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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.11.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-11-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190711172
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19071117
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19071117
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-11
- Tag1907-11-17
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zve-ugS.Prei» Kr S«i»,Ig und B-r-tt» drrch .«k« «t-«r «»d Spedtt«u« t»t Hau» -«irachtr Lut-ab« 4 (nur «or«««») dtertrljährlich 8 vt. monatnck I HI. rlll»z<Ux S (m-r«en« und airndl) »iertel. jährlich 4.50 M. moaLilich l.SV «. Dur» dir »oft br»oaen ,Z mal täglich) innerhalb Leutichiarid« und der deutschen Kolonie» «terteljtbrlich 5,25«., monatlich 1.75 M. autschl Post, beftellgeld »ür Oesterreich 9 L W b. Ungar» 8 tl. vierteljährlich. ildonnement-Sanahme Lugustnstplatz 8, bei unseren Lräaern, Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, unvie PoftLmrern und Briefträgern. Die «tngelne wummer kostet 10 Hfg. Redaktion und Erpeditiv»' Johanniigassc 8. relevbon Nr. I4SV2 Nr. iE» Nr. 1461" Berliner Redaktion» Bureau: Berlin HIV. / Prin, Loui« Ferdinand- Straß« I. Telephon I, Nr 9275. Morgen-Airsgabe 8. MpMrTaMblaü Handelszeitung. Amtsviatt des Mates und -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. «nzeigen-Prett B» Anserate au» Leipzig und Umgebung d„ 6-espalteu» Betitzeil« 25 Ps , stnauzielle Uazeigrn 80 Ps., Reklamen I M.; von auswärts 80 Ps., Reklamen 1.2Ü M. vom Ausland 50Ps., finan,. Anzeigen 75 Pf., Reklamen 1.50 M. Fnscrate v. Behörden im amtlichen Lei! 40 Pi. Beilagegebühr 5 M. p. lausend e;kl. Post' aedühr. Neschäslsanzeigen an bevorzugter stelle im Preise erhäht. Rabatt nach Taris. Festerteilte Aufträge können nicht zurück gezogen werden. Für da« Erscheinen an beftrmmten lagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Antigen. Annahme: Uugustu-platz U, bei stmMchen Filiale» u. allen Annoncen. Expeditionen de« In- und An«Iande«. Paupt Filiale Berlin Earl Dunckr Herzogl. Bapr. Hofbnch- handlung Lützowstraße 10. «elephon VI. Nr. 4608). Nr. 3IS. Sonntag 17. November 1907. Das wichtigste vom Tage. / * Der Kaiser verlieh den Staatssekretären der obersten Reichsbehörden und dem Staatssekretär in Elsaß. Lothringen an Allerhvchstseinem Hofe den Rang unmittelbar noch den König!. Preußischen S t a a t s m i n i st e r n. * Kaiser und .Kaiserin sind gestern wieder nach London gefahren. sS. d. bes. Art.) * Bei der außerordentlichen Tagung des Verbandes deutscher Hochschulen wurde eine Resolution gegen die konfessionell-katholischen Verbindungen angenommen. lT. Dtschs. R.) * In den letzten Tagen haben im Reichskanzleramte Besprechungen zwischen preußischen Ministern, Bundes ratsbevollmächtigten und Mitgliedern der Block- Parteien über Finanz, und Stcu erfragen stattgefuuden. * Der „Bayrische Kurier" erklärt auf das bestimmteste, .Kultusminister v. Wehner habe den Erzbischof von München selbst ausgesucht und ihn in mündlicher Unterredung zur Anzeige der Enzyklika veranlaßt. * Di Antrittsrede des D u m a - P r ä s i d e u t c n E y o m j a! o tv hat einen Konflikt mit den Kadetten herausbeschworen. fS. Ausl.) fallen wären. Aber so viel ist sicher, daß dieser Gerichtshof mit seiner strengen Wahrung der Gleichheit vor dem Gericht auch noch in dem, was als Mißgriff empfunden werden kann, ganz außerordentlich imponieren mußte. Die ausländischen Journalisten mit sehr reicher Prozeßcrsah- rung waren geradezu verblüfft über die bei aller Höflichkeit der Form doch grandiose formelle