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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.10.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071025014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907102501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907102501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-10
- Tag1907-10-25
- Monat1907-10
- Jahr1907
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Ämlsvlatt des Rates und -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Luzeigen-Preis Mr Inserate au« Leipzig and Umgeb»»« di, Saelpaltene Petitjeile 25 Pf., ftnanziell« Anzeigen SV Pf., Reklamen I M.; »em antlväri« 50 Pf., Reklamen 1.20 Pt. »o»«u«l-nd50Pf., ftnanz. Anzeigen 75 Pf. ReNamen 1L0 W. Inserate ». VehLrde» im amtlichen Teil 40 Pi. Beilage,«bitbr 5 Ti. ». Tausend ezkl. Post gebühr. «eschästlanzeigrn an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Laris. Festerteilt« Aufträge können nicht zurück gezogen «erden. Für da« Srschcinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen.Annahme, Luguku«platz 8. bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen. Expeditionen de« In» und Au«lande«. Haupt-Filiale Derlt» Carl Luncki , Herzog!. Bahr. Hofbui^ Handlung, Lsttzowstrafte 10. vrelephon VI. Rr. «SM). für den , Nr. 2 inmartt ber 71, —, do. Tücken» ). S.25, do. do -zember- n Nach- ool und wurde, r Kom ise vcr- Fonds- ncuem ildungcn ind bei. bcrwurc ;o fester icapoll-, 420 110 Mais ir Sl'sz. Vorlagen cte der wie auf nce von von er- FondS. n. Tie urde die : Ernte- „erlichen ewegnng „schritte, mgs un- Stife der cke über vorüber» iehcndcn fest bei , 10,35. ez 120 SarrelS.) l. Saison 71 396 17 536 15 161 41 ->14 8 155 5 203 23 789 2 406 1608 ottcrdam kost. 194.70 202.60 12570 11170 161 - 198.50 kost. 17020 194.80 202 75 125.70 111.70 kost. 19525 20 <.25 112 — 4'o 4 äeüssil«:.» -rsob-o 7 117.40 ^690.- t 111^, 247'r- 58.80 19O'§ ?040 123^« 23'» 161 24?, 6'i- " 122'!e i.! -.i 122'-^ o 25.12 444,-- toosttiolm iri,tiai>i» , lvoiivn- 2 » 1. ck, r » 9'ie <i. k l-omloa »nolii 3^7 ü. 1.—8. 1.258. Nr. 298. Freitag 25. Oktober 1907. 191. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. * Der Gegenbesuch des Königs Alfons von Spanien am sächsischen Hofe ist bis auf weiteres aufgegeben worden, weil der gleichzeitig geplante Besuch des Königs Alfons in Wien zur zeit wegen des Gesundheitszustandes des Kaisers Franz Josef unmög lich erscheint. * Es verlautet, daß die Beratung der Wahlrechtsvorlagc in der Zweiten Kammer nach Beendigung der Vorbe ratung des Haushaltsetats, die bis zum 5. November gehen dürfte, begonnen werde. * Die sächsische Zweite Kammer verhandelte gestern über Verwaltung und Verwahrung der königlichen Samm lungen. (S. Ber.) "In der gestrigen Sitzung des Bundesrates wurde über die Resolution des Reichstages zum ReichshauZhalts- etat und zu dem Etat der Schutzgebiete für 1907 Beschluß gefaßt. * Die Fortsetzung des Moltke - Harden - Prozesses, der gestern Enthüllungen über das Treiben von Mitgliedern der Tafelrunde brachte, soll h e u t e v o r m i t t a g mit der Vernehmung des Fürsten Philipp Eulenburg weitergeführt werden. sS. Art. und Ber.s * K önig Haakon ist zu einem Besuch in Kopenhagen ein- getrcffen. (S. Ausl.) „ * InBrüssel wurde eine internationale Konferenz gegen den Mädchenhandel eröffnet. (S. Ausl.) * Die Minister Fort und Pacak haben endgültig ihren Rück- tritt angekündigt. * Die holländische Regierung hat eine Altersversiche rungs-Vorlage eingebracht. * Ter italienische Mini st errat ermächtigte, wie aus Rom gemeldet wird, den Schatzminister, den Opfern des Erdbebens in Kalabrien Unterstützungen zu senden und die dringendsten Hilfs arbeiten anzuordnen. lS. Neues a. a. W.) * Der Ort Ferrugazzano