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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.10.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071012014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907101201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907101201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-10
- Tag1907-10-12
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Bezug» Prei» itr Setviia und «oror« d«ch »Irr« Präger und Sprdttrurr I»« Hau« gebracht >nt-«b« ä («ur morgeul) viertrltthrltch 3 M monatlich I M. Autgab« S (morgen« und abend«) viertel, jährlich 4.k>0 M. monatlich 1.50 M. (2 mal täglich) innerhalb 4>eutlchland« und der deutlchen Kolonien vierteljährlich 5,25 M. monatlich 1,75 M aullchl. Poft, bestellgeld iür Oesterreich tt X ÜS o, Ungarn 8 L vierteljährlich. Abonnement-Lnnabme ftluguftutplatz 8 bei unseren Prägern, Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Nummer kostet W Pfg. Nedaktion und Lxpevttt»»: Johannibgasse 8. Lelebbon Nr. 14S82. Nr. I4SSV «r. 14SS4. Berliner Nedaktton« vurea» Berlin vlgV. 7 Prinz Louis Ferdinand- Strafte 1. Telephon I, Rr , 9275. Nr 28Z. Morgen-Ausgabe Z. Kip)lgtr.Tagtblall Handelszeitung. LLmlsvlatt des Males und des Volizeianttes der Lladt Leipzig. Unzeigen-Preis Ke Inserate au« Leipzig und Umgebung di« 8gespaltene Petitzeil« 25 Ps., ftnanzielle Anzeigen 30 Ps., Reklamen 1 M.; von autwärt« 30 Ps. Reklamen l.20 M. vomSu«land5>Ps., finanz. Anzeigen75Ps. Reklamen I.SO M. Inserate v. vehärdeu im amtlichen Teil 40 Ps. Beilagegebüdr 5 M. p. Tausend exkl. Post gebühr. GeschästSanzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Taris. Festerteilte Aufträge können nicht zuruck gezogen werden. Für das Erscheine» au bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Sorantie übernommen. An,eigen-Annahme: Auguftutzpla- 8 bei sämtlichen Filialen u. allen Anno.iccn- Srpeditionen de« In- und Auslände». Haupt Filiale Berlin Carl Dunck Herzogl. Bayr. Hosbuch- hanbtung Lützowstrafte 10. (Telephon VH, Rr. 4603). Sonnabend 12. Oktober 1907. 101. Jahrgang Das wichtigste vom Tage. * Auf Wunsch Dernburgs wird der Gouverneur von Ostasrika für zwei Monate nach Berlin kommen, um an der Ausarbeitung von Vorlagen mitzuwirken. lS. Dischs. R.) * Staatssekretär v. Köller erklärt, er gedenke nicht vor dem l. Oktober 1909 von seinem Straßburger Posten zurück- zutreteu. * In Dresden begannen gestern die Verhandlungen des Sächsischen Landeskulturrates. (S. Bericht.) * Die ärztliche Körperuntersuchung des Kaisers Franz Josef ergab ein sehr günstiges Resultat. lS. Ausl.) * Die französische Kriegsverwaltung hat Maschinen gewehre auf Probe nach dem Modell Hotchkiß und nach einem Modell Puteau^r bestellt, mit denen mehrere Jnfanterie- und Kavallerieregimenter ausgerüstet werden sollen. * Schneider-Creuzot hat endgültig die Kanonen lieferung für Griechenland erhalten. ' Auf Haiti sind 16 Menschen wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. * Die „Lusitania" hat, wie aus New Pork gemeldet wird, den Ozeanrekord nicht gebrochen. lS. Neues a. a. W.) * Wellmans Dampfer „Frithjof" ist bei Island ge- sckeitert. lS. Neues a. a. W.) Die ZiVilprozesznoveUe. rr- - , Die Erweiterung des Kreises der Feriensachen ist zu begrüßen. Als vor einigen Jahren