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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.11.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071106014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907110601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907110601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-11
- Tag1907-11-06
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Morgen-Ausgabe v. V«zekge«-Prei» Bezogü-Prelt Br L«i»iii« »nd Neiori« durch unser« träger und Spediteur« «» Hau» gebracht: *utgabe » (»»e »arae»«) vtertellttzrlich v St. »»»autch 1 M. Ludaab« I» tmuraeu» und abends) viertel, jährlich 4.S0 Vl. «anailich l.SV M Durch di, V»« be,oaen (2 mal tdgli») innerhalb Deutschlanb, und der deutlchen Ealonien menelitdrlich S.2K M., monatlich I.7L M audichl Post- beftellgeld Br Oesterreich » L hü o. Ungarn S L viertrljthrlich «donnemen>.«nn-bm- «uguftulplatz 8» bet unseren lrLaern, gilialen. Spediteure» und Annahme Sell en, »wr« PoftLmtern und SriestrLgern. Di« ringln« stummer kostet dv Vfg. «rdatlion und «rpedtlio»! Johannirgass« «. Lüedlion «r. IE Rr. iE. Nr. I«S< - Drrliner Nrdaktlvud Durrau: VerUn tttV. < Prinz Loul« Ferdinand vtr-v- I. Lrlephon I, Nr. 077Ü. UtipMcrTWMM Handelszeitung. LLmrcvkatt des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Mr Knserale au» LrVig« und Um^»mm bi, ««lpalleae PeMzeil« L W., stn-naieH- «»geM»» SO Ps., dleklamr» l Ast. - W» »udwtrt« stl) Pf., Reklame» I.L) Ist. o»»>u«lands<IPs., stnan«. Anzeige,7bPs. Reklame» lcht) Ist. Auler-te». «ehSrbeuimmnMchenreaMV Beilagegebühr d M. ». staulend «xkl. Posl aeaühr. Sieichästdai^eigen an bevorzugte, stelle im Preise erhitzt. Rabat« nach Dani geslerteille Austria« linnen nicht zurück »erogen «erden. Für da« Erscheine» an destunmtrn Dage» und Plätzen wirb keine Maru»tte tbernomnrea. »n^m,-»»nähme, U»,»ft»«Pl«tz hm tinitlichen Ailtale« u. allen Aunonrrn Erpeditwnen de» Ja- und Aatlandr« Paudt Siliale Derltu: »arl Dunckt Der»»,«. Vahr. Hafbuch. Handlung Lütz-wstratze IL Sletephon VI. Nr. «M). Nr. M Mittivoch 6. November 1907. 101. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. * König Friedrich August ist zur Jagd nach Tarvis abgereist, von wo die Rückkehr am 17. November erfolgt. IS. a. Sachsen.) * Die durch den Tod des sächsischen Landtagsabgeordneten Kluge notwendig gewordene Ersatz Wahl im 14. ländlichen Wahlkreis findet am 13. November statt. * Zu der für heute in Lützen geplanten großen Gustav- Ad o l f-G e d e n k s e i e r sind die schwedischen Ehrengäste teilweise schon gestern eingetroffen. IS. Leipz. Umg.) * Die Einberufung des preußischen Landtages ist. soviel bisher scststeht. für einen Tag der letzten Novemberwoche zu er warten. Es wird ihm noch vor Weihnachten das Enteignungs gesetz und das Lehrerbesoldungsgesetz vorgelegt werden. * Im Neichsrat wurde das Budget eingebracht und vom Finauzminister mit einer Rede eingeleitct. lS. Ausl.) * Die deutsche Regierung ist in Drüssel gegen einen offi ziösen Charakter der belgisch.holländischen Ver handlungen vorstellig geworden. sS. AuSl. u. Letzte Tep.) Jin Llane -er Natur? Die Frage der Homosexualität, ihrer Strafbarkeit, ihrer moralischen Bewertung ist alut gewoiven. Dem Mott'e-Hard n Prozeß folgt der Bülow-Bland-Propß. Uno Dr. Magnus Hirlcheld predigt feine The'e, die Homosexualität liege im P ane ver Naiur. AniesicktS dieser Tatsachen und der überaus za'alre wen unv gewlchiigen Glimmen, die im Namen der Wffenickast w e der Humanität vie Abschaffung de« H 175 de« ReichSstrafgeletzbuchkö fordern, engesichi« aber auch der mmer unverichämteren Propapanda der Hcmo exuellrn selbst ist e« Wohl an- gebracht, zu der Angelegenheit einmal prinzipiell