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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.11.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071107016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907110701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907110701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-11
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Dtschs R. und Parlamentsbericht.) * Herzog Ern st von Sachsen-Altenburg ist erkrankt. lS. Dtschs. R.) * Es wird bestätigt, daß bei der Kesselexvlosion auf dem Schulschiff „Blücher" 8 Mann getötet und 22 verwundet worden sind. lS. Art. u Letzte Dep.l * In Makedonien herrscht eine lebhaftere Bewegung der Nationalitäten. Auch in der asiatischen Türkei sind Un ruhen vorgekommen, dort wegen der B r o t t e n e r u n g. sS. Ausl.) * Im Staate New Aork siegten die A l t d e m o k r a t e n lKonservativel auf der ganzen Linie. lS- Ausl.) Bülow gegen Brand. Berlin, 6. November 1907. Der Prozeß Bülow-Brand reicht in polnischer Beziehung nicht ent fernt an die Bedeutung des Moltle-Harden-Prozeises heran. Die paar politischen Momente in den heutigen Verhandlungen sind über einen großen zeitlichen Raum verstreut und kommen erst gewiftermaßcn von außen und mehr gegen die Absicht der Prozeßleitung in die Verhand lungen hinein. Um das Wichtigste herauszugreifen: Der Kanzler wehrt sich dagegen, hinter Harden zu stehen und die Angriffe in der „Zukunft" bewirkt oder beeinflußt zu haben. Ferner ist es sehr interessant, daß Fürst Bülow die Gelegenheit benutzt, um sich gegen den Vorwurf zu wehren, er habe von den Verfehlungen des Grafen .Hohenau und an derer gewußt, ohne eingeschritten zu sein. Diese Bcgrnndu ig ist offen- bar für eine höhere Stelle bestimmt. Auch die Zeugenaussage des Fürsten Eulenburg enthält einiges politisches Material. Das Bedeu tendste sind die Jrenndschaftsbeteuerungen des Fürsten Eulenburg für den Fürsten Bülow. Niemals, so lange er lebe, habe er gegen den Fürsten Bülow etwas gesagt, auch an allerhöchster Stelle nicht. Damit fall« auch die Behauptung von der Existenz einer Kamarilla in sich zu- summen. Dazu ist nun freilich zu bemerken, daß die Existenz einer Kamarilla durch Erklärungen ihrer angeblichen Mitglieder nicht be stätigt zu werden Pflegt, zumal der Begriff denn doch zu dehnbar ist, um nicht dem subjektiven Empfinden, auch unter Eid, genügend Spiel raum zum Ausweichen zu lassen. Es kann auch schließlich nicht außer Acht gelassen werden, daß trotz der Loyalitätsbetenerungen des Fürsten Eulenburg die eine Tatsache allgemein bekannt und auch im Prozeß nicht bestritten worden ist daß nämlich die einstige Freundschaft zwi schen dem Fürsten Bülow und Eulenburg längst in ihr Gegenteil um- geschlagen ist. Wenn man es ferner als politisch bedeutungsvoll an- sehen will, daß der höchste Beamte des Reiches sich von den bösartigen Brandschen Beschuldigungen bis aufs letzte Deutchen zu reinigen wußte, so ist aber auch tatsächlich alles erschöpft, was in diesem Skandalprozcß an Politik erinnert. Höchstens kann noch erwähnt werden, daß Fürst Eulenburg ebensowenig hinter Brand, wie Fürst Bülow hinter Harden gestanden haben will. Nun zu dem Prozcßbilde: Tas neue Kriminalgericht, in dessen Schwurgerichtssaal die Verhandlungen der Fünfmänner-Kammer statt sanden, bildet mit dem alten Moabiter Kriminalgericht, der Stätte des Moltke-Harden-Prozesses, einen Häuserblock. Es ist ein pomphafter Bau, dessen sandsteinernes Treppenhaus ganz palastartig wirkt. Breite Korridore ziehen sich vor den Sitzungszimmern hin. Der Eintritt in den Verhandlungssaal wird überaus streng bewacht. Obwohl von einer Ueberfüllung der Räume keine Rede ist, sind doch die meisten Gc- iuche um Eintrittskarten abgelehnt worden. Aus der Art der Geschäfts, »ührung des Kammervorsihendcn, Landgerichtsdirektor Dr. Pusch, ist schon nach