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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.10.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071005025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907100502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907100502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-10
- Tag1907-10-05
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Oktober, in den Ruhestand getreten war, ist plötzlich an einem Herzschlag gestorben. * Eine Annäherung in der ö st c r r e i ch i s ch - u n g a r i s ch e n Ausgleichsfrage ist bis zur Stunde nicht erfolgt. (S. Ausl.j * Der Rückzug der Spanier aus Casablanca wird als be vorstehend angckündigt. (S. Ausl.j * In Dresden hat in verflossener Nacht der Tischlergchilfc Noglcr von seinen beiden Schwägerinnen die jüngere ermordet und die ältere schwer verletzt. Er selbst nahm sich darauf das Leben. (S. Sachsen.) Tagesschau. Aus der preußischen Unterrichtsverwaltung. Man schreibt uns: In Sachen der Verhütung von Unglücksfällen beim Rudersport hat das Kultusministerium den beteiligten Stellen eine Verfügung des Königsberger Provinzial-Schulkollegiums zur Kenntnis gebracht. Darin lehnt letzteres den Antrag eines Gymnasialdirektors ab, den Schülern das Segeln ohne Begleitung von Eltern oder Lehrern allgemein zu verbieten, bzw. dem Direktor die Ermächtigung zum Erlaß einer entsprechenden Verordnung zu erteilen. Das Provinzial-Schul- kolicgium begründet seinen Standpunkt u. a. folgendermaßen: „Die Schule würde ihre Bestimmung und Befugnis überschreiten, wenn sie mit Rücksicht auf mögliche körperliche Gefahren dergleichen an sich ge sunde Hebungen der Kraft, der Geschicklichkeit und des Mutes verbieten wollte, so lange nicht durch sic eine Pflicht, deren Erfüllung die Schule zu überwachen l>at, verletzt oder die sittliche Erziehung der Jugend ge fährdet wird. Die Verantwortung muß in diesem Falle den Eltern oder deren Stellvertretern überlasten bleiben. Sache der Schule aber ist es, ihre Zöglinge vor gefährlichem Leichtsinn zu warnen und die verant wortlichen Stollen an ihre Verantwortlichkeit zu erinnern." Als zulässige Zeitdauer der täglichen häuslichen Arbeit der Schüler höherer Lehranstalten galt seit dem Erlaß von 1884 für Sexta 1 Stunde, sür Ouinta IV? Stunde, für Quarta und Untertertia 2 Stunden, für Obertertia und Untersekunda 2^ Stunden, für Obcrsckunda und Prima 8 Stunden. Eine Verfügung'des Posener Provinzial-Schulkollegiums bezeichnet diese Regelung als das Höchstmaß der täglichen Arbeitszeit, welches nicht erreicht werden dürfe, wenn die Schüler noch Nachmittags unterricht haben, und empfiehlt für die altsprachliche Lektüre, das neue Pensum enwcber in der Klasse vorzubereiten oder nur extemporieren -u lasten. Tas Kultusministerium hat sein Einverständnis mit diesem Standpunkt bekundet, indem cs dic beteiligten Stellen von der Posener Versügung in Kenntnis setzte. In derselben Weise bezeugte das Kultusministerium seine Ucbcr- einstimmung mit einer Maßregel des Berliner Provinzial-Schulüolle- giums gegen den Besuch der Kinematographcntheater durch Schulkinder. Das Provinzial-Schulkollegium hat auf die Gefahr von Sittlichkcits- verbrechen, denen Schulkinder in den Kinematographentheatern ausge- setzt sind, und auf den allgemein nachteiligen Einfluß der vielfach auf regenden Vorführungen hingewiesen, im Anschluß hieran aber es dem Lehrerkollegium zur dringenden Pflicht gemacht, die Schüler durch ernste Warnungen von dem Besuch der Kinematographcntheater zurückzuhalten und einer ungesunden Neigung dazu mit allen Mitteln entgegen zuwirken. Feuilleton. Theaterleute und Zeitungssnettsehstt. Von Staatsanwalt Dr. Kurt Hcinzmann (Leipzig). II. (Schluß.) Ueber Beleidigungen bestimmt unser Strafgesetzbuch, soweit hier in Frage kommt, folgendes: „8 185. Tic Beleidigung wird mit Geldstrafe bis zu 600 Mark oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre . . . bestraft. 