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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.10.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-10-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071004024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907100402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907100402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-10
- Tag1907-10-04
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Abend-Ausgabe 8. Bez«gL-Pre» Auzeigeu-Prei» KGigtrTGtblM rr. tag Nr. 275 Freitag 4. Oktober 1907. ol,. an. Hal. d. Sim Nr. tnS- 13 «8. N . Baste, tunnrr Zirgl« lisa- h'r- Soie. Bor- »rg: »nhilt, zu i«t zu cht zu issen. 'S tags von 1V1. Jahrgang Lurl nner- ngen amen. > rt der ä 84 irden. Lgabe ttirat :rden. >r«70 : Ge- 4roo Lrnst ohiis, tttke, »di» !«l. in c>n Handelszeitung. Isimtsvlatt des Rates und -es Vottzeiamtes -er Lta-t Leipzig Haupr Stlialr vrrli» Carl Luncki Herzog!. Baqr. Hosbuch- handlung, Lützowstrabe lO. Srlephon VI. Rr. 4M3). Feuilleton. Lheaterle«te an- Zeitangsmenschen. Don Staatsanwalt Dr. Kurt Heinzmann (Leipzig).*) Deutsches Reich. Leipzig, 4. Oktober. * 3« den Gerüchte» von einer abermalige» Vermählung des Königs Friedrich Au inst wird uuS aus Dresden ^schrieben: Es war vorauSzuiehen, daß die Wieberoerheiratung der Gräfin Montiguoso auch die Gerüchte von einer zweiten Heirat des KömgS Friedrich Auaust würde wieder aufleben lassen. Tatsächlich sind denn auch in Wien bereits Meldungen aufgetaucht, wonach der Könia beabsichtige, sich mit einer preußischen Prinzessin zu verloben. Die Wiener „Zeit" läßt sich dies sogar aus Dresden schreiben mit der Einleitung: Die hiesigen Die „passive Resistenz". Nus Prag wird uns geschrieben: Die passive Resistenz der vier böhmischen Privatbahnen: der Staatseisenbahngesellschaft, der Nord- Westbahn, der Buschtiehrader und der Aussig-Tcplitzer, macht sich schon kühlbar, wird aber noch empfindlicher werden, wenn Freitags die volle Resistenz sowobl bei Personen- als auch bei Lastzügen eintreten wird. Vorläufig werden die Personen befördernden Züge rechtzeitig abgelassen, aber durch Anhäufung von Lastwagen in den einzelnen Stationen trat von selbst auch bei diesen eine Verspätung ein, so daß am Mittwoch tu Tctschcn und Bodenbach alle Zugsanschliisse versäumt wurden. Böse würde die Sache für die Zuckerindustrie werden, wenn die Resistenz länger als bis Sonntag anhaltcn würde. In Böhmen gibt es 86 Zucker fabriken, die den Betrieb im Laufe des Oktober aufnehmen. Durch die Verschleppung der Zufuhr der Rübe und Kohle könnten die meisten Fabriken gezwungen werden, vorläufig noch zu ruhen, wodurch ein un geheurer Schaden erfolgen würde, abgesehen davon, daß bei Eintritt von Frühfrösten die frei auf den Feldern lagernden Rüben verderben könnten. Auch der Kohlenexport würde leiden. So konnten im Jahre 1905 bei der damaligen passiven Resistenz 600 Waggons täglich weniger zur Elbe kommen. Die Bahncn haben einigermaßen Abhilfe getroffen, indem sie bei Eilgütern eine dreitägige, bei anderen Gütern eine sechs- tägige Zuscblagsfrist gemäß der ihnen nach dem Rctriebsreglement zu stehenden Rechte verfügten und die Aufnahme und Beförderung neuer Güter einstcllten. Die ganze Bewegung wäre nickt möglich, wenn iu Oesterreich eine der Neuzeit und ihren Verkehrserfordernissen em- sprechende