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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.10.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071017020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907101702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907101702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-10
- Tag1907-10-17
- Monat1907-10
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das OKssetz, die Feuerbestattung betreffend, unter dem 29. Mm 1906; das Gesetz zur Abänderung des Gesetzes vom 25. Apoil 1884, das Staatssckuldbnch betreffend, unter dem 11. Juni 1906, und das ("Kietz. die Errichtung eines Amtsgerichts in Zwönitz betreffend, unter dem 22. Juni 1907; während das Gesetz, die Errichtung eines Amtsgerichts iu Nötha betreffend, noch erlassen werden wird. Die Verordnung, Icichtentzündliche Stoffe betreffend, ist dem stän dischen Antrag entsprechend einer eingehenden Revision unterzogen norden. Eine neue abgeänderte Verordnung wird demnächst veröffent licht norden. Die Angelegenheit des entsetzten Lehrers Oskar Max Seidel hat eine den ständischen Wünschen entsprechende Erledigung gesunden. Die gewünschten Nackzweise über die in Sachsen für den Militär^ dienst augekaifftcn Remvntepferde werden demnächst zur Vorlage ge bracht werden. De ständischen Beschlüsse zu Kapitel 9, Titel 20 des Staatshaus- ballscials für die Fi nanzpe riebe 1906/07 über sine bessere Verwendung der Zauckeroder Kiarkohle haben sich zum größten Teile durch E-in- 'telluiig der Brikcltierungsversuche erledigt. Der zu Kapitel 78, Titel 3 desselben Etats siäudischerseits gegebenen Anregung auf Anstellung eines Vergingen eurs als Vortragender Rat im Finanzministerium ist, nachdem der Zeitpunkt für diese Maßregel inzwischen gekommen war, nnier Kapitel 73, Titel 3 des Etatentwurfs für die Finanzperiode 1908/09 entsprochen worden. Im Lause der finanzperiode 1906/07 sind die Neubaulinicn Thum— Ebrensniedersdors—Geyer, Fr obbura--Kohren, Kopitz—Herrenlefthe, Königswalde—Annaberg, Zwickau—Niederplanitz und die Neststrecke Bariith- "Radibor, sowie die elektrische Straßenbahn Dresden (Cottas—> Eossebaude sertiggestellt und dem Betriebe übergeben worden. Auch ist die elektrisä>e Straßenbahn Dresden (Plauens—T-eubcn bis Haincst.rg fortgesetzt und samt den elektrischen GüterzusührungSanlagen in Deuben in Betrieb genommen worden. ferner ist die Zittau—Oybin—Jonsdorfer Privatcisenbahn in das Eigentum des Staates übernommen worden. Von der^Linic Gitlersec—Possendorf wird "noch im Lause dieses Jahres die Strecke G-itterjee—Hänichen dem allgemeinen Verkehre über geben ivcrdcn, während die Neststrecke Hänichen—Possendorf im Sommer 1908 eröffnet werden wird. Während der nächsten finanzpemode werden voraussichtlich die Linien Königswartha—Landesgrenze, Bühlau—Weißig—Dürrröhrs- dors, Kieritzsch—Pegau, Sieben brunn—Markneukirchen, Thum—Meiners. dorr und die Industriebahn Crimmitschau—Schweinsburg, sowie Teil strecken der Linie Wilsdruff—Gärtitz vollendet und dem Betriebe über geben werden, während auf der Reststrecke der letzten Linie die speziellen Vorarbeiten fortgesetzt werden sollen. Deutsches Reich. Leipzig, 17. Oktober. * Dr. Karl Peters bat gestern vor einem zahlreichen Publikum in Berlin über „Wirtschaftliche Kolonialpolitik" gesprochen. Afrikanische Kolonialpolitik erlernen am besten diejenigen, die ihre guten oder bösen folgen am eigenen