ist, wie aus Reggio sKalabrien) gemeldet wird, durch das Erdbeben vollständig zerstört worden. Unter den Trümmern liegen 200 Tote und viele Verletzte. lS. Neues a. a. W. und Letzte Tep.j Der j)apst und -re deutsche Lolerrpolitik. Tas Bestreben der großpolnischcn Propaganda, durch Drohungen an die Adresse des Vatikans auf die Preußische Ostmarkenpolitik maßgeben den Einfluß zu gewinnen und so den Widerstand des Polentums gegen die Staatsgewalt von außen her zu stärken, macht sich, obwohl derselbe Versuch beim polnischen Schulstreik kläglich gescheitert ist, neuerdings wieder mit großer Entschiedenheit bemerkbar. Die noch nicht erfolgte Wiederbesetzung des erzbischöflichen Stuhles von Posen-Gnesen und die Verurteilung des Propstes Olszewski aus Osiek IWestpreußen) wegen Be teiligung am Schulstreik soll diese Taktik, die natürlich darauf Hinaus läuft, der preußischen Regierung in anderer Beziehung Schwierigkeiten zu bereiten, angeblich rechtfertigen. Zunächst sollen die katholischen Bischöfe und Priester zu willenlosen Werkzeugen des Kampfes gegen das Deutsch tum gestempelt werden. So schreibt die „Gazeta Gdanska": „Der Schul- streik, die Bestrafung unserer Priester mit Gefängnis wird uns immer im Gedächtnis haften bleiben, die Erbitterung wird immer größer wer den. Es fehlt zwar nicht an Achtung und Gehorsam gegenüber der kirch lichen Behörde — weil wir Polen sind, — aber die Liebe und Anhänglich keit zu unserem Oberhirten die zu Anfang fast grenzenlos war, — setzt aber nur noch glimmt, — wird vollständig auslöschen, und es wird nur die kalte Asche übrig bleiben. Der hochwürdigste Bischof strebt Wohl selbst danach, denn anders sonst können wir es uns nicht erklären, daß er die Herzen seiner Schäslein und seiner polnischen Priester von sich fast wegstößt." Der „Lech" läßt sich folgendermaßen vernehmen: „Es ist somit klar, daß wir von Rom, das unsere Verhältnisse durch die Brille dieses erfahrenen und durchtriebenen Diplomaten (des Kardinals Kopp) betrachtet, nichts erwarten können. Es wundert uns nur, daß es immer noch Leute gibt, die sich nach Rom und den deutschen Bischöfen umsehen. . . . Wir leiden alle für den Glauben, wir kämpfen für die Grundsätze der heiligen Kirche. Wir haben daher das Recht, zu hoffen und zu ver langen, daß Rom offen aufträte und erklärte, welche Stellung es ein- nimmt, denn bis jetzt wissen wir nicht, was es eigentlich denkt. Wir sind alle davon überzeugt, daß wir, wenn wir kämpfen und leiden, dies für die Kirche tun. Sollten wir uns geirrt haben? Korn», tun ros uxitur!" Der „Dziennik Kujawski" erklärt: „Auch wir erwarten, daß der Statt halter Christi in Rom uns nicht dem Moloch der preußischen Politik der Entnationalisierung opfern wird, denn sonst könnten schreckliche Sachen geschehen, angesichts deren unsere gegenwärtige Lage nur ein Spiel wäre. . . . Die Besetzung des erzbischöflichen Stuhls in Posen ist nicht aus schließlich Sache der katholischen Kirche, sondern eine hochwichtige Frage unserer nationalen Politik. Die Zeiten sind vorüber, wo man mit uns bandeln konnte wie mit nachgiebigrn Schafen. Heute hat sich in dieser Beziehung vieles geändert, und wenn ein Deutscher — und wäre es auch der allerbeste Mensch — den erzbischöflichen Stuhl einnehmen sollte, dann müßten wir die vatikanische Diplomatie auf feiten unserer Todfeinde — der preußischen Hakatisten sehen und daraus die entsprechenden Schlüffe ziehen." Und in einem anderen Artikel desselben Blattes heißt es: „Durch ganze Jahrhunderte waren wir treue Söhne der Kirche; wir opferten vielfach unsere nationalen Interessen für Rom. Heute haben wir das Recht, von Rom zu verlangen, daß es nach den Worten Christi seine W Schafe verläßt, um das Hundertste zu retten, daS ihm auch heute noch treu