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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.10.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071021021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907102102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907102102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-10
- Tag1907-10-21
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Bezug»-Prrt» Wr Lechjt« und v»r<-r« d«ch «»« TrL,«r «w Sp«dtteurr t»4 Hau» -»kocht: Die rinzel« Nmm»«r kost»« W «tdoktiv, «ch «ichedM«— Johmuot-aff« 8. T«levbon Nr. 1«SL «r. 14«x Nr. K«. »«rltuer Nedaktt»»« vorr«: Berlin KV. / Prinz 80«« Frrdtuaod- Stratz« 1. Trttphion I, Nr S275. Dur» die »«« fr wat tL-UM inn und der deutschen N»i lln<arn 8 L »iertrljLtzrlich. Mn>»nemrnt-«n»ab»«: U»-«P>r<plotz bei miIrre, Lrt-«rn, Mliale». EprdÄorin und Abend-Ausgabe 8. MWMTagMM Handelszeitung. Amtsvlatt des Rates und -es Nolizeiamles der Ltadt Leipzig. Lrrzeige«. Prett Mr Kcherote an« üetv^a und Umgednaa dÜ8qeIvatt-or PrNtzril« » Pf., ftnanzielle Anzeigrn 30 Pf., NcHameo l «., Von au-n-Lrt» 30 Pf., Ne Samen 1.20 Pf. vo»«u«IandbOPs., siuao». Anzeigen7ÜPs. Reklamen i.Sd M. Jcherote v. BehHedev im amtlichen lei! 40 Pf. Betlagrgebüdr 5 Ni. ». lausend ezkl. P.-st- gebühr, «eichäst.anzeigen an bevorzuqler Eielle im Preise rrhSht. Rabatt nach Tarn, sfefierteilte Auftriae kinneu nicht zurück- netogeu werde». Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Platzen wird keine Garantie übernommen Anzeigen-«umrhmei Ungnün-pkatz 8 bei sämtlichen Filialen n. allen Annoucen- Expedetionen de« In- und «nriande«. -anpt Ktl iole «er»n Carl T>»nck: , Herzogl. Baqr. Hufdnch- handiung, Lntzowstraße lO. «rlepho» VI, Nr. 4603). Nr. 292. 2 t. Oktober 1907. 101. Zahrganq. Das EVichtigst« vom Tage. * Der König von Württemberg verlieh dem Grafen Zeppelin bei seinem militärischen Dienstjubiläum in Anerkennung seiner Verdienste um die Schaffung eines brauch baren Mvtorluftschiffes das Großkreuz des Militärver- dienstordens. * Der Katarrh Kaiser Franz Josefs hat eine leichte Verschlimmerung erfahren. lS. AuSl.) * König Alfons von Spanien erlitt einen Automobil unfall, ohne Schaden zu nehmen. (S. Ausl.) * Die Gemeinderatswahlen in Belgien sind für die Liberalen ungünstig ausgefallen. (S. Ausl.) Eine Rede -es Staatssekretärs von Vethinann-Hollrvea. Am heutigen Tage begannen die Verhandlungen des Deutschen Ar- beiterkongreNes in Berlin. Allein schon gestern sand eine Begrüßungs- versammlung statt,, die dadurch von besonderem Interesse wurde, daß Posadowskys Nachfolger, der neue Staatssekretär des Innern von B e Ich m a n n - H o l l w e g das Wort ergriff. Er führte aus: ^>ie haben die Güte gehabt, mich zu diesem Arbciterkongrefse einzu laden, und ich bin der Einladung mit Freuden gefolgt. Das Amt, zu dessen »tührmnoich berufen worden bin, ersaßt fast alle Lebensverhältnisse im Deutschen Reiche, und so insonderheit die Verhältnisse Ihres Stan des, des Arbeiterstandes. Um so dankbarer bin ich für sede Gelegenheit, die mir geboten wird, mit Vertretern der verschiedenen Berufsstande in persönliche Berührung zu treten, weil auch die sachlichste Behandlung der Geschäfte durch persönliche Beziehungen jeglicher Art nur gefördert werden kann. Hängt es doch Wohl auch mit einer solchen menschlichen Auffassung der Dinge zusammen, wenn Sie selbst, wie iw zu