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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.11.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071104025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907110402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907110402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-11
- Tag1907-11-04
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tt): »am. nann. b«rg. nn. i» Uhr. lechlS- ranke, krtag. ung): at. hn. rger. lle. trlh. :uer. el. :«. ner. i. i a. S. arm. !>«. »per Uhr. Itell): cllc Bez«gr-Prett »r Sech,«, m»d «srvrt, d«ch «K« Träger und Spediteur« in« Hau« -edracht: »u«gab« L (nur morsen«) vierteljährlich 3 vi., monatlich 1 lll.i Lusaabe 8 (morgen« und abend») viertet» jährlich 4.S0 M„ monatlich 1.50 M. Durch bi« Dost begoaeu: (2 mal täglich) innerhalb Deutschland« und der deutschen Kolonien vierteljährlich 5,2b M., monatlich 1,7b M. auäschU jbolt» bestellgeld siir Oesterreich S L 66 o, Ungarn 8 L vterteljährNch. Lbonnrment-Lnnabme i AugnstnsVlatz 8^ bei unseren Drägern, Kiltalen, Spediteure» und «nnahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Di« einzelne Kummer kostet Ist Pf«. Redaktion und Expedition Johamri«gasse 8. relevhon Rr. 14SSL Nr. I4SS3, «r. i«S4. verltn« Redaktion« Bureau: Berlin K>V. 7. Prinz Laut« Ferdinavd- Strahe 1. Telephon Nr- 827b. Abend-Ausgabe 8. ripMcr.TagMM Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und -es Rolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Anzeige»-Prei- sltr Inserate au« Leipzig und Umgebung die 6gespaltene Petttzeile 2S Pf., ftnanzielle Anzeigen 30 Ps., NeNamcn l M.; von autwärt» 30 Ps., Reklamen 1.20 W vom Autland SO Ps., flnant. Anzeigen 75 Ps. Reklamen 1.50 M. Inserate». Bchärden im amtlichen DeiläO Pi. Beilagegebübr S M. p. Tausend exkl. Post, gebühr, «eschäfttanzeigen an bevorzugter «stelle tm Preise erhöht. Rabatt nach Tarik, gesterteilte Aulträge können nicht zurück- gezogen werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Augustu»platz 8, bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen. Expeditionen de« In- und Aurlandc«. Haupt-Filiale Berlin: Earl Dunck: Herzog!. Bahr, tzofbuch- handlung, Lützowstrabe 10. «Telephon VI. Nr. 4603). Nr. 3V6. Montag 4. November 1907. 101. Jahrgang. Da» wichtigst« von» Tag«. * Der Gouverneur vouDeutsch-Ostafrika Freiherr v. Rechenberg ist nach Deutschland abgereist. sS. Dtschs. R.) * Eine internationale Protestnote gegen die Greuel im Kongo st aate wird vorbereitet. fS. Ausl.) Tagesschau. Die Brudervölker. Europas Karte hat im letzten Halbjahrhundert recht mannigfache Veränderungen erfahren. Was getrennt war, hat sich vereinigt, was vereint war, ist auseinandergegangen oder auf dem Wege dazu. Die Union der beiden skandinavischen Länder jenseits des Sundes war von anfangs an ein dem VöUcrwillen widerstrebender Akt der Regierungen. Der Wille des norwegischen Volkes hat sie wieder getrennt, kampslos, aber nicht schmerzlos. Schmerzhaft für das schwedische Volk, welches den Kampspreis für die Schlacht bei Leipzig, den Tauschwert für Pom mern, seinen Händen entfallen sah. Schmerzhafter für den alten König, dem seine zweite Krone vom Haupte fiel. König Oscar hat Uebermensch- siches geleistet. Er hat nicht nur selber ^u entsagen vermocht; er mußte auch sein treues schwedisches Volk mit allem Aufwand seiner seltenen Frie