Geldbeutel spüren. Als Ursachen einer jeden Kolo nialpolitik bezeichnete Dr. Peters die enorme Zunahme der Bevölke- rung im Mnttcrlande; in Deutschland betrage der alljährliche Bevölke rungszuwachs eine Million. Uns dränge der Wunsch, dem Abfluß des deutschen Geldes in das fremde Land ein Ende zu machen, zur kolo nialen Politik. Dann müsse der Industriestaat Deutschland sich Absatz gebiete für seine Erzeugnisse suchen. Da aber müssen auch kaufkräftige Kolonien vorhanden sein. Die Mittel, um dahin zu gelangen, sieht Dr. Peters in unbegrenztem kolonialen Terrainerwerb. Kolonialpolitik sei doch schließlich nur Tcrrainspekulation des Staates. Als glänzendes Beispiel für koloniale Entwickelung führte Redner die Lüneburger Heide an. Den Kapitalisten, die ihr Geld für Landerwerb anlegen wollen, müsse man in liberalster Weite entgegenkommen durch Gewäh rung von Konzessionen aller Art. Leben und leben lassen! Den An siedlern müsse man die Selbstverwaltung lassen, sie nicht unter die Herren Ncgicrungsassessorcn stellen. Was die Schwarzen, die Arbeiter, aplangt, von deren guter Beschaffenheit das Gedeihen der Kolonien hauptsächlich abhönge, so müsse man auch ihnen gegenüber liberal sein. Der Schwarze arbeite gern — wenn er muß! Darum solle man eine Art „Bürgcrwehr" cinrichtcn, die jeden Eingeborenen verpflichte, fünf Jabre bei einem Weißen zu arbeiten. Die Prügel tönne man freilich nicht entbehren, und Gefängnis sehe man als eine Art Erholung an; der Begriff der entehrenden Strafe gebe dem Neger völlig ab. für unstr Geld den Schwarzen das Leien und Schreiben beiznbringcn. hält Dr. Peters für ganz verfehlt. Ob Afrika in der Zukunft einen Staat stir sich bilden werde, der dann aller Kolonialpolitik ein Ende bereite, bleibe dahingestellt. — Einem Vertreter der „Information" gegenüber Feuilleton. Rutsche Nnnft. lZur Ausstellung im Kunstsalon Pietro del Vccchio.s Rußland, das auf so vielen Gebieten hinter der westeuropäischen Kultur her marschiert, hat seine künstlerische Revolution mit Glück über standen. Es besitzt eine moderne .Kunst so gut wie Frankreich oder Deutschland und es verfügt über eine Reihe stattlicher Kräfte, die in Europa laugst Berühmihett genießen. Tie immense literarffckw Krast- enifailung im „neuen" Rußland, sür jeden Laien eine längst bekannte Dasticbe, hat ungefähr zur selben Zeit auch der russischen bildenden nnst die Geiseln gelöst. Einen Mann wie Ilja Repin, dessen K..saicv.bild seinerzeit in ganz Europa Aufsehen erregte, könnte man den Dostojewski der russischen Malerei nennen und Künstler wie Mustaws, Maljavin, Lcvitän, Grabar, selbst der rokokotüchtige Somoss, der exzentrische Bcnois, der heute schon ganz Pariser geworden ist, nocu in Literaten vom Schlage Gorkis oder Tolstois ihre künstlerischen O'egenpole. Das bedeutet an sich nichts Merkwürdiges; denn allüberall bleibt die Kunst iu ihren mannigfachen Offenbarungen und ihren höchsten Werten vliii Geiste der Zeiten und der Rassen abhängig und nur die gar Breven crichcinen in ihren Leistungen hin und wieder als über Km Leven stehens. Merkwürdig bleibt aber bei Rußland der Gegen satz w ichcn ocr entwickelten Intelligenz seiner eigentlichen Kultnr- Keger und eer staatlichen und gesellschaftlichen Inferiorität des Volkes ' ffamiorgavismus, und immer wieder tut sich dem denkenden Menschen die furchtbar gähnende Kluft auf, die zwischen den Dt .;st:ug'n der Intelligenz und den