, Bashkalorn und Van leicht zu erreichen. In Lalujan sind die Türken vor 2 Jahren, in Mergawan und Tergawan vor 18 Mo naten eingezogen. Das Komische an diesen Plünderzügen besteht darin, daß nicht nur die Türken, sondern auch die Perser alles ableugneten. Die Türken ließen sich in Aubs nieder und fordern ihre Steuern von den Dörfern bis auf 4 Meilen östlich von Urmia ein!' In Bradost sitzt seit vielen Jahren ein türkischer Grenzposten mindestens 5 Meilen nach Persien hinein. Vor 4 Jahren baute der Scheck von Shamsdin eine Karawanserei in Saru, angeblich für Handelszwecke; sie wurde aber nie benutzt, bis die Türken sie besetzten. Die persische Regierung sandte einen Beamten hin, um zu protestieren. Er kam aber zurück und beschwor, daß Saru in der Türkei liegt. Mit dem Verdienst kaufte er sich dann den Posten als Vizegouverneur von Urmia. Inzwischen ist die Situation nun dadurch verschärft worden, daß der nominelle Besitzer der Kurden-Dörfer in Tergawan und Mergawan sie bei der Russischen Bank in Persien verpfändet hat, um alte Schul den zu bezahlen, und daß derselbe Kosakenoffizier, der seit 20 Jahren dies persische Kosakenregiment in Teheran kommandiert, seit Ende Juli die Verwaltung dieser Pfänder übernommen hat. Bekanntlich kam es Ende desselben Monats zu einem Zusammenstoß zwischen den persischen Truppen unter Mejd-es-Sultaneh und den Türken, der für die Perser unglücklich ausging; eine zweite persische „Armee" von 10000 Mann ist „spurlos verschwunden". Die Türken haben sich außerordentlich ruhig verhalten, auch die Kurden zu zügeln verstanden, aber ihre Zahl hat er heblich zugenommen, und in den letzten beiden Monaten haben sie Truppen in Masse an der Grenze zusammengezogen. Die Russen ihrer seits haben Truppen bei Kars konzentriert. Die Türkei scheint einem Kriege nicht abgeneigt. Sie erklärt, daß die Expedition unter Mejd-es-Sultaneh sowohl als die zweite unter Firman Firma religiöse Motive verfolgt hab«; sie sucht den alten Gegensatz »wischen türkischen und persischen Mohammedanern, zwischen Sunniten und Schiiten, wieder auszunühen. Das Bedenklichste ist aber, daß der Türkei seit dem russisch-japanischen Kriege von dem Respekt vor Ruß land ein gut Teil abhanden gekommen ist, und daß eventuell die Kon stantinopler Partei, welche wünscht, daß die Türkei als dritter, wenn auch verspäteter Teilhaber bei der Teilung Persiens sich melde, das Schwert des Großtürken in Bewegung bringen kann. Es ist aber auch denkbar, daß ein solches Nachspiel der ersten Teilung Persiens durch eine Konferenz vermieden wird, worauf dann auch die Frage der russisch persischen Bahn und ihres Terminus am Persischen Golf angeschnitten werden würde, der Bagdadbahnfrage zum mindesten präjudizierend, wo möglich sie entscheidend. Die persisch-türkische Grenze ist vielleicht im Augenblick die interessanteste Gegend der Welt. * In einem Interview des persischen Gesandten in Berlin durch einen Vertreter des.„Berl. Tagebl. hat dieser sich über den persisch-türkischen Konflikt geäußert: Die Streitigkeiten über die Zugehörigkeit einzelner Dörfer und Flecke an der Grenze, zur Türkei oder Persien, datieren schon seit Jahr hunderten. Nun haben aber die türkischen Truppen in der Provinz Sawutsch-Bulak Landstriche besetzt, die stets zu Persien gehörten und niemals strittig waren: Die Türken wollen die jetzige unruhige Lage in Persien benutzen und persisches Land annektieren. Nur dem ruhigen Blute der persischen Regierung ist es zu verdanken, daß bis jetzt noch keine Zusammenstöße