densliebe vor gewaltsamen Schritten zurückhalten. Norwegen erreichte alles, was es begehrt hatte: seine nationale Selbständigkeit, seinen eige nen König. Es gab nur seine die schwedische Grenze bedrohenden Festungsanlagen auf. Hatte es sich damit wehrlos gemacht? Die Frage konnte doch erst austauchcn, wenn es mit einer Bedrohung ernstlich rechnen mußte. Daß König Oskar es niemals bedrohen würde, war sicher genug. Nachdem er gegen die sich vollendende Tatsache den Widerstand nicht ausgenommen hatte, würde er an einen Kampf gegen die vollendete nimmer gedacht haben; nachdem er für sein gutes Recht nicht das Schwert gezogen hatte, war nicht zu erwarten, daß er künftig einmal die Sprache der Gewalt gegen das Recht reden könne. Also wenn Norwegen sich noch nicht sicher fühlte, so fürchtete es die Nachfolger König Oskars. Man weiß ja, daß der Abfall ursprünglich für die Zeit des nächsten Thronwechsels geplant war. Deu Konflikt mit dem alten König hätte man hingefristet, solange er lebte. König Oskar genoß ja auch die Sym pathien des norwegischen Volkes Der Kronprinz genoß sie nicht. Auf den Straßen von Christiania wurde er mit Schneebällen beworfen. Als man sich vergewissert hatte, daß der alte Herr den Krieg ver- abscheue, da änderten die norwegischen Machthaber ihren Plan und beschleunigten die Losreißung, um die vollendete Tatsache zu schaffen. Sie muffen inzwischen erfahren haben, daß Oskar HI. nicht gewillt sein wird, der geschaffenen Tatsache sich zu unterwerfen. Nur so ist die fortdauernde Furcht zu erklären, die sie jetzt unter den schützenden Fittich der Großmächte getrieben hat. Norwegen verzichtet damit end gültig auf eine eigene Ausbreitungspolitik und erhält als Gegengabe die dauernde Gewähr seines Bestandes. Natürlich hat Schweden Grund, beleidigt zu sein. Kriegspläne sind ihm nicht nachzuweisen, also erscheint das Vorgehen Norwegens ver letzend. Aber ein Widerspruch ist unmöglich, und der Friede im hohen Norden ist nunmehr dauernd gesichert. Die Huldigung für den scheidenden Minister Michelsen war eine einzig dastehende Dolkskundgebung für den verdienten Staatsmann. 60 000 Menschen wanderten mit Fahnen, Flaggen und Musikbegleitung nach dem Festungsplatze, wo Michelfen vom Balkon der Wohnung des Kommandanten aus das Volksmeer empfing und seinen Dank für die ihm dargebrachte Ovation aussprach unter dem rauschenden Beifall der Versammelten. Schönstes Wetter begünstigte die Veranstaltung, die den Charakter einer allgemeinen Nationalseier trug. Es war der Ab schiedsdank des Volkes an den verdienten Staatsmann, den Schöpfer der norwegischen Unabhängigkeit, der jetzt ^ein Werk gekrönt hat. Der Ver trag vom 2. November ist sein Vermächtnis. Nationalverein «nd Parteien. Wie erinnerlich ist, hat der in München im Frühjahr gegründete Nationalverein für das liberale Deutschland, der die Einigung des Lide- ralismus zu seinem Ziel gemacht hat, zunächst bei den liberalen Partei- führern eine sehr geteilte Aufnahme gefunden, da man von der Tätigkeit des Vereins eher eine Störung als eine Förderung der Einigungs bewegung befürchtete. Inzwischen haben sich diese Befürchtungen als unbegründet erwiesen. Der Nationalverein hat nirgends eine Orts gruppe gegründet und hat dafür eine rührige Tätigkeit im Sinne der Einigung entfaltet. Von besonderer Bedeutung war eine Versammlung in Mainz, die von allen liberalen Parteien einberufen