ergeben ist, obwohl es von allen verlassen ist. . . . Bescheidenheit steht wohl Bettlern vor der Kirche an, aber nicht einem 4 Millionen be tragenden Teile deS 20 Millionen zählenden polnischen Volkes. Wir ziehen uns als Katholiken von dem Stuhle Petri, dem Haupte der Kirche übertragen, nicht zurück, dafür aber haben wir auch das Recht, den Schutz zu verlangen, der unS von Rom aus zusteht. . . . Seien wir mehr Polen als Katholiken, dann wird auch Rom ein Interesse daran haben, uns zu unterstützen." Diese Ansprüche und Hoffnungen der fanatischen Agitatoren deS Großpolentums erhalten durch eine Meldung der „Gazeta Narodowc", soweit der Vatikan in Frage kommt, eine bestimmte Beleuchtung. Der römische Berichterstatter dieses BlatteS will von „einem italienischen, in naben Beziehungen zum Vatikan stehenden Würdenträger" folgendes er- fahren haben: „Hinsichtlich der Trennung eines neuen Erzbischofs von Posen ist noch nichts Entscheidendes geschehen. Im Gegenteil habe ich mit vollster Sicherheit erfahren, daß die Verhältnisse jetzt noch ebenso liegen, wie unmitelbar nach dem Tode des Erzbischofs. Die preußische Regierung bleibt aus leicht verständlichen politischen Gründen dabei, daß den erzbischöflichen Stuhl von Grobpolen ein Prälat deutscher Natio nalität bekleide. Der Vatikan dagegen, nach den Grundsätzen der Gerech- tigkeit sich richtend und das Wohl der Kirche im Auge haltend, verlangt, daß den erzbischöflichen Stuhl des heiligen Adalbert ein Erzbischof pol nischer Nationalität erhalte.... Es unterliegt keinem Zweifel, daß dieser erzbischöfliche Stuhl noch lange Zeit unbesetzt bleiben und die Leitung der Diözese nach wie vor in der Hand des provisorischen Verwalters, des Herrn Bischofs Likowski, verbleiben wird. Der Konflikt zwischen Preußen und dem heiligen Stuhle in Betreff der Ernennung des Nach- solgers für den verstorbenen Erzbischof v. Stablewski steht offen, berührt jcooch die normalen Verhältnisse zwischen Preußen und dem Vatikan nicht. In Berlin weiß man nämlich recht gut, daß an der Zuspitzung der polnisch-deutschen Verhältnisse unter dem preußischen Szepter der Vati kan keine Schuld trägt, im vorliegenden Falle aber der heilige Stuhl eine Stellung eingenommen hat, die in Berlin nicht unvorgesehen war." Der Staat ins Staate. (Von unserem römischen ^.-Korrespondenten.) Die Herren organisierten Arbeiter von Mailand, Bologna und Turin, der Zentralverband der Gewerkschaften, der Zentralvorstand der sozialistischen Partei »einschließlich der Spezialpriester für die re formistische Richtung) und das Sundikat der Herren Estenbahner des Königreichs Italien haben zehn Tage lang in teils praktischer, teils akademischer Weise revolutionären politischen Klassenkampf gespielt. Als sie aber nicht mehr konnten so, weil sich bei den Beteiligten das richtige Verständnis zu verflüchtigen schien, und die ebenen Kräfte in die Brüche gingen, beschlossen ste, das Spiel in einer Weise zu beenden, daß man die Furcht vor ihnen so bald nickt sollte los werden können. Man war im Spiel gerade bei der Stelle angelangt, wo die Regierung des Bour geois-Staates im Brustton das Ouc>s exo! rief und nach gebührender Verbeugung vor dem Ncutralitätsprinzip bei Konflikten zwischen Kapi tal und Arbeit und ihren wie auch immer gearteten Folgen den Be schluß kündete, die Eisenbahner in ihrer Eigenschaft von gesetzlich sank tionierten Staatsbeamten wegen ihres Streiks zu bestrafen sowie den Auch-Eisenbahnern, weil sie gütigst nicht gestreikt hatten, durch Grati- fikationcn die Dankbarkeit zu erweisen. Der aufmerksame Zuschauer gewärtigte daraufhin die „elementare" Empörung der Herren Eisenbahner und des gesamten übrigen Proletariats in Gestalt eines sofortigen neuen General streiks mit zugehörigen öffentlichen