Betriebsordnung statt der aus dem Jahre 1850 stammenden provisorischen geschaffen worden wäre. tär Inserate au» Leipzig und Umgebung dl« Sgespaltene Peiltzeile 25 PI, ftnanziell- Lnzeigen 30 Pi., Reklamen t M.; von autwLrti 30 Ps., Reklame» l.20 M vom Nutland bOPs., finanz. Anzeigen 7SPs. Reklamen ILO M. Inserate«. Behörden im amtlichen reillOPi. Beilagegcbübr 5 M. p. lausend exkl. Pasl. gebühr, «eschäsisanzeigen an bevorzugter «teile im Preise erböht- Rabatt nach Taris. Je st erteil le Austräge können nicht zurück- gezogen werben. Mr da« Lrschen.cn an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Auguftu-Platz 8>. bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen des In- und Aullanbet. en. — nd 16. ,«lös ch Uhr, »3010 ure. Kilian. Tagesschau. Das künftige Reichsvereinsgesetz. Zu den verschiedenen Meldungen über Form und Inhalt des künf tigen Reichsvereinsgesetzes kommt jetzt eine neue Nachricht, die, wenn sie fick bewahrheiten sollte, sehr erfreulich wäre. Die eaarzeitung" schreibt nämlich: Der Gesetzentwurf über das Vereins- und Vcrsammlungsrecht, der einen Beratungsgebenstand des im November wieder zusammen tretenden Reichstages bilden wird, enthält nur wenige Paragraphen in knapper Form. Die in manchen württembergischen Kreisen aus gesprochene Befurch tung, es könnte durch die reichsgesetzliche Legislative unser gutes württembergisches Vereins- und Versamm lungsrecht verschlechtert werden, ist nicht zutreffend. Die Ab- sicht der Reichsregieruna geht, wie wir zuverlässig erfahren, dahin, bei der reichsgesetzlichcn Regelung im wesentlichen die württem bergischen Verhältnisse als erreichbares Muster dienen zu lassen. Die Meldung des „Berliner Tageblatts", daß er schwerte Bestimmungen in der Hauptsache nur für Versammlungen mit fremdsprachigen Reden innerhalb des Deutschen Reiches vorge sehen seien, haben wir Grund, für eine unzutreffende Kombi nation zu halten. Das württembergische Vereins- und Versammlungsrecht ist freilich nicht das liberalste, das wir in Deutschland haben, es sieht immer noch vor, daß eine Versammlung entweder vorher öffentlich bekanntge macht oder bei der Ortspolizeibehörde angcmeldet wird, während in Hessen sogar dieser Zwang fortfällt. Allein, die Einführung etwa des württembergischen Gesetzes wäre schon ein erfreulicher Fortschritt. Nur fragt es sich eben, ob die Meldung der „Neckarzeitung richtig ist, und wie weit dann im einzelnen bei dem reichsgesetzlichen Entwurf die württembergischen Verhältnisse als „erreichbares Muster" gedient haben werden. Im Banne des Polcntnms. Die „Germania" gibt eine lange Reihe polnischer Zeitungsäuße- rungen wieder, in denen gegen Bischöfe und Papst der unehrerbietigste Ton angeschlagen wird. Das Berliner Zentrumsblatt bedauert diele Tonart, die den Polen unmöglich die Sympathien der deutschen Katho liken gewinnen könne, ist jedoch himmelweit davon entfernt, aus den Ergüssen des polnischen Fanatismus die gebotenen politischen Folge rungen abzuleiten. Denn die „Germania" führt u. a. aus: „Ihrer Sache werden sie (die Polen) damit (mit den leidenschaftlichen Angriffen gegen Bischöfe und Papst) schwerlich dienen. Im letzten Grund trägt an diesen Ausschreitungen aber einzig und allein die hakatistische Polen- voliti' die Schuld. Möge die Regierung nur nicht vergessen, daß am letzten Ende nicht die Kirche, sondern der Staat