war und eine starke Kundgebung für die liberale Einigung bedeutete. Aehnliche Ver sammlungen — teils von nationalliberaler, teils von linksliberaler Seite einberufen — fanden in Worms, Osthofen, Michelstadt und Bretten statt. In München veranstaltete der Verein zwei große Kundgebungen für die Sache der Privatangestellten und für die politische Eingliederung der Flau. Entsprechend der namentlich in Süddeutschland dem Verein über- aus freundlichen Stimmung haben die Parteitage der Jungliberalen unv Demokraten, die der freisinnigen Volkspartei und der Vereinigung eine der Neugründung günstige Stellung eingenommen. Erinnert sei an die diesbezüglichen Äeußerungen der Abgeordneten Payer, Schrader und Müller-Meiningen. Die Behauptung eines Teils der konservativen Preise, daß die Nativnalliberalen sich nicht beteiligten, ist völlig falsch. In dem aus acht Herren bestehenden geschäftsführendcn Ausschuß sind vier Nationalliberale, auch gehören eine große Anzahl Nationalliberaler dem erweiterten Vorstand an. Daß diese nicht nur aus jungliberalen Kreisen stammen, beweisen die Namen wie Wölzl-München, Bickes- Feuerbach und Pagenstccher-Mainz. In Norddeutschland nimmt die Stimmung für den Nationalverein ebenfalls zu. In Berlin soll der Verein am 11. November eingeführt werden. Aus Schlesien sind zahl- reiche Beitrittserklärungen eingcgangen. Von den geplanten Volks- schriften ist das erste Heft erschienen. Es enthält die Reden über die Arbeiterfrage, die von Arbeitersekretär Erkelenz und Fabrikant Kopp auf der Heidelberger Tagung des Vereins gehalten worden sind. Das Protokoll über diese Tagung wird demnächst herauskommen. Für Ostern 1908 Plant der Verein die Abhaltung von „Kursen zur Ausbildung libe raler Politiker" in Frankfurt a. M. Die nächste Tagung soll in Form eines gesamtliberalen Kongresses in München abgehalten werden. Die Tätigkeit der Gewerbegerichte. Die Zahl der Gewerbegerichte im Deutschen Reiche belief sich am Ende des Jahres 1906 auf 399, was gegen das Vorjahr einen Zuwachs von 12 derartigen Gerichten bedeutet. Ihnen zur Seite standen 429 Jnnungsschiedsgerichte und 20 durch Landesgesetz zur Entscheidung ge werblicher Streitigkeiten berufene Gerichte. Die Gewerbegerichte hatten über 114 530 Streitsachen, 6513 mehr als im Vorjahre, zu befinden, von denen 103 532 von Arbeitnehmern, 10 655 durch Arbeitgeber anhängig gemacht waren. Wie im Vorjahre wurde nicht viel weniger als die Hälfte aller Sachen durch Vergleich erledigt. Die Zahl der Berufungen war im Verhältnis zur Gesamtzahl der vorliegenden Sachen sehr gering. Sie betrug 526 gegen 482 im Jahre 1905. Die Schnelligkeit des Verfahrens ist neben der Billigkeit eine der wichtigsten Aufgaben, die zu erfüllen der gewerblichen Gerichtsbarkeit ob liegt. Das Jahr 1906 zeigt in dieser Beziehung ein durchaus erfreuliches Bild. Von den 18 831 durch Endurteil erledigten Sachen waren 5808 bereits innerhalb einer Woche, weitere 10 730 innerhalb eines Monats, nachdem sie anhängig gemacht waren, zum Abschluß gebracht. Nur 287 Endurteile standen drei Monate nach Einreichung der Klage noch aus. Die einigungsamtliche Tätigkeit der Gewerbegerichte gewinnt in folge Festlegung im Arbeitsvertrag ständig an Bedeutung. Sie wurden in insgesamt 493 Fällen s143 mehr als 1905) angerufen. Soweit es sich um Anruf von beiden Parteien handelte, entsprach die Heranziehung des Gewerbcgerichtes