Demonstrationen und Vanda lismus; statt dessen aber erfolgte nur ein politisches Bekenntnis nebst freundlichen Verbeißungen für die Zukunft. Ein Teil der Zu schauer fand dieses Ende des Spiels weise, ein anderer feige, ein drit- ter und kleinster Teil sah es sich sachlich an und nahm es wichtig. — Recht haben alle drei Teile der Zuschauer. Der Generalstreik im allgemeinen und der Streik der Eisenbahner im besonderen blieb aus, weil die Akteure in der Tat ein ungünstiges Ende voraussahen, das ihren inneren und äußeren Zwecken direkt und indirekt nur schaden konnte, weil sie für ihre werten Personen Angst hatten trotz aller Prinzipienbekenntnisse, und weil endlich ihre effektive Macht saloiert blieb. Die Herren Eisen bahner namentlich, hatten wahrlich der Regierung an Entschiedenheit der Sprache nichts nachgegeben und unter Betonung ihrer Macht, nach Belieben das Leben der ganzen Nation zum Stillstand zu bringen, an gekündigt, daß sie zwar im Augenblick jede Streikabsicht auf gäben, weil sie vom Streik eben jetzt nicht die erhoffte Wirkung haben würden, daß sie aber auch für die Gegenwart sehr wohl wüßten, in der Obstruktion, der Sabotage (ma- teriellen Schädigung der Betriebsmittel) usw. Waffen in der Hand zu haben, mit denen sie dem Bour- geois-Staate und seiner Regierung Vergeltung üben könnten. Wer die Herren Eisenbahner in den letzten Jahren in Italien beobachtet hat, wie sie ungeachtet der ihnen von den Bourgeois überwiesenen Erhöhungen der Gehälter im Betrage von nicht weniger als 4.3 Millionen Lire in unbescheidener Haltung nicht im mindesten nachließen, und wer ferner bemerkt bat wie sich zu den mehr und minder zielbewußten „eigentlichen" Proletariern in Italien auch höhere und niedere Beamte sowie einige Kategorien von anac- sessenen Kleinbürgern gesellt haben, der wird bekennen müssen, daß sich im Staate Italien ein besonderer Staat mit revolnnonärer nnd republi- kanischer Tendenz konstituiert bat, der stch gegen den ersten bereits sehr viel herausnchmen kann und darf. Verharren die Faktoren des Pri märstaates in der bisherigen Indolenz, so kann es trotz der Minder wertigkeit der Energien des Sekundärstaates sehr wohl dahin kommen, daß dieser in einem kritischen Moment triumphiert. Lxempla ckocent! v. Moltke gegen Harden. (Eigner Drahtbericht.) Berlin, 24. Oktober. Die Vormittagssitzung. Der Andrang zur heutigen Verhandlung des BcleidigungSprozesseS Moltke-Harven ist beängstigend. Die Zeugen können nur durch Ge- richtSdieuer in den Saal bugsiert werten. Glücklicherweise ist das Wetter aber kühler, so daß die Luft in dem Raume nicht so stickig ist wie gestern. Von ver Stirnwand des Raumes blickt daS lebensgroße Porträt Friedrich Wilhelms IV. erstaunt auf die Vorgänge. Es sängt sacht an. Beide Parteien suchen sich zu mäßigen und stellen ihre neuen BeweiSanträze. Die Nachwirkung der gestrigen Zeugenvernehmung ist noch so stark, daß der Rechtsbeistand des gräflichen Klägers unwillkür lich zugibt, die Bekundungen der Frau v. Elbe müßten ja an sich ein merkwürdiges Licht auf seinen Klienten werfen, aber man müsse sie au- den betrüblichen Verhältnissen heraus beurteilen. Folgt eine mit Pathos vorgetragene Schilderung der edlen Charaktereigenschaften des gegen die Frauen im allgemeinen stet- ritterlichen Grafen. Auch der wiederholte Hinweis aus die frommen Liebeswcrke des Grafen fehlt nicht. Indessen ist zu sagen, daß die Töne GordonS zwar hoch sind, aber nickt wärmen. Bernstein wird schon hitziger. Er will durck Zeugen beweisen, daß S. M. der Kaiser u. a. auch von einer Anzahl Päderasten umgeben war (die Scheu vor solchen Worten schwindet langsam, aber sicher in diesem Prozeß) unv nennt die Zeugen dafür. Ob Fürst Eulenburg dazu zu rechnen, werde sich vielleicht Herausstellen. Es