gesellschaftlichen Zuständen klafft. Mue K iist:, die wohl oder übel eines Tages überbrückt werden muß, soll ::n: die gan.e Weltcnlwicklung nicht Lügen strafen. Heule stößt alles, was von Rußland kommt, auf gesteigertes Juicrcst Ties Land ist sozusagen eine jener großen Entdeckungen — ähnlich wie die künstlerische Kultur Japans —, die die Geschickte des 19. VEirhunderts zu verzeichnen hat. Nicht als ob seine jtznltur erst in d stcm .jcttabschr.itt begonnen hätte. Seit den Tagen des großen Zaren, dm nch aus dem europäischen Westen seine Künstler und Arbeiter ver bi icb, seit den Tagen auch der zweiten Katherina, die aus Italien ihre Hoioaumeister bezog, und mit französischen Philosophen ein zärtlickws uäklni hatte, verfügt das Rniscnreich über seine großen Dokumente künstleriicher Kultur — aber diese Kultur war importiert, und sie ist igcblieben bis hinein ins 19. Jahrhundert, wo die Deutschen speziell alc Pioniere um Rußlands Weiterentwicklung Hobe Verdienste gehabt haben, eigentliche Rußland dagegen ist erst in,unserer Zeil wach geworden, das Rußland nämlich, welches eine nationale-Literatur und c nc nationale Kunst besitzt. Aus dem vorjährigen Pariser Salon trat diese russisch-nationale Kunst zum ersten Male au die Oeffentlichkeit. Es war eine besondere rusns-sie Kunstausstellung arrangiert worden, nicht nur modernen, sondern auch retrospektiven Charakters. Man sah da zahlreiche Werke aus dem 18. Jahrhundert, die aus den Werkstätten von Pesne, Grenze und Largilli'-re gekommen zu sein schienen, einige ansprechende Porträts früher russischer Hofmaler, wie Lelvitzkv und Scknoanvs, und anderes mehr, das gewissermaßen die Richtschnur von der russischen Moderne aus nach rückwärts vermitteln sollte. Indes dieser Zusammenhang ließ sich nicht konstruieren. Die neue russifche Kunst ist ein Produkt der neuesten Zeit. Keine Fäden führen zurück in frühere Jahrhunderte, sie ist ohne Traditionen zu dem geworden, als was sie sich uns heute dar stellt. Ter- Erfolg der erwähnten russischen Ausstellung war eklatant, hat er sich dann dahin geäußert, daß bei seinem Kölner Prozeß die An gelegenheit des Tuckerbriefes mit Hilfe des Zeugniszwanges endgültig werde klargcstellt werden.. Eben diesem Herrn gegenüber äußerte er sich auch über die Baumwollfragc in Ostafrika. Ich glaube sagen zu dürfen, daß die Skepsis, mit der mau im allgemeinen diesen Punkt behandelt, ihre Berechtigung hat. Es gibt zuviel Regen in der Gegend. Ich selbst bcssass dort Baumwollpslanzungen, habe sie aber ringehen lassen müssen. * Bedingte Begnadigung. Tas württambergische Ministerium hat eine Verfügung erlassen, >n der erneut darauf hingewiesen wird, daß die Strafvollstreckungsbehörden der Einrichtung der bediugteu Begnadigung durchweg diejenige Beachtung und Förderung zuteil werden lassen sollen, die ibr nach den bestehenden Vorschriften und den mit ihrer Anwendung gemachten günstigen Erfahrungen gebührt. * Ein liberal-sozialdemokratischer Block? Tie Gründmrg eines liberal - sozialdemokratischen Blocks wird von den würt- lembergischcn Liberalen angestrebt. Wie das „B. T." meldet, wird einer am nächsten Sonnlag in der Hauptstadt tagenden Versammlung der würtlcmbergischen liberalen Vereine folgender Antrag unterbreitet wer dens Die Versammlung möge sich dahin aussprecken, daß die Volks partei, die deutsche Partei und die Sozialdemokraten im künftigen Land tage znsammengehen mögen, um eine wirklich