meist tariflichen Festsetzungen oder ähnlichen Teil bestimmungen von Arbeitsverträgen. Eine selbständige Juanspruch- nähme der Gewerbegerichte als Einigungsinstanz war nur in sechs Fällen svier weniger als >m Vorjahres zu verzeichnen. Deutsches Reich. Leipzig, 4. November. ?. Leipziger Petitionen an den Landtag. Bei der Zweiten Kammer des sächsischen Landtags sind nach dem ersten Verzeichnis bis jetzt 113 Petitionen eingegangen. Für Leipzig sind darunter die folgenden speziell von Interesse: Die Gemeinderäte von Möckern, Stünz und Stötteritz haben je eine Petition betr. die Einverleibung der ihnen unterstellten Gemeinden in das Stadtgebiet von Leipzig eingereicht. Ueber diese Petitionen wird zunächst die Beschwerde- und Petitions- deputation verhandeln und dann dem Plenum der Kammer Bericht erstatten, das dann seinerseits Beschluß zu fassen hat. Das gleiche Ver fahren wird beobachtet bei folgenden Petitionen: Der Leipziger und Dresdener Nadelarbeitslehrerinnenverein betr. die Anstellungs- und Gehaltsverhältnisse der sächsischen Nadelarbeitslehrerinnen; des Rechts anwalts Dr. Z-Hme in Leipzig in Vertretung des Rittergutsbesitzers Adolph Gontard auf Mockau und der Erben des Rittergutsbesitzers Walter Kees auf Gautzsch, betr. Herbeiführung einer anderweiten Rege lung der kommunalen Steuergesetzgebung; des Direktoriums des Ver eins sächsischer Gemeindebeamten zu Leipzig, betr. die den Reichs-, Staats- und Gemeindebeamten durch 8 30 Abs. 2 der revidierten Städte- ordnung und 8 23 Abs. 2 der revidierten Landgemeindeordnung gewährte Vergünstigung: des allgemeinen deutschen Vereins für Schulgesund heitspflege zu Leipzig, betr. 8 18s des sächsischen Baugesetzes lErrichtung von Spiel- und Erholungsplätzenl. Zur vorläufigen Berichterstattung sind an die Finanzdepntation abgegeben worden: vier Petitionen des Gemeinderats und des Schulvorstandes zu Stötteritz, betr. Art. III. des Gesetzes über die direkten Steuern vom 3. Juli 1902, ferner drei von Gemeinderat und Schulvorstand zu Sommerfeld über denselben Gegenstand eingereichte Petitionen; eine Petition des Direktoriums deS Leipziger Rennklubs um Erhöhung der gewährten Staatspreise, eine Petition des Sächsischen Landesverbandes des Blauen Kreuzes lTrinkerhiffe) zu Thammenhain sVez. Leipzigs, um Gewährung einer jährlichen Beihilfe von 1000 .1k auf fünf Jahre. Der Finanzdeputation L endlich sind zwei Petitionen aus dem Leipziger Bezirk überwiesen worden: die des Stadtgemeinderats zu Rötha, betr. Errichtung der Babnhofsaulaae innerhalb der Stadt Rötha, und die des Stadtrats zu Wurzen, betr. Erbauung einer Eisenbahn von Wurzen nach Eilen burg. * Nationalliberale Neugründung. Am 1. November sprach Partei sekretär Dr. G ü n t h e r - Chemnitz in Oberlungwitz vor einer Versammlung nationaler Wähler über die Aufgaben der nationallibe ralen Partei in Sachsen und forderte zum Zusammenschluß auf Grund des nationalliberalen Parteiprogramms auf. Es entspann sich eine längere Debatte, in der namentlich der konservative Landtagsabgeordnete Bahner der beabsichtigten VereinAaründung entgegcnzulreken suchte. Seine Einwände wurden jedoch vom Vortragenden treffend und schlag- Feuilleton. Im Kriege bedeuten Menschen nichts, ein Mann alles. Napoleon (1808). * Rotzbaeh. l5. November 1757.) Von Karl Bleibtreu. Als König Friedrich, über die Saale gegen Franzosen und Reichs- armee am 3. November