8 186. Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behaup tet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigcn geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, wegen Beleidigung mit Geldstrafe bis zu 600 Mark oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre und, wenn die Beleidigung öffentlich oder durch Verbreitung von Schrif ten, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark oder mit Gefängnis bis zu 2 Jahren bestraft. 8 187. Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche den selben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzu würdigen . . . geeignet ist, wird wegen verleumderischer Be leidigung mit Gefängnis bis zu 2 Jahren und, wenn die Verleumdung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Dar stellungen begangen ist, mit Gefängnis nicht unter einem Monate bestraft. 8 188. In den Fällen der 88 186, 187 kann auf Verlangen des Be leidigten, wenn dic Beleidigung nachteilige Folgen für dic Vermögens verhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten mit sich bringt, neben der Strafe auf eine an den Beleidigten zu erlegende Buße bis zum Betrage von 6000 Mar! erkannt werden. . . . 8 192. Der Beweis der Wahrheit der behaupteten oder verbreiteten Tatsache schließt die Bestrafung nach Vorschrift des 8185 nicht aus, wenn das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Be- bauvtung oder Verbreitung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgcht. 8 193. Tadelnde Urteile über wissenschaftliche (oder) l n n st l e r i s ch e . . . L e i st u n g e n, ingleichcn Äußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrung berechtigter Interessen gemacht werden, . . . sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Aeußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, her- vorgcht. 8 194. Tie Verfolgung einer Beleidigung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. . . . Frankreich und das englisch-russische Abkommen. Unter der vorstehenden Ucbcrschrift wird das englisch-russische Ab kommen vom Pariser „Temps" in einem beachtenswerten Leitartikel gewürdigt. Das genannte Organ, dessen Beziehungen zum Quai d'Orsey bekannt sind, behandelt jenes Abkommen als den französischen Interessen völlig entsprechend und als einen Vorgang, den zu verwirk lichen die französische Diplomatie eifrig bemüht gewesen sei. Im ein- zelnen erführt man durch den „Temps", wie auf der Marokkokonfcrenz die französischen Vertreter die „Convcrsation generale" zwischen Gras Cassini, Sir Arthur Nicolison und Sir Donald Mackenzie Wallace „be günstigt" haben, und wie „diskret" Frankreich den Schwierigkeiten be gegnet, die der Zwischenfall in der Nordsee und die Erneuerung des eng lisch-japanischen Bündnisses mit sich brachte. Alsdann behauptet der „Temps", daß die Nebenbuhlerschaft Englands und Rußlands „seit einem halben Jahrhundert" von Deutschland immer gegen Frankreich ausge nützt worden fei, und malt aus diesen Hintergrund schließlich folgendes Bild: „Ein Frankreich, welches