den Schaden zu tragen haben wird. Aus den vorstehenden Ausführungen lder polnischen Presse) kann sie sich auch ein Bild von den Erfolgen machen, die sie erreichen würde, wenn es ihr gelänge, auf den Posener Erzbischofsstuhl einen den Polen nickt genehmen deutschen Geistlichen zu bringen." Eine bester« Wirkung als diese Schlußfolgerung der „Germania" kann sich die polnische Hebpresse wahrlich nicht wünschen! Es heißt geradezu das Polentnm zu wilden Angriffen gegen Bischöfe und Papst Alltäabe ä (pur morae»3) vierttljähriich 3 mo»-iüch 1 Autaabc U (morse»» uiw abmds) dtertrl» jHrltch 4.S0 moiLtUch ILO M. D»r<b tzczoae» <2 mal tätzlich) imirrhald De-tscklcmd« und der deutsche» Kolonien vierteljährlich 5,25 M., «o-allich I.7S w. auNchl. Post bestellgeld kür Oesterreich v L «ü d, Ungar» 8 L vierteljährlich. Abonnenuat-Annahou: Angnstnäplatz 8, bei unseren Träger», Filialen, Spediteuren uod Annah mrst^llcn^ ^wie Poftäultern und Die einzelne Rümmer kostet N) Johaunitgasse 8. Televho» Rr. 146V2. Rr. 14685, Rr. 14634. lverliner Redaktion« Bureau: Berlin UV. I. Prinz Louis Ferdinand- ' Straß« I. Telephon I, Rr. 3275. Die Presse ist zur Großmacht in unserem öffentlichen Leben ge worden. Schritt für Schritt hat sie sich neben Schule, Theater und Parlament einen guten Teil jener Stellung als Volksbildungsanstalt er worben, die früher die Kirche käst allein einnahm und die sie allmählich — sei es nun durch Schuld ihrer Vertreter oder lediglich infolge ma terialistischer Zeitströmungen — immer mehr zu verlieren scheint. Jede Institution, die das Volk beherrschen will, muß mit dem Steigen der Kultur und Aufklärung vorwärts schreiten. Und in der Tat haben Presse und Theater ganz besonders im 19. Jahrhundert glänzende Fortschritte gemacht. Presse und Theater unterstanden früher gemeinsam der Polizei zensur. Für die Presse — maßgebend ist für sie das Reichspreßgejetz vom 7. Mai 1874 — ist seit 1848 in den deutschen Staaten die Zensur mit Recht gefallen. Für das Theater aber hat sie sich gehalten. Und in der Tat kann hier die Zensur segensreich wirken, wenn sie ver ständnisvoll und mit weiser Mäßigung geübt wird. Denn zum Zirkus und Tingeltangel soll die deutsche Schaubühne durch Geschäftsjpekulan- ten nicht erniedrigt werden. Eine vornehme, literarisch gründlich gebildete und unbestechliche Presse hat für das Gedeihen der Bühne ungemein großen Wert. Ein Kritiker, der ^unge Talente als Dichter und Komponisten, als Dar steller und Sanger verständnisvoll fördert, der ein unterdrücktes Genie vor dem Fluch der Vergessenheit nachdrücklich bewahrt, der als kluger Gärtner unkünstlerische Treiopflanzen und Auswüchse mit geschickter Hand beschneidet, der taktvoll den rechten Mittelweg zu finden weiß zwischen seichter Lobhudelei und gehässigem Herunterreihcn, der warme ->-» e r.-._ --- . ein solcher Segen stiften zwischen seichter Lobhudelei und gehässigem Herunterreißen, Herzenstone auf der Palette hat für ein echtes Kunstwerk — weiser, feinfühliger Richter im Reiche der Musen kann S« ohne Ende. Andererseits aber können minderwertige Preßvertreter, die sich gar zu bezahlter Reklame oder Schikane erniedrigen, der Kunst schweren Schaden tun. Glücklicherweise sind ja Fälle, wo die Reklame oder Schi kane ganz unverhüllt bezaklt wird, nicht gerade häufig. Bet einem Pro- zesse wurde z. B. festaestellt, daß ein sehr bekanntes