fünf Minuten Verhandlungsdauer zu sehen, daß mit äußerster Peinlichkeit alle Abschweifungen, besonders auf das politische Gebiet, vermieden werden sollen. Schon die Anklage des Staatsanwalts ist unter diesem Gesichtspunkt formuliert worden. Sie beschränkt sich aus die Beleidigung des Brandschen Flugblattes in homosexueller Hinsicht. Auch Fürst Eulenburg muß sich wiederholt vom Präsidenten unter brechen lassen, wenn er über Sachen sprechen möchte, nach denen er nicht gefragt worden ist. Doch gelingt es ihm schließlich, wenigstens das für ibn wichtigste publik zu machen. Nie habe er gegen den 8 175 verstoßen: überschwengliche Freundschaftsgefühle und Ausdrücke gibt er zu. Auf Diskussion und Definition L la Hirschfeld walle er sich aber nicht ernlassen, — denn wo sei da die Grenze? Daß der Fürst ein körperlich kranker Mann ist, wurde durch seinen Zustand zur Evidenz bewiesen. Daran kann kein Mensch gezweifelt haben, der ihn in den Verhandlungen gesehen hat. Der Kanzler da gegen sah recht gut ans. Dieser fürstliche Zeuge machte übrigens seine ersten zusammenhängenden Angaben über die Grundlosigkeit der Be leidigung und feiner Beziehungen zu Herrn Scheefer, an der Hand von Notizen, offenbar um auch nicht die kleinste Lücke zu lassen, durch die ein neuer Verdacht schlüpfen könnte. Ein merklicher Unter schied in dem Verhalten des Vorsitzenden gegen- über den Zeugen wurde sofort allen klar, die erst kürzlich den Moltke- Narden-Prozeß erlebt hatten. — Im Prozeß gegen Harden redete der Vorsitzende nur vom „Herrn Kläger", wohl auch vom „Herrn Grafen Moltke". aber nicht von „Sr. Exzellenz dem Herrn Grafen von Moltke". Heute erhielt jeder der Zeugen seine amtlichen Titel getreu nach dem Gotha, der Rangliste oder der Veröffentlichung de- Staatsanzeigers. ..Ew. Durchlaucht" und „Se. Durchlaucht" und „Ew. Exzellenz" und Herr Geheimer Regierung-rat" wurden die Herren genannt, und als der Reichskanzler den Saal verließ, erhoben sich sogar alle Anwesenoen, um ihm eine Art stiller Ovation -u bringen Und nun zu dem traurigen Helden dieses Dramas, dem homo- sexuellen Schriftsteller Brand. Wenn Leute von so konfuser Geistes- Verfassung, wie dieser Anarchomonarchist, auch noch schriftstellern, so ist eine Katastrophe wohl überhaupt nicht zu vermeiden. Der Mann har keinen Schimmer von politischer Einsicht und noch weniger kritisches Unterscheidungsvermögen. Auf so schwachen Füßen hat Wohl noch nie eine öffentliche Beleidigung gestanden wie diese. Ausgerechnet von Herrn Gehlsen, dem bekannten verflossenen „Reichsglöckner" und „Stadt laternenmann" will er etwas gehört haben, das man von fern wie eine Verdächtigung des Kanzlers deuten kann. Herr Gehlsen weiß nachher von nichts, und Herr Brand, diese Zierde des deutschen Schriftstellertums, muß dafür 1^ Jahre im Gefängnis sitzen, obwohl er noch schnell vor dem Urteil alles zurücknimmt, was er gegen den Fürsten Bülow ge- schrieben, gesagt und gedacht hat und obwohl er seine alten Eltern als Notheiser zitiert. Wenn nicht der Mann sichtlich körperlich krank uno geistig konfus wäre, muß man ibm ja das Gefängnis und die sofortige Verhaftung gönnen. So aber mischt sich in den Widerwillen gegen den leichtfertigen Beleidiger noch eine Portion Mitleid. Sollte der Mann vielleicht nicht doch bester in eine Hlaisori clo snnta als in? Gefängnis Pasten? ISiehe dazu den ausführlichen Prozeßbericht.) Die Explosion auf -ein „Blücher*". Wie bereits kurz durch Extrablatt gemeldet wurde, übermittelte oestern der Draht die Hiobspost vou einer furchtbaren Explo sion, die sich auf dem bei Mürwik liegenden deutschen Kasernenschstf „B l ü ch e r" ereignet hat. Acht Personen haben ihr Leben ein - gebüßt, zweiundzwanzig Mann sind schwer verletzt worden. Infolge des großen Pflichteifers und der musterhaften Aus bildung, die unsere Marine, trotz der kurzen Zeit ihres Bestehens, vor denen der anderen