viel über die Prozeßverschleppung geschrieben und die Beseitigung der Gerichtsferien verlangt wurde, da waren die Gerichte in der Erklärung einzelner Sachen zu Feriensachen recht willfährig. Allmählich sind sie wieder zurückhaltender geworden. Die Novelle will vorm Amtsgerichte die Erledigung aller nichtstreitigen Zachen in den Ferien ermöglichen. Jeder Kläger soll zunächst das Recht haben, daß ihm ein Termin in den Ferien gegeben wird. Bringt der Beklagte Einwendungen, so soll die Sacke während der Ferien nur dann weiter verhandelt werden, wenn sie der Beschleunigung bedarf. Es ist zu befürchten, daß in dieser Vorschrift ein Anreiz zur Bestreitung rechtmäßiger Ansprüche liegen wird; der Beklagte, der die Aussicht hat, durch Einwendungen Frist bis nach den zwei Monate währenden Ferien zu gewinnen und io über die stille cinnahmenlole Geschäftszeit hinweg- zukommen, wird von dieser Möglichkeit nach Kräften Gebrauch machen. Der Anreiz wird um so größer sein, je höher die geltend gemachte For derung ist. Ob die Gerichte solchen Versuchen gegenüber die nötige Festig keit zeigen werden, bleibt abzuwarten. Bisher waren es nur einzelne Richter, die den Verschleppungsversuchen böswilliger Schuldner durch eine entschlossene Prozcßleitung begegneten. Eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten sollte ohne weiteres im Gesetz noch zu Feriensachen erklärt werden. In Betracht kommen zunächst die llnterhaltsansprüche verschiedener Art, der ehelichen, der unehelichen minder, der Ehegatten, der geschiedenen Frau. Insbesondere Kinder Nagen auf Unterhalt nur, wenn sie dessen bedürftig sind. Derartige Prozesse vertragen ein 2 Monate langes Ruhen in der Regel nicht. Der Sachverhalt ist zumeist einfach, so daß der Richterwechsel, der während der Ferien unvermeidlich ist, ihrer Erledigung keine großen Schwierig keiten bereitet. Aus gcsetzestechnischen Gründen sollten auch die Gesuche um Bewilligung des Armenrechts für die höhere Instanz zu Ferien- wchen erklärt werden; sie werden bei vielen Gerichten schon als solche behandelt, wenn auch ein darauf gerichteter Antrag fehlt. Die Vereinfachung des Kostenfestsetzungsver- fahrens ist recht zeitgemäß. Tatsächlich wird die Festsetzung der Kosten, die die unterlegene Partei der siegreichen zu erstatten hat, ganz allgemein vom Gcrichtsschreiber und seinen Gehilfen bearbeitet. Dieser verfügt auch über die dazu erforderliche Vorbildung, wie überhaupt in dem Stande unserer mittleren Justizbeamten viel Tüchtigkeit und Pflichttreue daheim ist. Jetzt war es so, daß der Gerichtsschreiber den fertigen Kostenfestsetzungsbeschluß dem Richter zur Unterzeichnung vor legte. Der Richter unterschrieb, ohne eingehende Nachprüfung. Es ist bei dieser Sachlage würdiger, daß der Beamte, der die Arbeit ver richtet, auch nach außen hin die Verantwortung dafür übernimmt. Nun sind ja Kostenrechtsfragen bisweilen sehr schwierig; dem Gerichts schreiber steht es aber jederzeit frei, sich beim Richter Rat zu erholen. Als Rechtsbehelf gegen den Beschluß des Gerichtsschreibers tritt in diesem Falle wie bei seinen sonstigen Entscheidungen die Berufung auf die gerichtliche Entscheidung, die „Erinnerung" ein. Eine gute Verein fachung ist es, daß die Kostenfestsetzung auf die Urteilsausfertigung als schlichter Vermerk gesetzt