von Truppen stattgefunden haben. Das persische Volk legt diese friedfertige Gesinnung der persischen Regierung als schwächliche Nachgiebigkeit aus, und daraus ist es auch zurückzusühren, daß es in verschiedenen Landesteilen zu bewaffneten Erhebungen ge kommen ist. Sollte die Zurückziehung der türkischen Truppen nicht bald erfolgen, so wären Zuiammenstöße unvermeidlich, denen möglicher weise auch eine Kriegserklärung folgen könnte. Die Erregung über die türkische Invasion in Persien ist zu groß, und die Regierung wäre schließlich gezwungen, dem starken Drucke des Volkes nachzugcbcn. Die Türkei hat wohl offiziell die Zurückziehung ihrer Truppen an- aekündigt, es wäre im Interesse des Friedens sehr zu wünschen, daß die hohe Pforte diesmal ihren Worten auch die Tat folgen läßt. Die Erregung des persischen Volkes hat inzwischen eine scharfe Wendung gegen den Schah genommen. Aus Teheran wird telegraphiert: Eine Versammlung von Par lamentsmitgliedern verlangte die Absetzung d e^s Schahs wegen seiner Unfähigkeit. Eine Abordnung forderte den Schah tatsächlich auf, durch Handlungen die Neuordnung der Dinge anzuerkennen oder ab zudanken. Soeben konferiert der Schah mit dem englischen Ge sandten. Wenn das Parlament nicht die Schwierigkeit der inter nationalen Anerkennung des Nachfolgers einsähe, wäre der Schah heute bereits abgesetzt. — Der Botschafter will natürlich die Unpopularität des Schahs nicht gelten lassen. Ueber den englisch-russischen Vertrag hat er sich auch geäußert: Der kürzlich abgeschlosiene englisch-rnss'fck'e Vertrag wird auch sür Persien eine Periode der Beruhigung dringen. -Persien halte in den letzten Jahren unter dem Antagonismus der beiden Mächte sehr viel zu leiden. Es war gewissermaßen der Pufferstaat, der den Druck von Nord und Süd aushalten mußte. Jetzt hat Rußland seine Pläne, sich am Per sischen Golf sestzusetzen — wenigstens für absehbare Zeit — aufgegeben, die beiden Großmächte haben ihre Interessensphären genau abgegrenzt und dabei die politische Integrität Persiens garantiert. Vor dem russisch-japanischen Kriege hat der russisch-englische Jnteressenkampf sich lähmend auf das Land gelegt, jede Konzession sür Eisenbahndauten, Erschließung von Bodenschätzen usw., die Angehörigen des einen Reiches verliehen wurde, sand an dem diplomati chen Vertreter der anderen Macht den heftigsten Widerstand. Doch damit ist es jetzt hoffentlich endgültig vorbei. Es kann auch als feststehend angenommen werden, daß der Vertrag die kommerziellen Rechte anderer Mächte re spektiert, denn Persien wünscht mit allen Staaten auf freundschaftlichem Fuße zu leben. Auch Deutschland beginnt für Persien immer größeres Interesse zu zeigen, diese Bestrebungen werden in persischen Regierunaskreisen durchaus gefördert, denn Deutschland erfreut sich infolge seiner politischen Uneigennützigkeit im Lande bedeutender Sympathien, und man legt den größten Wert darauf, mit diesem mächtigen Reiche die herzlichsten Beziehungen zu pflegen. Die Telephongebuhren Refsvrir. Was bisher über die Absichten des Rcichspostamtes, die Tele- phongebühren zu reformieren, in die Oeffentlichkelt gedrungen ist, ist nur zu sehr geeignet, die allgemeine Kritik hervorzurufen. Danach soll zunächst die Pauschale in Wegfall kommen und ersetzt werden durch eine Gesprächsgebühr, die je nach der Anzahl der in einem bestimmten Zeitraum zustande gekommenen Gespräche auf 3 bis 5 Pfg. normiert ist. Zur Registrierung der Gespräche soll ein automatischer Zähler in Anwendung kommen. Motiviert