Rechtsgarantie vor diesem Gericht, über das in jeder einzelnen Maßnahme offenbarte Bestreben, wirklich und absolut unparteiisch Recht zu sprechen, und nicht etwa nur ein Urteil zu fällen. Da meinte ein Zeuge, über Gedanken, Eindrücke, Gerüchte keine Rechen schaft schuldig zu sein. Aber der Vorsitzende ließ kein Ausweichon M. „Sie müssen das sagen", bekam der Major, wie der ehemalige Kürassier zu hören. Und es muß anerkannt werden, daß in formaler Beziehung dieser kleine Schöffengerichtsapparat Außergewöhnliches ge leistet hat. Man verlor vor dieser Grundehrlichkcit sehr bald den Ein druck, in einem Bagatellgericht zu sein. Diese Empfindungen von unter schwierigsten Umständen gewahrter Würde hat das Schöffengericht sich als schönstes Urteil verdient. Und wenn jetzt versucht wird, das Urteil des Gerichts gegen das Laienelement in Gerichtshöfen auszubeutcn, so soll doch auch diese Prachtleistung nicht unter den Scheffel gestellt werden. Solange es in Deutschland solche Laiengerichtshöse als unterste Instanzen gibt, mit solcher Ehrlichkeit des Wollens, ist es um unsere Gerichtsbarkeit noch nicht schlecht bestellt. Von dem staatsanwaltsämft- lichen Versuch aber, in ein schwebendes Gerichtsverfahren cinzugrciscn, können wir uns selbst dann nichts Gutes versprechen, wenn die Behörde die Sanktion einer einzelnen Strafkammer für ihr Vorgehen er halten sollte. Wie uns übrigens aus Berlin telegraphisch gemeldet wird, ging gestern Maximilian Harden die Anklageschrift des Staatsanwalts zu. Die Verteidigung Hardens hat Justizrat Kleinbolz über- nommen. Die Staatsanwaltschaft als Aufsichtsbehörde. Als Herr Dr. Kern, der Vorsitzende Amtsrichter im Schöffengericht de! Moltke-Harden-Prozesses, diesen Sensationsprozeß überwiesen er hielt, mag er das wohl als Auszeichnung empfunden haben. Heute mag er vielleicht wünschen, nie dermaßen ausgezeichnet worden zu sein. Ab gesehen von manchem anderen, muß es als eine Art Mißbilligung des «chöfsengerichtlichen Verfahren« angesehen werden, wenn jetzt der Ver such gemacht wird, das Urteil dadurch zu annullieren, daß die Staats- SNwaltschaft die Anklage wider Harden übernimmt. Um diese Auf fassung kommt man auch mit den scharfsinnigsten juristischen Erklärungen nicht hetrum. Denn wenn die Staatsanwaltschaft das Urteil des Schöffengerichts für begründet hielte, könnte sie gar nicht einzugreifen versuchen. Es kann wohl gesagt werden, daß diese staatsanwaltschast- liche Aktion mit einer gewissen Geschicklichkeit und sogar Delikatesse ein geleitet worden ist. Die Anklagcbehördc hat von vornherein zugegeben, daß die rcchiliche Grundlage ihres Vorgehens nicht zweifelsfrei seststcht. Sie hat selbst auf die entgegenstehendcn Bedenken hingcwiesen. Sie hat auch nicht etwa so ohne weiteres, aus eigener Machtvollkommenheit, die Anklage übernommen und die zweite Instanz des Privatklageverfabrcns, die Dreimännerstrafkammer, ausgeschaltet. Sondern sie will vor dieser Kammer ihren Eingriff begründen und von deren Entscheidung den Verlauf der Angelegenheit abhängig machen. Erklärt sich also die Be- rusnngsinstanz trotz des staatsanwaltschaftlichen Eingreifens für zn- ständig, so will die Staatsanwaltschaft sich dabei bescheiden. Das klingt alles überaus konziliant und ist sicher viel klüger, als wenn die Be« Hörde unter Nichtachtung aller Bedenken sich um das schwebende Ver fahren überhaupt nicht gekümmert hätte. Aber cs vermag doch den tiefen Eindruck nicht zu verlöschen, daß hier das normale und bereits lausende Gerichtsverfahren aufgehalten werden soll, weil das schon ge fällte Urteil einer Instanz der Staatsanwaltschaft nicht konveniert, und weil sie