werden kann. Hierdurch tritt eine bedeutende Verminderung des Schreibwerkes ein. In diesem Zusammenhänge sei an eine Forderung des Deut schen Handelstages erinnert. In Deutschland hat gemeinhin die unterliegende Partei der siegreichen alle Kosten zu ersetzen, die sie zur zweckentsprechenden Nechtsversolgung aufwenden mußte. Ein gleiches ist nicht in allen Kulturländern Rechtens. In England z. B. ist die Ausklagung von Forderungen geringeren Betrages vielfach über haupt nicht lohnend, weil der Streitgegenstand von den notwendigen, ober nicht erstatteten Kosten aufgezehrt wird. Der Deutsche Handelstag wollte nun gegen die Angehörigen der Länder, wo die Kostenerstattung nicht im selben Umfange gilt, wie bei uns, Retorsion geübt sehen.. Es ist nun gewiß eine mißliche Sache, wenn die Gesetze hier plötzlich eine Unterscheidung zwischen Einheimischen und Ausländern einführen woll ten. Etwas Ungewöhnliches wäre diese Unterscheidung aber nicht. DaS Erfordernis der Gegenseitigkeit gilt noch bei der Zulassung -um Armen rechte. der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten und der Voll streckung fremdländischer Urteile. Armenrecht und Sicherheitsleistung sind in dem Haager Abkommen von 1896 für den internationalen Ver kehr geregelt. Trüge man den Wünschen deS Deutschen HandelstageS in der Novelle Rechnung, so würde vermutlich auch über diese Frage zwischen den Kulturstaaten bald eine Verständigung erzielt werden. Die Ausschließung der Berufung bei „Beschwerdegegen ständen" von 50 .< oder weniger war zu erwarten, nachdem das Ge werbegerichtsgesetz für die Zulassung der Berufung einen „Streitgegen stand" von 100 .tl, das Kaufmannsgerichtsgesetz gar von 300 .l< ver langte. Bisher konnte man für geringwertige Streitgegenstände eine Oberlandcsgcrichtscntscheidung erzielen, indem man die Zuständigkeit des Landgerichts für die erste Instanz vereinbarte und alsdann in zweiter Instanz das Oberlandesgcricht anrief. So war es möglich, über Fragen von grundsätzlicher Bedeutung die Entscheidung eines Ober gerichts herbeizuführen und sie sich in vielen gleichartigen Fällen zur Richtschnur zu nehmen. Für viele Sachen wird nun dieser Weg ver schlossen; eine einheitliche Rechtsprechung wird für viele Fragen aus geschlossen sein. Freilich ist nicht zu leugnen, daß Bagatellsachen eine besondere rechtliche Behandlung vertragen. Der alte sächsische Prozeß sah schon ein besonderes Verfahren in ganz geringfügigen Rechtssachen, den sog. c-uusos minutissim-nv vor. Als ganz geringfügig galt eine Sache mit einem Streitwerte bis zu 20 Talern sächsisch. In solchen Sachen wur den nach dem Buche, das der Leipziger Stadtgerichtsrat Haensel schrieb und dem Leipziger Kramerkonsulenten Dr. A. L. Mothes widmete, die Sachwalterkosten der siegreichen Partei nicht erstattet. Der Sach walter erhielt für seine Dienste nicht mehr als 20 Ngr. Die Appellation war aber unbeschränkt zugelassen; nur ihr Verfahren verkürzt und ver einfacht. — Jetzt läßt man das erstinstanzliche Verfahren unverändert, schließt nur das Rechtsmittel schlechthin aus. Es ist kein Zweifel dar über, daß ein Gericht anders arbeitet, wenn seine Entscheidung un anfechtbar ist, anders, wenn es die Möglichkeit einer Reformation vor sich sicht — Ein Mittelweg wäre hier die Befolgung des englischen