liberale Gesetzgebung zu ermöglichen. * Aus Neuß. Tie Landtcigswahlcu für unser Fürstentum sind nun- mehr beendet, nachdem gestern und heute die beiden Stichwahlen statt gefunden haben. Gestern wurde infolge der Rivalität der bürgerlichen Parteien ans rein persönlichen Gründen im 6. Wahlkreis sPslege NeichcuselSj der Sozialdemokrat gegen den Nationalliberalen gewählt, und zwar mit Hilst der Mittelstäudlcr. Heule stimmten diese im 2. städti schen Wahlkreise teilweise für den bürgerlichen Kandidaten, so daß dieser dem Sozialdemokraten überlegen war. Infolge des Ausfalls dieser Wahl haben die Sozialdemokraten gegen den bisherigen Besitzstand ein Mandat verloren, so daß sich der jetzige Landtag aus 3 sozialdemokratischen und 12 bürgerlichen Vertretern zusammcnsetzt. Der Landtag tritt am 27. Ok tober, an einem Sonntag, zusammen. * Keine Amnestie. Wie die „Mannh. Volksst," meldet, sind alle An deutungen über den Umfang einer zu erwartenden Amnestie in Baden gegenstandslos, denn es kommt keine Amnestie. Allerdings wird ein größerer Gnadenakt vorbereitet, aber er wird sich darauf beschränken, eine große Anzahl Personen, namentlich jugendlickicr, weiblicher und leichtbcstrafter, nach den Spezialvorichlägen der Staatsanwaltschaften vom Großherzog zu begnadigen. Außerdem werden noch einige beson ders charakterisierte Fälle von Begnadigungen auf Antrag der Beteilig ten oder der Justizbehörde startfinden. * kleine Nachrichten. Amtlich wird bestätigt, daß sich folgende Herren in der Begleitung des Kaisers ans seiner Englandreise beffaden werden: Der Chef des ZivilkabinetlS von Lucanus, Graf Hülsen-Haeseler, Admiral von Seuden-Bibran und Gencralndsutant Exzellenz von Lömeufeldt. — Rechts anwalt Dr. Liebknecht hat vom Reichsanwalt in Leipzig die Anweisung erballen, seine Strafe am 21. Oktober in der Festung Glatz anzutretrn.— Die Nürnberger Strafkammer verurteilte den Redakteur der sozialdemokratischen „Franki chen Tagespost", Dr. Weil, wegen Beleidigung eines Landbürgerineisters zu 14 Tagen Gefängnis. Der von Dr. Weil angetretene Wahrheitsbeweis miß lang. — Zwei neue klösterlich« Niederlassungen in Oberschlcsien bat nach der „Schief. Volkszeitung" der Kultusminister in Pilchowilt und Schönwald genehmigt. Beide Niederlassungen gehören ter Kongregation der Mägde in Poremba an. Ausland. * Kaiser Franz Josef. Das Wiener K. K. Telcgr.-Kvrrespondenz- burean meldet: Ter Kaiser war abends fieberfrei. Eine örtliche Aus dehnung des Katarrhs ist nicht cingetretcn, die Intensität des Katarrhs nimmt ab. — Die offiziöse Korrespondenz Wilhelm teilt mit: Der Kräftezustand des Kaisers blieb den Tag über ununterbrochen jehr günstig. Ter Appetit war ziemlich gut, die Stimmung tagsüber sehr gut. Ter Katarrh ist stationär; Hustenreiz ist noch vorhanden. — Nach mittags erhielt der Monarch den Besuch seiner Tochter, der Erzherzogin Marie Valerie, Gemahlin des Erzherzogs Franz Salvator, die von ihrem obcrösterrcichischcn Schloß Wallsre nach Wien gekommen ist. Ter Kaiser war über diesen Besuch sehr erfreut. Heute wird der Be such der ältesten Tochter deS Kaisers, der Prinzessin Gisela von Bayern, ouS München erwartet. — Am späten Abend trat beim Kaiser wieder Fieber ein, wovon das Allgemeinbefinden ungünstig beein flußt wurde. Von einem Aufenthalt im Süden, den die Äcrzte empfehlen, Will der Kaiser nichts wissen. Er will im Winter in Schön brunn bleiben. — lieber den Verlauf der Nacht wird