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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.10.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071009025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907100902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907100902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-10
- Tag1907-10-09
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Anzeigen-Preis Mr 8»jeratr an» Leipzig und Umgebung diakanpaitc»« Petitzmle 25 Ps., knanzielle Lazeige» 30 Ps., Reklamen I W.: tmo auswärts 30 Ps., Revamen 1.20 M. tnnnSurlandSOPs., ftaaaz. Anzeigen75Ps. Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behärden im amtlichen Teil 40 Ps Brilagegebübr 5 M. p. Tausend ex». Post gebühr, »eichästsanzergen an devorzugicr Stelle ,m Preise erhöht. Rabatt nach Tarn. FestrrteiUc Austräge können nicht zurü>1- grzoge» werben. Für das Erscheinen a.i bestunmten Tagen uud Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeige».Annahme: NuguftuSplatz 8 bei sämtliche» Filiale» n. allen Annonce» Expeditionen des In» »ab Auslandes. Haupt -Filiale Berlin. ikarl Duncke , Herzogl. Bahr. Hosbnch- Handlung, Lützowstraße 10. (Telephon VI. Nr. 4606). Nr. 28V Mittwoch 9. Oktober 1907. 101. Jahrgang. Das wichtigste vorn Tage. * Die Eröffnung der neuen Duma findet am 11. November natt. Es wird an dem Tage eine Amnestie fürPreßvergehen erwartet. * In Tanger hat ein Spanier einen marokkanischen Soldaten erschossen. * Der Bombcnfund im Zuge, welcher aus Sitten ge meldet wurde, wird mit einem anarchistischen Anschlag auf den Simplontunncl in Verbindung gebracht. (S. Ausl.) Tagesschau. Zur staatliche» Pensionsversicherniig der Privatangestellten gibt die vom Hauptausschusse hcrausgegcbenc Privatangestellten-Korre- ipondenz eine interessante Zusammenstellung über die Gruppierung der Verbände in dieser Frage. Danach tritt die weit überwiegende Mehrheit aller Angestellten-Organisationen für die Schaffung einer besonderen liosseneinrichtung ein und es ist deshalb mit Sicherheit anzunehmcn, ?aß der Hauplausschuß die Beschlüsse der Sicbencrkommiss:on nach dieser Richtung bestätigen wird. Die Stellungnahme der Verbände in der Frage: ob besondere .Kasseneinrichtung oder Ausbau des Jnvaliden-Ver- ncherungsgesetzes erstrebt wird, veranschaulicht folgende Darstellung: Es erklärten sich für den Ausbau des I. V. G. Add. Milgl. die des. Kassen- Einrichtung Bbd Mitgl. noch nicht entschieden Vbd. Mitgl. Insgesamt Vbd. Mitgl. Kauft». Verb. 3 43 400 8 392 700 4 15 600 15 451800 Tech». Verb. 7 60 400 2 38 500 1 3000 10 101900 Landw. Verb. 2 1400 1 8 000 — — 3 9 400 Burcaub.-Vcrb. 1 200 1 2 500 1 3 500 3 6200 Versch. Verb. 12 69 200 2 25100 — — 14 94 300 Arbeitszentr. 1 12 000 6 52 300 — 7 64 300 zusammen 26 186 600 20 519100 6 22 100 52 727 900 Danach sind also nahezu drei Viertel aller organisierten Privat angestellten für die-besondere Äasseneinrichtung, für die auch alle großen Verbände, die über 50b00 Mitglieder zählen, eintreten. Für den Aus- bau des J.-V.