meiner großen und besonderen Freude höre, meinem Amtsvorgänger, dem Grafen Posadowsky, öffentlich Ihre Dankbarkeit bezeugt haben und noch bezeugen wollen für die außerordentlichen Verdienste, die er sich auf allen Gebieten, und namentlich um die Sozialpolitik im Deutschen Reiche er worben hat, indem er unermüdlich und tatkräftig, und nicht nur mit seinem die Tinge von Grund aus beherrschenden Verstände, sondern auch mit einem warmen Herzen für das Los der arbeitenden Klassen gesorgt und gearbeitet hat. (Beifall.! Seitdem Sie den ersten großen Kongreß in Frankfurt a. M. ver anstaltet haben, sind vier Jahre ins Land gegangen. In der Zwischen zeit hat das Streben nach korporativer Zusämmenscbließung weiter stark zugenommen, bei den Arbeitgebern sowohl wie bei den Arbeitnehmern, und auch bei Ihnen sind die Zahlen Ihrer Mitglieder ganz bedeutend ge wachsen. , Ich freue mich dieser Ihrer Erstarkung aufrichtig, Sie selbst blicken mit verständlichem Stolz auf die Vergrößerung Ihrer Bedeutung und Ihrer Macht. (Beifalls. Aber auch hier gilt der Satz, daß, je größere Macht einer hat, um so höher seine Verantwortlichkeit steigt. Gewiß ist es natürlich und voll berechtigt, daß Arbeiter, die sich zu Ver einigungen zusammenlun, weil der einzelne in dem wirtschaftlichen Ge triebe unserer Zeit schwerer zu seinem Rechte kommt als die geschlossene Vereinigung — gewiß, sage ich, ist es natürlich und berechtigt, daß solche Arbeitervereinigungen nicht ihre Aufgabe darin erblicken, die Geschäfte anderer zu besorgen, sondern daß sie Ihre, der Arbeiter, Wünsche vor- bringen, daß sie mit allen Mitteln die wirtschaftliche, soziale und sitt liche Wohlfahrt des Arbeiterstandes zu heben suchen. Das ist nicht nur Ihr Recht, das ist Ihre Pflicht. Aber Sie werden mir auch ein weiteres zugebcn. Wir Menschen, wir alle, welchem Stande wir auch angehören mögen, unterliegen «o leicht der Gefahr, Macht, die wir erlangt haben, zum Nachteil anderer auszunutzen. Sie wissen selbst am beiten, wie Terrorismus — von welcher Seite er auch kommen möge — nicht nur den moralischen Halt des Menschen vernichtet, sondern auch ganze wirt schaftliche Existenzen zu zertrümmern geeignet ist. Die Waffen des rück sichtslosesten Zwanges mögen sich darbieten, wenn es gilt, einen Feind, einen Todfeind niederzuringen, zu vernichten. Aber liegt die Sache hier so? Freilich, die sozialdemokratische Bewegung meint es. Es handelt sich nicht darum sich brauche wieder Worte, die auf dem Frankfurter Kongreß gesprochen worden sinds, daß sich die Ihrem Programm fol gende Arbeiterschaft als Sturmbock gegen die Sozialdemokratie brauchen lassen solle, auch nicht darum, daß Sie eine schwächliche Sozialpolitik nach dem Motto treiben sollen: „Wasch' mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!" Nein, meine Herren, es handelt sich darum, daß Sie unter Festhalten am Vaterlande, an der Treue zu Kaiser und Reich und an der von den Vätern überkommenen Religion für die Verbesserung der so zialen Lage der Arbeiter entschlossen aber gemeinsam mit den an deren Gliedern unseres deutschen Volkes zusammen arbeiten wollen, daß Sic dieses Programm immer fester ausgestalten und bei ihm ausharren, unbekümmert um die Werbungen und Verlockungen von links her. Und, meine Herren, glauben Sie nicht, daß Ihre Arbeit und Ihre Aufgaben an Grütze und Bedeutung verlören, wenn Sie auch bei entschiedenster Betonung