vorrückend, die Pontonbrücke bei Weißenfels hinter sich abtragen ließ, legten die Seinen cs phantastisch aus: er wolle als neuer Cortez anzeigen, daß es hier nur Sieg oder Tod und keinen Rückzug gebe. In Wahrheit wollte er nur dem Feind die Möglichkeit nehmen, sich wieder ausweichend aufs rechte Ufer zu werfen. Sein kleines Heer, von Gewaltmärschen physisch mitgenommen, war „von bestem Mut und allem guten Willen", fragte nicht, wie stark der Feind, sondern nur wo er ist, „um rechtschaffen und brav arbeiten zu können", wie der treue Kabinettsrat Eichel berichtet. Die bisher nicht günstig abschneidende Kavallerie bewährte Winterfeldts Prophezeiung, sie werde fortan „gut tun", und in Seydlitz, dem erst 36jährigen Helden von Kolin, fand Friedrich den rechten Mann, seine „Gedanken in die Wirklichkeit zu reiten" sBehrenhorst). Drüben fertigte Soubise einen Boten nach Paris auS, der unterwegs schon auspoiaunte, am 5. November habe den Marquis von Brandenburg unfehlbar sein Schicksal ereilt! Man tat diesem kleinen „Filigrankönig" auch zu viel Ehre an, daß sich die Krone Frankreich mit ihm in einen Krieg «inlicß. Das Wort „Prome nade nach Berlin" mag Wohl damals schon gemünzt sein. Die Artillerie meinte, sie werde schon allein die Schlacht gewinnen unter dem „berühm ten" Oberst Briot und Graf d'Aumate, berühmt war natürlich hier jeder höhere Offizier und jedes Regiment. Die blauen Fremdregimenter und hellroten Schweizer mischten sich dem weißunisormierten national- gallischen Fußvolk. In der Reiterei trabten auch zwei österreichische Kürassierregimenter mit. Dagegen plagte die Reichsregimenter aus Franken ihr protestantisches Gewissen, daß sie gegen den Protestanten fürsten fechten sollten. Die Pariser Gänseriche machten sich durch prahlerisches Schnattern schon genug unbeliebt. Der Elsässer Mollinger, als Sekretär des Prinzen Georg von Hessen, äußert sich darüber in seinen Aufzeichnungen. Als sie am 5. November durch Rechtsabmarsch auf Merieburg die preußische Linke erdrücken wollten, führten sie nur 41 000 Mann zum Gefecht, da 21 000 nutzlos detachiert. Die bisher landläufige Abschätzung, daß 64 000 Verbündete gegen 22 000 Preußen fochten, ist daher falsch. Obendrein blieb Division St. Germain nebst Freikorps Loudon auf der Schortauer Höhe, um das preußische Lager zu beobachten, so daß tat sächlich nur 34 000 Verbündete anfangs zum Schlagen kamen. Ander seits traten ihnen nur 19 000 Preußen entgegen, da 5 Bataillone ent sendet und bei Bagage und Freischärler Mayr mit 1 Bataillon 7 Eska- tronen im Lager zurückblieb. Mittags hatte Friedrich vom Söller des Roßbacher Schlosses den feindlichen Anmarsch überschaut, erst um zwei Uhr stellte Kapitän Gaudi fest, daß der Feind auf Lunstädt ab schwenkte, als wollte er der preußischen Linken den Rückzug zur Saale abschneidcn. Schon tauchte er am sogenannten Luftschiff aus und wälzte sich auf Reichartswerben vor. Sofort ließ Friedrich die Zelte abbrechen und links abmarschieren, was der Gegner für Rückzug auf Merseburg hielt. Seydlitz, mit der Reiterei M Eskadronen) voraus, verbarg ^ch hinter einem schmalen Höhenrücken vor Reichartswerbcn, der im Janus- hügel endet, wo alsbald Oberst Moller mit schwerem Geschütz sich postierte. Die grünen Skolelyhusaren plänkelten vorne, den großen Linksabmarsch verschleiernd Kaum stutzten die vorauscilenden beiden Marschsäulen der verbündeten Reiterei — 12 