vielleicht das gleiche von dem Urteil der zweiten Instanz er- wartet. Wie bedeutungsvoll ein solcher Versuch ist, geht schon daraus hervor, daß man auf juristisch ganz unsicherem Boden Vorgehen muß. Derartige Fälle sind in unserer Rechtsordnung nicht vorher bedacht und geregelt worden. Und cs ist überaus zweifelhaft, ob nicht das Reichsgericht schließlich die ganze Methode verwirft, selbst wenn die Berufungsinstanz der Staatsanwaltschaft willfahren sollte. Diese Bedenken, die übrigens in Juristenkreisen noch weit stärker beunruhigen als in der Laienwelt, werden auch dadurch nicht abge schwächt, daß tatsächlich das Schöffengericht nicht als Passendes Forum für die Materie scheinen konnte, auch uns nicht erschienen ist. In Süd deutschland wäre der Prozeß als Preßbeleidigung vor das Schwurgericht gekommen und hätte damit schon einen viel bester passenden Rahmen erhalten. Indessen trotz aller darauf abzielenden Bestrebungen der Presse, würde die Staatsgewalt in Preußen wohl auch nach den Er fahrungen dieses Prozesses glauben, sie liefere den Staat an den Rand des Verderbens, wenn sie die Preßdelikte den Schwurgerichten über weisen würde. Man hat es hier also mit einer ständigen Institution der Strasprozehordnung zu tun. Und wenn man Mängel an der ent deckt, so mag man die Institution ändern. Es ist aber überaus bedenk lich, wegen eines einzelnen Falles ohne Aenderung der gesetzlich fest- gelcgten Ordnung in das ordentliche Verfahren einzugreifen. Solche Versuche müssen stets in den Verdacht der Tendenzgerichtsbarkeit kommen, auch wenn man sie mit all den formalen Garantien umgibt, die von der Strafprozeßordnung an die Hand gegeben werden Es ist hier bei auch zu beachten, daß in diesem Falle gerade die Staatsanwaltschaft, die Vertreterin der Staatsgewalt, sich über die Norm hinwcgzusetzen unternimmt, während sonst der Staat im Formalismus eine Garantie seiner Gewalt zu erblicken immer geneigt ist. Der Staat macht sich einer Inkonsequenz im höheren Sinne schuldig, er verstößt gegeu sein eigenes Prinzip, ganz abgesehen davon, daß die nunmehr eingreifende Anklagebehörde mit ihrem Vorgehen ihre erste ablehnende Entscheidung in derselben Angelegenheit desavouiert. Ob die erste Entscheidung richtig, ob sie vor allem praktisch war, hat bei dem heutigen Stand der Ding« gar keine Bedeutung mehr. Wie man auch zu dem Urteil und zu den in dem Prozeß agierenden Personen stehen mag, so bleibt doch für jeden unvoreingenommenen Beobachter der prozessualen Geschäftsführung des Moabiter Schöffen gerichts das eine unumstößlich und hocherfreulich, daß dieser kleine Ge richtshof, bestehend aus einem Juristen und zwei kleinbürgerlichen Schöffen, eine erstaunliche Festigkeit und eine unbeugsame Geradheit be wiesen hat. Diese Eigenschaften treten sogar noch in den Entschlüssen zu tage, von denen man vielleicht wünschen konnte, daß sie anders ausge Die (Nnerbahn. Schon seit langem strebt man eine direkte Bahnverbindung der Städte Borna und Lausigk mit Anschluß nach Grimma an. Von altersher unterhalten diese drei Städte rege Wechselbeziehungen. In erster Linie haben wohl industrielle Kreise an diesem Bahnprojekt Interesse. Aber auch für die gesamte Bevölkerung der genannten Orte nnd ihrer Umgebung wäre diele Bahnverbindung sebr wichtig. Dorna z. B. ist Sitz ^'i- Amtshau'.'