der eigenen Interessen doch immer dessen ein gedenk bleiben, daß ein jeder Stand, und deshalb auch der Ärbeiter- itand, nur ein Glied des gemeinsamen Volkskörpcrs ist, daß nicht die Ausschaltung aller anderen Interessen, sondern der billige Ausgleich ein ander entgegeustchcnder Interessen das Ziel ist. Im Gegenteil. Ich wüßte kaum eine größere Ausgabe der Gegenwart, als diejenige, die mächtige Arbeiterbewegung unserer Tage einzuordnen in die bc - stehendc Gesellschaft. (Beifall.) Wenn Sie sich dieser Aufgabe hingeben, dann «argen Sie nicht nur für Ihr wirtschaftliches Gedeihen, für Ihre steigende Teilnahme an den Errungenschaften der Kultur, am politischen Leben, sondern dann leisten Sic dem Vaterlande, dessen Kin der wir doch alle sind, den größten Dienst. Als nach Beendigung des Frankfurter Kongresses der Herr Reichs kanzler Ihre Tevutation empfing, da wies er darauf hin, daß cs ein Ruhmestitel des deutschen Kaisertums sei, zuerst von allen Staaten, eine groß angelegte sozialpolitische Gesetzgebung ins Leben gerufen zu haben. Dem Geiste, von dem jene ersten Taten ausginaen, ist, das wissen Sie, unser Kaiser treu. Tie Arbeit itockt auch jetzt nicht, e i n e R u b e p a u s e i st nicht eingetreten. (Beifall.) Wie Ihnen bekannt, beschäftigt sich der Bundesrat mit dem Entwürfe zu einem Reichsvereinsgeietz und mit einer noch vom Grafen Posadowskv ausgearbefteten Novelle zur Gewerbeordnung, welche u. a. wichtige Bestimmungen über die Dauer der Frauenarbeit und die Heimarbeit enthält. (Beifall.I An einem Ge setzentwurf über Arbeitskammcrn, den ich vorsand, wird ununterbrochen weitergearbeitct. Ich hoffe, daß er noch in diesem Winter feste Gestalt annchmen wird. (Lebhafter Beifall ! Alles das sind Fragen, die Sie fortgesetzt beschäftigt haben und noch beschäftigen. Aber sie stellen nur einen Ausschnitt dar. Das Leben läßt täglich neue Probleme entstehen, und mir ist es wohl bewußt, daß noch eine ganze Reihe anderer Fragen aus alter und neuer Zeit der Löfting, der baldigen Lösung harren, daß — wie das Programm Ihres Kongresses cs zeigt — noch eine große An zahl weiterer Wünsche von Ihnen beraten und vorgcbracht werden wird. Sie wollen überzeugt sein, daß ich Ihren Verhandlungen mit der größten Ansmerkp'mkeit folgen und darkbar sein werde für jede An- regung, für jede Unterstützung, welche uns, dem vorhin von mir ge kennzeichneten Ziele näher führt. (Lebhafter Beifall). Die Ausgaben -er* ReechsäznteL*. Wenn man die Entwicklung betrachtet, die die fortdauernden Ausgaben der einzelnen Rcichsämtcr genommen haben, so kommt man zu dem Ergebnis, daß sich dabei zwei Richtungen zeigen. Ter eine Teil der Acmter hat eine von Jahr zu Jahr langsam steigende, stetige Ausgabcnentwicklung auszuweiscn, der andere bewegt sich in be- trächtlichcn Schwankungen. Zu den ersteren gehören das Auswär tige Amt, das Rcichsjustiz- und das Reichseisenbahnamt. Tas erstere Amt hatte im Jahre 1837 eine fortdauernde EtatSausaabe von 7,8 Millionen, 1897 von 10,9 und 1907 von 16,9 Millionen Mark auf- zirweisen. Wenn das Reichskolonialanft nicht für 1907 aus dem Aus wärtigen Amt mit einer Ausgabe von 1,6 Millionen Mark ausgci'chicden wäre, würde die Ausgabe des letzteren noch größer ausgefallen sein. Tic Ausgaben der Reichsjustizverwaltung stiegen in den erwähnten zwanzig Jahren von 1,9 auf 2 1 Millionen Mark und die des Reichseisenbavn- amtes von 0,3 auf 