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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.11.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071118011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907111801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907111801
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- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
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Letzte Dep.j * Die Könige von Spanien und Portugal sind gestern zum Besuche des deutschen Kaisers und des Königs von England auf Schloh Windsor eingetroffen. fS. Ausl, und Letzte Dep.j * Der Kaiser hat sich auf der Jagd bei Windsor eine unbedeutende Verletzung des Knies zugezogen. sS. Ausl j * Die „Hohenzollern" ist in Sheerneß eingetroffen, um die Kaiserin an Bord zu nehmen und nach Port Viktoria zu fahren, von wo die Kaiserin heute auf der „Hohenzollern", begleitet von der „Königsberg" und dem „Sleipner", die Weiterreise nach Vlis- singen antreten wird. * InEssena. d. Ruhr ist gestern das F. A. K r u p p - D e n I m a l enthüllt worden. fS. Letzte Dcp.s * S a n t o s D u m o n t hat gestern in Paris mit seinem Aeroplan mehrere mißglückte Versuche unternommen, den Deutsch- Archdeacon-Preis für Luftschiffahrt zu gewinnen. fS. Letzte Dcp.s * Bei Mogador hat die Muhalla Muley Hasins eine Niederlage erlitten. sS. Ausl.) Oarlainentarische Wochenschau An die abgelaufene Woche der Landtagsverhandlungen werden alle denken: Abgeordnete, Regierungsvertreter, Stenographen und Jour nalisten, und nicht zum wenigsten auch das Personal des Ständchauses selbst. Es war wirklich zu viel, und dabei nicht einmal des Guten. Wer freilich lediglich nach der Zeitdauer den Wert der Verhandlungen zu bemessen geneigt ist, der muß allerdings zu der Ueberzeugung kommen, daß die Etatberatnng mit denkbar größter Gründlichkeit vorgenommen worden sei. Denn mehr als die doppelte Zeit, wie sonst, hat die Zweite Kammer diesmal auf die Etatberatung verwendet, und kein Schluß- antrag hat der Debatte ein Ende gemacht, sondern von den 66 Rednern aus dem Hause, die auf der Liste standen, haben 63 gesprochen, drei dagegen aus VaS Wort verzichtet. Rechnet man dazu noch die vielfachen Aussührnngen der Regierungsvertreter und die zahlreichen persönlichen Bemerkungen, so gewinnt man ein ungefähres Bild davon, welche Rede- flut sich in den letzten Tagen durch den Sitzungssaal unseres Parla ments ergossen hat. Daß freilich eitel lauteres Gold dabei zutage gewaschen worden sei, kann auch der mildeste Kritiker nicht behaupten. Gewiß hatte der Leipziger Jungliberale Dr. Zöphel-Leipzig recht, wenn er die Debatte über den Etat als d i e Debatte schlechthin bezeichnete. Aber wir halten es gleichwohl für unmöglich, daß in der allgemeinen Vorberatung alle die Wünsche vorgebracht werden, die in der Deputation berücksichtigt werden sollen. Geschieht dies, so nimmt man den Stoss für die Spe« zialbcratung vorweg. Nach § 11, Abs. 2 der Geschäftsordnung für die Zweite Kammer, der mit 8 17 Abs. 2 der Geschäftsordnung für die Erste Kammer wörtlich übcreinstimmt, ist aber die allgemeine Beratung aus eine Diskussion über die Grundsätze der Vorlage zu beschränken, wenn sie auch auf einzelne Abteilungen der Vorlage gerichtet und ab- teilungsweife zu Ende geführt werden kann. Diese sehr zweckmäßige Vorschrift ist von den Debatterednern herzlich wenig beachtet worden. Von den Grundsätzen, nach denen der Etat für 1908/09 ausgestellt wer den soll, hat man