Stellung zu nehmen. Da ist zunächst sestzunellen, daß den Homosexuellen gewaltig der Kamm geschwollen ist leit dem Wirken de« w ssenschastlich-humannären Komiiee«. denn leid.r ist gar nicht zu verkennen, caß infolge mißverstänv- sicher und unllarer Vorstellung von den Zielen die'er Organiiation sich die Ansicht in manchen Kreisen festgesetzt bat, das Komiiee betreibe offi ziell eine Art moralischer Ehrenrettung nicht nur der einzelnen Homo- jexuellen, sonvern auch der Homosexualität. Und die Agitation für Ab- schasfung de« 8 l75 ist ganz ähnlicher Mißdeutung verfallen. Da« aber ist grundfal'ch. Man kann dielen Erpresserbegünstigungsparagraphen für überaus fcl-äviich ballen uud doch tue Hoino exualitäl als eine sehr traurige pathologische over normwidrige Er'chcinuug de« Sexualem- pfinven« oder gar. in vielen Fällen, als ein Provuki der Abgestumpftheit betrachten und verurteilen. Dieter 8 >75 bedroht nur die Verirrungen männl cher Homoiexucller mit Strafe, läßt aber vie Frauen ganz außer Betracht. Das ist an sich schon unlogisch. Und wer für Beibehaltung der Strafandrohung ist, für die sich nebenbei auch mancherlei Gründe aniüdreu lassen, der müßte zum mindesten die Ausdehnung der Bestrafung auf da« weibliche Geschlecht fordern. Für uns freilich scheint der Segen de« 8 >75 recht problematisch, sein Schaden dafür um so positiver. Nur gegen da« eine wollen wir doch beizeiten protestieren, daß mit der Abichaffung de« 8 >75 den Homosexuellen nun auch eiu moralischer Freibrief ausgestellt wird. Und in- so'rru allerdings bedeutete nicht sowohl die Nichtexistenz, als vielmehr die Abschaffung de« Paragraphen und die sicher zu erwartende mißbräuchliche Interpretation dieser Tat ein Risiko. Die über alle Grenzen der Scham hinauSgehende Propa ganda au« bomosexucllen Kreiien ist deshalb für alle au« wissen- schafilichen wie pralt-schen Gründen von der Schädlichkeit de« Paragraphen U berzeugien heute da« stärkste Bedenken geworden, daS der Betätigung ihrer Ueberzeuguug im Wege steht. Un« ist e« übrigen« vollständig gleichgültig, ob Herr Dr. Magnus Hirschseld mit seinen wissenschaftlichen Thesen von der Gleichwertigkeit der Homosexuellen Recht hat oder nicht. Auch wenn er recht haben sollte, würden wir immer für Aechiung der Homosexualität eintreten. DaS mag hart llingen für den betroffenen Einzelnen. Aber un» stehl da« Wohl de« Volkes in seiner Gesamtheit, seine Gesundheit in leiblicher und seelischer Beziehung, doch unendlich viel höher al» da« Glück der Anormalen. Sie sollen ihre Neigungen veistecken müssen, auch nach even tueller Abschaffung deS 8 >75, da« muß ihnen und ihren Boi- tämpsera mit aller Deutlichkeit und Rücksichtslosigkeit «»geprägt weiden. Und jeder normale Mensch soll auch nach Abschaffung der gesetzlichen Strafandrohung es als Beleidigung empfinden und ver folgen dürfen, wenn ibm Homosexualität vorgrworsen wird. Sollte e» der homosexuellen Propaganda gelingen, in diesem moralischen Schutz wall des Voll-empfiuven» Bresche zu legen, so wäre damit ganz unabsehbarer Schaven angest'stet. Dana kann sehr wohl die Zahl der von Geburt ganz Normalen, aber durch Verführung oder Ukbersäiiigung künstlich Homosexuellen in» Bedrohliche schwellen. Und viele Gefahr erscheint uns so groß, daß wir den 8 >75 nicht abge'Lafft sehen möchten, obne daß eine sorgfältige Prüfung slaittände, ob dann auch die Schutzbestimmungen für die Minderjährigen, Minderbegabten, wirtschaftlich oder dienstlich Ab hängigen genügen. In neuerer Zeit hat die Agitation der homosexuellen Kreise und ibrrr lmanchmal heteroseruellen) Vorkämpfer einige AuSwüch « getrieben, die nur vollständiger moralischer Versumpfung ent prießen konnte». Wir meinen die slaadalöse