Nationen auszeichnen, ereignen sich derartige Kata strophen bei ihr nur in geringem Maße. Das schwerste Schiffsunglück, daS in den letzten Annalen der deutschen Marine verzeichnet steht, dürfte der Untergang der „Gneisenau" sein, die bei Malag-a scheiterte. Ueber die gestrige Katastrophe liegen jetzt folgende näheren Nach richten aus Flensburg vor: Tie Explosion auf dem früheren Torpedoschulschisf, jetzigem Kasernenwohnschiff „Blücher" in Mürwik ereignete sich gestern früh 9 Uhr 10 Min. während des im Maschinen raum erteilten Unterrichts an die Maschinistenanwärter. Von außen sah man plötzs-ch eine mächtige R»«ch- und Zcnergarbc. die das Schift für einen Augenblick völlig oinhüllte. Der Teil des Mittelschiffs, in dem der Kessel ruhte, war völlig zerstört. Aus den Trümmern heraus waren lautes Schreien und entsetzliche Hilferufe vernehmbar. Durch die gewaltige Explosion wurden die Leute gegen die Wände und Decken geworfen. Der Anblick, der sich den Zuhilfeeilenden bot, war wegen der Art der Verletzungen ein entsetz licher. In der Hauptsache waren den Verletzten Beine und Arme ab geschlagen, anderen waren wieder die Köpfe abgerissen und die Brust total zerquetscht. Unter den Getöteten und Verlesten befinden sich keine Offiziere, es sind Bootsleute, Deckoffiziere, sowie Maschinistenanwärter. Tie Flensburger Schiffswerft sandte be- reitwilligst Leute mit Dampfern zur Hilfeleistung. Das Garnisonlaza rett ließ sämtliche Tragkörbe an Bord bringen. Die Schwerverletzten wurden in daS Garnisonlazarett gebracht. Zehn Privatärzte auS der Stadt bemühten sich, den Verletzten Hilfe zn bringen. Tic Ursache der Explosion ist bisher unaufgeklärt. Der explodierte Kessel ist ein Hilfskessel, der für Heiz- und Licht zwecke verwendet wird. Zur Zeit der Explosion befanden sich 70 Mann an Bord. Das deutsche Schulschiff „Blücher", das am 20. Septeniber 1877 vom Stapel lies, diente noch vor kurzem mit der „Viueta" und „München" als Klasse für Torpedoschießversuche. Es ist aber jetzt durch das umge baute Linienschiff „Württemberg" seiner Bestimmung entzogen und in ein Kasernenschstf verwandelt worden. Die Wasserverdrängung des Schiffes beträgt 2850 Tonnen, seine Schnelligkeit 12 Seemeilen, seine Stärke 2500 indizierte Pferdestärken. Es besitzt eine Schraube, ist 75 Meter lang, 14 Meter breit und hat einen Tiefgang von 5,8 Meiern. Die Besatzung bestand aus 10 Seeoffizieren, 2 Marineingenieuren, 1 Sanitätsoffizier, 12 Deckoffizieren und 234 Unteroffizieren und Mann schaften. Erbaut wurde die „Blücher" auf der „Germaniawerft". Das Schiff ist in der Ostsee stationiert: es ist mit einer einfachen Ex pansionsmaschine mit drei Zylindern ausgerüstet. Der kleine Hafen von Mürwik -wischen Flensburg und Glücksburg liegt im westlichen Teil der Flensburger Föhrde. Auf dem Reichsmarineamt wurde folgende Auskunft gegeben: DaS Schulschiff „Blücher" liegt vor Mürwik fest verankert und wird zu Wohn- und Unterrichtszwecken be nutzt. Infolgedessen hat es nur eine sehr reduzierte Besatzung, die dem Torpedoschulschiff „Württemberg" entnommen ist. Bei der gestrigen Explosion handelt es sich um eine solche eines Hinteren Kessels; boi dem Vorgang wurden die über dem Kessel gelegenen Decks durchbrochen. Hierdurch ist auch die große Anzahl von Toten und Verwundeten zu erklären, da im Heizraum nur wenige Heizer, vielleicht nur zwei bis drei, anwesend gewesen sein dürften, während sich auf dem darüber ge legenen Deck oder auf allen Decks mehr Mannschaften, Kadetten und Schiffsjungen befunden haben müssen. Auf welche Umstände die Ex plosion zurückzuführen ist, ist zunächst noch völlig unbekannt; die Fest- stellung darüber dürfte auch um so schwieriger sein, als die Nächstbo- teiligten wohl gerade zu den Toten oder am schwersten Verletzten ge hören. In der deutschen Marine ist seit langer Zeit eine Kesselexplosion, die nicht durch äußere Umstände