nicht viel gehört. Nur die ersten Fraktionsredner, wie die Abgg. Hähnel, Günther, Langhammer, Goldstein, yaben wirkliche Kritik am Etat geübt und diesen von großen Gesichtspunkten aus zu betrachten gesucht, aber auch sie haben sich zuletzt vielfach in Einzelheiten verloren, und je weiter die Debatte vorrückte, um so mehr traten die Einzelheiten in den Vordergrund und schwand das aus dem Gesichts kreis was man militärisch früher die „Generalidee" zu nennen pflegte. Daß man immer wieder die Bereitwilligkeit zur Aufbesserung der Beamtengehälter. das durchaus berechtigte Verlangen nach Führung der IV. Klasse an Sonntagen und nach Sonntagsfahrkarten, den Wunsch nach einer Erleichterung der Steuerlasten zu hören bekam, ist wohl ver ständlich, denn alle diese Wünsche berühren weite Schichten unseres Volkes, und ihre Erfüllung würde tatsächlich eine Aenderung des Etats non Grund auf bedeuten. Werden aber einmal solche weitgehenden Wünsche ausgesprochen und werden sie so energisch verfochten, wie es in dieser Debatte d^r Fall gewesen ist, dann muß man auch erwarten, daß wenig stens im Grundriß Vorschläge gemacht werden, wie denn der Etat aus gebaut werden soll. Und an solchen Vorschlägen ist erade kein lieber- fluß gewesen, und noch geringer war die Zahl der Wege, die sich als wirklich gangbar erweisen dürften. Wenn z B. ein Leipziger Abge- ordneten die Mittel für Beamtenznlagen durch eine Anleihe beschaffen wollte, so halten wir das für verfehlt. Ls würde das eine Rückkehr zu der Wahdorfnchen Pumpwirtschaft sein, die mit Recht so 'ckarse Ver urteilung gefunden hat. Der Finanzminister freilich verfällt ins cnt- gegengesekte System. Er will immer nur Schulden bezahlen aus den Ueberschüssen nach dem guten alten Sprichwort: „Wer jeine Schulden bezahlt, verbessert seine Güter." Sehr richtig, aber zehren wir. die setzj Lebenden, die Güter, zu deren Schaffung wir Schulden gemacht haben, denn auch vollständig aus? Nein! Wir hinterlassen kommenden Gene- rationen entschieden manche Werte, und es erscheint nur billig, daß diese unsere Nachkommen nickt so ohne weiteres übermacht werden, sondern daß auch sse ihr Teil zur Tilgung mit beitragen. Wenn man Nck hier über im Landtage bei der Etatberatnng etwas eingehender unterhalten hätte, so wäre das entschieden angebrachter gewesen, als so in Ein'.l- heiten viel kostbare Zeit zu verlieren. Einen praktischen Vorschlag, die großen Gesichtspunkte in der Etatberatung mehr zur Geltung kommen zu lassen, sehen wir in der Anregung des sreikonservativen Abgeordneten D ü r r - Leipzia ,u einer mehrmaligen Etatlesting. Die formelle Möglichkeit dazu ist bereits durch 8 11 der Geschäftsordnung für die Zweite Kammer gegeben, auch befürchten wir davon keine Verschleppung der Budaeterledigung. iß außerordentlicher Etat und Eiienbohnsachen der Finanzdcputation "8 überwiesen werden, der Rest des Etats dagegen der Finanzdevutation ist dach feststehende Hebung, es könnten also auch bei zweimaliger Lesung die Referate an die einzelnen Deputationsmitglicder unverweilt r- teilt werden. Der Präsident hätte dann aber die Macht, in der ersten Lesung den allzu redseligen Abgeordneten darauf zu verweisen, daß seine Aussührnngen in die Svezialberatung gehören. Daß bei dem i-' ---en Stande der Dinge in der Etatberatnng van den Präsidenten den -n- -einen Rednern weitester Spielraum gelassen wird, entspricht nur dem konstitutionellen Prinzip und wttd auch von allen Seiten rückbe las anerkannt. Ein Mittel zur Abkürzung der Etatsdebatten ist