öffentliche Beschimpfung prominenter Persönlich keiten als homosexuell von denselben Homosexuellen oder Gegnern de« 8 >75, die die geschlechtliche Normwidrigleit a>S natürlich und gleichwertig in jeder Beziehung hinstellen möchten. DaS haben wir im Falle Krupp erlebt, der dem „Vorwärts" mit seiner Sittlichkeit«- und Kultur-Protzerei un vergessen bleiben soll, und daS erleben wir jetzt im Falle Biiww-Brand. Uns will es freilich scheinen, und der Prozeß wird das vielleicht auch bestätigen, als ob dem Angeklagten neben seiner eigenen sexuellen Normwidrigleit auch eine geistige Anormalität eigen sei, die ihn dann Wohl persönlich entschuldbar, aber zugleich auch al« gemeingefährlich ericheinen ließe. Dann tollte man aber auch mit allen verfügbaren Mitteln versuchen, solche Unglücklichen untchädlich zu machen, immer von dem Gevanken ausgehend, daß die Geiamiheit zu lchützen ist. Auch der energischste Kämpfer für Liberalis mus und Individualismus bat die Grenzen seiner Forderungen dort abzustecken, wo daS sich ausleben anrere zu ichädi.zen ansängt. Wenn irgendwo daS viel mißbrauchte Wort von der Humanitäts duselei unserer Zeit angebracht und treffend ist, so ist eS bei der Nachsicht gegenüber der Homosexualität in moralischer Beziehung. Ein sehr zuverlässiger Inst nlt läßt die Gesunden die Kranken meiden. So soll es auch den Homosexuellen gegenüber gehalten werden. Im übr'gen wäre es wirklich zu wünschen, daß ba'd Zeiten wiederkämen, in denen man sich nicht mehr täglich Mit diesen Dingen zu belchäfngen brauchte. Sachsens finanzielles Verhältnis zunr Reich. Die Finanzminister der deutschen Bundesstaaten sind dieser Tage wieder in Berlin gewesen, um zu beraten, wie sie Geld schassen können. Bitter notwendig mag es ja sein, das Reich stellt immer neue An- sorderungen, und die einst so viel gerühmte „kleine" Neichsfinanzreform bat gründlich versagt. Wie in allen Fällen, wo man Steuern aus Ver kehr und Verbrauch legt, zeigt sich ein Rückgang des Konsums, so kommt cs, daß die Zigarettensteuer trotz des großen für sie erforderlichen Apparates nicht recht zu Buch schlägt und die Fahrkartensteuer sich vollends als ein ganz verunglückter Versuch erweist, dessen Kosten die Bundesstaaten zu bezahlen haben. Da man unbegreiflicherweise aus prinzipiellen Gründen nicht zu direkten Reichssteuern schreiten will, obgleich gerade diese eine bequem zugängliche und reichlich fließende ^inaui,.ne««itelle obren, j. bleibt i.»cu.r nichiä ü'v.ig, als neue indirekte Steuern, und wo auch diese nicht ausreichen, Erhöhung der Matri- kularbeiträgc. Freilich ist, wie die Erläuterungen zum sächsischen Etat auf die Finanzperiobe 1908/09 besagen, in der Belastung der Bundesstaaten mit ungedeckten Matrikularbeiträgen ohnehin schon trotz des Zustande kommens der Reichssteuergesetze von 1906 sReichsgesetz über die Ord nung des Neichshaushalts und die Tilgung der Reichsschuld vom 3. Juni 1906) keine Besserung, sondern eine Verschlechterung einge- treten. Der einzige Vorteil, den dies Gesetz gebracht hat, ist der, daß die Bundesstaaten jetzt in der Lage sind, mit mehr Sicherheit als bis her den Betrag zu veranschlagen, mit dem sie in der nächsten Periode ihres Etatsvoranschlags voraussichtlich mit ungedeckten Matrikular- beitrögen belastet werden. Nach 8 3 dieses Gesetzes haben die Bundesstaaten in jedem Jahre, in dem überhaupt die Auferlegung von ungedeckten Matrikularbeiträgen in Frage kommt, zunächst 40 Pfg. auf den Kopf der Bevölkerung auf alle Fälle an die Neichskasse zu zahlen. Was mehr erforderlich ist, wird einstweilen gestundet, und zwar bis zum Juli des drittsolaendcn Rech nungsjahres. Um unnütze Hin- und Hersendunaen von Geld zu ver meiden, werden die ungedeckten