gleichzeitig auf ein verbündetes Ruß land und auf ein befreundetes England, deren alte Klagen beglichen sind, sich stützt, wird in Europa ein moralisches Aussehen besitzen, das aus ihm ein Zentrum derAnzichung machen und ihm sehr viele Krisen ersparen wird." Hier sei nur die Aufmerksamkeit auf die nicht geringen Hoffnungen gelenkt, die in Paris auf den Abschluß des englifch- russischen Abkommens gegründet werden. Dem Kerne nach berührt sich die Auffassung des „Temps" mit dem Standpunkt des Herrn Del - cassd. Dieser hat in der „Depöche de Toulouse" entweder selbst ge schrieben oder schreiben lassen, daß seine Politik auf die Herbeiführung einer englisch-russischen Verständigung gerichtet gewesen sei und nur durch den marokkanilchen Zwischenfall eine Unterbrechung erfahren habe. Stimmungen, wie sie im „Temps", in der „Depßche de Toulouse" und in anderen französischen Blättern zutage treten, sind durchaus geeignet, Deutschlands Vorsicht und Wachsamkeit zu steigern und den Zweifel daran zu mehren, daß der dcusch-französifchen Detente in absehbarer: Zeit eine weitgehende Entente folgen wird. Japan und Indien. Tie Stellung Englands in Indien ist in den letzten Jahren ersichtlich schwieriger geworden. Das lehrte die Boykottbewegung wegen der Teilung Bengalens, lehrte die letzte aufständische Bewegung, über haupt das Anwachsen der nationalistischen Bewegung. Und in den: Maße, wie der englische Einfluß zurückgcht, wächst der japanische. Die indischen Zeitungen meldeten vor einiger Zeit die Abreise von 53 Söhnen reicher muselmanischer Familien, die die Heimat verließen, um auf japanischen Schulen zu studieren, indem sie yervorhoben, daß der Aufenthalt in Japan nm dic Hälfte billiger sei als in Europa. Zudem haben die Japaner den Hindus den Zugang zu ihrem Lande erleichtert, indem sie eine direkte Tampferverblr.dung zwischen Kalkutta und Tokio cinrichteten. Von der Bewunderung japanischer Erfolge kamen dic Muselmanen naturgemäß auf die Idee, daß, wenn eine >o bedeutende Nation nicht muselmanilch sei, sie doch würdig wäre, es zu sein, und daß es nicht unmöglich sein möchte, daß sie es würde. Ein Scheich namens Mustein, einer der ausgezeichnetsten Schüler indischer Universitäten, begab sich nach Japan, um denen Sprache zu erlernen, dort den Islam zu predigen und gleich 25 Moscheen zu errichten, sür die die Geldmittei durch Subskription aufgebracht wurden. So stiehlt Japan sich in Indien heimlich die Herzen von Untertanen seines euro- päsichen Verbündeten. Ein Schlaglicht auf dic Wirkung, die der durch die englische Bundcsgenostenschaft erst ermöglichte politische Aufschwung der gelben Großmacht in Indien ausgeübt hat, wirft eine Stelle aus einer Zuschrift, die den in Schanghai erscheinenden ,,North China Daily News" von einem gebildeten Indier zuging. Da heißt es: „Tie Weißen mögen sich versichert halten, daß jener Tag sich rasch nähert, wo die Orientalen nicht mcbr dulden werden, so ohne weiteres beiseite gestoßen und beleidigt zu werden. Gerade wie sich die Europäer jetzt dazu be- gucmen müssen, die Gleichberechtigung der Japaner anzucrkennen, so sehe ich einen nicht mehr so fernen Tag kommen, wo die anderen Orientalen es den Westländern nicht mehr erlauben werden, auf sie wie auf ein inferiores Volk hcrabznsehen. Möge den farbigen Völkern solches ermöglicht werden, ohne daß sie zweihundert Millionen West länder töten." 8 199. Wenn eine Beleidigung auf der Stelle erwidert wird, so kann der Richter beide Beleidiger oder einen derselben für straffrei erklären. 