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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 19.12.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193912190
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19391219
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19391219
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1939
- Monat1939-12
- Tag1939-12-19
- Monat1939-12
- Jahr1939
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 19.12.1939
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läuft. An ihr stehen in der Hauptsache in der west lichen Hälfte die Wirtschaften, ftn anderen Teile die Güter. Gar stattlich nehmen fie sich aus! Wie kleine Trutzanlagen mute« fie an in ihrer fränkisch-sächsi schen Bauweise. Die Abgeschlossenheit -es Einzel hofes wir- außerdem dadurch betont, baßer »och eine ganze Anzahl gemauerte Bogen auftveist, in die die gewichtigen Torflügel sich einpaffen. Hohe Kastanien bäume neben -en Einfahrten verleihen dem Dorf bilde eine» eigene» Reiz. Währen- die Gebäude sonst ihre Giebelsetten -er Straße zukehren, fällt gegenüber -er Kirche ein Gut auf, -essen Wohnhaus mit -er Langseite an der Straße steht. Es gehört zu dem 2X Hufen großen, früheren Braugute. Unsere Aufmerksamkeit wirb überdies gefesselt durch den die Haustüre überspan nenden Rundbogen, -essen Abtreppungen und Rund stäbe aus Ziegeln gebildet find, wie an manchen Stellen -er abgebröckelte Putz erkennen läßt. Und darüber ist eine steinerne Tafel eingefügt, die folgen des erzählt: No. 50 Im Jahr 1805 den 15. April verunglückte« allhier durch Brand 15 Bauernhöfe zugleich von ganz verborgner Hand. Sodann war- errichtet dies Hans unter Gottes Beistand Den 24. August. Gott segne Sachsenland. Brau- u. Schänk(AE )gu tsbesi tzer. Das Monogramm in der Mitte der letzten Zeile weist auf einen Ernst August Erdmann hin. Die Erdmanns haben nachweisbar bereits seit -er Mitte des 16. Jahrhunderts auf dem Gute gesessen, und -er heutige Besitzer Klemm führt sie gleichfalls in seiner Ahnenreihe. — In -en Türsturz des danebenstehen den Brauhauses ist das Wort OUtt l)LO leingegraben, und der Schlußstein trägt die Jahreszahl 1754. In dem Hause befand sich damals und früher die Schenke, der Kretscham. Der Wirt war also der Kretzschmar. Noch liegt rechts neben -er Haustür ein würfelförmiger Sandsteinblock, -er einstmals in -er Mitte der Oberstube seinen Platz hatte, in dem eine Stange steckte und um den herumgetanzt wurde. Der heutige Gasthof auf -em Platze vor -er Kirche ist erst später erbaut worden. An seiner Stelle ist ein unbebauter Raum gewesen, und wir mutma ßen, daß sich hier die Straße zu einem Anger erwei tert hat, hier vor -er Kirche der Mittelpunkt des Dorfes war. Dorfmitte, und nicht nur im räum lichen Sinne, ist die Stelle auch heute noch. Darum hat Paußnitz auch hier, in einer kleinen Schmuck anlage, die westlich vor dem Gasthofe liegt, sein Ehrenmal zum Gedenken an seine im Weltkriege gefallenen Söhne errichtet; und vor ihm breitet eine besonders schön gewachsene Eiche ihre Aeste aus, die Siegeseiche, die die Erinnerung an -en Feldzug von 1870/71 wachhalten soll. So erzählt schon das Dorf selbst mancherlei von -em Leben, das es umschlossen hat. Ein glücklicher Umstand ließ mich aber noch tieferen Einblick in die Lebens- und Rechtsordnung seiner Bewohner vor fast zwei Jahrhunderten tun. Ich lernte die aus -em Jahre 1768 stammenden Gemeinde- und Ge richtsrügen kennen, die mir -er Ortslehrer, Herr Haring, in -er gesiegelten Urschrift vorlegte, -em ich auch an dieser Stelle für sein liebenswürdiges Ent gegenkommen herzlich danke. Wenn wir statt Ge- mein-erügen Ortsgosetze sagen, so ist -er Inhalt der später folgenden Satzung ohne weiteres tedem ver ständlich. Doch znvor noch einige Bemerkungen! »Gott segne Sachsenland" ist in -en Stein am Braugute eingegraben. Paußnitz liegt doch aber in Preußen? Erst durch -en auf dem Wiener Kongreß