gezahlten und gestundeten Matrikular- beiträae auf Grund von 8 2 des Reichsgesetzes vom 14. Mai 1904 dann gutgeschricben, wenn die Ueberweisungen des Rechnungsjahres, dem die Matrikularbeiträge angehören, dafür Deckung bieten. Tritt diese Deckung nicht ein. bghen aber die übrigen ordentlichen Einnahmen des Reichs den Bedarf überstiegen, so werden die Matrikularbeiträge am Jahresschlüsse in entsprechendem Maße erstattet, d. h. als Zahlungen gutgeschricben. Wieviel Sachsen an ungedeckten Matrikularbeiträgen in der Finanzperiode 1908/09 zu leisten haben wird, läßt sich danach zurzeit genau angeben. Wie die Erläuterungen zu Kap. 104 des sächsischen Etats erkennen lassen, handelt es sich dabei für die Finanzperiode 1908/09 lediglich um die Beantwortung der beiden Fragen, ob in den Reichsrechnungsjahren 1908 und 1909 eine Belastung mit ungedeckten Matrikularbeiträgen zu erwarten ist und ob aus den Reichsrechnunas- jahren 1905 und 1906 noch gestundete Matrikularbeiträge an die Neichs kasse zu zahlen sind. Einstweilen war, wie hierbei bemerkt sei, durch Neichsgesetz vom 20. Mai 1904 die Erhebung der den Betrag von 219.65 Millionen Mark übersteigenden Matrikularbeiträge für 1904 - »nächst bis zum Abschlüsse der Rechnung für dieses Jahr, später aber Neichsgesetz vom 1. April 19051 noch bis zum Abschlüße der Rechnung ür 1905, also so lanae ausgesetzt worden, oiS der zur Deckung des Be darfs nach den wirklichen Ergebnissen des Neichshaushalts für 1904 und 1905 erforderliche Betrag sestgestellt lein würde. Beim Abschlüsse für 1905 sollten also die gestundeten Matrikularbeiträge für 1904 und 1905 verrechnet werden. Durch das Neichsgesetz vom 31. Mai 1906 ist die Abrechnung über diese Beiträge nochmals um ein Jahr, also bis zum Abschluß der Rechnung für 1906, hinausgeschoben worden. Obwohl über die neueste Konferenz der Finanzminister in Berlin noch Stillschweigen bewahrt wird, so ist es doch längst kein Geheimnis mehr, daß der Betrag, den die einzelnen Bundesstaaten in jedem der Rechnungsjahre 1908 und 1909 an ungedeckten Matrikularbeiträgen auszubringen haben werden, sich auf wett über 40 Pfg. auf den Kopf der Bevölkerung belaufen wird, und zwar auch dann noch, wenn dem Reiche Erträge aus neuen Steuerquellen zugeführt werden. Der Bedarf des Reiches hat nämlich schon weitere außerordentliche Steige rungen erfahren und wird deren bis 1909 noch mehr erfahren. Außerdem haben, wie schon oben erwähnt, weder daS neue Brausteuer gesetz, noch die Zigarettenstcuer, die Erbschaftssteuer und die neuen Stempelsteuern die erwarteten Beträge ergeben. Man muß also auf alle Fälle die vollen Matrikularbeiträge von 40 Pfg. auf den Kopf der Bevölkerung in den Etat einftellen. DaS macht für das Königreich Sachsen nach der jetzigen BevölkerunaSzisser jährlich 1 Ml 186 ^l oder für die Finanzperiode 1908/09 insgesamt 3 602 372 ^l. Noch mehr einzustellen erscheint nicht notwendig. Denn die Mehr- ertrage des ordentlichen ReichshausbaltsetatS im Rechnungsjahre 1905, insbesondere fast 90 Millionen Mark mehr auS den Zolleinnahmen -Einfuhr aus Vorrat wegen der am 1. März 1906 in Kraft getretenen höheren Zolle! — haben bingereicht, um den Rest der Matrikularbei- trage für 1904 und 1905 zu decken. Im Jahre 1908 sind demnach keine weiteren Zahlungen dafür an die ReichSkasie zu leisten. Dagegen tritt daS Jahr 1909, soweit sich bis jetzt übersehen läßt, mit einer Forderung von reichlich 2 Millionen für die Neichskasse an Sachsen heran. Durch den ReichSetat für 1906 waren ursprünglich den Bundesstaaten ungedeckte Matrikularbeiträge in Höhe von 8! 820 848 F auserlegt worden. Von dieser Summe sind 24 242 073 .