0,4 Millionen Mark. Dagegen haben Neichsschatzamt und Neichsamt des Innern recht starke Schwankungen auszuweiscn. Was zunächst das letztere betrnft, so belief sich seine fortdauernde Aus gabe 1887 auf 7,9 Millionen Mark, 1897 bereits auf 36,7 und 1907 auf 75,2 Millionen Mark. In erster Reihe ist an dieser außerordentlich starken Steigerung die Einführung des Zuschusses zur Jnvalidenver- sicherung schuld, sodanu aber auch die Vermehrung der zum Ressort des Innern gehörenden Einzelämter und deren Erweiterung. Patentamt, Neichsgesundheitsamt und Reichsverficherungsamt spielen in letzterer Beziehung eine große Rolle. Nirgends aber sind die Schwankungen in den fortdauernden Ausgaben so groß gewesen, wie beim Rcichsschatz- amt. Es wies 1887 eine Etatsausgabe von 153,4, 1897 von 409,2 und 1907 von 281,2 Millionen Mark auf. Die Schwankungen sind in erster Reihe auf die Ueberweisungssteuern zurückzuführen. Mit der Erhöhung der Einnahmen aus den Zöllen wuchs auch zunächst die Ausgabe bei den Ueberweisnngssteuern. Als durch die lax Stengel die Zölle aus den Ueberweisnngssteuern herausgenommen wurden, verringerte sich plötzlich dementsprechend diese im Etat des RoichSschatzamtes geführte Ausgabe. Die Verringerung würde gegen früher noch bedeutend größer sein, wenn nicht in den letzten Jahren ein neuer Ausgabeposten von Bedeutung in den Etat des Reichsschahamtes eingestellt worden wäre, nämlich der für den HinterbliebenenversicherungsfonLs, der für 1907 nicht weniger als 48 Millionen Mark ausmacht. Wäre er nicht einge- stellt worden, so würde die Schwankung noch krasser ausgefallen sein. Da es sich bei diesem Etat aber größtenteils nur um durchlaufende Posten handelt, so haben diese Schwankungen für das Brckget des Reiches selbst keine allzugroße Bedeutung gehabt. Für den nächstjährigen Reichshaushaltsetat dürften sich bei den Reichsämtern Schwankungen ähnlicher Art nicht ergeben. Es ist selbst verständlich zu erwarten, daß die Ausgaben für einzelne Aemter ent sprechend der Steigerung der Geschäftslast erhöht werden. Man ist daran aber alljährlich gewöhnt gewesen. Namentlich kommen hier das Auswärtige Amt und das Reichsamt des Innern ihrer ganzen Natur nach in erster Reihe in Betracht. Dagegen dürste sich eine besondere Steigerung diesmal bei dem Kapitel der Reichsschuld ergeben. Hier wird die Bestimmung des Reichsfinanzresormgesetzes vom Jahre 1906 über die Schuldentilgung zum ersten Make zum Ausdruck kommen müssen. Auch das Kapitel der ReichsschuD hat in den letzten zwanzig Jahren beträchtliche Steigerungen in den Ausgaben zu verzeichnen ge habt. Im Etat für 1887 waren diese mit noch nicht 20 Millionen ver zeichnet, 1897 schon mit 76,2 und 1907 mit 136,6 Millionen Mark. Die Nebencinanderstellung dieser Zahlen zeigt, wie notwendig eine Schul dentilgung ist. Wenn sic nunmehr vorgenommen und durch sie auch vorläufig eine Ausgabensteigerung hervorgcrufen wird, so wird doch die Zukunft davon Vorteil haben. Man wird also diese Erhöhung in den fortdauernden Ausgaben nicht als unerfreulich zu bezeichnen haben. Deutsches Reich. Leipzig, 21. Oktober. * Finstcntage in Windsor. In Wien eingetroffene Nachrichten be- i slätigen unsere Meldung von dem Zusammentreffen dcs Kaisers unk > teS Königs von Spanien in England. Danach wirk das «panische ! Königspaar zuerst im Keusingtonpalast und in Sandrinabam weilen; I danach wird die Uebersiekelung