.naunschast uw' an>> .er Behörden. Es ist aber, genau wie Grimma auf recht umständlichem Wege zu erreichen, am einfachsten zu Fuß, per Rad oder mit Geschirr; denn die Bahnver bindung nach Borna über Geithain ist ungenügend, während die nach Grimma entweder nur über Narsdorf oder über Paunsdorf möglich ist. Genau so umständlich ist die Gelegenheit, nach Eolditz zu kommen. Hat man aber geschäftlich in Orten au der Dresdner Bahnlinie, z. B. Leisnig, Döbeln. Waldheim zu tun, so erreicht man den Anschluß am besten von Großbothen auS. Es ist also der Verkehr in der Hauptsache auf die Landstraße angewiesen. Für den Ertrag der Babn ist aber nun der ausschlaggebende Faktor die Entwicklung der Kohlenindustrie bei Borna; denn Bornaer Kohle wird das weitaus bedeutendste Frachtgut dieser Bahn sein. Wegen der großen Bedeutung gerade dieses Punktes hat man nun schon seit langer Zeit in den beteiligten Kreisen die not wendigen Schritte unternommen, so war auch an den letzten Landtag wieder eine Petition gerichtet worden. Damals war vom Kgl. Finanz ministerium das Projekt als nicht rentabel genug angesehen worden. Es heißt da in dem ministeriellen Erposä: Es kommen zwei Linien in Betracht: n. Borna-Lausigk-Kleinbardau-Großbothcu: st. Borna-Lausigk- Grimma, Ob. Bahnhof, Tas Projekt s würde bei 28,6 Kilometer Länge 3 464 000 .tt, das Projekt st bei einer Länge von 26,7 Kilometer 3 392 006 Mark Kosten verursachen. Die Linie a würde dem Vcrkehrsintcrcsse nach den Vorzug verdienen, weil sie die unmittelbare Verbindung mit dem weiter östlich gelegenen Teile des Staatsci'enbabnnehcs aus kür zestem Wege herstcllt und den Umweg über Grimma erspart. Weiter wird in Großbothen der unmittelbare Anschluß an die anderen Haupt linien erreicht. Da aber das Kgl. Finanzministerium zu viel Frachten ausfall auf anderen Linien befürchtete, und so in dieser Hinsicht Be rechnungen aufstelltc, ergab sich danach, daß die Rentabilität minder- wertig sein werde; deshalb wurde das Projekt fallen gelassen. Tem>- gegenüber hat nun der in diesem Jahre verstorbene Stadtrat und Fabrik besitzer Speck in Borna ein Expos« ausgearbeitet, dem wir folgendes ent nehmen: Bornaer Kohle wird das wichtigste Frachtgut der Bahn lein. Das ersieht man schon daraus: Nach Westen kann von Borna Kohle nicht abgesetzt werden, da dort das Meuselwitzer Revier liegt. Nach Osten ist der Absatz infolge der mangelnden oder ungünstigen Bahn verbindung sehr gering. So ist man jetzt auf den Norden und Süden angewiesen. Letzterer ist unbedeutend, weil Ehcmnih und Umgebung noch viel Kohle aus dem Zwickau-Luganer Revier beziehen. Es sind nun auch in letzter Zeit eine Masse neuer Kohlenwcrke entstanden, oder noch im Entstehen begr-sfcn, und so werden bald Schwierigkeiten stär den Absatz zu erwarten sein. Das beste Absatzgebiet würde nun sein, das Gebiet östlich von Borna bis nach Dresden, nördlich bis an die Linie Leipzig-Nicsa-Tresden und südlich bis an die Linie Ehcmnitz-Frciberg- TrcSden. Außerdem würde dadurch der Kohle des Bitterfelder und Niederlausttzer Reviers Konkurrenz gemacht. Speck stellt nun unter Annahme der voraussichtlichen Weiterentwicklung der Bornn-r Koblen- industrie, folgende Berechnung der Einnahmen ans: n. Frachten ca. 48 000 Toppclwaggons L 13 .< — 624 000 . kk b. Personenbeförderung nach ministerieller Schätzung --- 61 2'iO kl o. sonstige Einnahmen — 6000.4t abzüglich Frachtenansfall 7837 .E 688 363 Die Ausgaben schätzt das Ministerium der Finanzen mit 5000 -E per 1 Kilometer auf 133 000 .E. Demnach würde ein Uebcrschuß von 550 363 .E verbleiben. Das Anlagekapital ist vom Kgl. Finanzministe rium auf 3 464 000 E veranschlagt. Seine Verzinsung würde mit 3sH Proz. 121 200 .E betragen. Sonach würde die Bahn einen Uebcr schuß von 429 163 4l ergeben. Erst vorige Woche ist das Komitee, welches sich zur Förderung dieses Projektes gebildet hat, unter Leitung seines Vorsitzenden, des Herrn Bürgermeister Fabian, Lausigk, wieder zusammengetreten und hat