französische Schwadronen links, 16 österreichische und reichifche rechts, dahinter 17 als zweites Treffen, 18 französische in Reserve, ferner eine Vorhut unter Graf Reval vorn abgezweigt — vor dem überwältigenden Feuergruß vom Janushügel, als Seydlitz hinter dem Höhenrücken hervorbrach. Er soll, allein auf dem Hügel auslugend, seine Tabakspfeife als verabredetes Signal in die Luft geworfen haben. Sofort waren seine Geschwader am Feind, der sich umsonst rechts zu ziehen suchte und in wilder Ver- Wirrung wich. General Reval hatte unbesonnen gemeldet, die Janus- hügelbatterie decke nur die preußische Nachhut: jetzt fiel er schon unter preußischen Klingen. Die Rcichsregimenter Bayreuth, Hohenzollern, Kurpfalz stobtcn nach der Unstrut auseinander, die hufeisenfö mig sich gruppierende französische Reiterei ward durchbrochen, ihr Chef Graf Mailly schwerverwundet gefangen. Doch die ungarischen Trautmanns dorf. und Bretlachkürassiere wickelten sich rechts heraus und drückten das preußische erste Treffen zurück, unterstützt von Ansspachkürassieren und Württemberger Dragonern, die der alte Reichsfeldmarschall Hild burghausen persönlich anfeuerte. Doch da beschien die scheidende Herbst sonne die schwarzen Brustharnische der Rochow- und Driesenkürassiere, der rotröckigen Gendarmes und der Garde du Corps, als Seydlitz' zwei tes Treffen heranbrauste. Umsonst sammelte der oberste Reiterchef Duc de Äroglie die Regimenter La Reine und Fitzjames, umsonst ritten Regimenter Rauprave, Bourbon, Beauvillers aus der Reserve an, General Beauvillers ward niedergehauen, alles in solchem Wirrwarr umgeritten, daß die nach preußischem Uniformmuster gekleideten Würt- tembergdragoner ihre Standarte an die österreichischen Szechanyhusaren verloren. Der Prinzfeldmarschall selber erhielt einen Schuß von einem grünen Skolelyhusaren, als der tiefe Hohlweg von Reichartswerben die Flucht erschwerte. Unter Verlust von vielen Gefangenen und zwölf Geschützen riß die ganze verbündete Reitermas'e bis über die Unstrut aus, Seydlitz aber sammelte sich sofort und fiel der feindlichen Infan terie in den Rücken, die unter Mollers furchtbarer Kanonade nicht mehr aufmarschicren konnte. Umsonst zog Soubise gegen unausgesetztes unausbleibliches Ueberflügeln seine Reserven von hinten nach seitwärts rechts heraus, Friedrich verlängerte nochmals sein »rstes Treffen und brachte es schräg die rechte Flanke des Gegners entlang. H.erbei ver sperrten die Pommern und Märker der Grenadierbataillone Lubath und Fink ihre Salven bis auf fünfzig Schritt Nähe, streckten aber dann so fort eine ganze Kompagnie der Flügelbrigadc Piemont mit den ersten Schöffen nieder. Die heimlich der preußischen Sache ergebenen Fränki schen Regimenter liefen schon schreiend weg, Kurtrier und Kurbayern ihnen nach. Nur die Darmstädter und das blauuniformierte Regiment Würzburg wichen anfangs mit guter Haltung. Mollers Batterie ging jetzt mit der avancierenden Infanterie weiter vor, seine mit Brandsalz überzogenen Kartätschen wüteten gräßlich in den unentwickelten Kolon- nen, die mit 50 Mann Front gegen die dünne preußische Linie vorwärts- strebten. Eine Menge aufgestörter Hasen, die vor der Front beider Parteien hin- und herrannten, erweckten den lauten Spott der Preußen: die wälschen Hasenfüße schössen einander selber tot. Doch während das Hintertreffen Soubiies jetzt die Gewehre wegwarf und fliehend den