-G. treten vornehmlich die kleinen Organisationen ein. Bon diesen 26 Vereinen zählen 15 weniger als je 2000 Mitglieder, 9 so gar weniger als je 1000 Mitglieder. Die oppositionellen Kräfte in der dritten Duma. lVon unserem Petersburger F - Korrespondenten.) Die Regierung hat bisher auch der dritten Duma keine Wahlparole vorausgeschickt, und wird dieses Manko voraussichtlich auch nicht aus- glcichen. Das ist gewiß sehr zu bedauern. Denn wenn man von den politischen Parteien des Landes verlangt, daß sie das Visier aufschlagen, so hat man ein Recht, von der Regierung, die für die äußere Form der pnlitiea maßgebend sein soll, ein Gleiches zu fordern. So aber muß mau sich mit der Annahme begnügen, daß die Regierung entweder dem lcandc nichts zu sagen hat, oder daß sie die Bevölkerung über ihre Ab sichren absichtlich im unklaren zu lassen wünscht. Beides aber ist ein sseichen davon, daß der Geist des Konstitutionalismus noch immer nicht verstanden ist. Immerhin muß anerkannt werden, daß sich das Verständnis dafür, wenn auch noch nicht im Hause, jo doch schon intra. muros befindet. Der Teil der führenden Bureaukratie, dem die Reform der Gesetzgebung wahrhaft am Herzen liegt, hat eingesehen, daß das Gedeihen legislativer Arbeit von dem Bestehen einer überzeugungstreuen Opposition abhängig iit. Nachbeter hemmen nicht weniger, als Fanatiker. Di« Zeiten, da wcn glaubte, es sei möglich, dem Lande eine Duma abzuringcn, die sich willig des Rechtes der eigenen Ueberzeugung begebe, sind vorüber. Es fragt sich nun, wie die Opposition im neuen Hause aussehen wird. Werden die Kadetten auch in der dritten Duma allein stehen? Oder werden sie sich zu einer Fusion verstehen? Wenn nicht alle Zeichen trugen, so geht die Idee der Bildung eines konstitutionellen Zentrums ihrer Verwirklichung entgegen. Aber schon öfters stand man vor dieser Entscheidung, und jedesmal gab es ein Fiasko. Man wird also höchstens ein zweifelndes Hoffen wagen dürfen. Nur so ist es wohl zu erklären, daß die von den Kadetten im Stiche gelassene radikale Linke, die sich einst zur Freundschaft der Kadettenpartei rechnen durfte, fast vorwurfs los den Mauserungsvorbcreitungen zusieht. Sic kennt eben ihre Pappen heimer! Sie weiß, daß die kadettischc Partei im Grunde nur ein Puppentheater ^st, in dem einige geschickte Direktoren die politischen p.äden ziehen. Sie weiß, daß es mit der politischen Neberzeugungstreue dort nicht weit her ist. Sie weiß, daß in diesen Reihen die kalte Partei taktik das Regiment führt. Darum die kaltblütige Ruhe der Linken. Leicht möchte cs geschehen, daß der Wind umschlägt. Und vom numerischen Standpunkte aus sind die Kadetten jedenfalls nicht zu unterschätzende Bundesgenossen. Auch die rechte Seite des Hauses wird der Regierung eine scharfe Opposition bringen. Hier freilich wird nicht mit Gründen gekämpft werden, sondern mit den Schlagworten dcs Haßes und des Fanatismus. Lange schon hat sich der Kampf zwischen der Regierung und dem Ver bände des Russischen Volkes vorbereitet. Lange ist ihm die Regierung ansgewichen. Sie hielt die Vorsicht für den besseren Teil der Tapfer keit. So bat sich auf beiden Seiten viel Grimm und Erbitterung ange sammelt. Jetzt endlich wird losgeschlagen werden. Möge sich die Regie rung hüten, daß ihr diese Gesellschaft nicht in den Rücken fällt. Denn das ist keine loyale Opposition, wie sie wünschenswert erscheint. Das sind Bravi, die die Negierung bekämpfen, weil sic sich weigert, ihren Schandtaten die Reverenz zu machen. Schwer wird es den Regierung fallen, ihre