frei'--'' merkwürdigerweise nicht erwähnt worden und liegt doch so nahe- die Einführung einjähriger EtatSperiodenl Eins ist in der Diskussion übrigens klar zutage getreten: aus allen Seiten wünscht man, daß schon in dieser Session die organische Neuordnung der Beamtengehälter er folgt. Die Regierung wird sich bald schlüssig werden müllen, ob sie tiefer Anregung Folge geben will. Es müßte dann das Dekret Nr. 25, Gesetzentwurf betr. Abänderung des Gesetzes über die Wobnunasaeld- zufchüsse zurückgezogen werden und der gesamte Etat eine Umarbeitung erfahren, so daß der Finanzdeputation ein sehr schweres Stück Arbeit erwachsen würde. Denn es gilt nicht nur, den Etat ins Gleichgewicht zu bringen, sondern auch die Interessen der Steuerzahler zu berück sichtigen! Nicht geklärt worden ist in der Debatte das vielbesprochene Thema der Nebenregierung. Noch heute fehlt eine Erklärung des Gc- samtministeriums, daß es die Rügersche Erklärung als füralle Minister abgegeben betrachte, nuch heute hat auch die Regierung den Kreishaupt mann Dr. Rumpelt nicht desavouiert, der von einem abgekürzten Ver fahren gesprochen und so die Aeußerungen des Lcgationsrats v. Nostitz- Wallwitz bestätigt hatte. Auch das scharfe Rededuell, das die Abgg. Lang hammer und Ulrich noch in den letzten Stunden der Etatsdebatte aus fochten, hat nicht die Wirkung gehabt, daß volles Licht in die Situation gekommen ist, die vom Abg. Goldstein so drastisch gekennzeichnet wurde. Aus dem letzten Tage der Etatberatung ist noch die freikonser vative Erklärung erwähnenswert, deren Bedeutung an anderer Stelle in diesen Blättern schon gewürdigt worden ist. Ihre Spitze richtet sich vor allem gegen den Abg. Opitz, wie der Vorstoß gegen ihn bei der Wahl der Mitglieder für das Plenum der Brandversicherungs- kammcr bewies. Menn Opitz übrigens am Schluß der Etatberatung in ziemlich die Grenzen des Parlamentarischen streifender Weise den neu eingetretenen Mitgliedern das Recht der Kritik absprechen wollte, so möge er doch mal an seine Brust schlagen und sich selbst die Frage vor legen, ob er selbst glaubt, daß alles, was er im Landtage geleistet, auch dem Lande -um Segen gereicht hat. Wir meinen, er hat sich wider Willen selbst sehr treffend charakterisiert, als er sich — allerdings ironisch — einen „Erzreaktionär und Jndustriefeind" nannte. Daß er daheim in Treuen oberen Teils eine gewerbliche Fortbildungsschule leitet, beweist nichts dagegen. Man kann auch den Bock zum Gärtner machen. Wohl getan ist's freilich nicht. Aunögebung der Orivatarrgestettteir. ü«. Fraukfurt ». 16. November. Unter Beteiligung saft aller angcschlossenen Verbände und Korpo rationen hielt heute der Hauprausichuß für die staatliche Pensions versicherung der Privatangestellten eine Sitzung ab. Vertreten waren u. a.: der Verband deutscher Handlungsgehilfen, Sitz Leipzig, der Verband deutscher Handlungskommis von .858, der deutsch-nationale Handlungsgehilfenverband, der deutsche Technikerverband, der Verband deutscher kaufmännischer Vereine, der deutsche Werkmeisterverband, der Verband der Gruben- und Fabrikbeamten, der Verband weiblicher An gestellten, der deutsche Privalbeamtenverein. Im Auftrage ihrer Frak- tionen wohnten der Sitzung bei Dr. Stresemann sNatl.