Vor bildes. Im englischen Prozesse ist in gewissen Fällen die Berufung dann zulässig, wenn der Richter, der die Entscheidung erläßt, das Rechts- mittel für zulässig erklärt. Hier würde sich ein Weg eröffnen, um bei zweifelhaften Rechtsfragen eine einheitliche Rechtsprechung herbeizu führen. Arrs -er sächsischen VerrvnLtrrngispr'axis. Man schreibt unS: „An sich wäre es gleichgültig, wer regiert, es kommt aber darauf an, w i e regiert wird." Dieie Worte des preußischen Demokraten Waldeck tollte sich jede Partei merken, die ihren Einfluß behalten will, aber auch j-d- Regierung. w»nn sie nicht zu ihrem eigenen Totengräoer werden wü. Es iw sicher, raß dir Art, wie in Sechsen das Volt bisher „wohl"reaiert worden ist, §um besten Bundesgenossen der liberalen Parteien bei der verflossenen Wahl ward. Ich glaube, daß in keinem anderen deutschen Lande die Abkehr des Bürgertums von der gewohnten gauvernemcntal-konseroativen Ziellosigkeit aus größere Dauer zählen darf, wie in Sachsen. Hier ist die Unzufriedenheit der bürger lichen Kreise durch das System v. Metzsch allmählich aus harten Körnern fest zusammengekittet. Die Uebernahme jener Verwaltungsmethoden, die Treitschkc aus den letzten Zeiten des Königreiches Hannover so an schaulich und kräftig schildert, das „abgekürzte Verfahren" oben, die langweiligen, für die Bevölkerung abschreckenden Gewohnheiten mancher unteren Behörden konnten keine andere Wirkung haben. Daraus bildet sich erst der Mutterboden, worauf der Samen jener Kritik Wurzel schlug, die die liberalen Parteien und Presse an den öffentlichen Ein richtungen des Landes übten. Jene soeben belobten Methoden der Verwaltung Pflegen selten in der breiten Oeffentlichkeit erörtert zu werden. Sie wirken von selbst dadurch, daß sie da sind. 8axa logiiuntiir! Abhilfe schafft, wenn die Zeit dazu gekommen ist, indes erst die öffentliche, nur im öffentlichen Interesse unternommene Kritik. Ich möchte daher zum Wohle meiner Standesgenossen einer Verkehrtheit der sächsischen Verwaltung diese Zeilen widmen. Hoffentlich Hilst es. Mögen andere gegen anoeres zu Felde ziehen! Reisende Kaufleute pflegen wenig Sitzfleisch zu haben. Ihr No madensinn dringt es mit sich, daß viele von ihnen auch ihren Wohnort öfter wechseln. Wer von diesen aber in Sachsen eine Legitimationskarte haben will, dem pflegt von dem betreffenden Beamten etwa dies gejagt zu werden: „Sie müssen mir zunächst von den 3, 4 oder 5 Wohnorten, die Sie in den letzten fünf Jahren gehabt haben, eine Bescheinigung bei bringen, daß Sie nicht mit mindestens einer Woche wegen Verfehlungen aus gemeiner Gewinnsucht, gegen Eigentum, Sittlichkeit usw. bestraft sind." Dabei blättert der Mann in einem vergriffenen Buche und tippt vor Ihren swenn sie nicht schon an diese Art von „Gemietlichkeet" ge wöhnt sind) erstaunten Augen nacheinander auf die Paragraphen 44s Abs. 3, 57 Ziffer 3 und 57b Ziffer 2 der Reichsgewerbcoronung. Sie bitten sich das Buch aus, lesen die Paragraphen vor — und rückwärts, können aber nicht finden, wieso Sie nötig hätten, die verlangten Be scheinigungen beizubringen. Sie murmeln etwas von Beschwerde. Da sagt der Beamte: „Das wird Sie awer nischt helfen, härnse. Ich habse doch, weeß der Herre, die Leschtimatzjonskarte nicht verweigert. Nur kriejen duhnsese nicht, bis