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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.11.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19071129029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907112902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907112902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-11
- Tag1907-11-29
- Monat1907-11
- Jahr1907
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Leipziger Tageblatt. Nr. 331. LVL. Jahrg. Freitag, 2d. November 1907. bevollmächtigte in Benr, Brüffel, Bukarest, Konstantinopel, London, Madrid, Pari-, Peking, Petersburg (2), Rom, Tokio, Washington, Wien und München. Die nationalliderale Fraktion and die Ostmarkenvorlage. In >cr nationalliberalen Fraktion des Abgeordnetenhauses sand am Donnerstag eine Aussprache über die neue Ostmarkenvorlage statt. In oer Ans prache wurden mehrfache Bedenken laut, und man einigte sich dabin, bei der ersten Lesung sich die endgültige Stellung noch vorzube» ballen. Man rechnet darauf, daß es der Kommission gelingen wird, einen gangbaren Weg zu finden. Ein Konkurrenzorgan des „Vorwärts" soll von der Geschäfts- Kommission der freien Gewerkschaften Deutschlands, die im anarcho- ozialislischen Fahrwasser schwimmen, herausgegcben werden. Jur Sonntag, den 8. Dezember, ist ein außerordentlicher Verbandstag de-Z Allgemeinen Deutschen Metallarbeitervcrbandes einbcrufen worden, in oem über die Gründung des Zeitungsunternehmens verhandelt wird. Man begründet das mit den Angriffen der sozialdemokratischen Presse, vor allem des „Vorwärts", gegen die lokalistischen Gewerkschaftler, lieber die Zeitnngssrage wird endgültig der außerordentliche Kongreß der freien Gewerkschaften beschließen, der zum 4. und 5. Januar nach Berlin einbcrufen ist. * Tic Litauer protestieren mit 15 000 Stimmen gegen den L? 7 res Vereinsgesetzes bei Kaiser, Bundesrat und Reichstag. Mit Rück- vcht aus die bisher staatstreue Gesinnung der litauischen Bevölkerung NI zu erwarten, daß die Regierung ihnen gegenüber von ihrer Befugnis Gebrauch machen wird, von den Vorschriften dieses Paragraphen zu entbinden. ' Cinc Ansschnstsitznng des HandclSvertragSvcrcinS fand am 26. d. in Berlin statt. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Börtenresorm-Vorlage, über die ReichStagSabgeorrneter, Bank direktor Karl Mommsen sprach. Alsdann berichtete NeichstagSabg. Bergrat a. D. Georg Goth ein lBreslau) über die Getrcideteuerung. Es gelangte schließlich eine Erklärung des Ausschusses einstimmig tur Annahin e. Den folgenden Gegenstand bildete die KohIennot. Nach längerer Erörterung, gelangte ein vom Generalsekretär Dr. Breit scheid (Berlin) beantragter Beschluß einstimmig zur Annahme. Dr. Breitscheio und Dr. Borgius (Berlin) erstatteten darauf den Ge schäftsbericht. Stadtrat Flinsch (Frankfurt a. M.) berichtete hierauf über die wirtschaftspolitischen Beziehungen zwischen Deutschland nnd Frankreich. Rechtsanwalt Wilhelm Bitterman n (Berlin) sprach danach über Rechtsverfolgung im AuSlande. Dr. Walther Borgius (Berlin) sprach alsdann über Vollstreckung deutscher Urteile im Aus lände und umgekehrt. Auf Antrag des Redners wurde beschlossen, eine Denkschrift auszuarbeiten, in der die Regierungen ersucht werden, eine Union zu schaffen, die den Zweck haben soll, Gerichtsurteile, die am Erfüllungsort gefällt werden, ohne Neuanstrengung einer Klage sogleich in allen Kulturstaaten vollstrecken zu können. Dies würde für ten