>, Dr. Potthoff sFrj. Vga.j, Schack lWirtsch. Vgg-1, Dr. Linz sNpt.s und Hamecher sZtr.). Auf der Tagesordnung der Sitzung stand die end gültige Stellungnahme zu dem von der Siebener-Kommission ausae- arbeiteten Entwurf eines Privatversicherungsgesetzes, der der Reichs- regicrung unterbreitet werden soll. Diese Kommnsion wurde am 16. Juli d. I. in Berlin eingesetzt und ist seitdem dreimal zusammen getreten. Es standen sich in der Kommission zwei prinzipiell entgegen gesetzte Anschauungen gegenüber: die eine Anschauung, die die Majorität tür sich hatte und von den kaufmännischen Dcrufsvereinen vertreten wurde, vertrat den Standpunkt, daß für die Privatbcamten Sonder kassen errichtet werden müssen, während die technischen Organisationen ausnahmslos aus dem Boden eines Ausbaues der bestehenden Jnva- lidenversicherungsgesctzgebung stehen. In der Kommission siegte die Mehrheitsgruppe. Sie unterbreitete der heutigen Ausichußsitzung ihre Beschlüsse; auch die Minderheit, die unter Führung des Reichstags abgeordneten Dr. Potthofs steht, hat ihre Wünsche und Forderungen in Form von Anträgen unterbreitet. Den Vorsitz in der heutigen Sitzung führte v. Orde lBochumj, der den Fabrik- und Grubenbeamtenverein vertrat. Auch in der heutigen Ausschußsitzung traten die prinzipiellen Meinungsverschiedenheiten der beiden Richtungen klar zutage. Man debattierte stundenlang darüber, ob man eine Sonderversicherung ein richten oder sich der bestehenden Invalidenversicherung anschlicßen solle. Von maßgebender Seite wurde darauf hingewiesen, daß die Re gierung sich wahrscheinlich einer Art Ergänzungsversicherung zur heuti gen Invalidenversicherung für die Privatangestellten geneigt zeigen werde; es könne keine Rede davon sein, daß die Regierung einer Son derversicherung zustimmen werde, da sie es für sehr bedenklich halte, die Tausende von Privatangestellten, die heute der Invalidenversicherung angehörten, aus dieser herauszunehmen. Anderseits ober beständen große Bedenken, die Privatangestellten insgesamt der Jnvalidenversicke- runa zuzuführen da für die Privatangestellten doch andere Verhältnis vorlägen, wie für die Angehörigen der Invalidenversicherung. Aus diese Erklärung hin wurde von der Majorität der Siebener kommission erklärt, daß sie an ihrem Beschlüsse der Sonderversicherung festhalten müsse, aber schließlich müsse man sich mit dem, was die Re- gierung gewähre, zufrieden geben, und sich darüber freuen, wenn über- Haupt eine ausreichende Versicherung für die Privatangestellten geschaffen werde. Im letzteren Falle müßten jedoch für diese Ergänzungsversicherung folgende Mindestforderungen gestellt werden: l> Den Privatangestellten muß gegenüber den bisherigen Sätzen der Invalidenversicherung eine höhere Rente bewilligt werden. 2f Das Alter für das Recht des Nentenbezuges muß auf 65 Jahre festgesetzt werden. 31 Es muß eine Witwen- und Waisenversicherung gefordert werden. 41 Es ist erforderlich, daß die Berussinvalidität eingeführt werde. 5j Ten Versicherten müssen in der Verwaltung größere Rechte ein geräumt werden, als eS in der heutigen Invalidenversicherung der Fall 'st. Nach zirka sechsstündiger Debatte, die in später Abendstunde ihr Ende erreichte, wurde die prinzipielle Forderung der Errichtung einer Sonderversicherung mit großer Mehrheit angenommen, ebenso aber aucy die für den Fall des Zustandekommens einer Ergänzungsversichernng ausgestellten Minimalforderungen. Ferner wurde die Bestimmung an genommen, daß die technische Arbeit in der neuen Versicherung von den Organen der bestehenden Invalidenversicherung mit geleistet werden soll. Von den zahlreich anwesenden weiblichen Delegierten wurden in letzter Zeit noch eine Anzahl Akänderungsanträgc eingcbracht, die eine größere Berücksichtigung der erwerbstätigen Frauen verlangten. Diese Anträge wurden als verspätet eingegangen zurückgewiesen, der Inhalt der Ai träge soll jedoch in der Petition an die gesetzgebenden Körper- schäften Aufnahme finden. Die Siebenerkommission löste sich darauf auf, weil sie ihre Arbeiten beendet hatte. Die gefaßten Beschlüsse werden der morgen, Sonntag, stattsindenden Massenversammlung der Privatangestellten unterbreitet werden. Die Eröffnung der dritten Reichsdnnrn. Von unserm Petersburger V.