Seydlitzschen in die Klingen rannte, hielt das Vordertreffen noch eine Viertelstunde stand in drangvoll fürchterlicher Enge. Nur sieben preußische Bataillone kamen zum Schuß, dann löste die feindliche Masse ihre Glieder, und jetzt fuhren die Seydlitzschen „wie die Furien" über sie her. Dieser eiserne Mauerbrecher riß alles nieder. Die Gendarmen blieben dabei so festgeschlossen, daß Reiter Schillanek, dem eine Kugel den Oberschenkel wegnahm, als Leiche eine Meile lang im Sattel fort getragen wurde, durch die eng Stiefel an Stiefel gepreßten Reiter ans- rechtgchalten. Es war eine Viertelstunde nach vier Uhr, als das R-mi- ment Alt-Braunschweig dem zwanzig Schrill vorausreitcnden König zurief: „Vater, aus dem Weg, daß wir schießen können!" Denn ein steiler Graben mit Böschung hielt einen Augenblick die Verfolgung aus und der verwundete Hildburghausen suchte mit den Regimentern Poitou, Piemont, Mailly nochmals sich zu setzen. Doch Salven auf vierzig Schritt machten auch diesen Versuch zu nickte. Zwar siel hier r. berst Priegnitz von Alt-Braunschweig, Prinz Heinrich selber erhielt einen schmerzhaften Prellschuß, doch drüben wälzten sich die Generale Custine und Durfort in ihrem Blute, wälzte ein wirrer Massenknäuel sich rück wärts. Soubisc und seine Generale „taten alles, was möglich war", doch es war eben nichts mehr möglich. Sämtliche Trommler schlugen den Pas de Charge, doch auf dies Signal zum Salvenseuer schoß das Hintertreffen nur seine Gewehre in die Luft ab und floh immer weiter. Die Fremdregimenter Royal-Pologne und Roussillon, Schweizer Bri gade Reding, Salis, Castella flohen mit den Wälschen um die Wette, die Reichsvölker taten es im Laufen allen zuvor. Bei ihrer Brigade Stolberg fielen fünfhundert vor reiner Ermattung um. Bei der Rei terei stand es nicht anders, von Bayreuther Kürassieren fanden nch zu letzt nur 1 Rittmeister, 3 Leutnants, 3 Kornette, 33 Gemeine um drei gerettete Standarten zusammen. Nur das Regiment Mau-Würzburg, das deutsche Fremdregiment Royal-Zweibrückcn und die Schweizer Bri gade Wittemer hielten noch etwas die Ehre des deutschen Namens in wälscher Sache aufrecht. Ersteres ward zersprengt, das zweite litt schwer, und Soubise, der sich tapfer genug benahm, rief den Schweizer Regimentern Diesbach und Planta selber zu, sic möchten nur lang'am abziehen und sich nicht unnütz opfern. . , Umsonst setzte sich der Raugras mit drei französischen Reiterreg,. mentern in Eskadronsintervallen vor die Front, um den Abzug zu ver- schleiern, umsonst tauchten von Schortau her St. Germains Reiterbrigadcn Conds und Pobly auf. Ferdinand von Braunschweig hatte vor der ver- sagten preußischen Rechten viel Geschütz ausgepslanzt und brachte die weichenden Maffen in Kreuzfeuer. Beim Schweizer Regiment Diesbach sielen allein fünf Offiziere tot nieder, die Brigade verlor elf Hauptleute. sFiessS: „Geschichte der Fremdtruppen".) Was noch standhielt, ritten Gendarmen und Gardedukorps nieder, die vier Standarten, vier Pauken, sieben Geschütze eroberten. Alles französische Geschütz im Zentrum blick, verlassen stecken. Die Preußen folgten unaufhaltsam bis zur Höbe von Obschütz, „ohne daß ein einziger Mann aus Reih und Glied kam", m Marschieren ladend und schießend. Was der brave Hildburghausen, ei» Kavalier von altem deutschen Schrot und Korn, als Nachhut zu sammel»
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