8 200. Wird wegen einer öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen oder Abbildungen begangenen Beleidigung aus Strafe erkannt, so ist zugleich dem Beleidigten die Befugnis zuzu sprechen, die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen. Die Art der Bekanntmachung, sowie die Frist zu derselben ist in dem Urteile zu bestimmen." In den meisten Fällen ist also der Kritiker durch den zitierten 8 193 des Strafgesetzbuches gedeckt. Für diejenigen aber, die meinen sollten, die Künstler wären durch unsere Strafgesetzgebung völlig ausreichend geschützt, sei ohne jede tendenziöse Absicht ein Beispiel an diele Stelle gesetzt, das anfangs der neunziger Jahre in Beilin viel Staub aus wirbelte: Paul Lindau, zweifellos ein geistvoller Schriftsteller, der damals auch als Kritiker ziemlich unumschränkt in der Neichshauptsladt domi nierte, stand mit der Schauspielerin Fräulein Else v. Sch. in nahen Be ziehungen. Beide entzweiten sich späterhin. Darauf teilte der Kritiker dem Direktor des „Berliner Theaters", an dem Fräulein v. Sch. en gagiert war, mit, er werde sein Theater nicht mehr besuchen, solange Fräulein v. Sch. dort aufträtc. Direktor Ludwig Äarncm (gegenwärtig der Leiter des Berliner König!. Schauspielhauicsj wußte wohl, wie wichtig cs sür sein Theater war, daß Lindau selbst rezengertc, und ließ in der Tat Fräulein v. Sch. nicht mehr auftretcn. Kein anderes Berliner Theater wagte es, gegen das Interdikt des allmächtigen Kritikers zu verstoßen und die Verlernte zu engagierenl In diesem Falle freilich ergriffen einige andere Journalisten, die des fatalen Uebcrgcwichtcs des Gewaltigen überdrüssig waren, ziemlich energisch öffentlich die Partei der Künstlerin. Immerhin: der Fall lag so, daß weder der Zivilrichter, noch der Strafrichter der kaltgcstellteu Künstlerin beisteben konnte. Weder Lindau, noch Barnay hatten etwas formell Rechtswidriges begangen. Jeder Literat, jeder Künstler, muß also von Anfang an darauf ge faßt lein, daß dic öffentliche Laufbahn reich ist an Kränkungen, zumal sür feinfühlige Naturen. Immer schroffer wird auch der Gegensatz zwischen Tagesmeinung, durch die Presse vertreten, und zwischen Literatur-, Musik- und Theater geschichte, durch Historiker repräsentiert. Tie Presse verfügt hierbei zwar über reichere Mittel, tägliche Freiplätze und dergleichen, ist aber insofern im Nachteile, als sie schon über Nacht sofort mit ihrem lertigcn Urteile über jede neue Erscheinung am Himmel der Kunst auswärten muß, während der Historiker, unbeeinflußt durch den Erfolg oder Mißerfolg des Tages, kritischer und schärfer erst den dauernden, lieferen Eindruck eines Kunstwerkes abwnrten und beobachten kann. Wie dic Erfahrung lehrt, ist oft dic Gegenwart gar nicht fähig, ein abschließendes Urteil über den wahren Gehalt eines literarischen oder musikalischen Werkes zu fällen. lieber unsere guten Klassiker ist zu ihren Lebzeiten nicht um ein Haar weniger räsoniert worden, als beute etwa über Hauptmann oder Sudermann, über Schnitzler oder Wedekind. . . . Deutscher Reich. Leipzig, 5. Oktober. * VundesralSsitzung. In der ersten BundeeralSsitzung wurde der Ueberwcimng des Entwurf« eines Gesetzes, betreffend die Abänderung deS tz 63 des Handelsgesetzbuches, sowie mehrerer anderer Vorlagen an die zuständigen Ausschüsse zugcstimmt. Ueber die Besetzung einer Rats- stelle bei dem Reichsgericht wurde Beschluß gefaßt. Die Anöschußanträge über den Entwurf einer