wurde die Notwendigkeit dieser Re form einmal dadurch, daß bei dem jetzigen Abonnement, wo eine Pau schale für die beliebige Benutzung des Telephons bezahlt wird, die jenigen im Nachteil seien, die es weniger oft in Anspruch nehmen. Eine allgemeine Verbilligung sei jedoch gegenwärtig unmöglich, da die Vcr- waltungskostcn in noch höherem Maße gestiegen seien als die durch die größere Verbreitung bedingten Einnahmen. Das Argument, daß die Reform aus Gerechtigkcitsgründcli cingc- führt werden solle, damit diejenigen, die das Telephon und damit den ganzen Beamtenapparat weniger in Anspruch nehmen, auch weniger zu zahlen hätten, hat auf den ersten Augenblick Bestechendes an sich. Nun darj man nicht vergessen, daß das, was hier seitens der Postverwaltung geltend gemacht wird, sich mit demselben Rechte auf alle Abonnements anwenden läßt, ohne daß man sich jedoch bisher, und zwar sehr richtiger Weise, dazu entschlossen hat, die Abonnements abzuschufscn. Ein Kauf mann, der mittels der Straßenbahn täglich zum Geschäft hin und zurück fährt, erspart im ganzen Monat nur 1 bis 2 ^l., während ein Ge schäftsreisender in der Großstadt sein Abonnement zehnmal und darüber ausnutzt. Die großen Vorzüge, die ein Abonnement besitzt, sind >m Grunde genommen denn doch zu schwerwiegend, als daß man nicht diese kleine Ungerechtigkeit mithin in Kauf nehmen sollte. Wohl aber steht zu befürchten, daß durch eine derartige Reform vie Ausgaben für die Verwaltung und sür Neueinrichtung ins Boden- lose wachsen werden. Tenn naturgemäß ist es mit dem automatischen Zählapparat nicht getan, vielmehr hat der Teilnehmer das Recht, zu beanspruchen, daß ihm ohne seine Schuld zustande gekommene falsche Vcrbindunaen nicht angercchnet werden, und er wird aus diesem Rechte um so mehr bestehen müssen, als er ja nach der Einrichtung dieses automatischen Zählapparates jede falsche Verbindung aus seiner Tasche bezahlen müßte. Außerdem aber wäre bei dieser Reform sicher zu er- warten, daß die Zahl der Teilnehmer, nachdem eine besondere Gebühr nicht mehr erhoben wird, ins Endlose wachsen würde und daß infolge- dessen die Reichspostverwaltung zu umfangreichen Neuanlagen sich ge zwungen sähe, die sich nicht rentieren würden, da eine ganze Anzahl derartiger Teilnehmer den Apparat vielleicht nur ein- bis zweimal cm Tage gebrauchen würden. Auch würde diese Neuerung die Einstellung eines bedeutend höheren Beamtenpersonals zur Folge haben, da natur- gemäß ein Beamter oder eine Beamtin nur eine beschränkte Anzahl von Nummern überwachen kann. Ter Beamte würde voraussichtlich weniger zu tun haben als früher, dafür würde aber der Erlös aus den Gesprächen auch ein wesentlich niedriger sein, so daß diese Neuerung auch hier eine Steigerung der Ausgaben zur Folge haben würde. Eine derartige außerordentliche Steigerung der Zahl der Fernsprechteil- nehmer wäre aber kaum wünschenswert und entspräche auch nicht dem Bedürfnis. Jedenfalls aber wäre cs unangebracht, daß diejenigen Elemente, die das Telephon zu geschäftlichen Zwecken ost gebrauchen, unter diesen Liebhabertelephonistcn zu leiden hätten. Will die Re:chs- postverwaltung sich zu einer Neuerung entschließen, so wird sie doch auf jeden Fall daran festhalten müssen, daß eine Grundgebühr erhoben wird, die den Anlagekosten einer Leitung, ihrer Instandhaltung und Amortisation einschließlich des Apparates entspricht. Für die Be nutzung des Telephons wäre außerdem eine jedesmalige Gesprächs- gebühr zu erheben — bei denjenigen Teilnehmern, die den Apparat