-Korrespondenten. In den breiten Straßen, die das Taurische Palais umgrenzen, stehen schon um 9s4 Uhr morgens Kutschen, Automobile. Kuriere -ilen ins Dumagebäude. Starke Militärtrupps reiten aus und ab. Niemand darf passieren, es sei denn, er habe ein Eintrittsbillett für die Duma, oder er könne nachweisen, daß er in deren Umgebung seinen häuslichen Herd habe. Auch scheinbar harmlose Spaziergänger sieht man. Sie tragen unter dem Arm die ominöse schwarze Mappe mit den Eckenbeschlägen: das sind die Zivilbeamten der Ochrana, der Geheimpolizei. Es sind ihrer so viele auf der Zuhörertribüne in der Duma untergebracht wor den, daß ein volles Drittel aller verfügbarer Plätze von ihnen okkupiert wird. Den Journalisten ist es diesmal gewiß nicht leicht gemacht, das Leben in den Couloirs zu schildern. Die hohe Obrigkeit hat ihre „Un zuverlässigkeit" erkannt und sie alle, einheimische, wie ausländische, in einen engen Winkel auf der Tribüne des Hauses verbannt. Das Sehen von diesen Plätzen ist sehr schwierig: man hört zudem miserabel. Durch eine Glaswand im Rücken der Tribüne schaut man hinunter in den herrlichen .Katharinensaal, in dem just der weißbärtige Metropolit Antonius die Einweihungsmesse zelebriert. Vor ibm die Minister und andere hohe Beamte des Reiches, rings im Kreise die Mehrzahl der Ab geordneten. Auffallend viele unter ihnen, bald ein halbes Hundert, trogen den Ornat und das Kreuz auf der Brust. Die Gruppen der äußersten Linken haben sich in die Ecken des Couloirs zurückgezogen und besprechen sich im Flüstertöne. Kirchengesang schallt emvor und schließ- lich die Klänge des „Boshe Zarja chranij", der wundervollen russischen Volkshymne. i Fast zwei Drittel des Verhandlungsraumes werden con den rechten Parteien eingenommen. Auf der ersten Bank sieht man die bekannten Stützen des „Verbandes des russischen Volkes", die Bischöfe Eulogius und Mitrosan in ihren prächtigen Gewändern, hinter ihnen, ein alter Bekannter aus der zweiten Neichsduma, der berüchtigte Pogromist Purischkewitsch. In diesem Lager der Unduldsamkeit und der schwär zesten Orthodoxie fällt der feingeschnittene Kopf des Grasen Bobrinski besonders auf. Auch das ganze Zentrum des Hauses gebärt der Rechten. T-as Poleukolv — es ist einstweilen nur ganz spärlich vertreten — hat seinen Platz gewechselt. Es hat sich auf der äußersten Linken gruppiert, dort, wo einst Alexinsky und Ohsol das Forum der Revolution etabliert hatten. Zwischen ihnen und den Rechten: die Kadetten: Miljukow, der ehrgeizige Häuptling der Partei und Herausgeber des Verbandsorganes, der „Rjetsch"; ihm zur Seite Golowin, der Präsident der zweiten Reichsduma; Maklakow, der bekannte Moskauer Verteidiger politischer Angeklagter und temperamentvolle Parlamentarier, schließlich No- dilschew, der sympathischste von allen Mitgliedern der Partei der Volks freiheit. In der Journalistenloae, die für zwanzig Personen berechnet ist, sitzen in drangvoller Enge ihrer sechzig und stöhnen. Unter dem Publi kum sieht man auffallend viele Militärs. Die Minister sind sämtlich