aller Fürstlichkeiten nach W ndsor er folgen, um dort am 12. November das deutsche Kaiscrpaar zu bewill- iommucu. Ende der nächsten Wocbe werken in London auch der König und kie Königin von Norwegen zu längerem Aufenthalt erwartet. * Von Pfister -p. Aus Stuttgart wird gemeldet: Generalmajor Dr. Albert v. Pfister ist am Abend des 19. Oktober in dem Städichcn Trossingen an einem Schlaganfall plötzlich gestorben. Er nabin kort an der Feier des 50jähngcn BcstelenS der Harmonika'ab.ik Hohner teil und hatte gerake einen Trinlspruck auf die ihm nahestehende Fam'lie Hobncr ausgebracht, als ibn ein Unwohlsein übcrlam. Nach wenigen Minuten war er tor. Mit Pfister ist ein Mann von lohen und viel- ieitlgen Gaben, ein warmherziger, sympathischer M lisch, ein ienriger Patriot dahingegaugen. Geboren ward er am 6. Mai 1839 in Münster bei Mergentheim, wo sein Vater Psarrcr war. Seine militari cbe Lau«, bahn begann er 1857 in der Kriegsschule zu Ludwigsburg. Im Den! war er zuletzt Kommandeur dcS württembergischen Infanterie-RegimwrS Nr. 124, bis er 1893 als Generalmajor zur Verfügung gestellt wurde. Feuilleton. Leipziger Ausstellungen. Sommerhäuser. Im Grassimuseum findet gegenwärtig eine interessante und dankenswerte Ausstellung statt. Die „Woche hatte vor nunmehr einem Jahr ein Preisausschreiben erlassen, das man weitaus ernster nehmen konnte, als ihre bisherigen Bemühungen um Volkslieder, Märchen und Balladen: sie erließ einen Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für Sommer- und Ferienhäuser. Da es darauf ankam, Entwürfe von Häusern zu bekommen, die sich für den Sommeraufenthalt des besseren Mittelstandes in wohnlicher und wirtschaftlicher Beziehung eignen und deren Aeußcres sich der Gartengestaltung und dem Landschaftsbilde an paßt, waren in den Bedingungen des Preisausschreibens zwei Haupt- Momente besonders hervorgehoben: jedes Haus mußte für einen be sonderen Bauplatz entworfen sein, und zweitens durften die Häuser die Dausummme nicht überschreiten, die aus 5000, 7500 und 10 000 ssl. fest gesetzt war, woran sich dann noch eine Klaffe für 20 000 -k an schloß. Zur Ermittlung der Bausumme war bestimmt, daß der Kubik- meter umbauten Raumes mit 16 .it berechnet werden solle. Im Preis- aericht saßen die Herren Theodor Fischer, Hermann MuthFius, Richard Riemerschmid und Schulze-Naumburg. Es gingen 1528 Entwürfe ein, von denen 21 Preis« zwischen 1000 und 150 ^l erkiesten, 40 Entwürfe wurden außerdem anaekauft. Um das durch den Wettbewerb ge wonnene Material in den Dienst der Oeffentlichkeit zu stellen, wurden von 40 der Entwürfe Modelle hergestellt, und diese sollen nun in den größeren Städten Deutschlands als Sonderausstellungen vorgeführt werden. Die erste Ausstellung fand in Berlin statt, die zweite hier in Leipzig. Ferner werden, um die angeregten Gedanken in die Praxis umzusetzen, zunächst acht Häuser in Finkenkrug bei Berlin ausgeführt, obwohl hier die Nähe Berlins die Baupreise um mehr als ein Drittel erhöht und daher die im Wettbewerb vorgesehenen Kosten erheblich über schritten werden. Diese Kolonie wird nächstes Frühjahr fertiggestellt lein. In einer Eiulestung, die Hermann Muthesius dem die Pläne ent haltenden Sonderheft der „Woche" voranstellt, sind alle Gesichtspunkte beigebracht, die in Betracht kommen. Muthesius spricht von dem mit jedem Jahre mehr zunehmenden Zuge aufs Land. Nickt jeder kann draußen