Verordnung, betreffend die Pensionen und die Fürsorge sür die Hinterbliebenen der Reichsbankbearnten, und über die Vorlage, betreffend die landesrechtliche Anwendung des NeichSbeamteu- gesetzeS in Eltaß-Lothringen, fanden Zustimmung. Schließlich wurde über mehrere Eingaben Beschluß gefaßt. * Zur Frage des Zusammentritts des vreutzischen Landtags er fahren wir von amtlicher Stelle folgendes: Es darf als ausgeschlossen gelten, daß der Landtag noch in vielem Jahre einberusen werden wird, freilich stehen offizielle Beschlüsse in dieser Frage noch aus. Hauvtfächlich der Gesichtspunkt, daß eme Vorlage, betreffend Erhöhung der Bcamten- aebälter, erst zu Beginn des nächsten Jahres dem Landtage zugeben lann, fällt nach dieser Richtung in die Wagschale. Es ist kein Ärociisstoff vor handen, der einen Zusammentritt vor Weihnachten möglich macht, denn auch der Etat kommt erst im Januar und die Polenvorlage liegt noch im weiten Felde. Die aus allen MinisterialrcssorlS beschickte Konferenz, welche im Abgeordnetenhause am 23. September zusammentrat, wird zwar in diesen Tagen ihre Beratungen über die Bcamtengehältervo»lagen beenden. Die Meinungen über die Einzelheiten des Entwurfs (ollen auch jetzt noch der Klarheit entbehren unv die Gegensätze zwischen den einzelnen Ressorts sind noch nicht überbrückt. Es wird deshalb noch einige Zeit vergeben, bis der Entwurf festere Gestalt angenommen haben wird. Seitens der Ressorts wird also noch eifrig gearbeitet werden müssen, da die Absicht besteht, Etat und Beamtcngehäliervorla. e gleichzeitig zu unterbreiten. Auch daS Lebrerbesoldungsgeletz, das mit dcr Beamt.noorlage in einzelnen Punlten zusammenhängt, (oll dem Landtage im Winter noch vorgelegt werden. Sehr leicht möglich wäre cS, raß unter diesen Um ständen die LandtagSeinberusung vor Milte Januar nicht erfolgen kann und daß an eine rechtzeitige Erledigung reö Eiats und der Vorlagen bis Ostern nicht gedacht werden kann, liegt fchon heute auf der Hand. 1908 fällt Ostern bereits auf den 19. März und in 2 Monaten solche wichtige Vorlagen in beiden Häusern zu erledigen, ist ausge'cklossen. Empfehlenswert wäre es unseres Erachtens, zuerst den Etat sür 1908 ohne Berücksichtigung der Forderungen für die Beamienvorlagen vorzulcgcn und später die Beamtcnvorlagen nebst einem Nachtragsetat mit den erforderlichen Mitteln zu unterbreiten. Dadurch würde die rcchtze dge Fertigstellung des Etats bis Ostern ermöglicht unv daS Wirtichajlen mit einem Etatnoige'etz fiele fort.. AndererfeitS ist an eine rechtzeitige Erledigung nicht zu denken. Die Beamkenvorlagen könnten sodann nach Erledigung des Haushalts nach Ostern zu Ende beraten unv mit rückwirkender Kraft zum 1. April 1908 angenommen werden. * Tte PensionSverfichcrung der Prtvatbeamtcn. Ter Staats sekretär des Reichöamts des Innern von Belymann-Hollweg empfing den Vorsitzenden des Deutschnaticnalen Handlungsgehilfen »Verbandes, den ReicbSiagöabg'ordneten Wilhelm Schack rn seiner Eigenschaft als geschästSführenven Vorsitzenden deS Haup'.ausschufses für die staatliche PcnsionSversicherung der Privatangestellten, dem gegenwärtig 47 Ver bände mit zusammen 727 000 Mitgliedern abgeschlossen sind. Ter Staatssekretär hob, wie die «Deutsche Zeitung" erfährt, im Laufe der Unterredung die Bedeutung des PrioalangcsteUtenverbandes hervor und äußerle sich dann üb.r die Frage der staatlichen Peusions- und Hinicr- bli.benen-Fürsorge, deren Förderung er sich angelegen sein lassen werde, in der zuversichtlichen