gemeldet: Ter Kaiser verbrachte die Nacht ziemlich gut. Der Schlaf war zwar durch Hustenreiz teilweise gestört, und die Körpertemperatur in der zweiten Hälfte der Nacht weiter gestiegen, trotzdem ist aber das Allgemeinbefinden befriedigend. Die Katarrhprscheinungen sind langsam im Rückgang bc- griffen. * Stencrdesraudation. Aus Czernowitz wird gemeldet: Die hiesige Ste-uerdirektion ist Steuerhinterziehungen in gewaltigem Um fange auf die Spur gekommen, durch die der Stouerfiskus einen Verlust von mehreren Millionen, ein unverbürgtes Gerücht spricht von 9—10 Millioneu, erleidet. Es wurden große Grnndstücksverkanfc abgeschlossen, ohne es der Steuerbehörde anzuzeigen. In die Angelegenheit sind außer zahlreichen Personen auch Finanzinstitute, darunter vte Galizische Aktien- und Hypothekenbank, verwickelt. * Aus Mazedonien. Eine türkische (?> Bande griff bei Poptschewv (Kasafastrnmitzas bulgarische Landleute an und tötete 4 Bauern. Herbei- eilendes Militär, welches durch Dorfbewohner verstärkt wurde, wurde zurückgetrieben. — Eine bulgarische Baude brachte bei Radowitscha zwei Kuzowallachen und zwei Frauen um. — Von türkisck)cn Banden hat man sonst noch nie etwas gehört. * Jnlliärcü nach London! Die Birminghamer „Daily Post" be- richtet, daß jetzt amtlich das Programm des demnächst stattfindenden Besuches des Präsidenten Fallst-res beim König endgültig festgesetzt werden wird. Der englische Botschafter in Paris habe bereits mit dem Präsidenten der französischen Republik eine Unterredung gehabt. König Eduard hat Fallidrcs benachrichtigt, daß er es ihm freistcUe, den end gültigen Termin für den Besuch festzusetzen. * Tie Türken in Persien. Die Türkei scheint. ernstlich zur Annexion der besetzten persischen Gebietsteile zu schreiten. Aus Täbris wird gemeldet: Die Türken ernannten zur Verwaltung von Usch nu (Persisch-Kurdistans einen Kaimakam (Statthalters. Tas persische Zollamt und die Basare sind ge schlossen. In Urmia ist die Bevölkerung durch innere Parteiungen zerklüftet, und auch das Verhalten der Bevölkerung von Täbris gegen über den Geschehnissen au der türkischen Grenze ist ziemlich teil nahmslos. * Ans Marokko wird eine Tyranncntat des Sultans AbdulAziz gemeldet. Die „Times" melden, der Sultan von Marokko habe, um die zurzeit in Berlin weilende Gesandtschaft des Gcgensnltans Muley Hafid zu bestrafen, die Weiber und K inder der beiden Gesandten grausam mißhandeln und er morden lassen. Wie das „Berl. Tagcbl." erfährt, erhielt der Führer der Gesandtschaft, Abecko Schorons, die englische Meldung von der Ermordung der Frauen und Kinder, als er gestern abend aus dem Wintergarten in sein Hotel zurückkehrte. Er war über die Nachricht sehr erschrocken und sagte zu dem Dolmetscher: „Es kann wahr sein, ick habe es nicht anders erwartet." — Wenn es sich bestätigen sollte, doch Abdul Aziz wie Macbeth im Hause Macduffs gehaust hat, dann hätte er sich allerdings des Thrones von Marokko unwürdig ge mocht. Und damit wäre die Bahn für einen Wechsel in Deutschlands marokkanischer Politik freigemacht. Unser Reichskanzler sollte setzt die Abgesandten zurückrufen und die Ge legenheit am Schopfe ergreifen, um von dem ohnehin dem fran zösischen Einfluß verfallenen Abdul Aziz zu Hafid hinüberzuschwenken. * Unzufriedenheit in Algerien. Seit einigen Tagen kst den algeri schen Einwohnern der Besuch der marokkanischen Märkte untersagt wor den. Dieses Verbot hat eine