sei aber kaum denkbar, daß Gras Moltke nichts davon gewußt babe. In bezug auf den Grafen Hohenau eS gehört zu haben, sei vom Klager bereits zugestauden worden. Harden habe diese Paverastengeichichten wobl gewußt, aber nicht erwähnt. Nun aber sollten sie bewiesen werde«. Aus der Verteidiger-Kontrover'e über nie Wichtigkeit der gestellten BrweiSanträge geht noch rin« sehr wichtige Bekundung hervor. Herr v. Gordon wehrt sich heftig dagegen, Frau v. Elbe den Vorwurf des Meineides oder der Unwahrhastigkeit machen zu wollen. Ihre AuSsaae möge ihrer subjektiven Ueberzeugung entsprechen. Nun kommt ein Trumpf HardenS. Er wirft dem Kläger, dem früheren Generaladjutanten, Generalleutnant, Kommandanten von Berlin, bewußte Unwahrheit vor. Zweimal, dreimal fällt das ominöse Wort. Durch die Gesichter der Anwesenden, der Akavemiker, Offiziere, Beamten, zuckt es. Jetzt muß etwas paisieren, denkt man — und hatchfasich gedacht. Graf Molte zieht leicht die Achsel. Die Sache ist für das juristische Urteil wichtig. Denn Harten will damit beweisen, daß ein Teil der Artikel, besonders die Nachtszene zwischen dem Harfner und dem Süßen, nicht mehr Grund zur Klage geben könne wegen der inzwischen eiagetretenen Verjährung. Er nennt jetzt den Namen des Frhrn. v. Berger, des bekannten Theaterdirektors, der mit dem Grafen unnuttelbar nach dem Erscheinen der ersten Artikel über ihre Bedeutung gesprochen und ihm auf een Kopf zuge'agt habe, daß er gemeint sei. Harden zitiert zu gleich Bismarck, der ihm gegenüber schon damals den damaligen Glasen Eulenburg mit den schärfsten Ausdrücken belegt unv ihn der Homosexualität beschuldigt habe. Auch zu anderen babe Bismarck das gesagt General Kuno Graf v. Moltke antwortet auf den Vorwurf bewußter Unwahrheit — elegisch. Er babe wohl die Spitzen in een Artikeln verstanven, aber erst später hätten sie verfolgbare Form an genommen. 6'ö8t taut. Aber dann ein Schachzug, der zuerst zu wirten scheint: „Acht Richter haben in meinem Scheidungsprozeß die letzige Frau v. Elbe für den allein schuldigen Teil erklärt." Bernstein wird nervös, er siebt die Gefahr, springt auf und pariert: „In dem Scheidungsprozeß ist von dem Sexualleben des Ehepaares überhaupt nicht die Rede gewesen. Die Akten liegen vor." Wieder greift Harden an und wiederholt das schwerwiegende Wort von ver wissent lichen Unwahrheit. Der Chef des Generalstabes der Armee Graf Moltke habe von dem Kläger in Ausdrücken gesprochen, die er nur unter Ausschluß der Oeffentlichkeit wiedergeben könne. Wenn alles nicht wahr sei, so möge dock der Kläger angeben, weshalb er eigentlich verabschiedet worden sei. Auch zu dem Prozeß sei er gezwungen worden. Fürst Bülow und der Chef des Miluärkadinets Graf Hülsen- Häfeler seien als Zeugen hierüber zu vernehmen. Harven ist auf gesprungen und in Ekstase geraten. Der Vorsitzende gießt sofort Wasser ins Feuer: „Regen Sie sich doch nicht so auf, Herr Harden, das hat ja keinen Zweck." Harden will also den Kanzler vernehmen lassen — Graf Moltke tat den letzten Schritt: er beantragt die Vernehmung Sr. M. des Deutschen Kaisers darüber, daß Gras Moltte ihm nie von Politik ge sprochen habe. Weiter geht es glücklicherweise nicht mebr. Nebenbei ist von Harten eiue direkte politische Einwirkung des Klägers auf den Kaiser nicht behauptet worden. DaS soll Fürst Eulenburg besorgt haben. Vom Grafen Moltke behauptet Harden auf Grund veS Zeug nisses der Frau v. Elbe, daß er dem Fürsten Eulenburg Berichte über die Vorgänge in der Umgebung des Kaiser« geliefert habe. Als bemerkenswert hat noch zu gelten, daß Harden den schwer belasteten Grafen Lynar als denjenigen bezeichnet, der den Kronprinzen auf das Sexualleben mancher Herren in der kaiser lichen Umgebung aufmerksam gemacht habe, ungefähr mit een