wohnen, di« meisten Stadter müssen noch mit dem üblichen Familienaufenthalt im Gebirge oder cm der See sürlieb nehmen, der meist keine Verbesserung nach der Seite der häuslichen Bequemlichkeit bin bedeutet: enge UuterkunstSverhältnisse, mäßige Verpflegung, Ab- hänqigkeit, Störung durch die enggedrängten Anwohner bei teueren Preisen. In England ist es bereits für jeden einigermaßen Bemittelten selbstverständlich geworden, irgendwo im Lande ein eigenes kleines Haus «ftr haben, das ine Familie nickt nur im Sommer, sondern auch an Weih nachten, sogar auch im Frühjahr und Herbst an den Sonnabenden und Sonntagen beherbergt. Auch bei uns hat diese Bewegung schon lange eingesetzt. Zunächst wurden aber bei der Anlage solcher Käufer ältere Einrichtungen mechanisch übertragen. Meist ist daS Sommerhaus nichts als eine verkleinerte Vorstadtvilla. „Das kleine Sommerhaus wird dann zu jenem nichtsnutzigen, kokett-schäbigen Zuckerbäckcrhäuschen, das wir in den norddeutschen Seebadcorten sich bereits cinnisten sehen." Es wird vergessen, daß die Anforderungen an ein Haus, in dem man nur in den heißen Monaten wobnen will, ganz andere sind, als an ein ständiges Wohnhaus. Man will hier nicht arbeiten, sondern nur genießen, man ist den größten Teil des Tages im Freien und die Stunden, die man im Haufe ist, will man mit den anderen zusammen fein: es genügt daher meist ein einziger Allgemcinraum. Man will ferner im Freien essen können: eine große Veranda ist also ein Bestandteil des Sommerhauses. Es müssen möglichst viele Schlafzimmer vorhanden sein für die Mitglieder und für den meist zu erwartenden Logierbesuch. Das Schlafzimmer ist es, das hier für «cdes Mitglied der Familie die Rolle des Privatzimmers einnimmt. Wenn eine kleine Bibliothek untergebracht werden soll, dann genügt ein kleiner Nebenraum im allgemeinen Wohnzimmer, der überhaupt mit Nischen und einigen ruhigen Winkeln, in die mnn sich zurückziehen kann, aus- gestattet wird. Ebenso unzulänglich ist bisher die äußere Erscheinung der Sommerhäuser. „Eine einfache und würdige Erscheinung der Häuser sollte zu der Größe und Schönheit der umgebenden Natur in richtigem Verhältnis stehen; statt der Prätension der „Villa" sollte eher ein An schluß an die Motive der ländlichen Bauüberlieferung gesucht werden." Vor allein wird ein einheitliches, großes Dach sofort ichon von weitem den Eindruck vermitteln, der von dem Innern verlangt wird: der gastlichen Aufnahme. Der Eindruck wird erhöht durch die Farbengebung rotes Ziegeldach, Weiße Wände, grüne Läden, Sehr einleuchtend ist auch, was Muthesius von der Möblierung verlangt. Die Formen des Gerätes haben sich in den allereinfachsten Linien zu halten. Wie man seine Ausflüge nicht im Gehrock und Zvlindcr mache, io seien die aus der Stadtwohnung übertragenen Lonis-XVI.-Mödel im Sommerhause stilwidrig. Das leuchtet ein, nicht wahr? Aber wer sich gerade mit den Fragen des modernen Kunstgewerbes, mit dieser ganzen Bewegung beschäftigt hat, der weiß, wie selbst für jeden einzelnen Ge- bildeten immer wieder diese Selbstverständlichkeiten entdeckt werden muffen. Dafür hat auch kaum eine andere Kunstbewcgung so Aussicht, 'ich durchzusetzen, wie das zweckmäßig reformierte Kunsthandwerk: so- bald jemand einmal dazu gebracht ist, die Prinzipien, die hier zur An wendung kommen, anzuhören, ist er auch für sie gewonnen, denn sie richten sich ebenso an den natürlichen