bedeutende Steigerung der Lebens- mittelpreisc veranlaßt. Gestern beschäftigte sich ctne Versamm lung der Hauptkaids mit dieser Frage. Man beschloß, die Franzosen zu benachrichtigen, daß keine Gefahr für sie vorliege in dem Bestich der marokkanischen Märkte durch die Algerier. * Der Absolutismus iu Portugal. Aus Lissabon wird gemeldet: Das königliche Dekret, durch das die Wahlen vertagt sind, verursacht in der oppositionellen Presse große Erregung. — Und das von Rechts wegen! * Der hoffnungsvolle Sprössling. Aus Belgrad wird telegra phiert: Nach dem gestrigen Diner im Palais kam es zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen dem Kronprinzen und dem Kommandanten der Leibgarde, Tunfftsch, der vom Kronprinzen beschimpft und aus dem Palais gewiesen sein soll. Wegen fortgesetzter Mißhandlung des Hofpcrsonals durch den Kronprinzen soll demnächst auch ein Wechsel in den obersten Hofämtcrn erfolgen. Aus demselben Grunde ordnete der König an, daß der Kronprinz. d>ar bisher in einem gemieteten Privathause wohnte, in das Palais übersiedle. * Die italienischen Ausstände. Blättcrmcldungen zufolge wird der Verwaltunpsrat der StaatSbahncu sich heute über die Bestrafung des Personals der Bahnen schlüssig machen, die an den letzten Ausständen tcilgenommcn haben. Die gesamte Presse betont die Not- Wendigkeit der Bestrafung. Das konservative „Givrnalc d'Jtalia" hebt hervor, daß gestern trotz der Schwierigkeit der Lage lein Ministerrat stattfand, da Gioiitti sich in die Autonomie der Staatseiscn- bahn nicht einmischcn und die Bestrafung der Streikenden dem Eiscn- bahnrat überlassen wolle. Der Eisenbahnrat, der jeden Mittwoch iagl, lmt die Entscheidung über die Bestrafung vertagt, bis eingehende Mit teilungen aus Mailand und Tirrin cingetrofsen sind. Das Blatt sic darin die Einleitung einer Verschleppungstaktik. und er blieb ihr auch treu, als die Ausstellung einige Monate später zu Schulte nach Berlin kam. Hier sah man ans der einen Seite jene Werke, die dem moorigen Hauch russischer Erdschollen entstiegen zu sein schienen, auf der anderen Seite jene feinen, graziösen Bilder vom Stile Somosfs, dessen Nokokotraum nur eine Lüge an der Wirklichkeit ist, oder die von Alexander BenoiS, Zeugnisse einer vom Pariser Bonlevard- duft stark durchsetzten Atmosphäre. Seitdem hat man in Deutschland nichts wieder von russischer Kunst gehört, und inan darf wohl erstaunt sein, gerade hier in Leipzig, wo das Verständnis für Dinge der bildenden Kunst nicht besonders intensiv zutage tritt, einer nencu Ausstellung russischer Werke zu begegnen. Kann sich diese neue Ausstellung an Bedcutuug auch nicht ganz mit der ersten, sehr instruktiven Veranstaltung messen, da gerade einige der besten russischen Künstler fehlen — deren Werke kommen übrigens fast nie aus Rußland heraus, da sie die bekannte Moskauer Privatgaleric der Brüder Tretjakof sämtlich mit Beschlag belegt —, so ist sie uns doch sehr willkommen, den Blick der neurussischcu Kunst zuzuwcndcn, und wir wollen nicht verhehlen, daß sich Pietro del Vecchio durch diese Ausstellung ein neues künstlerisches Verdienst erworben hat, das dicicm unternehmenden Knnstsalon sehr hoch anzurechnen ist. Wenn man uuu im einzelnen die 91 Nummern der Ausstellung durchgebt, so wird man zu dem Schlüsse kommen müssen, daß sehr vieles darunter ist, das lveder durch seine Eigenart, noch durch künstlerische Qualität bemerkenswert erscheint, und daß