offene Feindschaft Leuten anzusagen, die ein Ze chen an der Brust tragen, das mit der Kaiserkrone geschmückt ist. Die Polen und der Vatikan. Die Erklärung der polnischen Geistlichen aus Westprcußcn gegen den Bischof von Kulm Dr. Nosentreter spukt immer noch in der polnischen Presse des In- uud Auslandes und veranlaßt die Polnischen Blätter in einer recht scharfen Weise gegen den Vatikan vorzugchen. Sogar die gemäßigten Blätter fordern unzweideutig, daß der Vatikan die Polen gegen die Hebelgriffe der preußischen Regierung in Schutz nehme. Der in Hohensalza erscheinende „Dzicnnik kujawski" meint, daß dem Vatikan auch an den zwanzig Millionen Polen gelegen sein müsse, damit diese von der katholischen Kirche nicht abfallen. Im Vatikan denke man sich aber, es sei gleichgültig, ob man polnisch oder deutsch bete, Hauptsache sei, daß die Polen ihre Pflichten gegenüber der Kirche erfüllen und den Petersvfennig zahlen. Infolge dieser Politik des Vatikans, meint das polnische Blatt, sind schon im Mittelalter Millionen Slawen germa nisiert worden. Die Polen zahlen recht gern den Pcterspsennig, sic er füllen auch vollauf ihre aus der Zugehörigkeit zu der katholischen Kirche sich ergebenden Pflichten, sie verlangen aber auch, daß der Vatikan ihre Interessen ebenfalls wahrnimmt und sic der Germanisation nicht auS- liefert. Eine Wendung zum Besseren wird erst dann cintreten, wenn die Polen die Nationalität über die Religion stellen und dem Vatikan sagen loerden: „Gut, wir wollen treue Katholiken sein, aber nock treuere Polen!" Man müsse endlich einmal den römischen Kreisen klar und deut lich zu erkennen geben, daß das bisherige gute Verhältnis zwischen den Polen und dem Vatikan eine Trübung erfahren habe, die der Vatikan beseitigen muß. Die Polen brauchen nicht zu bitten, sic sollen fordern. Auch andere polnische Blätter veröffentlichten ähnliche Artikel. Es ist eine eigenartige Wendung in den Gefühlen der sonst fanatisch religiösen polnischen Bevölkerung für das Papsttum eingetreten. Die jetzigen Ver- bältnisse sind um so beachtenswerter, als bekantlich seit beinahe einem Jahre der Posener Erzbischofsstuhl unbesetzt ist und vor kurzem auch der Gneserer Bischofssitz durch den Tod des Weihbischofs Andrzcjewicz frei wurde. Im Vatikan kann man sich immer noch nicht mit dem Ge danken vertraut machen, in Posen einen deutschen Priester zum Erzbischof zu machen. Man nennt wieder neue Namen, die wir nur der Voll ständigkeit halber hier registrieren wollen. Als neue Kandidaten treten wieder auf der vor kurzem geweihte Weihbischof Dr. Künder aus Pelptin, Domherr Müller aus Pclplin und Domherr Echaust aus Posen. Man bemüht sich in polnischen geistlichen Kreisen, den Papst zu einer freund lichen Kundgebung für die Polen zu veranlassen, und insbesondere ver armenische Erzbischof Tbeodorowicz in Lemberg in Galizien setzt seinen ganzen Einfluß aufs Spiel, um den Kardinal Merry del Val zu einer Aktion für die Polen zu veranlassen. Bisher sind aber alle in dieser Hinsicht unternommenen Versuche gescheitert, wenngleich der Papst per sönlich die Absicht hegt, die Polen moralisch zu unterstützen. Aus poli tischen Gründen ist das unterblieben. Wie wir aus bester Owlle ker- nehme«, beschäftigt man sich in den kirchlichen Kreisen in den Provinzen Posen und