italienisches Sänger- ehepaar einem deutschen Journalisten jährlich sechstausend Mark ledig lich dafür bezahlte, daß er Reklamenotizcn, sogenannte „Waschzettel , überall, wo das Paar gastierte, in die Presse lancierte. All das „Inter- essante , was wrr in regelmäßigen Zwischenvausen zumeist im „Ver mischten" über einige Pariser Bühnensterne lesen, entckrinat zu einem nicht geringen Teile solcher „geschmierten" Reporterphantasie. *) Vgl. desselben Verfassers „Deutsches Lheaterrecht", München 1905, C. H. Beck, t Aber auch viel, viel kleinere Bühnenlichter leisten sich gern solche souveräne Arroganz. Grundsätzlich, so versichern sie feierlichst am Bier tische jedem, der's hören oder nicht hören will, lesen sie nie, nie, was Feder- kiel, dieser Idiot, wieder einmal über sie zusammcngeschmiert hat! „Lieber Gott!" lPose: linkes Bein vor, rechter Arm hoch, ivvialer Augen aufschlag) „was kann ich — ich! — von diesem Kretin lernen!" Notabene: „Er" liest es trotzdem im stillen Kämmerlein mit fliegender Hast, bebend vor ohnmächtiger Wut. . . . Gar nicht zu verkennen ist übrigens, daß die Preßfreiheit, die aller dings um keinen Preis geschmälert werden darf, denn sie ist mit dem Parlamentarismus die beste und fast einzige Zensur unseres gesamten öffentlichen Lebens, dock) auch schwere Schaden im Gefolge hat. Ein Schriftsteller, ein Künstler kann in der niederträchtigsten Art kritisiert und schikaniert werden, ohne daß ihm der Strafrichter beistehen kann. Günstigenfalls erhält der malitiöse Rezensent ein paar Mark Geld strafe, und ein schwer geschädigter oder gar verlorener künstlerischer Ruf erscheint dem Gesetze oder vielmehr der Gerichtspraxis als gesühnt. Glücklicherweise halten ja die Zeitungen über besonders grobe Miß griffe ihrer Konkurrentinnen selbst zuweilen ein ziemlich strenges Ge richt ab. Liegt doch überhaupt in der Konkurrenz der Blätter einige Garantie für einen gewissen Ausgleich in Lob und Tadel. Auch der verantwortliche Redakteur und der Verleger werden allzu temperament volle Ausfälle des Rezensenten eindämmen, schlimmstenfalls auch den Kritiker fallen lassen, wenn er dem Rufe des Blattes schadet. Die Forderung einer Berichtigung auf Grund des 8 11 des Preßgesetzes vom 7. Mai 1874 wird von dem Betroffenen vielfach des halb nicht benutzt, weit Berichtigungen leicht einen kleinlichen oder komischen Beigeschmack haben. Oft wird auch erst dadurch die Wirkung der streitigen Stelle erböht. Der erwähnte Paragraph lautet: „Der verantwortliche Redakteur einer periodischen Druckschrift ist verpflichtet, eine Berichtigung der in letzterer mitgeteilten Tatsachen auf Verlangen einer beteiligten öffentlichen Behörde oder Privatperson ohne Einschaltungen oder Weglassungen aufzunehmen, sofern die Äe- richtiaung von dem Einsender unterzeichnet ist, keinen strafbaren In halt hat und sich auf tatsächliche Angaben beschränkt. Der Abdruck muß in der nach Empfang der Einsendung nächst folgenden, für den Druck nicht bereits abgeschlossenen Nummer, und zwar in demselben Teile der Druckschrift und mit derselben Schrift, wie der Abdruck des zu berichtigenden Artikels, geschehen. Die Aufnahme erfolgt kostenfrei, soweit nicht die Entgegnung den Raum der zu berichtigenden Mitteilung überschreitet; für die über dieses Maß hinausgcbcnden Zeilen sind die üblichen Einrückungsgc- büyren zu entrichten." Gefehlt