Hoffnung, daß alle Schwi.rigkeitcn überwanden werden würden, die sich später hinsichtlich der Einzelheiten dem von den Privatangestellten gest ckten Ziele noch entzegenstellen lönnte.i. Mögen einzelne Miß- und Uebergriff« der Presse bedauerlich seiu, so bilden sie doch glücklicherweise sicher nicht die Regel. Wenige Be rufe bieten eine solche Fülle täglicher Anregungen und Aufregungen nur der des Journalisten. Rastloser, selbstloser Kampf um Wahrheit und Aufklärung ist sein Dasein. Freilich kann gar nicht scharf genug vor gegangen werden gegen eine Revolverpresse, die überhaupt nur vom Skandale lebt. Aber das Mißtrauen, das Verwaltungsbehörden, wie Gerichtspraxis öfters selbst der ehrlichsten, vornehmsten Presse entgegen- bringen, ist lebhaft zu beklagen. Ist für den Zeitungsmann ein annähernd ähnliches Privileg, wie es der Abgeordnete besitzt: straffrei seine ehrliche Uebcrwugung znm Ausdrucke zu bringen, erreichbar? Hat ihn Strafe zu treffen, wenn er sich das Verdienst erworben hat, erhebliche Mißstände mannhaft auf- gedcckt zu haben, und wenn ihn schließlich doch in nicht erheblichen Einzelheiten Zeugen, auf deren Versicherungen er sich konn kicka ver ließ, vor den Schranken des Gerichtes, unter dem Eide im Stiche lassen? Wahrt dic Presse im Sinne des oben zitierten Z 193 berechtigte Inter- essen, wenn sie Mißstände im öffentlichen Leben gutgläubig rügt? Hart bat der Kampf um diese letzte Frage getobt Noch hat der höchste Gerichtshof widersprechend entschieden. Aber es darf erwartet werden, daß die früher wiederholt erfolgte Verneinung dieser wesent lichsten Kontroverse unter den Voraussetzungen des 8 162 aufgegeben wird. Noch ist der Sieg nicht erfochten, aber er ist zu erhoffen: Schutz für den ehrlichen Kämpfer um die Wahrheit! * Berliner Theater. kGaslspiel des National-TbeaterS zu Christian ia im , Ni» Theater".) Tie Gäbe spielten hier nur Ibsen. Man s<-h Frau Johanne Tn .oid. die Björn Biörnsou sür leine Heimat vor geraumer Zeit entdeckte, inmitten ihrer nordischen Kollegen als Hilke Wangel. man sal, sie als Rebekka West, sie gab das Fräulein Regine Engstrand und Helmers Frau im Puppenbeim. Und was duichgetiend die Zuböree an dieser Art, Ibsen werden »» lassen, am meisten bcsrenwete, war die Erinnerung an Brahm. Alles auf BrahmS Bühne, wenn Jbien redet, geht still, verhalten und gedrmr- nisooll zu, Tunkles wird noch nachgedunkelt, die Helligkeit, die sicher selten ist, wirb ganz genommen. Bervönt ist daS Theater: Gleichnisse werden gesucht und Rätsel in unbestimmten Linien. Ab r die Norweger meinten, daß ouch Ibsen eigentlich sür das Tbcater geschrieben halte, und spielten ihn ohne allzu grofeS EetennniS. Sie verschmähten es, ihre Figuren von Symbolen begleitet uinherzuffihren, wollten Menschen oder Bühnenmenichrn anS den Figuren machen. Tie Symbole konnte, wer wollte, daheim Nachlesen. Kurz, sie gaben einen Jbien, der io undeull'ch wie möglich war. naben den Ibsen, der mancherlei am Aeußerlichen seiner Stücke von unseren Nachbarn, den Franrosen, delle, llno so müßte man all das kekla- matorilch« PaiboS, müßte man die Polen und Gesten, das Suchen nach den starken, betonten Worten, wiewohl vielleickt das Gegenteil von de< „MaguS" LandSIeuten erwartet war, im Grund« doch verstehen, zum wenigsten tolerieren: man soll!« in TentiÄland nicht unbedingt vorül reiben wollen, wie u.an lenseitS deS „Lessinglheater»" auch m der Fremde Ibsen zu verstehen hat
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