Westpreußen recht eingcheud mit diesen Zuständen. Eine Kundgebung steht bevor. Man ist sich bloß über die zorm der Kund- gebung noch nicht einig. Man gehl wohl nicht fehl, wenn man annimmi, daß die vor kurzem in Posen gegründete Organisation der polnischen Geistlichen auch ihren Grund eben in den jetzigen Verhältnissen hat. Diese Organisation wurde in einer in Posen im Bazarsaale abgehaltencn Versammlung gegründet, an der mehrere Hunderte polnische Geistliche aus der Provinz Posen teilnahmen. Zum Vorsitzenden wurde päpstlicher Kammcrhcrr Wawzyniak erkoren. Gemäß den Statuten sind zwar politische Angelegenheiten ausgeschaltet, und nur wirtschaftliche und soziale Fragen sollen den „Verband der polnischen Geistlichen" be schäftigen. Deutsches Reich. Leipzig, 9. Oktober. * Die Enteignungsvorlage. Die Nachricht, die Regierung wolle von der Enteignungsoorlage Abstand nehmen, da die Koniervativen auf keinen Fall dafür zu haben sein würden, wird von gut unterrichteter Seite als völlig irrig bezeichnet. Widerstand befürchtet man nur von den Freisinnigen. Es wird sogar befürckftet, daß die Freisinnigen ein solches Ausnahmegesetz mit dem Austritt aus dem Block beantworten könnten. Es frägt sich infolgedessen zurzeit nur, ob die Regierung mit Rücksicht auf die Rcichspolitik den Block einer derartigen Belastungs probe aussetzen wird. * Personalien. Der Präsident des deutschen Seefischerei vereins, Wirkl. Geh. Ober-Regierungsrat Dr. Herwig, sieht sich aus Gesundheitsrücksichten genötigt sein Amt niederzulegen. Der Kaiser, unter dessen Protektorat der Seefischereivcrcin steht, hat die Verdienste des Präsidenten Herwig durch Verleihung eines hohen Ordens besonders anerkannt. Wer an Herwigs Stelle tritt, nachdem der zu seinem Nach folger ausersehene Wirkl. Geh. Ober-Rogieruugsrat Brandt am 7. d. M. plötzlich verschieden ist, steht noch im Zweifel. — Der Präsident des Obcrlandesgerichts in Rostock, Dr. jur. Martini, ist am Sonn tag vormittag an den Folgen eines am 16. September erlittenen Schlag anfalls gestorben. Er stand seit dem 1. Januar 1900 an der Spitze des höchsten mecklenburgischen Gerichtshofes. — Der Jugenderzieher Kaiser Wilhelms H, Exzellenz Hintz Peter, begeht heute die Feier seines 80. Geburtstages. * Für nicht normal begabte Kinder. Vom preußischen Kultus- Ministerium ist eine Erhebung über die Schuleinrichtungen für nicht normal begabte Kinder schulpflichtigen Alters veranstaltet worden. Die Ergebnisse der Erhebung liegen jetzt vor. Danach gab es solcher An- stalten in Ostpreußen 4 mit 17 Klassen, in Westpreußen 3 mit 11 Klcsscu, in Brandenburg 55 mit 172 Klassen, in Pommern 5 mit 14 Klassen, in Posen 2 mit 10 Klassen, in Schlesien 17 mit 51 Klassen, in Sachsen 10 mit 58 Klaffen, in Schleswig-Holstein 5 mit 19, in Hannover 12 mit 28 Klassen, in Westfalen 31 mit 57 Klassen, in Hessen-Nassau 7 mit 36 Klaffen und in der Rheinprovinz 46 mit 115 Klassen. Die ausge dehnteste Ausbreitung hat diese Schuleinrichtunp demnach ln der Pro vinz Brandenburg und hier namentlich im Regierungsbezirk Potsdam, auf den allein 51 Schulen mit 163 Klaffen kommen. In den Regie rungsbezirken Allenstein, Stralsund, Stade, Münster, Koblenz, sowie in Sigmaringen gab es solche Schuleinrichtungen nicht. * Tie Witwen- und Waisenversicheruvg. Die „Berl. Pvlit. Nacbr." führen gegenüber der Vermutung, die geplante Witwen- und Waisen versicherung werde nicht zustande kommen, aus: Es darf damit gerechnet Feuilleton. Aus den j)ontrnisehen Sümpfen. (Von unserem römischen Korrespondenten.) Kein Wanderer, und sei er noch so lyrisch oder fatalistisch, vermag uch dem Zwange zu entziehen, die Pontinischen Sümpfe auch als Kultur- xroblem zu betrachten. Geschweige denn Leute, die durch Tempera ment oder Beruf «in mittelbares oder unmittelbares Interesse daran haben, zu schassen und neues Leben zu wecken. In der Tat hat es in keiner geschichtlichen Periode an Studien und praktischen Bemühungen cicsehlt, um das Pontinische Territorium von der Stagnation zu befreien. Plinius versichert, daß bis zur Hälfte des fünften Jahrhunderts, von ver Gründung Noms an, das Pontinische Territorium immun war vor llcberschwcmmungen, und er erklärt die unvermutete Bildung von Sümpfen aus einem vulkanischen Kataklisma. Titus Livius indessen verweist auf die Existenz eines begrenzten Sumpfes am südlichen Ende dcs Territoriums vor Terracina schon im vierten Jahrhundert von der Gründung Roms und beschreibt ihn bei der Erzählung vom An griffe des Fabius auf Anxur. Sicher ist, daß unter Targuinius der Sumpf nur eine verhältnismäßig sehr geringe Ausdehnung hatte, und laß das Territorium im übrigen sehr fruchtbar war so daß es eben die ahlreichcn römischen Expeditionen zwecks Herbeischaffung von Korn und Ae von Tarquinms Priscus und seinen Nachfolgern während vieler Jahrzehnte fortgesetzten Kriege gegen die Volsker, deren Macht erst fiamillus vernichten konnte, sehr wohl verlohnte. Um das Territorium stritten sich dann mit Hartnäckigkeit die Reichen und di« Plebejer Roms, die beide möglichst viel von ihm für ihr Teil zu erhalten begehrten, und -ine spezielle pontinische Tribus wurde eingerichtet, sowie eine große Heerstraße gebaut, lungainun viaruin rogina. Geschah der Bau der Heerstraße unter Appius Claudius, so war schon unter dem Konsulate ces Cetegus zu Beginn des sechsten Jahrhunderts ein» ausgedehnte Arbeit erforderlich, um den pontinische» Boden von der allgemeinen Versumpfung zu befreien. Cetegus sorgte auch für die alljährliche Säuberung der Kanäle, für die Erhaltung der Dämme gegen bas vor dringende Wasser, sowie für die Ausbesserung der Straße des Appius, c-'e in anderthalb Jahrhunderten mehr und minder nachlässiger Pflege unter der Einwirkung des Wassers argen Schaden erlitten hatte. Mer Ne Fortführung oder wenigstens die Erhaltung dessen, was Cetegus in nötiger Erkenntnis der Bedeutung der Wasserläufe und ihrer strengen ncgelung für die Beseitigung des Sumpfes und die Bonifikation dcs einst so fruchtbaren und keineswegs erschöpften Bodens geleistet batte Pick aus, und der Aufwand an Arbeit und Kosten ging wieder verloren: ?ie Betten und Mündungen der Wasserläufe verstopften sich durch oostcrpftanzen, die Dämme brachen, und die Versumpfung war wieder den Plan faßte, hier wieder zu bonifizieren, fehlte es mm schon an Landwirten, weil diese cs vor verderblichen Krankheits- i keimen nicht mehr auszuhalten vermochten, und so beschränkte sich Cäsar I wie nach ihm Nero und Domitian, die im Ncichsintcreffe vornehmlich wichtige Via Appia zu restaurieren. Nur um die Straße bekümmerten 1 sich auch Kaiser