wird bei dem Verlangen einer Berichtigung meist insofern, als die Richtigstellung von Behauptungen gefordert wirb, die nicht „tat sächliche Angaben" sind. Hat z. B- ein Kritiker berichtet: Herr Müller habe eine Rolle verfehlt aufgcfaßt oder Fräulein Sckulze mache in einer Partie eine schlechte Figur, so sind dies im Sinne deS Gesetzgebers Ur teile, aber keine Tatsachen. Eine Richtigstellung kann also nicht ge fordert werden. Das wichtigste vom Tage. Die Empfänge am Namenstage Kaiser Franz Josefs find abgesagt, da die Unpäßlichkeit des Kaisers noch nicht ge hoben ist. (S. Ausl.) * Zwischen GeneralDrude und dem spanischen Komman danten bei Casablanca ist es zu einem scharfen Konflikt gekommen. lS. Ausl.) * Eine russische 14)-Millid n e n a n l« i he in Paris ist gescheitert. iS. Ausl.) Bläiter melden — usw. Tatsächlich bat davon bis jetzt in keinem ein- zigen Dresdener Blatte etwas gestanden, und die ganze Meldung scheint wiener einer Sensalionsfabrik zu entstammen, deren Eneugnisse schon mehr als einmal unverdienterweise die Runde durch die Presse gemacht Halen. Zum Beweise dafür, wie widersinnig das Gerücht von einer 'bevorstehenden Verlobung des Königs mit einer preußischen Prinzessin ist, fei nur darauf hingewiesen, daß auiendlick- lich überhaupt nur zwei unverheiratete Prinzessinnen von Preußen vor handen sinv: die 1892 geborene Prinzessin Viktoria Luise, die Tochter des Kaiseipaares, und die 1890 geborene Prinzessin Viktoria Margarete, Tochter des Prinzen Friedrick Leopold und Enkelin des Prinzen Friedrich Karl von Preußen, der auS den Feldzügen als „der rote Prinz" be kannt ist. Beide dürften in diesem Falle schon nach dem Lebensalter kaum in Frage kommen, ganz abgesehen davon, daß auch ein Ueberlriit zum katholischen Glauben vorhergchen müßte. In- sosern llang ein im März d. I. ausgetretenes Gerücht schon wahrscheinlicher, das die Prinzessin Adelgunde von Bayern, die 1870 geborene Tochter des Prinzen Ludwig und Enkelin des Prinzregcnten Luitpold von Bayern, als künftige Königin von Sachsen nannte. Ucbrigens brauchen die Schwierigkeiten der kirchlichen Lösung der Ehe des Königs Friedrich August mit der Gräfin Moniignoso, nun mehrigen Frau Toselli, jetzt um so weniger erörtert zu werben, als es seil der zweiten Vermählung deS Prinzen Johann Georg von Sachsen an einem äußeren Anlaß für eine zweite Heirat des Königs fehlt. Wenn auch Königin Carola wegen ibres Alters und ihres Gicbileidens sich nur noch in AuSnabmesällen die Erfüllung der Repräsentatione- pflichten zumuten kann, so stehen doch dem Dresdener Hose für diese Aufgaben jetzt zwei fürstliche Damen zur Verfügung: Prinzessin Maihilde, die Schwester des Königs, und Prinzessin Johann Georg Wenn also früher Wohl als Grund für eine zweite Heirat deS Königs u. a. das Fehlen einer Repräsentantin am Hose angeführt wurde, so in dieser Grund nunmehr hinfällig geworden. Man sollte daher allgemein so viel Takt besitzen, die Person deS wahrlich schwer genug geprüften Königs jetzt nicht in die Erörterung zu ziehen und die Entwickelung der D,ng: ruhig der Zukunft überlasten. * Zum Tode des badischen GrotzhcrzagS wird gemeldet, daß die Gesamtzahl der zur Beisetzung am 7. Oktober in Karlsruhe einlreffeu- den Fürsllichkeiien etwa 50 betragen wird. Die Beisetzungsfeier wird mit einem Gottesdienst in der Schloßkirche eröffnet. Daun folgt die