Verstand, wie an die Phantasie, sie sind Abstraktionen am gegebenen Objekt. Mit Erfolg wird man also die Ausstellung im Grassimuseum dann besuchen, wenn man sich über die eben entwickelten Prinzipien ein wenig instruiert bat. Dann sind die ausgestellten Modelle nicht mehr nur eine Art Spielzeug, dos ein Landhaus mit Garten, Rasen und Straße wie auS der Vogelperspektive zeigt, sondern das Resultat einer Arbeit, die uns interessiert und — angeht. Denn das eigene Sommerhaus ist ja bei allen Großstadtmeuschen ein Ziel, „aufs innigste zu wünschen"; vielleicht wird mancher auch durch die Ausstellung angeregt, in diesem Wunsch nicht nur eine ferne Utopie zu sehen. Dem Wunsch des Preis ausschreibens gemäß hatten vor allem die 5000-Mark-Häuscr die Archi tekten gefesselt. Die Schwierigkeiten sind hier folgende: das Haus bequem zu machen, trotzdem die größte Sparsamkeit und Zusammen- drängung obwalten muß. Die meisten Einsendungen wählten nur zwei stöckige Anlage, bei der die Treppe zum Obergeschoß in das Wohnzimmer eingebaut ist. Die Schaffung des nötigen Raumes zum Ablegen der Kleider sowie die Anbringung dcs Klosetts und des Badezimmers ließen am meisten zu wünschen übrig, und diese Punkte sind selbst- in den meisten preisgekrönten Entwürfen nicht zur vollen Zufriedenheit gelöst. Auf den doch naheliegenden Gedanken, lür diese billigste Klasse die einstöckigc Anlage zu wählen, sind laut Bericht der Prüfungskommission nur wenige Bewerber gekommen. Es waren auch Innenansichten und Zeichnungen von Möbelstücken gefordert worden. Tie Preisrichter konnten hier die Beobachtung machen, daß sehr häufig entweder eine einseitige Beanlagung für die äußere Fassung des Hauses oder eine solche für den inneren Ausbau vor. lag, woraus hervorgeht, daß die Architekten, die diesen beiden von einander untrennbaren Aufgaben das gleiche Verständnis entgegen- bringen, heute noch zu den Ausnahmen gehören. * Bildende Kunst. Im Buchgewerbemuseum findet man gegenwärtig zwei bedeutsame Veranstaltungen: Im oberen Saal eine Ausstellung der graphischen Arbeiten Gustav Kampmanns, und im unteren Stockwerk, in jenen Räumen, die seinerzeit »u der großen graphischen Ausstellung her- gerichtet worden sind, eine besonders instruktive Ausstellung alter Buch einbände aus der Sammlung Becher in Karlsruhe. Obwohl über die letztgenannten an dieser Stelle noch ausführlich gesprochen werden soll, möchten wir nicht verfehlen, schon heute speziell die Interessenten wie Kunstgewerbetreibende, Buchbinder, darauf aufmerksam zu machen. Man wird selten wieder Gelegenheit haben, alte Bucheinbände von solcher Qualität zu sehen, ganz abgesehen davon, daß die Geschichte des Einbandes — eines der wundervollsten Kapitel allen KunstgcwerbeS — an solchen Beispielen hervorragend gut erläutert wird. — Die Arbci- ten des Karlsruher Meisters Kampmann sind in Leipzig schon öfters gesehen worden, noch vor nicht allzu ferner Zett lernte man den Maler Kampmann im Kunstverein besonders gut kennen, gelegentlich einer kleineren Kollektivausstellung; danach kann die Bekanntschaft dcs Graphikers nur noch auf stärkeres Interesse stoßen. Wer in dem Karlsruher Kreis, in dessen Mitte Hans Thoma steht, Bescheid weiß, erkennt schon auf den ersten Blick Kampmanns Zugehörigkeit zu dem» selben. So selbständig auch diese Karlsruher Meister in ihrer Art
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