Nerva, der sie von Rom bis zum Forum Appium H pflastern und mit Meilensteinen ausstatten ließ, uud Kaiser Trajan, der ' zu Ende des ersten Jahrhunderts nach Christus sie gleichermaßen , vollenden und ein paar Brücken bauen ließ. Eine ernstere Wieder ¬ aufnahme von Bemühungen um das versumpfte Territorium selbst be-§ merken wir erst wiederum zurzeit Thcvdorichs, der einem römischen Patrizier Cecina alles Land zu eigen gab, das er zu bonifizieren ver möchte, und in der Tot brachte Cecina auf sehr weite Strecken hin ver mittels einer Wiederherstellung der antiken Wassergräben die Landwirt schaft wieber hoch. Die Invasion der Sarazenen, das Wirrsal der poli tischen Verhältnisse dank den einander bekämpfenden Eroberern und Parteien und anderes machte direkt oder indirekt auch dic^Arbeit des Cecina wieder zunichte. Die Einwohner verließen das Territorium immer mehr, die Zurückgebliebenen verzichteten auf die Bewirtschaftung der beständig vom Wasser überschwemmten Felder und befaßten sich mit Fischerei, die freilich um so weniger zur Befriedigung ihrer bescheidenen Lebensbedürfnisse ausreichte, als ein aus fragwürdigsten Rcchtstiteln abgeleiteter Feudalismus den Leuten noch besondere Lasten und Schranken aufzioang. Papst Bonifaz VIII. eröffnete dann wieder den Lauf breier Flüßchen, die bei Fogliano ins Meer mündeten. Papst Leo X. ließ auf seine Kosten und hauptsächlich vermittels der Eröffnung des Flusses Portatore, der beim Turm von Badino ins Meer kommt, ein ansehnliches Stück trockenlcgen. Indessen waren nun die Ein wohner verblendet genug geworden, um hierin eine Schädigung ihrer allmählich auf die Fischerei konzentrierten Interessen zu sehen, und, so wenig glaublich das scheint, waren doch sie selbst es, die heimlich bi« Mündung bei Badino wieder verstopften und damit die Ncber- schwemmung der gesamten trockengelegten Ländereien wieder herbei führten. Der Widerstand der Bewohner brachte auch die Bonffikations- versuche der Päpste Pius IV. und V. zum Mißlingen. Papst Sixtus V. begann im Jahre 1586 mit Arbeiten im großen Stile, stellte die Leistungen von Bonifaz VHI und Leo X. wieder her und hatte den Erfolg, ein sehr ausgedehntes Territorium wieder trocken und von zwan- zig mit ihrem Besitz belehnten Leuten wirksam bewirtschaftet zu sehen. Allein Sixtus V. starb zu früh: bald wiederholte sich nach etlichen Zwistigkeiten zwischen den Landwirten und den Fischern das frühere Spiel der Verstopfung der Wasserläufe mit dem früheren Erfolge. Auch die späteren Päpste mußten erkennen, daß mit der Bevölkerung nichts zu wollen war und eine Besserung sich mit der bisherig«!,, wenngleich technisch einwandsfreien Weise nickt erreichen ließ. Sic wagten cs nun mehr mit einer spekulativen Methode und gaben unter mehr oder minder angemessenen Bedingungen di« Bonifikation und wirtschaftliche Nutzung des pontinischen Territoriums an Heimische und noch mehr,an aus ländische Privatunternehmer. Eine holländische Gesellschaft unter l'rban VIII., ein Italiener unter Jnnoccnz X.. ein Niederländer unter Alerander VII., ein anderer unter Jnnoccnz XI., Italiener unter Jnnoccnz XII. und Clemens XI., — sie alle taten ein Jahrhundert lang, was sie konnten, aber ihre Ersolge waren durch ihre Schuld, durch die Schutz» ihrer Auftraggeber und der Bevölkerung