Uebersührung der Leiche unter Glockengeläut und Kanonendonner zur Grabkapelle, wo nur noch eine kurze Trauerandacht stattfindet. Truppen eiöffnen und beschließen den Trauerzug Im Zug selbst geht die Geistlich keit voran, eS folgen die Flügeladjutanten des Großherzogs, die Träger der Insignien, dann der sechsspännige Leichenwagen, zu beiden Seiler je zwei Kammerherren, an den Ecken die vier las Bahrtuch tragenden Generale; daS Leibpferd des GroßberzogS wird dem Sarge nachgesübrt. Der Großherzog mir den Fürstlichkeiten wird dem Sarge folaen. Es folgen die Angehörigen der Hofgesellschaft, die Abgesandten sinstlicber Personen, das diplomatische Korps und Vertreter fremder Staatsregie rungen und Armeen, die behandelnden Aerzte, die Hofbeamten, das Präsidium deS Reichslags und die Präsidenten und Mitglieder der Ständekammern, die Staatsbeamten, die kommandierenden Generale deS 14., 15. und 16. Armeekorps, die militärischen Abordnungen, die Bürger meister und die Deputation der Stadt Karlsruhe, die sonstigen Abord nungen und die Dienerschaft. * TlaatSsekretär Dornburg ist mit dem NegicrungSdampfer in Savani eingetroffen. Bei dem gestrigen Empfang einer Abordnung der wirtschaftlichen Bereinigung in Ufambara, die aus den Herren von Saint Paul, Reichel und Wiese bestand, erklärte der Staatssekretär sich bereit, in Zollsragen einige Zugeständnisse zu machen. Zur Regelung der Beziehungen zwischen den Arbeitgebern und Arbeit nehmern werde ein Eingeborenen-Kommissar für Ufambara ein gesetzt werden; ferner fei eine Neuordnung der Anwerbungen von Arbeitskräften im Seengebiet in Aussicht genommen. Dem regel- ermunlcrn, wenn aus jenen Angriffen der Schluß gezogen wird, daß ein den Polen nicht genehmer deutscher Geistlicher den Posener Erzbischofs stuhl nicht besteigen darf. Wahrscheinlich kannte die vortrefflich organr- siertc Polenprestc ihre Pappenheimer vom Zentrum, als sie Bischöfe und Papst ins Kreuzfeuer nahm: die Besetzung des Posener Erzbistum- ist gegenwärtig die Achse, um die die großpolnische Agitation sich dreht. Die Erfolge, die ein den Polen willkommener Erzbischof, der selbst- verständlich in den Spuren des Herrn v. Stablewski wandeln müßte, gegen den preußischen Staatsgedanken davontragen würde, machen der „Germania' offenbar keine Sorgen! Wenn aber das Berliner Zen- trumsblatt behauptet, daß bei einem Zerwürfnis zwischen Kircke und Polentum nicht die Kirche, sondern der preußische Staat den Schaden tragen werbe, so denkt hierüber der „Kuryer Poznanski" wesentlich anders. Schreck* dock das genannte Polenblatt bei der Erörterung der Möglichkeit, daß die erregten Preßangriffe gegen Bischöfe und Papst di? Einigkeit zwnmen X'irche und Polentum zerstören könnten: „In diesem Falle würde aber das preußische System Triumphe feiern, die cs sich bisher nickt hat träumen lassen . . . Dieserhalb müssen wir das Gleich gewicht und das Maß halten, damit wir nickt selbst dem preußischen Svstcm in die Hände arbeiten und die Erreichung seiner Ziele er- leichtern." Die „Germania' gibt auch die vorstehenden Auslassungen wieder, stellt sich jedoch ohne jede Auseinandersetzung mit ihr auf den einfachen Standpunkt, die Einschüchterung der Negierung im polnischen Interesse zu versuchen! Häufiger noch finden sich verhüllte Bestechungen. Künstler werden z. B. in einer Weise angeborgt, daß beide Teile ziemlich genau