mer diejenichten Bescheinschungen hier Hamm." Gegen dieses Verfahren möchte ich mich wenden. Beschwerde ist wohl aussichtslos. Je nachdem die vorgesetzte Obrigkeit die Beschwerden behandelt, würde man vielleicht nur zum zweiten Male hören, zur Be schwerde sei gar keine Ursache, die Karte sei ja nickt verweigert usw.! Worauf es ankommt, daß der Beamte dem Antragsteller unzulässiger weise die Beweislast für feine Unbestrastheit zuschiebt, das würde am Ende gar nicht erörtert, oder mit dem dehnbaren Worte „unbeachtlich" abgetan. Gewerbeordnung 8 44s bestimmt, daß die Legitimationskarte ver sagt werden muh, wenn die in 8 57 Ziffer 1—4 verzeichneten Umstände zutresfen, darunter in Ziffer 3 Bestrafungen, die bisdrei Jahre zurück liegen: daß sie versagt werden darf, wenn gewisse Bestrafungen vor liegen, die bis zu sünf Jahren zurücklieaen können." Das beißt dock, die Behörde kann oder muß die Karte verweigern, wenn sieselbst beweisen kann, daß so etwas vorliegt. Diese für unse - ren besonderen Fall einschlagende Vorschrift legt also der Be hörde die Beweislast auf. — Zu demselben Ergebnisse führt die allge meine prozessuale Logik. Ist die Regel etwa, daß die Bürger mindestens alle 5 Jahre mit mindestens einer Woche Diebstahls, Betrug oder Un- zuchtsvergehen bestraft sind? Nein, derartiges ist, wie die Behörde sehr wohl weiß, eine seltene Ausnahme. Die Ausnahme aber muß bewiesen werden, nickt die Regel. Demnach liegt es der Behörde ob, selbst Erkundigungen anzu- stellen, ob der Antragsteller etwa bestraft ist, wenn sie Ursachen hat, das zu befürchten, was wohl auck nicht immer der Fall ist. Die Haltung der Behörde ist aber auch inkonsequent, — ia leicht ack sbgiirckrun zu führen. Wie gesagt, stehen in 8 57 Ziffer 1—4 Vie Um stände verzeichnet, die zur Verweigerung der Karte führen müssen; in 8 57d Zister 2 diejenigen, die lbesondere Lage der Dinge voraus gesetzt) zur Verweigerung führen können. 8 57 Ziffer I nennt als Grund, aus dem die Karte versagt werden muß, unter anderem an steck e n d e K r a n k h e i t. Ob der Antragsteller an einer solchen sz. B. einer Geschlechtskrankheit) leidet, kann die Behörde noch weniger wissen, als ob er etwa in den letzten paar Jahren bestraft ist! Denn, wer weiß ob, wo und wie der Mann sich behandeln läßt!! Wenn also die Behörde damit im Rechte wäre, daß der Antragsteller deweiSP'lichtig ist, so mühte sie e r st r e ch t von ihm den Nachweis verlangen, daß er nicht ansteckend krank ist. Diesen Nachweis aber verlangt die Behörde nickt, obwohl bei ansteckender Krankheit die Karte verweigert werden muß. Dagegen verlangt sie ihn hinsichtlich der Bestrafungen >88 57 Ziffer 3 und 57t> Ziffer 2), wo sie die Karte vielleicht nur ausnahms weise versagen könnte. Tie Behörde steht also auf dem Standpunkte: Bezüglich 8 57 Ziffer 1, 2, 4 hat s i e die Beweislast, bezüglich 8 57 Ziffer 3 und 8 57b Zister 2 trifft die Beweislast den Antragsteller. Die Willkürlich keit dieser Unterscheidung liegt auf der Hand. Abgesehen von der erbitternden und verärgernden Wirkung, die diese behördliche Gewohnheit haben muß, bat sie für die Verkehrsordnung selbst den größten Nachteil. Es ist ausfallend, welche niedrige Zahl meine letzte Legitimationskarte trug, die um die Jahresmitte ausgestellt war. Um eine Erklärung war ich