sowie durch widrige Umstände nur geringfügig und von kürzester Dauer. Immerhin hatte die Fülle ungünstiger Erfahrungen eine klare Ein sicht geschaffen, worauf es ankomme und welches die verläßlichsten Wege zum Erfolge seien. Papst Pius VI. nahm im Jahre 1777 das Werk der volkswirtschaftlichen Gewinnung des pontinischen Territoriums planmäßig, besonnen und energisch auf. Er berief sich aus Bologna die damals angesehensten Wasserbautechnikcr. Diese hatten vor sich die gewaltige Aufgabe einer Trocknung von nickt weniger als 17 000 Hektar dauernd und äußer diesen nicht weniger als 20 000 Hektar während der Winter- und Frühjahrszeit überschwemmten oder versumpften Landes. Sic machten einen neuen Kanal längs der Via Appia, die „Linea Pio" und richteten ihn als die Hauptachse des pontinischen Entwässerungs systems ein. Sie stellten das Werk Leos X. wieder her, schufen ein Netz von Gräben, Flußläufen und Kanälen in bestimmten regelmäßigen Ab ständen und Verhältnissen und leiteten so das Wasser von den Terri torien ziemlich unmittelbar in die Abflußwegc, die ihrerseits die Mög lichkeit zu der den Einwohnern so wichtigen Fischerei nunmehr reichlich darboten. Der päpstliche Staatsschatz^wurdc durch diese Arbeiten um hie relativ ungeheure Summe von 2 Millionen Scudi 70 Millionen Francs erleichtert. Als dann Pächter in die bonifiziertcn Ländereien eingesetzt wurden, mußte der päpstliche Staatsschatz mit immer neuen Ausweichungen heran, die abermals im Lauf« mehrerer Jahrzehnte an die 50 Millionen Francs verschlangen. Doch die Basis für die Rcgenc- rarion der Pontinischen Sümpfe war endlich gegeben. Das neue Italien hat die ihm obliegende Aufgabe der Voliendung und Aufrrckt- crlmltung der Bonifizierungsarbeiten nicht verkannt und entsprechende gesetzliche Bestimmungen gegeben. Ein privates pontinisches Konsor tium, in dem deutsche Kräfte di« bestimmenden sind, bat mit Energie und weitschauender Berechnung unter den Auspizien und der materiellen Beihilfe des Staates und der Provinzialvcrwaltung die stetige Ver besserung der Gegend unter hydraulischem und landwirtschaftlichem, kommerziellem und hygienischem Gesichtspunkte übernommen. Heute beträgt im ganzen ungefähr 300 Kilometer die Länge der Haupt- und Ncbenkanäle und ungefähr 270 Kilometer di« der Gräben. Ungerechnet die Via Appia, sind 350 Kilometer Straße vorhanden, von denen etwa 50 Kilometer gute Fahrstraße sind. Ferner sind eine große Anzahl von Brücken gebaut. Es sind nunmehr bereits 10 000 Hektar Landes dauernd trockengeleAt, und 700 nur während eines Teils des Jahres in geringer Höhe überschwemmt. 45 Beamte sorgen für ständige Be wachung und Erhaltung der Bonifikationen. So ist es möglich ge worden, daß 9000 Hektar mit Korn bestellt werden, 8000 zur Weide für das Vieh dienen und 2000 mit Gehölz bestellt sind bezw. den Bonisika- tionsarbeiten dienen. Auch der Preis des Bodens beweist den gigan tischen Weg, der in dem pontinischen Territorium, das man vielleicht bald nicht mehr „Pontinische Sümpfe" nennen nnd dessen Sumpf- ckarakler anck nur an einzelnen Stellen noch bemerkbar sein wird, in verhältnismäßig kurzer Frist zurückgelegt worden ist: man pachtete noch vor wenigen Jahren den Hektar mit 35 Lire, muß heute aber schon
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