beschlossen, eine neue Petition an die Kgl. Staatsregierung und an die beiden Ständekammern ;u richten, sowie auch eine Deputation nach Dresden zu entsenden. Hoffentlich sind dies- mal alle unternommenen Schritte von Erfolg gekrönt; denn diese Bahn ist eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit. 101. Jahrgang. Verliizer Luft. Auf die Tage Harrens folgten die Hardenberg«. In der Krausen straße, mitten im Häusermeer Berlins, ist dem um Preußens Ent wickelung hochverdienten Staatsmann ein Denkmal erstanden. Dein Berliner sreilick, der den Kops voll hatte vom Harden-Proreß, ist der „olle Staatsmann" ziemlich piepe. DaS Harvenberg-Deokmal wird auch nicht sonderlich populär werden, denn es eignet sich sehr wenig zu schnodderigen Witzen und lustiger Charakteristik. Zur EnlbüllungSseier waren viele Unisoimen kommandiert. Von den Häutern der Nachbar schalt schaute das dankbare Publikum der Tippmamsells, Konsektiouemen und Gelbsterne auf den festlichen Akt und pie'sierte Geschaltsleute iahen in der .Cdose" nur eine lästige Verkehrsstörung Und doch war diese EntbiillungSseier um des Festredners willen sehenswert. Der Professor der Breslauer Universität, D r. von Wenckstern, lief sich hören. Dieser Mann, der vom Leutnant über den Sumatra pflanzer in ein Oidioarat der Universität BreSlau gelangte, uabm in der imponierenden Uniform eines Hauptmanns der Reflroc Auf stellung, schlug die Hacken vor dem deutschen Kronprinzen zusammen und hielt eine Rede, deren Jargon scharf nach dem Ka'erm'nbof schmeckte. DaS macht trotz aller Achtung vor rem Offisterestand bei einem Professor, wenigstens auf Akutem ker, immer einen komischen Eindruck. ES wäre bester gewesen, Herr von Wenck stern wäre aus seiner Reierve berauegetreten und hätte den tcutlchen Professor zu Ebren kommen lassen. Freilich, man ist eben nickt ungestratt Leutnant gewesen, d e Komuiandostimme des Kasernen hofes dringt bis >n die staubige Ruhe des HörsaaleS und wo die UeberzeugungSkrast deS Gelehrten zu versagen droht, da Hilst der Sabel rasselnd nach. Dieser Professor im Helm hat ,n gewissem Sinne ja Nietzsche übertrumpft. Der »fröhlichen Wissen'ckaft" hat er ein Paroli geboten mit der schneidigen Wissenschaft. Bon nun an kann der sterbende Allinghausen au, der Bühne getrost lagen: S<id schneidig, schneidig, schneidig! Mit zwei Dingen läßt sich im Industrie- und Militärstaat Eindruck schinden: mit dem rast.lnren Säbel und mit den klimpernden Gold stücken. Die „Allgemeine Berliner OmnibuSge>ellsckast" kann sich nicht aus die Uniform berufen, also schlägt sie auf die volle Börse. Zwar veisickert sie dem Publikum treuherzig, es seien schlechte Zeiten unv die Auto(omni)busse machten miserable Ge chäfie, aber sie bat kein Glück mit dieser Jeremiare. Jetzt ist man auf die geradezu dörfliche Idee verfallen, den 7 0, Pfennigiarif einzuiühren. Ja, einige denken allen Ernstes an den 6 Pfennigiarif. Ja soliden Augenblicken zweifelt man daran, in Berlin, der angeblich so großartigen Gerkchrsstadt, zn leben. Die Generalorr ammlung der Gesellschaft ver.ief stürmiich und dürfte auch den wenigen, die für die Berliner Omnibusgesellsckaft etwa Sympaih'en begt.n, die Augen geöffnet haben. Au- ihrer eigenen Miste heraus wurde der letz'ge« Verwaltung der berechtigte Vorwurf völliger GeschäftSunfäb«gleit gemacht, ja mehr noch, es wurde geradezu darauf hingewlesen, daß dem Publikum durch faliche oder rumindest leichtfertige Angaben Sand in die Au en g-stient weide. Die Abstimmung, durch die der Stadt und ibr-n Behörden gewisser- maßen der Kiieg erklärt wurde, war eine Komödie, da Bleichrö.er mit der Uebermacht «einer Aktien beschließen