nur vereinzelte Arbeiten den Anspruch erheben können, im Nahmen der modernen Kunst besonders notiert zu werden. Dies tut aber dem Gesamtbilde keinen Abbruch. Man sicht eben, wie auch Rußland mit Malern überreich gesegnet ist, und wie sich, genau so wie bei uns, viele von ihnen im Alltäglichsten und Banalen verlieren. Auf der anderen Seite jedoch gibt es eine Reihe wirklich hervorragender Einzelleistungen, die nicht nur ihrer Qualität nack, sondern mich in ihrer Eigenart als spezifisch russische Kunstwerke ernst genommen werden müssen. So sieht man vom alten Wereschtschagin vier glänzende Arbeiten, unter denen vornehm- lich das kleine Winlcrbild „Haus iu Wologda" durch Farbenstimmung bcrvorragk. Auch der „Ucbergang über den Balkan" ift ein Meister bild russischer Malerei. Wie die Soldateska müde und erschöpft den blauen Schnee stampft, Ivie der Frost an den entlaubten Bäumen nagt, das ist mit einer Intensität wiedcrgcgcbcn, die Bewunderung verdient. AlS der modernste erscheint mir in diesem Kreise der Russe Mara- voff, der Impressionen und lnministisckrc Probleme mit breitem Pinselstrich festhält, und vor allem durch geschickte Farbengebung effekt voll wirkt. Man sehe daraufhin sein Bild „Bei der Arbeit" au, wie da? Rot der Schürze als Helle Fanfare in den sonst gleichmäßigen sstirbcnklang hineintönt. Ilia Repin bat einen Dantekopf bei gesteuert, als Porträt nicht eben sonderlich glücklich, aber als farbige Musik durch das leuchtende Rot des Gewandes von stärkster Eindring lichkeit. Als echter Russe erscheint auch Makov 8 ky: vor seinem Bilde „Vergangenes Jahrhundert" denkt man au Munkacly, dagegen iss das „Kommunion Grnd Orlof" genannte Werk eine jebr feine, sinfo nische Farhcndichtung von starken Reizen. AivasovSki ist der russische „Achenbach". Er malt mit Vorliebe die Stürme des Schwarzen Meeres und hat es hier zu einer hohen Meisterschaft gebracht, wie denn überhaupt die jungen russischen Maler als Schilderer des Meeres einen besonderen Rus genießen. Ist es nicht dos Schwarze Meer mit feinen dunklen Fluten — man sehe etwa Lagorios grandioses Stück „Sturm auf dem Meere" oder Goronovitschs Bild „Das Schwarze Meer" —, oder endlich Mescherskys „Seehafen" an —, so ist es der Bosporus mit seinen leuchtenden Farben, der zur Darstellung lockt und dessen Sonnengluten alle Zauber des Orients vorzutäuschen ver mögen. In diesem Sinne haben ibn Crasschkowsky und Bogol iv u b o s f gemalt, vor allem der letztere mit sehr feinem Clafühl^ so daß feine Bilder oftmals an Turner denken lassen. Gcrmaschosf zeigt den Kremel in Moskau mit jenem wundervollen momentanen farbigen Begreifen, das etwa Vermeers „Ansicht von Delft" im Haager Mauritslmis unsterblich gemuckt bat. Lcvitans „Ufer in Finnland" ist ein kleines, sehr feines Bildchen, ähnlich wie Pcrcpletscyikosfs Winterbild echt russische Stimmung atmet. Als Porträts sind Pelc- dines „Bojarin" und Lcbcdcfss „Bettler" vor allem bcmerkcns- ivcrt. Das erstere erinnert in seiner Farbengebung an Mcts-u oder de Hooch, das letztere könnte in der Schule Lcibls entstanden sein. Aber wozu noch mehr dieser znngenbrccherisckcn Normen aufzählcn, die nur den wenigsten im Gedächtnis basten bleiben? Die Ausstellung bat ihren Hauptwert als Gesamtbild neuzeitlich russischer Kunst, und wer sic so betrachtet, dem offenbart sic ihre feinsten Reize. Alles, was von besonderer Eigenart diesen Werken onhaftct, ist instruktiv zum feinsten