wenig benutzen. Sie würden den Gegenwert darstcllen für die jedesmalige Bedienung des Apparates durch die Beamtin. Tagegen muß unbedingt daran festgehalten werden, daß das bisherige Abonnement der Voll- teilnchmer weiter bestehen bleibt. Eine Reform, wie sic angeblich nach den in die Oesfentlichkeit gedrungenen Gerüchten geplant wird, ist ein Produkt des grünen Tisches, dem man von vornherein ein sicheres Fiasko in der Wirklichkeit Voraussagen kann. Deutsches Reich. Leipzig, 30. September. * Zum Tode des Großherzogs Friedrich. Auf Befehl der Groß- Herzogin-Witwe wurden am späten Nachmittag des Sterbetages alle An- gehörigen des Haushalts, auch die auf der Mainau beschäftigten Arbeiter, an das Bett des Verstorbenen geführt. Der Großherzog ruht im weißen Sterbehemd, die Hände sind über der Brust gefaltet. Am Abend wurde die Bettdecke mit weißen Rosen übersät. Auf dem Nachttisch steht ein schön geschnitztes Bild des Erlösers. Ein im Dienst ergrauter Kammer- lakai hält die Wache. Ein Eichensarg, der den Zinkjarg aufnehmen sollte, war bei einem Tischler in Konstanz bestellt worden. Der Auftrag wurde zurückgezogen, da der Paradesarg aus Karlsruhe erwartet wird. Unter diesen Umständen erfährt auch die Ucberjührung der Leiche nach Karls-» ruhe eine Verzögerung. Die städtischen Behörden in Konstanz wurden gegen Abend benachrichtigt daß die Uebersiihrung von Montag abend aus Mittwoch früh verschoben sei. Ter Großerzog wird seine letzte Reise auf dem Dampfer antreten, den er zu Lebzeiten stets bevorzugt hat: „Kaiser Wilhelm" von der Bodensceschissahrt wird in ein Trauer schiff umgcwaudelt, die auf dem See fahrenden Schiffe und Kähne wer den dem Kondukt in respektvoller Entfernung folgen. Wenn die Leiche von dem Hügel, auf dem das Schloß liegt, zum See getragen wird, wer- den die Bewohner der Insel und die Schisser der Nachbarschait Spalier bilden. Ein Kommando des Jnfantcrie-Ncgiments „Kaiser Fred rich III." hat die Wache vor dem Schlosse bezogen und stellt die Ehren posten. Der Depeschcnvcrkchr ist ein jo enormer geworden, daß das Schloßtelegraphenumt nicht mehr anSreichl. Die Bcileidsdspcfchen werden dem Hofmarschallamt in Bündeln vom Haupttelegraphenami in Konstanz zugestellt. Am Abend um 6 Uhr fand in der Schloßtirche die Hausandacht statt. 'Der Hof erschien in tiefer Trauer. Der Prasiocnt des Oberkirchenrats, I). Helbing, gedachte in einem kurzen Gebete des Verblichenen. * Sachsen und der Mittellandkanal. Ueber die Bedeutung des Ausbaues des Mittellandkanals für Sachjen schreibt die „Sacysijche Industrie", Organ des Verbandes Sächsiicher Industrieller, in ihrer Nr. 24 vom 25. September folgendes: Unter dem Gesichtspunkte, Laß es für die Zukunft der sächsischen Industrie von hohem Werte sein muß, auch wieder eine ausgedehntere Versorgung mit Steinkohle zu ermög lichen, ist mehrfach von berufenen Kennern der sächsischen Vcrkchrsver- hältnissc auf vie preußische Kanalfrage verwiesen worden. Der frühere Generaldirektor der „Kette", Tr.