am 16. Ja nuar 1815 abgeschloffenen Vertrag mußte Sachsen neben anderen Teilen auch -en »Kurkreis" abgeben. Wohin aber Lösnig, Paußnitz und Schirmenitz kamen, war bis zum 31.7.1818 unbestimmt. Erst an dem Tage wurden von einer Kommission, die aus Vertretern Sachsens und Preußens bestand, die Grenzsteine an -er Elbe gesetzt, und die drei Ortschaften zählten nun zu Preußen. Wohl gehören fie nun zum Kreise Tor gau, ihre sonstige Verbindung ist aber größer zu den näher und bequemer gelegenen sächsischen Ortschaf ten — wie schon vor einem Jahrtausend. Lösnig und Paußnitz gehörten nämlich ehemals züm Burg- wardsbezirk Strehla. Erst im Jahre 1288 erfolgte eine teilweise Lösung von ihm. Der Bischof Witthigo von Meißen gab damals dem Ritter Heinrich von Lösnig seine Einwilligung dazu, daß er aus -em Strehlaer Kirchensprengel ausschied und eine eigene Kirche in seinem Herrschaftsbereiche errichtete. Der Ritter löste sich dadurch ab, daß er der Kirche Strehla die 1'/» Hufen Land -es Dorfes Slein- rügeln mit all dessen Einkünften und 5 Mark Sil ber schenkte. Darnach, also am Ende -es 13. Jahr hunderts, erbaute der Herr auf Lösnig die Kirche in Paußnitz, über das er die Ober- und Niedergerichte hatte. Die Bauern von Paußnitz mußten aber weiterhin den Decem, -en Kirchenzehnten, an Strehla abführen, hatte doch -er Pfarrer zu Strehla das Patronat über die Kirche zu Paußnitz inne, so gar bis zum Jahre 1896, in dem es — sowohl über die Kirche wie über die Schule — erst von -em -ama- ligen Pfarrer Dr. Klemm niedergelegt wurde. Die Verbindung mit Strehla wurde wieder enger, als das Geschlecht der Pflugk, das ja auf Strehla faß, im Jahre 1895 Lösnig erwarb. Damit hatte es bis zum Jahre 1709, da es Lösnig wieder verkaufte, die^ Gerichtsherrschaft über das zugehörige Paußnitz inne. Die am 30. September 1768 errichteten Ge meinde- und Gerichtsrügen von Paußnitz find am 9. Oktober des gleichen Jahres von dem »Hochfürftl. Sachßen-Weimar und Eisenachischen Hof- und Re gierungsrath Hochwohlgcb.:" Johann George Leb recht von Wilck auf Haus Lösnig unterschrieben, ge siegelt und damit rechtswirksam gemacht worden. In den Rügen werden einige Flurstücke genannt, deren Lage wir uns zunächst noch vergegenwärtigen wollen. Das Pflöcken und Hüten der Kühe in de« Kornstoppeln soll gestattet sein auf dem Feld« hin ter dem Sandberge, im Riedgen hinter den Höfe» und auf dem Felde am Ende. Der »Sandberg" er hebt sich in mäßiger Höhe östlich von dem elbwärtS gelegenen Ausgange des Dorfes. Wenn man -ort steht, sieht man ihn halbrechts vor -en Gebäuden deS »Lösniger Weinberges" liegen. Am anderen Dorf ende, nach Schirmenitz zu, finden wir südlich -er Straße »das Feld vor dem Ende". Und nun noch »das Riedgen"! Wenn wir uns das Meßtischblatt anschauen, sehen wir von Südwestev her ein BSch< lein auf Paußnitz zufließen, den Rietschgraben. Da ist der gleiche Name wie Riedgen. Feldstück und Wasserlauf müssen demnach in Beziehung miteinan der stehen. Bon da ab, wo -er Rtetschgraben auf di« Reichsstraße trifft, wendet er sich nach Norden, bis er das Dorf erreicht: Das gegen Morgen gelEne Feldstück zwischen ihm und -er Straße, die von Kilo meter 29 an -er Reichsstraße aus nach -er Kirche W führt, ist das Riedgen. Die oetgefügte ^tzz« soll »ns mit -en genannten Oertlichketten etwa- ver trauter machen. Di« Bewohner des Dorfes werden in de« Rüge« als Pferdner, Gärtner und Häusler bezeichnet. Die Begütertsten waren die Pferdner. Sie werde« 1« anderen Berichten aus früheren Zeiten auch Hüfner genannt, nach den Hufen Landes, die fie im Besitze hatten. Sie waren -er Gerichtsherrschast wie der Kirche gegenüber zu Spanndiensten verpflichtet, wie auch aus der Gerichtsordnung zu ersehen ist. Dazu waren aber ebenso wie zum Bestellen ihres ausge dehnten Feldbefitzes Pferde notwendig, und daher rühren auch ihre anderen Namen Pferdner oder An spänner. Die Gärtner unterhielten nicht etwa einen Gärtnereibetrieb, wie