<l >40 Pfg. auf den Kopf der Bevölkerung) im Laufe de« Rechnungsjahres 1906 an die ReichSkasie gezahlt und 57 578 775 X füber zwei Drittel!) gestundet worden. Die gestundeten Beträge haben sich aber nach den wirklichen Ergebnissen des Jahres 1906 auf etwa die Hälfte vermindert, nämlich bis auf 28 400 000 ^l. Hiervon entfallen auf das Königreich Sachsen anteilig 2 110 120 -4l, die im Juli 1909 an die Neichskasse zu bezahlen sind. Im ganzen sind von Sachsen also in der Finanzperiode 1908/09 en die Neichskasse 5 712 492 ^l 13 602 372 Z- 2110120 ^l) zu bezahlen, aufs Jahr berechnet 2856246 Der Anteil Sachsens an den Ueberweisunassteuern beträgt nach dem Reichshaushaltsetat aus 1907 insgesamt 15 046 430 -4l. Da es sich bei diesen Ueberweisungssteuern in der Hauptsache um Steuern mit nicht erheblich schwankenden Beträgen handelt, so wird man auch den Anteil Sachsens für die Jahre 1908 und 1909 nicht höher veranschlagen dürfen. Hiernach sind in den Entwurf zu Kap. 104 des sächsischen Etats auf 1908/09 gemeinjährig 17 902 676 ^l eingestellt worden. Der Zu schuß ist gegen die Vorperiode um 546 405 ^l höher geworden. Im Etat 1906/07 betrug die Steigerung gegen die Etatsperiode 1904/05 sogar 2 309 841 Zl. - Hollan-isch-belgische Entente. Was bedeutet im politischen Leben Deutschlands heute noch die All deutschlandidee? So gut wie nichts. Sw spukt in den Köpfen welt fremder Ideologen, und wer nur etwas Sinn für nüchterne Wirklich- ketten hat, weist sie als ein Phantom von sich. Jeder Dutzend-Bürger weiß, daß wir im Verkehr mit unseren Nachbarn wirtschaftlich am besten fahren, wenn diese bleiben was sie sind. Ist es da nicht merk würdig, daß im Auslande um die alldeutsche Idee fortgesetzt ein Lärm gemacht wird, als ginge der deutsche politiiche Äcist wirklich in Europa umher wie ein brüllender Löwe und suche, welchen er verschlinge? Woher da überall die Furcht vor der „deutlchen Gefahr", wo doch Negierung wie öffentliche Meinung in Deutschland jedesmal entrüstet gegen jegliche fremde Verdächtigung, man hege alldeutsche Absichten, sich verwahren? Wie kommt es, daß gerade in Holland und Belgien ernsthafte Politiker durch das Gespenst des Pangermanismus sich einschüchtern und für den Plan einer widernatürlichen holländisch - belgischen, deutschfeindlichen Entente gewinnen lassen? Dieses Problem beschäftigt unaufhörlich holländische und belgische, noch mehr aber französische Zeitungen und Zeitschriften, und fetzt ist wieder die Kommission, die sich zu dem Zweck gebildet hat, zusammengetreten, um über Mittel und Wege zur Er reichung des gesteckten Zieles zu beraten. Die politischen und militäri schen, wie die wirtschaftlichen und kulturellen Interessen der beiden Staaten sollen unter einen Hut gebracht werden. Vor zwei Jahren wagte sich ein solcher Gedanke in Belgien zuerst schüchtern in die Oesfentlichkeit, und er ist seitdem von Paris und Lon don aus eifrig gefördert worden. Inzwischen hat er Schule gemacht. Alte Gegensätze wurden ausgeglichen, Mißverständnisse überwunden, klare Zwecke traten hervor, und wenn anfangs überall Widerspruch sich regle, so hat man nun längst angesangcn, die Idee zu prüfen, zu be sprechen, zu studieren, zu erwägen. Die Flamländer fühlen, daß es ihnen bei solchem Wandel der Anschauungen unmöglich fei, das Monopol der Beziehungen zu den nördlichen Nachbarn zu behaupten. Die wallo nische Industrie erkennt ihr Interesse, und gute Holländer sind ent zückt von den herrlichen Garantien für Unabhängigkeit und wirtschaft- liche Blüte, die ihnen eine Verbindung ihres Bankwesens und ihres Handels mit belgischer Erfahrung und Technik zu bieten verspricht. Es bleibt nichtsdestoweniger eine unleugbare und nicht hinweozu- räsonierende Tatsache, daß Holland winschastlick nach Deutschland