-Jng. Bellingrath, und der ver storben' Syndikus der Dresdner Handelskammer Schulze, haben wiederholt nachgcwiescn, daß die Ablehnung der preußiichen MitteUand- kanalvorlage auch für die sächsische Industrie sehr bedauerlich war. Be kanntlich hat sich Preußen unter dem Zwange der Mehrheilspartcicn des preußiichen Abgeordnetenhauses begnügt, im Kanalgesetze rom 1. April 1905 nur den Bau eines Kanals vom Rheine zur Weier, mit Stichkanat bis Hannover in Angriff zu nehmen. Mit jenem Gesetze wollte das preußische Abgeordnetenhaus den alten Plan des Mittelland kanals endgültig begraben. Aber es scheint, daß jener Plan trotzdem gegenwärtig wieder eine Art Auferstehung feiert. Aus dem rheinisch westfälischen Kohlengebiete kommt die Mitteilung, daß in Dortmund eine Vereinigung sehr angesehener Industrieller gegründet worden ist, die erneut in eine Agitation sür den Mittellandkanal eintretcn will. Ter Widerstand gegen jenen Plan innerhalb der Mehrheit des preußischen Abgeordnetenyauses dürste an Schärse verloren Haven, seit die neuen Handelsverträge und die Aufrechterhaltung der Grenzsperren für Vieh die wesentlichen Wünsche jener Mehrheit auf Jahre hinaus sehr reichlich befriedigt haben. Nach einer Zollerhöhung, die für Roggen und Weizen 40 bis 50 Prozent ausmacht, wird auch dem extremsten Agrarier der Mittellandkanal nicht mehr wie früher nur als ein ge- täörliches „Einfallstor sür argentinischen Weizen" erscheinen können. Für uns in Sachsen wird cs von nicht geringem Werte sein, wenn jene erneute Agitation für den Mittellandkanal, die jetzt in Dortmund ein- setzt, bald an Boden gewinnt. Tie sächsische Industrie hat jenen groß zügigen Plan von jeher mit großer Wärme verfolgt, den Plan, für den insbesondere der Kaiser jahrelang seine Tatkraft — leider bisher ver geblich — einsetzte, vom Rheine zur Elbe und ostwärts weiter bis zur Weichsel eine große, leistungsfähige Wasserstraße durch Deutschland zu bauen. Eine solche Wasserstraße, die quer durch Deutschland unsere nordwärts führenden Ströme verbindet, würde es ermöglichen, daß auch den mitteldeutschen Industriegebieten die Zufuhren von den großen Kohlenlagern des Südostcns und Nor'owestens voll zugute kommen. Die Steinkohlenlager in Oberschlesien und im Ruhr- und Saargebict sind jetzt infolge ihrer geographischen Lage zum Teile gezwungen, große Kvhlenmcngen über die Rcichsarenze hinaus abzugebcn. Zum Beispiel betrug die Steinkohlenausfuhr im Jahre 19(16 nahezu 20 Millionen Tonnen im Werte von einer Viertelmilliarde Mark, und dies in einem Jahre, da im Jnlande beständiger Kohlenmangel herrschte! Der Bau eincs Mittellandkanals wird cs ermöglichen, daß die an den Grenzen gelegenen Stcinkohlengcbiete ihre Vorräte mit Hilfe billiger Watser- tracht dem Jnlande in erhöhtem Maße zutühren können Insbesondere sür die Industrie Sachsens wäre es höchst wertvoll, wenn Rnhrkoyle aw dem Kanäle bis Magdeburg und von da auf der Elbe verhältnis mäßig billig beranaebracht werden könnte. Tann würde der verstärkte Wettbewerb vorteilhaft auf die Kohlenpreise einwirken Vorüber» oeheni Störungen im Braunkohlenbczuge, wie sie z. B. schon wieder holt durch Streiks hervorgerusen worden sind, könnten alsdann nicht mehr von so großer Tragweite sein. Die genannten Bestrebungen der rbcinisch-westsalischen Industriellen dürften daher auch in der sächsischen Industrie viel Sympathie finden! * Der Streit «m die Feuerbestattung. Die Frage der Fenerbestat- tung im Hagener Krematorium kam, wie bereits gemeldet, vor dem Bc- zirksausschuß in Arnsberg zur Verhandlung. Es klagte, so wird der „Köln. Zta." des näheren geschrieben, der „Verein für Feuerbestattung zu .Hagen gegen die Hagener Polizeivcrwaltung auf Aufhebung der be kannten Verfügung, die dem Verein die Verbrennung menschlicher Leichen untersagte, weil dadurch die öffentliche Ruhe, Sicherheit und Ordnung gestört werden könne. Der Rechtsbeistand dcS Klägers, Justizrat Dickerhoff-Hagen, wandte vor dem Bezirksausschuß ein, daß die ange-
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