nicht in Verlegenheit. Ich war früher in Stellung, wo der Chef und zwei Personen reisten, seit 10 Jahren etwa, aber man hatte nie eine Legitimationskarte gehabt. In einer späteren Stellung fand ich ähnliches. Der Chef^ welcher bis dahin allein gereist war, batte nie eine Karte besessen. „Kein Mensch kauft sich so ein Ting. Die Umstände! D i e Laufereien! Usw. usw. Sowas kommt von sowas! Deutsches Reich. Leipzig, 12. Oktober. * TaS ReichsvereinSgcsctz soll bekanntlich eine Bestimmung gegen den Gebrauch fremder Sprachen in politischen Versammlungen entbal'en. Es scheint, daß dies aber nickt auf ein allgemeines Verbot der sr-mden Sprache hinauSläuft, sondern daß besondere Fälle gekackt finv, z. B. solche, wo polnische Redner in ganz deutschen Gegenden wie Westfalen plötzlich austreten, um vor polnischen Arbeitern zu reden, die Polizei aber nicht in der Lage ist, der polnischen Sprache mächtige Ueber- wackungsbeamte zu stellen. — Es Ware wirklich aut, wenn der Einwurf baldigst veröffentlicht würde, um diesem His- und Herraten über seinen Inhalt ein Ende zu mache». * Zu der politische« Situation in Vaden erfahrt die „Neue bad. Landesztg.", daß voraussichtlich in der Besetzung der Hosamter eine Ver änderung eintreten dürfte. Der Einfluß der streng katholischen Gräfin Andlaw, Oberhofmeisterin der Großherzogin Luise, und der Gräfin Beickbaim, Gemablin des Gesandten am preußischen Hose, soll aus» geschalter Werve». Der Großbotmeister, Staatsminister a. D. v. Brauer wird wohl nur die Leitung res Oberstkämmereramtes bebalten. Grat Andlaw wird aus dem Hofdienste scheiden. Die Minister mit Porte feuille bleiben wahrscheinlich' fast alle in ihren Aemtern. Es fragt sich nur, ob der Minister Freiherr v. Marschall sein Amt behält. Der Großherzog soll bei ihm die nötige Festigkeit vermissen. * Sine Erklärung Brousart v. Schelleiidorffs. In der gestern ein getroffenen Nummer 51 der „Deutsch-Ostafrikanischen Zeitung" finden wir eine Rechtfertigungserklärung des in den PeterS-Prozessen viel genannten früheren SckutztruppenoffizierS Fr. v. Bronsan, datiert Jkonga, 2l. August. Wir entnehmen ihr folgende Punkte: „Ich habe Dr. PeteiS nie hinter seinem Rücken im Auswärtigen Amte denunziert, sondern habe als Zeuge lediglich die Wahrheit bei meiner Vernehmung ausgesagt. Die Aussage deS Herrn von Pechmann, wonach ick getagt haben soll: „Dem Kerl ist ganz reckt geschehen lMabruk)" ist freie Erfindung. Ich bin im Besitze eines Brieses von Herrn von Tievemann, in dem dieser H rr mir ausdrücklich bestätigt, daß ich keine Spielschuld an ihn habe. Dieser Briet bat s. Zt., als äbnlicke Gerüchte gegen mich austauckten, Herrn Ma;or Johannes gelegentlich einer ehrengerichtlichen Angelegenheit vor gelegen. Die Scheck-Angele «enheit ist total verdreht. Von e uer wissent lichen oder beabsichtigten Ausstellung eines falschen Schecks kann keine Rede sein. Die ganze Angelegenheit wird ihre Aufklärung und meine Rechtfertigung in der BerufungSverhandlung finden." Ties tührt v. Bronsart naher aus. Ebenso erklärt er dann, daß er durch ein Urteil des Ehrenrats durchaus gerechtfertigt dastehe ge enüber den wircr ihn erhobenen Anklagen und daß nur seine frühere Frau ibn verdächtige. * Harden und Moltkc. In der neuesten Nummer der „Zukunft" druckt Maximilian Harden einen Brief