nach dem heutigen Gebrauche des Namens vermutet werden könnte, sondern sie besaßen einen Garten, in dem fie etwas Feld hatten. Das bearbeiteten fie mit -er Han- oder hatten auch zu seiner Bestellung Kühe. Die Häusler hatten nur, wie der Name schon sagt, ein Haus, zu dem vielleicht ein Obst- oder Küchengarten gehörte. Sie waren di« Drescher, Hofegänger oder Handwerker. Wir find erstaunt, wie weitgehend das Leben der Dorfbewohner durch die Rügen bestimmt wird, wie fie nicht nur auf ein gedeihliches Zusammenleben der Dorfgenoffenschaft hinzielen, sondern wie auch die Gerichtsherrschaft dem einzelnen gegenüber durch die Bestimmungen erziehend auftritt. Wenn man die Satzungen mit Aufmerksamkeit liest, wird man sich -es damals herrschenden patriarchalischen — alt väterlichen Verhältnisses zwischen Herrschaft und Dorfuntertanen bewußt. Doch was besagen nun die Bestimmungen im ein zelnen? Wir können uns weitere Erläuterungen sparen, da sie selbst deutlich genug sprechen. Zu nächst seien angeführt die Pa«ß«itzer Gemeinderüg«, 1. Es rüget die Gemeinde, daß Paußnitz Stadt- Recht hat, also, daß keinem Handwercke, es mag auch Nahmen haben wie es wolle, verwehret sey, sich dar innen zu ernchren und gebührliche Handthierung zu treiben. 2. Daß kein fremder Schäfer, oder Hirthe, er sey auch wer er wolle, ihre Kluhre» zu betreiben, »der M -e-üthe« Macht hab«. «. Daß der Kretzschmar des Dorfes H cht habe, zu brau«n, wann er will, solches auch in Flecke uns Städte zu verlaßen, jedoch muß solches «ach Bor schrist derer Landesherrlichen Befehl« geschehen. 4. Daß -es Kreczschmars Born im ' Hinter-Haus« der Gemeinde gehöre, und wem unter derselbe« es beliebt, Waßer zu hohlen oder zum wasche», fre, stehen soll«, und muß -er Kretzschmar solche erhalte«. 5. Daß kein Mangel von gute« Biere ein« Nacht durch bey dem Kretzschmar soll verspühret werden. «. Laß der Wirth bey Eine» Nßo. Strafe schuldig ist, jederzeit drey Zapfe» als: Einen zum Mer«, eine« zum Rachbier«, de« -ritte« zum Trdncken M halte«. 7. Daß i» der Gemeinde keiner mehr, denn 28. Echaafe halte« soll, außerdem soll er -er Herrschafft mit Einem Baße, der Gemeinde aber mit eine« Viertel Bier verfalle« seyn. Diesen Gemeinderügen folge« die Gerichtsrüge», in -enen das Verhältnis zwischen -er Herrschaft und der Gemeinde oder einzelnen Teile« derselben ge- regelt wird. 1. Rüget die Gemeinde, daß di« Herrschaft dieses Orts, mit Ober- und Unterbelichten belehnet sey. 2. Daß die Gerichts-Herrschaft Macht und Gewalt hat, die Paußnitzer See, wenn fie übergehet, zu fischen, doch -aß darbey der Gemeinde ihr Fisch-Recht unverbothen sey. 8. Gesteht die Gemeinde, daß ihrer Herrschaft die 20. Pferdnerr jährlich eine Kalck-Fuhre aus -em Bruche zu Münchs-Hofen zu leisten schuldig find. (Anm.: Das Kalkwerk Münchhof liegt bei Ost«»» im Jahnatal.) 4. Daß bey dem Gerichts-Tage zu Paußnitz -em Ge richts-Herrn, oder seine« Abgeordneten mit sämmt- lich mit sich bringende» Gästen, -er Wirth mit gezie menden Mahle, die Gemeinde aber mit Tranck und Kutter zu versorgen schuldig. Durch diese beiden »Grundgesetze" ist aber noch nicht alles erfaßt, was im Zusammenleben der Dorf bewohner für ihre und die Wohlfahrt -es Dorfes be stimmen- sein soll. Den Gemeinde- und Gerichts rügen folgt darum eine Gerichts-Obrigkeitliche Veror»«u«g, »nach welcher die Gemeinde Paußnitz sich zv ver halten schuldig". 1. Jeder Wirth und Haußgenoß« soll vermahnet und beschieden seyn, einer ungeheuchclten Gottes- Furcht und Frömmigkeit sich zu befleißigen, zu dem Ende die Predigt und Bethstunden, auch Fasten- un andere Examia mit seinen Kindern und Gesinde fleißig abwarten, und ohne Roth die Examina bey 6 gr. Strafe, so der Kirche verfallen, nicht ver säumen. 2. Dem gnädigsten Generali gemäß sollen die Kin der bis ins 14te Jahr zur Schule geschickt, und, außer 4. Wochen in -er Erndte, nicht zurück b^alten wer-
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