gravitiert, und daß seine Handelsbeziehungen zu Belgien saft im gleichen Maße abnehmen wie die zum Deutschen Reiche zunebmen. Daraus er hellt schon, daß zunächst die geplante hollaudifch-belgiiche Zollunion, wenigstens vom geschäftlichen Standpunkte aus gesehen, vernunftwidrig wäre. Die Belgier bestreiten das auch gar nicht. Sie appellieren nicht an die Vernunft, sondern an das politische Gefühl der Holländer, das sich gegen alle deutschstaallichen Einflüsse sträubt. „Diese Tatsache zuge geben", schreibt ein belgisches Blatt in der Besprechung eines kürzlich erschienenen Buches über die Frage einer Zollunion zwischen Belaien und Holland, „weshalb aber soll man die gleichen Schlußfolgerungen daraus ziehen, wie der Versasser? Angenommen, die preußische Durch, dringuug IpeuOtratioQ prusrsienno) de» unseren Nachbarn «r Norden sei bedrohlicher Natur. Ist das für sie ein Grund, um es ruhig ge schehen zu lassen, daß sie ihr wirtschaftliches Gleichgewicht zum Vorteile ihres mächtigen Nachbars verlieren, und unter dessen Vormundschaft geraten? Im Gegenteil. Wenn das industriereiche Belgien zu einem großen Teil die Nolle spielen kann, die gegenwärtig Preußen spielt, liegt da nicht in der Ebenbürtigkeit der beiden Nationen eine Garantie gegenseitiger Unabhängigkeit, die bei einer Heirat zwischen dem monströ sen Deutschland und dem kleinen Niederlande absolut fehlt? Es unter liegt aber keinem Zweifel, daß Belgien biese Nolle spielen kann, wenn der niederländische Markt ihm durch eine Zollunion erschlaffen wird. Indem sich die beiden Nationen zu einem Block zusammenichließen, ge winnen sie einen größeren, geschloffenen Markt und können 6ch im inter nationalen Handel bessere Bebingunqen sichern, als es ihnen in ihrer Vereinzelung möglich ist." Der Brüsseler „Mattn", der in solcher Weile leitartikelt, erklärt schließlich noch die geplante Entente für eine „vitale Notwendigkeit". Merkwürdig ist an dieser ganzen bolländisch-belgischen Freundlchasts- bewegung, daß sie sich erst zu rcyen begonnen hat, nachdem der deutsche Handel in Holland und Belgien m einer Weise festen Fuß gefaßt hatte, daß er kaum mehr auS einer seiner Stellungen zu verdrängen ist. Wie sehr gerade in Belgien der deutsche Einfluß erstarkt, erhellt daraus, daß in Brüssel, und selbst in Lüttich, die Internationalisierung des Handels und des Geldes in erster Linie zugunsten Deutschlands ousschlägt. Die Anteile der Vanque Internationale in Brüssel befinden sich zu drei Vierteilen in deutschen Händen, und die Banque d'Ontre Mer hat unter ihren Direktoren einen Deutschen. Der beutsche Kaufmann bot in Bel- gien wie in Holland seinen Einfluß ohne Widerstand zu finden, ge räuschlos auszubreiten verstanden, und man ist erst in dem Augenblicke darauf verfallen, ihm Schwierigkeiten zu bereiten, wo man zu fürchten begann, daß sich die deutsche Politik an seine Fersen heften werde. Waruni- sollte es für die deutsche Diplomatie schwieriger sein, benach barte Länder friedlich ?u durchdringen, als für den deutschen Kaufmann? Wenn jene in diestr Hinsicht doch immer wieder versagt so liegt eS ge wiß daran, daß sie mit unzulänglichen Kräfteu und Mitteln arbeitet. Deutschs» Reich. >'etz>ttg. 6. November. * Mühlbergs Nschf^fizer im Auswärtigen Amt soll angeblich der bisherige Gesandte in Teheran Dr. Siemrich werden. Da» „B. T." erfährt aus Trberan dierzu: Dr. Stemr ck« Berufung an Stelle deS Herrn v. Mühlberg überrascht hier jedermann. Dr. Stemrich batte sich in die hiesigen sedr >ompliz',rirn Verhältnisse gvt einaearbeiret und vertrat die Interessen DeuochlandS srbr glücklich. Die ver wirrt« Lage in Persien erfordert «inen genauen Sraoer der Ding«.
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