Verständnis der russischen Volksseele, des Landes und nicht zuletzt der Künstler selbst, deren innerster Kern so tief im Heimatbvden wurzelt. Und das ist das Gesunde an dieser Kunst, daß man sic wahrhaft national nennen muß. Was sic bisher von den Errungenschaften der modernen europäischen Malerei übernahm, ist nickt mehr als die tcckmiscken Mittel. Spürt man dem inneren Gehalte nach, so stößt man auf echtes Russen- tum, auf slawische Eigenarten und auf Menschenbcrzen, die tief mit den Leiden ihres Volkes fühlen. Das soziale Milieu tritt nur zu oft augen fällig zutage, die lange Winternocht, die Einöde der russischen Steppen, das klägliche Wiehern der Rosse auf schneebedeckten Feldern, alles ist wie ein Symbol auf das seiende und werdende Rnssenreich selbst. I>r. 6eorx Diariirarrri. S * sein Plakat-Nebns. Bon einem Münchner Leser wird der ,,Fr!s. Ztg " geichrielen: Seit einigen Tagen prangt an den Straßenecken auch Leivzios. D. Res.) ein Plakat, daS in der Feinwirkung durch verschiedene rotglühende Marterwerkzeuge zum Besuche der Follerkannner in Nürnberg kuizuian-n scheint. Hinter diesen Werkzeugen beben sich zwei schwarze Eektslaichen in Eis gekühlt vc»n dunklen Nochthimiiicl. dessen höchst symmetrisch angrordnelcr Sterren- bogen kein Licht in das Myherium der Darstellung bringt. In der Nähe betrachtet, erkennt man. daß die Folterwerkzeuge ans einem Zahnrad ohne Nabe und Speichen (nach dem Rezept: ein Messer ohne Klinge, an dem der Stiel fehlt) bestehen, das also wohl der Zukunft angebört, während lie Gegenwart durch einen Merkurstab, die Ver gangenheit durch eine Beisszange ältesten Systems charakterisiert sind und zusammen vielleicht Industrie, Handel und Gewerbe — unbeschadet anderer Auslegungen — verkörpern sollen. Eingeborene dec Hauvt- und Residenzstadt München, die sich zu den ratlosen Bewunderern dieses Kunstwerkes gesellten, behaupten, daß die schwarzen Sektflaschen die Frauen türme. daS KühleiS das bayerische Hochgebirge bedeuten. und daß zum Zweck größerer Glaubwürdigkeit dieser Deutung ausschließlich Zentrumsschivarz mit roiem Ein schlag verwendet worden sei. — Man kann nur wünschen, daß diele Ausstellung, die so unheimliche Schatten vorauswirst, mebr Licht und Freude verbreiten möge, als dieses Plakat, daS für den Besuch der Ausstellung sür angewandie Kunst, Handwerk, Industrie, Handel, öjsentliche Einrichtungen und Sport iu München 1908 Stimmung machen soll. * Kleine ikhronik. Ein nenrr Komet ist laut Drahtmitteiluug der Sammelftelle in Kiel auf der Sternwarte Madison iu Wisconsin von dem Assistenten Mellijh entdeckt worden. Er steht ganz nahe bei der Wasserschlange, in die ihn seine nach Nordwesten weisende, langsame Bewegung hinsüdrt. Seine Helligkeit wird als neunter Größe angegeben. — Fräulein Valeska Cocorai anS Wien wurde, wie Wiener Blätter melden, als Heroine auf fünf Jahre kür daS Dresdner Hossheater verpflichtet. — Eine Krebs-AuSstrllnng soll im September 1908 in Verbindung mit dem 11. Internationalen Lkirurgenkongreß in Brüssel stattfinven. — Di« Restaurierung der Lorenzkirche i» Nürn berg droht ins Stocken zu geraten. Werden nicht bald größere Geldmittel beschafft, so drobt die gänzliche Eiüsielluug der Arbeiten. — Die Pariser Schau spielerin Susanne Desprös, die an den Pocken erkrankt war, ift vollkomme» wiederhergestellt; di« Pocken ließen keine Narb« zurück.
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