wissen, daß eine Rückzahlung nie beabsichtigt ist. Ein Berliner Musikkritiker aber ließ sich von jungen Künstlern, deren Konzerte er zu rezensieren hatte, für einzelne „Vortragsstunden", die er ihnen kurz vor dem Auf treten gab, recht erhebliche Honorare zahlen. Wenn Künstler einem Kritiker, dem sie manchen ehrlichen Wink verdanken, gelegentlich einmal ihr Bild oder dergleichen widmen, so wird kern Verständiger daran Anstoß nehmen. Selbst eine Einladung zu einer fröhlichen Tafelstunde wird, wenn bereits eine gewisse Intimität besteht, kaum den Blick eines anerkannten Rezensenten trüben — am allerwenigsten dann, wenn sie aizf Gegenseitigkeit beruht. Heikler ist schon das Thema der Bevorzugung von Unternehmen, die Inserate auf- geben, im Interesse des Verlages. Bedenklich ist auch die Gepflogenheit, daß einzelne „Gastspiel-Virtuosen" — übrigens der Ruin des ständigen Ensembles an manchen Bühnen — am Schlüsse oder gar schon am An fänge eines Gastspieles einen namhaften Betrag der Peusionskassc der Journalisten des betreffenden Ortes überweisen — so sehr man auch diesen erst im Werden begriffeuen Humanitären Anstalten eine reichere Dotierung wünschen möchte. Selbst Wohltätigkeitsauffübrungen zu- gunsten dieser Institute find von diesem strengen Gesichtspunkte aus nicht ganz unbedenklich — es müßten sich denn ganze Bühnen oder Künstlergruppen einheitlich daran beteiligen, oder aber es müßte sich um Künstler handeln, deren Ruf bereits so stark gefestigt ist, daß selbst der Schein eines Bestechungsversuches ausgeschlossen ist. Man denke nur vergleichsweise daran, was deutsche Richter tun würden, wenn Prozeßparteien die Unverfrorenheit besitzen sollten, ihnen in irgendeiner Form etwas zuzuwcndcnl Der einzige solche Fall, der wohl in den letzicn Jahrzehnten in Richterkreisen ans Tageslicht kam, hatte fünfjährige Freiheitsstrafe im Gefolge. Sollte nicht auch die Presse nach einem solchen starken Standesehrgefühl ringen? Beinahe ebenso bedauerlich aber, wenngleich weit weniger verwerf lich, als die wirkliche Bestechlichkeit, ist cs, wenn die Prelle, besonders in Kulturzentren, sich immer mehr in „Cliquen" zu zersplittern droht, indem auch in der Kunst unselige Parteipolitik getrieben wird — für oder gegen einzelne „Richtungen", Bühnen oder Künstler erklärt. Gerade der Dichter muß die Freiheit haben, seiner Phantasie unbeengt die Zügel schießen zu lassen. Nicht sklavisch darf er sich an eine bestimmte „Richtung" ketten. Spaltet sich auch die Presse in Cliquen, so wird die Kritik für Autoren, wie für das Publikum ziemlich wertlos. Einer der welterfabrensten und geistvollsten Berliner Schriftsteller versicherte z. B. dem Verfasser, er leie keine einzige Kritik über seine eigenen Arbeiten mehr: denn er wüßte ja im voraus ganz genau, welcye Blätter ihn verherrlichten, auch wenn er recht Mäßiges schriebe, und welch« Journale ihn um jeden Preis herunterrissen oder gar ganz ignorierten. — in Kunst und Literatur ist ja Totschweigen oft noch eine schlechtere Zensur, als selbst die bissigste Kritik — auch wenn er sein Bestes böte. Jammerschade eigentlich, daß ein so lieber Greis, wie der Kammergerichtsrat Ernst Wichert, zu diesem Ende kommen mußte. Und Sudermann schlägt in seiner Studie „lieber die Verrohung der Theater- kritik" sogar noch schärfere Töne an.
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