seines Verteidigers in rem von dem Grafen Moltke gegen Harden angestrengten Prozeß ab. Darnach Wird Harden fick wie bisher in der Weise zu verteidigen suchen, das; er nicht etwa den Beweis der Wahrheit für die aus seinen Artikeln vielfach herausgelesenen Behauptungen antreten, sondern erklären will, daß seine Äußerungen in der „Zukunft" mißverstanden Worten finv. Ob der Richter vielen Standpunkt gelten lasten wird, muß ver Prozeß ergeben. * Tie Rcchtsgültigkeit der Arbeitsordnung wird in zwei neuen, von der „Sozialen Praxis" nutgeteilten G richteenischeidungen behandelt. Die erste davon betrifft die Arbeitsordnung einer Mü, chen- Gladbach r Fabrik, welche den Arbeiter verpflichtete, nach voiherig-r 14tägiger Probezeit m ndestens 1 Jahr lang im A^beiiSverbättnis zu bleiben. DaS Gewerdrgerich, wie das Landgericht Düsseldorf erllärien auf die Klage eines Arbeiters die Arbeitsordnung für rechtsgültig. Die Binrung auf 1 Jahr könne nicht als übermäßig lange bezeichnet werten, die Arbeitsordnung verstoße al o weder gegen die Gewerbeordnung noch gegen die guten Sitten. Der Arbeiter, dem die Arbeitsordnung aus gehändigt worden und zugängig war, bandele gegen Treu und Glauben, wenn er sich später auf das Gegenteil beruie. — In Dresden forderte ein kündigungslos entlassener Arreiter vor dem Gewerbegerichte Lohn entschädigung für die gesetzliche Kündigungsfrist von seinem bisherigen Lohngeber. Dieser wandte ein, daß der Arbeiter nur zur Aushilfe au- genommen sei und daß obendrein in der ArbcitSorrnung stebe, daß es bei der Firma keine Künviguna gäbe. Von der Arbeitsorrnung wollte jedoch der Kläger keine Kenntnis erhalten baben. Das Gewerbegerickl aber stellte sich auf den Standpunkt, daß die Arbeiteordnung auch dann für den Arbeiter gelte, wenn er sie nicht untertchrieben habe. * von ver geistlichen Schulaufsicht. Einen interessanten Beitrag zur Frage der geistlichen Schulaufsicht und zur pädagogischen Bildung der Geistlichen liesert die „Preuß. Lehrerstg.", indem sie einen Brief abdruckt, den ein junger geistlicher LokalickuInspektor in ver Provin; Po>en an einen Lehrer nach einer Schulrevision schrieb. Darin kommen u. a. folgende „pädagogische" Auslassungen vor: Wir müssen von den Kindern nnbedingt« Aufmerksamkeit fordern, doS beißt, e- müssen alle den Lehrer scharf anseden. Schars ansehen können sie ihn nur, wenn sie scharf sitzen. Scharf sitzen können sie nur, wenn ler Lehrer es von ihnen rücksichtslos verlangt. Verlangen kann rr es nur. wenn er selbst io scharf wie möglich dasteht. Di« Haltung scharf und Vie Muskeln gespannt, ohne das kann kein Lehrer unterrichten. Der Lehrer mui; so stramm wie möglich dastehen: Knie an Knie, Hacken an Hacken .... Tie Kinder wüsten für den Lebrer so sitzen, daß er sedeS einzelne in iedem Auaen- blick sieht. Jedenfalls muß der Lehrer jeden Schüler möglichst ganz, mindestens aber dis zum Rockantang und dem Halse sehen, damit rr Vi, Halsmuskeln betrachten kann, die mit den Armen in Brrbindong sirren unv jede Arm bewegung verraten .... Krank werden ist nnr eine Folge der mangelhaften Gewöhnung und Selbstzucht Dieser geistliche Herr hat augenscheinlich die Schule mit dem Kasernen hos verwechselt. Wenn er sich Mühe gibt, kann vielleicht noch einmal
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