Worten: „Wir müssen wegen der Geschichten den Rock ausziehen" . . . Ueber die Umumme von BeweiSanirägen hatte sich der Gerichtshof jetzt schlmsig zu machen. Er stellte alle zurück bis auf solche, die dazu dienen sollten, rarzutun, daß in der nächsten Umgebung des Kaisers, der auch der Kläger als Flügeladjutant angehörte, homosexuelle Aus schreitungen passiert seien, und daß der Kläger davon gewußt haben müsse. Die Oeffentlichkeit wird während dieser Zeit, d. h. bis zum Schluß der Bormittagssitzung, partiell ausgeschlossen. Journalisten unv Juristen dürfen drinbleiben. Von den Zeugen ist der wichtigste ein Opfer der Lüste des Potsvamer KreffeS von homosexuellen Offizieren. Der heute verheiratete Mann, dessen eigne Verfehlungen inzwischen ver jährt sinv und ver deshalb aus'agen muß, hat sich freiwillig Harden zur Verfügung gestellt. Harden habe ihn mit großem Mißtrauen ausgenommen. (Vorsitzender zum Gerichtsschreiber: Notieren Sie bitte: „Herr Harden bat den Zeugen mit großem Mißtrauen ausgenommen." Das Wo,t wird noch mehrmals von Bernstein und Harden aufgegriffen unv iu der Debatte verwertet.) Es folgt eine unmöglich auch nur anzuveutende Schilderung der Orgien in der dem Marmor- palai« gegenüber gelegenen Villa eines inzwischen zusammen gebrochenen Offiziers. Vier oder fünf Herren seien manchmal vabei- gewesen, auch Herren in Z vil. Es babe ein künstliches Dämmerlicht ae- herrschr. Ob der Kläger, der damals schon Flügelavjutam war, vadeigewesen, könne ver Zeuge nicht behaupten, wenn eS ihm auch >o sei. Er habe einige der Herren nicht persönlich gekannt. Im Verlause der Vernehmung komm: dann noch zur Sprache, daß ver Zeuge in dem ihm von Harven gezeigten Bilde deS Fürsten Eulenburg, das dem genealogischen Taschenbuch von 1902 vorgeoruckt ist, einen ver Herren m Zivil zu erkennen glaub,. „Er muß eS gewesen sein." Wie toll die Zustände in dieser Zeit gewesen sein müssen, geht daraus hervor, vaß der Zeuge bekundet, die Solvaten vom GarvedukorpS seien sehr häufig von Herren auf der Straße an gesprochen worden. Weiße Hosea und Kanonenstiesel hätten geradezu als ein Merkmal der Geselligkeit gegolien. Eine Frage des Anwalts von Gordon versteht der Zeuge falsch. Es war gefragt worden, ob früher mehrfach solche Exzesse vor gekommen seien. „Früher ja. Jetzt ist es vom Regiment ver boten", war die Antwort, die eine unwillkürliche Heiterkeit hervorrief, sich tatsächlich aber noch auf die Weißen Hosen und die Küratsierstiefel hezog. Die übrigen Zengen wissen nur vom Umlauf von Gerüchien >m Regiment zu bekunden. Einem Zeugen ist einmal ein Antrag gcmackl worden; er habe aber geantwortet, er mache solche Sachen nicht. Wie entschuldigens bemerkt der Zeuge noch, daß er sich me um solche Dinge bemüht habe. Auch der Kommandeur des GarvedukorpS, General von Kessel, tritt auf. Ob er mit dem Grafen Moltke über die Ver fehlungen in Potsdam gesprochen babe? Nein. Ob Gras Moltke ihm gestanden babe, über einen Potsdamer Fall nicht berichtet zu haben? Nein. Der General, der eine Stunde hat warten müssen,' sieht sehr indigniert au- und verläßt mit langen Schritten unv stummem Gruß den Saal. Die erreichbaren Zeugen zu dem herausgegriffenen BeweiStbema sind nunmehr vernommen und eS wird eine Pause bi- 4 Uhr gemacht. Die NachmittagSsitzuug. Inzwischen bat wegen des leben-gefährlichen Gedränge» der Zugang zu dem Gerichtssaal polizeilich geräumt werden müssen. Nach der Eröffnung hält Herr v. Gordon die Zeit für gekommen, einen Vorstoß zu mache». Er teilt mit, Fürst Eulenburg sei in Berlin und werde sich vernehme» lassen. Nur könne er nicht vor Gericht erscheine» wegen Krankheit. Der An walt überreicht dabei eia ärztliche- Attest, ia dem e» vo» Gilbt, Nerven-
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