herbeigefiihrt wurde, nicht vorge kommen. Die Ursachen von Kesselerplosiouen. Von fachmännischer! Seite wird dem „B. T." geschrieben: Die Ge- schichte des Dampfkessels weist eine große Reihe verheerender Explo- fronen auf Die ungeheuren Kräfte, die in einen großen modernen Ll.ssel mit acht bis zwölf Atmosphären Spannung gebannt sind, machen sich leider nicht allzu selten plötzlich frei. Große Wolken de? undurchsichti- gen gesättigten Weißen Dampfes strömen dann plötzlich aus, Massen siedenden Wassers ergießen sich, und oft werden noch dazu die glühenden Kohlen auS der Feuerung in den Heizraum hinausgeblasen. Die Ursachen der Kesselexplosionen sind bei dem komplizierten Au'- bau und der Unzugänglichkeit der meisten Kefsclteilc sehr mannigfache In den Blechwänden, die fortwährend von den glühenden Feuergasen umspielt werden, kann sich plötzlich eine schwache Stelle bilden, die durch die Dampfspannung zerrissen wird, oder cs kann durch eine Unvorsich tigkeit des Heizers, der das Feuer durch Schließen der Schieber nicht rechtzeitig herabmindert, die Spannung über das erlaubte Maß steigen. Oft erfolgen Explosionen auch, wenn dem Kessel nicht genügend Master zugeführt wird, so daß ein Glühen einzelner Teile eintritt, und die häufigste Ursache der Explosionen ist der große Schädling im Dampf- kessel, der Kesselstein. Aus dem Wasser, das nie ganz frei von minera- lischen Bestandteilen ist, schlägt sich beim Verdampfen eine Schicht ain den Kesselrohrwänden nieder, die, wenn sie zu dick wird, das im Innern de? Kessel? befindliche Master von der Rohrwand absperrt und so leicht ein Turchschmelzen der erhitzten, durch da? kalte Wasser nicht gekühlten Stelle verursacht. Auch ein Versagen der Sicherheitsventile hat schon öfter zu Explo sionen geführt. -Das Sicherheitsventil hat die Ausgabe, automatisch ein Abströmen des Dampfes berbeizuführen, sobald die Spannung über die erlaubte Atmosphärenzabl hinaus steigt. Freilich hat ein sorgsamer Heizer dafür zu sorgen, daß die Sicherheitsventile möglichst selten in Tätigkeit zu treten brauchen. Die Vorschriften für Dampfkessel zur Verhütung von Explosionen sind im Deutschen Reiche sehr zahlreich. Da? Material der Kessel- wände wird bei der Ablieferung behördlich geprüft, die Erlaubnis zur Inbetriebnahme eines neuen Kessels wird erst nach sorgfältigster Besich- tigung erteilt, und Untersuchungen der Rohre sowie Feststellungen der Gangbarkeit der Sicherheitsventile finden in bestimmten Abständen von Amt? wegen statt. Daß bei der deutschen Marine gleichfalls alle erdenk lichen Vorkehrungen zur Verhütung von Unfällen getroffen sind, ist selbstverständlich. Aber gerade bei den Kesseln zeigt cs sich oft, daß die Natnrkraft stärker und listiger ist als der Mensch, Die Liste der Toten wird in nachstehendem Telegramm aus Kiel übermittelt: Bei der gestrigen Kesselexplosion am Bord des „Blücher" wurden den „Kieler Neuesten Nachrichten" zufolge getötet: Obermaschinistenmaat Hild, Obermaschinist Becker, Maschinistcnmaat Sani, Oberbootsmanns- inaat Hein, Obermaat Nie kau, Torpedoheizer Ko ekler und Keller und der Heizer Schmidt. * Telegraphisch wird weiter gemeldet: Berlin, 6. November. Zu der folgenschweren Explosion aus der Hulk „Blücher" wird noch mitgeteilt, die große Anzahl von 8 Toten und 22 teilweise schwer Verletzten erklärt sich den bisherigen Nachrichten zufolge aus dem Umstande, daß der Kessel die über ihm liegenden Deck? durchschlagen hat, wodurch auch zahlreiche unbeteiligte Leute betroffen wurden. . . * Flensburg, 6. November. Der Kommandant des „Blücher'' be- zisfert die Zahl der Toten auf sechs, verwundet seien nur einige Mannschaften. Die letzten Nachrichten bestätigen jedoch die erste Meldung, daß 8 Personen nmgckommen sind, während 22 verwunde! wurden. Der Ovozetz Nasi. Wenn oer verehrte Leser der Meinung sein sollte, daß die Ueber- schrift des Artikels richtiger „Nasi-Schwindel" lauten würde, so könnte ich ihm nicht ganz Unrecht geben. Ich setze allerdings voraus, daß der Leser nicht einen Schwindel im Sinne hat, den Nasi getrieben Hai. sondern vielmehr einen Schwindel, der mit ihm nnd seiner Sache ge trieben worden ist. Denn nach meiner Kenntnis der Vcrb-.tnisse und Personen ist Nasi keineswegs der Schurke und zugleich leichtsinnige Tropf, der er wäre, wenn er in Mißbrauch seines hohen Amtes als Staatsminister des öffentlichen Unterrichts so verbrecherisch mit den ihm anvertranten Fonds umgegangen wäre, wie ihm nachgesagt wird denn der Mann hatte eine angesehene politische Stellung, die ihm die Anwartschaft verlieh, nicht bloß wieder Minister, sondern sogar Mi nisterpräsident zu werden. Und ohne Gewicht darauf zu legen, daß Nasi als ein Jurist von literarischem Ruf die ihm unterstellten gröb lichen Vergehen nnd Nachlässigkeiten in ihrer rechtlichen Bedeutung un möglich verkannt haben könnte, nnd ohne den zu gewärtigenden Tai- besiandsfeststellungen vorgreisen zu wollen, oarf man getro't behaupten, oaß Nasi höchstens dem Maße und nicht der administrativen, rechtlichen oder moralischen Art nach etwas anderes getan habe, als seine Vor gänger, Nachfolger oder Kollegen im Ministeramt. Darin besteht eben der „Schwindel", daß die Anklagen Nasis ohne Vcralcichsmaßsiab durck die Welt gegangen sind, daß man sich hütet, zugleich von Nasi und von Exministern zu erzählen, die heute den Glorienschein haben und dock Tausende von Lire aus der Staatskasse, wenn nicht für sich, so sür iln Cocotten verwendet haben. Und die vier Jahre Nasi-Prozeß, die bis jetzt überwunden sind, nnd an denen außer Nasis Verteidigern alle In stanzen der gesetzgeberischen, richtenden und exekutiven Staatsgewalt ihren reichen Anteil haben, lehren doch, daß manche? faul nt, was si<t> gar gesund gebärdet. Wie dem nun auch sei, es ist jetzt endlich und ernstlich losgegangen. Der Erminister Nunzio Nasi und sein Sekretär Lombardo stehen als Angeklagte vor dem Lenat de? Königreiches, der sich sür sie als Hoch gericht konstituiert hat. Die Anklage wird vertreten von drei Deputier, ten, den Kommissaren der Kammer. Nasi und Lombardo werden unter stützt von einem Dutzend Advokaten, die übrigens zwei verschiedene Wege einschlagcn wollen, insofern Nasi über die Schuld Lombardo? und Lombardo über die Schuld NasiS vielfach divergierende Auftai'unaei, haben. Mehr als dreihundert Zeugen sind vorgcladen, darunter etliche politische Persönlichkeiten. — Um richten zu können, muß der Gerichts hof von Anfang bis zu Ende des Prozesse? mindestens fünfzig Sena- toren, d. h. immer dieselben, zählen. Wenn man bedenkt, daß zur Durch- hechelung der auf etwa 60 Bände angcwachscncn Untersuchungsakten und zum Halte» der vielen Reden wohl 50 Gerichtssitzungen erforderlich sein werden, so ergeben sich, den guten Willen aller Beteiligten und auch einen guten Gesundheitszustand der angeblich körperlich arg mitgenom- menen Angeklagten immerhin vorausgesetzt, b-ch Zweifel, ob fünfzig alte Herren, wie es die Senatoren sind, die Mühe nnd da? Dpfer an Zeit und persönlichen Interessen werden ertragen können, die dieser Prozeß an sie stellt. Schließlich sind Intermezzi von politischem Ge- schmack auch nicht ausgeschlossen, und da ein politischer Gerichtshof wie der Senat nicht gut unpolitischer sein kann, als irgend «in simpler ita lienischer Richter, der sich durch diesen seinen politischen Sinn z. B von einem deutschen Richter merklich unterscheidet, so kann auch dadurch der natürliche Verlaus des Prozesses gestört werden. Kurz, wir wisien daß der Prozeß am 5. begonnen bat, wissen aber nicht, wann nnd ob er überhaupt enden wird. ... - Die Einblicke in die Verhältnisse de? italienischen Staatsleben?, die der Prozeß sicherlich bieten wird, werden wir den Lesern nickt vor-
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