kann, was er will. Die sehr zahlreichen Protestler hauen darum auch ichon vor der Abstimmung den Saal verlassen, um dadurch ihre faktische Ohnmacht zu doku mentieren. Bis jetzt bat die Gesellschaft, nur aus ibr eigenes Interesse und nicht im mindesten auf das der Allgemeinheit bedacht, bereüs vier OmnibuSlinicn eingehen lassen. Man will durch solche Gewaiimütel die Behörden und ras Publiium zwingrn, sich zu lügen, w ll auch vermutlich die Rolle des Ausgepowerten spielen. Mit diesen Manöver» aber hat sick die Gesellscha't vollends alle Sympathien verscherzt. Der Berliner sällt auf solche Mäyckcn n cht herein. Er empfindet — und das ist sein gutes Recht — nur den sakiischen Aus'all von vier Omrubuc- linien und rcuvniert — und das ist cb>nialls sein gutes Recht — über eine Geiellichast, die ihren moralischen Bankerott erklären muß. Ein Verletz,sinstiml m Berlin, das sich nicht halten kann! Lächerliche Idee! H er, wo es in Konkurrenz zu treten Hai mit der alun Tanie Stadtbahn. Nicht mir Unrecht macht man daraus aufnierkiam, daß bei Einführung des 7'/,- oder 6-Pseun g ariss nach vierzehn Tag.n in Berlin überhaupt nicht so v,el Kupyrgeld aulgetrieben werden könne, nm den Fakrgästen ihre Groschen zu wcch'eln. Man mißte den Schaffnern riesengroße Tascken umbänaen, um nur Borrai an Ein- uns Zweipfennigstücken zu haben. Wie sich dann erst das Umw ckirln der Goldstücke gestalten toll, bas ist nachgerade eine spaßige Perspektive, vitüeils ost satiram non serrdero. D>e Getellsckasr, die den Kampf mit der Behörde ausgenommen, wird schwerlich obsiegen. Denn sie hat mit einer Geaenparte: zu recknen offenbar überleben, hinter der die Stimme des Allgemein wohls sich bemerkbar zu machen beginnt und die sitz mir Hunvlri- taulenden eins weiß. Und eS dürfte sick zeigen, daß ein Institut, das dem Publikum zu dienen geschaffen ist, nicht rn protzenhaster Louve- länstät sich über dessen berechtigte Wünfcke binwegseyen lann, vbne dabei seine eigene Existenz zu risiieren. Vertrackt die Berim r Onuu- buSgesellsckaft, so wird sie bei ihrem Sckaven für den Sp tl ruckt zn sorgen brauchen. Man entsteht dem Publikum einer Weliitadt viell.-ickt nicht ungestraft vier L nien und es kann dabin kommen, daß diesen vier sreiwilligen die andern höchst unfreiwillig folgen. Dann kommt eines Tages ein andrer und macht dat Ieschäfc. Auf keinen Fall aber läßt sich der Berliner an feinem „Leck e," (5-PfenniuStiicks etwas gefallen. Daß ein Sechier nun auf e-nmat sechs Pfennige gelten soll oder gar 7»/,, das hieße an de» Giund- piinstpun des öffentlichen Lebens rütteln nnv rie Bert ner Omnibus- gesellichast bandelt deshalb naiionalökonomi'ch fa kch, west sie die Piuckologie der Maste nicht verstehen will over nickt verst.hen kann. Deutscher Reich. Leipzig, 17. November. * Ter Tank des Kronprinzen. Der „Neichsanreiger" ve,öffentlicht eine Danksagung des Kronprinzen, welche lautet: An-S Anlaß der Geburt unsere- zweiten Lohnes ist der Kronprinzessin, meiner Gemahlin, und mir aus allen Kreisen der BevoÜerung des d uticken Vaterlandes unv auS dem AuS ande eine Fülle von Gliickwün ch n rugegangen, die unierr Herzen mit Dank g-ge» Gott, Wwie nut Fieude und Stolz über die allgemeine Anteilnahme an unserem Glück erfüllen. Ich spreche allen reuen, die fo freundlich unserer gedacht haben, von ganzem Herzen untere« Dank auS. Potsdam, 15. November. Wilhelm, Kronpiinz. * Tte Beisetzung deS Prinzen Arnulf. Die sterblichen Ueberrcsic des Prinzen Arnulf wurden gestern nackm «tag in der Theat nerk rcke beigesetzt. In dem lange« Leichenzug vom Wutelsbacher PalaiS b>» zur
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