erschienen. Stolypin istausgezeichneter Laune: in der Tot, er kann mit den Resultaten seines Wahlgesetzes zufrieden sein. Vor den Abgeord neten in der Mitte auf dem erhöhten Sitz unterhalb des Kaiserbildcs siebt man, geschmückt mit der roten Schärpe des Annenordens, den Wirk lichen Geheimrat Golubew. Ihm zur Seite der liebenswürdige Reichs sekretär und bewährte Helfer der Presse, Rcichssekretär Baron Uczküll von Güldenband. Bevor die Minister den Sitzungssaal betreten, umringen sie den Metropoliten Antonius, küssen seine Hand und bitten ihn um seinen erzbischöflichen Segen. Während dieser Szene passieren die Sozial demokraten, ein klägliches Häuflein im Vergleich zum Eröffnungstage der ersten und zweiten Duma, den Katharinensaal. Der T-eputierte Schmidt, Mitglied des Verbandes der wahrhaft russischen Leute, der be kanntlich wegen Landesverrats — er hat militärische Pläne ans Aus land verkauft — bestraft ist, sieht ihnen spöttisch lächelnd nach. Im Namen des Kaisers begrüßt Golubew die Versammlung. Laut lose Stille begegnet feinen Worten. Alles fragt sich: Wird es eine Thronrede werden oder nur eine formelle Begrüßung? Es sind Augen- blicke der Spannung, oben und unten im Hause. Zweimal unterbrechen die Rechten seine Rede mit Hurrarufen ohne Ende. Ter Passus, wo von der Unteilbarkeit der Monarchie gesprochen wird, richtet sich offen bar gegen die Separationsgelüste der Polen. Die Vereidigung und Einzeichnung der Unterschrift der Abgeord neten wird dieses Mal besonders peinlich gehandhabt: man sagt, daß im Vorjahre eine Anzahl von Unterschriften gefehlt haben. Deutsches Reich. Leipzig, 18. November. * Bismarck und Harden. Gegenüber der auch von uns wiener- gegebenen Mitteilung des Gca'en von Fmckcustcin, Harden sei >897 das HanS B emaick» verboten worden, müht sich rer HcrauSaeber der Zukunft in langen Ansffibrungen ab darzuiun, das stimme nickst. Er ist aber nickt in der Lage kl'pv und klar unter Angabe der Dan n nach- zuwci'en, raß er nach der Ve'öffentlichung der Aeußerung, über die Bismarck sich erzürnt haben soll, wieder nach FriedrichSruh eingeladen worden ist. p. Feucrbeftattung. Aus Dresden wird uns geschrieben: Im ß 26 Abs. 2 de« Gesetzes vom 30. April 1906 betr. die Erhebung von Kosten für AmtSbandlungcn der Behörden der inneren Verwaltung ist dem sächsischen Ministerium des Innern die Ermächtigung gegeben, das G-büh>enverze,chnis, das rie'em Geetze beigesügt ist, selbständig zu ändern und zu ergänzen, jedoch 'ollen derartige Bestimmungen dem nächsten Land'age wenigstens nackträglick »zur Kenntn'snakme und nach Befinden weiierer Entschließung" unterbreitet werden. Dreier Bestimmung gemäß >ft nun dem Landtage eine Mimsterialoerordnuna oom 26. Januar 1907 zugegangen, worin auch die Ergänzungen des Gesetzes entkalken sind, die durch die gesetzliche Zulassung der Feuerbestattung norwendig geworden sind. Darin wird für die Ertei'ung rer polueiticken Ge- nehmigung zur Bornakme der Feuerbestattung em Mindestsatz von 5 ein Höchstsatz von 50 4 festgesetzt. Der Höchstmy kann unter Um standen gerechttertigt «ein, nänttich dann, w nn besonders umfangreich« Erörterungen notwendig gewesen sind, so z. B. wenn ein zw iter be amteter Arzt hat hrnzugezogen werden müssen, oder ähnlich. Der M ndest- satz von 5 ist dageg n auf alle Fälle zu hoch, und wenn jetzt die erste Deputation der Ersten Kammer beantragt, keine Bedenken dagegen zu erheben, so wird da« hoffentlich die Zweite Kammer um so energischer
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