gesamten Handelsverkehr von unendlichem Vorteile sein. * Pro,cs; PctcrS. Die PrivatbeleidizungSklage des ReichS- kommissarö a. D. Dr. Karl Peters gegen den Chefredakteur der „Köl nischen Zeitung" Ernst Posse und den Gouverneur a. D. Rudolf von Bennigsen beginnt vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Köln am 7. Januar 1908. Für die Verhandlung ist eine volle Woche an gefetzt. Rechlsbeijtand des Privattlägers Dr. Karl Peters ist der Berliner Jusiizrat Dr. Sello, Verteidiger des Privatangellagten Posse Rechtsanwalt Dr. Falk auS Köln. Aiisland. * Die Polenvorlage. Aus Wien meldet uns ein Prioattelegramm unseres I>.-Korrespondenten: Die angekündigtcn Protesterklärungen slawischer Parteien im Reichsrat gegen die Polenvorlage Bülows gaben gestern der Führer des Polenklubs Glombinski, dann die Süd slawen, die polnische Volkspartei und der Tschechenführer Kramarz ab. In den Protesten, die von stürmischem Beifall auf der Rechten begleitet waren, wurde die Erwartung ausgesprochen, daß das deutsche Kultur volk die Vorlage verwerfen werde, daß ein derartiges Vorgehen Bülows die Bündnispolitik Deutschlands empfindlich tangieren müsse. Der dcutschnationale Abgeordnete Stölzel hob hervor, daß d-ese Proteste einen Eingriff in die innere Politik Deutschlands darstellen. Er rief au»: Was hätte man hier gesagt, wenn im deutschen Reichstage während der Badenitage, da die Deutschen Oesterreichs drangsaliert wurden, solche Stimmen für die Deutschen Oesterreichs laut geworden wären! * Im österreichischen AuSglcichsauSschufsc teilte, wie aus Wien gemeldet wird, der Finanzminister mit, er habe dem Präsidium des Abgeordnetenhauses ein Gesetz betreffend die Herabsetzung der Zucker neuer von 38 auf 26 Kronen für 100 Kilo netto vorgelegt. Die erste Ermäßigung auf 32 Kronen soll mit der Kampagne, d. h. am 1. Sep- icmber 1908, die zweite auf 29Kronen am 1. September 1914 und die dritte auf 26 Kronen am 1. September 1917 iu Krait treten. Das Gesetz ermächtigt die Regierung, den Versuchen einer künstlichen Preissteigerung entgegen- '.utreten, und tritt nur in Kraft, wenn der Ausgleich zustande gekommen ist. Der Minister betont, daß cr sich nicht leicht zur sofortigen Er mäßigung der Zuckersteuer um 6 Kronen habe entlchließen können, da sie einen Ausfall von 21 Millionen in den Staatseinnahmen ergebe, er hofft jedoch, daß das Abgeordnetenhaus daS Gesetz glatt aunimmt. * Der österreichische Eiscnbahnausschuß nahm, wie aus Wien ge meldet wird, die Regierungsvorlage betreffend die Talmatinerbahn an. * Tumult in Mailand. Die Edisongefellschast in Mailand setzte am 28. November 16 Tramwagen mit neuem Personal in Betrieb. Die Streikenden versuchten, die Ausfahrt der Wagen zu verhindern. Einige warfen sich aus die Schienen. Nach fast zweistündiger Fahrt, geschützt von Kavallerie, langten die Wagen auf dem Domplatze, vom Publikum mii Beifall, von den Streikenden mit Pfeifen und Johlen empfangen, an. Die Garnison ist bedeutend verstärkt worden, da Zusammenstöße zwischen 'Arbeitswilligen und Streikenden befürchtet werden. * Pogrom. Der Hilfsverein der deutschen Juden erhält folgendes Telegramm aus Odessa vom 28. November: Nach der gestern durch „Expropriatorea" versuchten Ausraubung des Kontors eines Moskauer ArbeiterverbandeS in Odessa inszenierten die Mitglieder des Verbandes res russilchen Volkes große Exzesse gegen die Juden. In den Haupt straßen überfielen Gruppen des schwarzen Hundert die dort passierenden Juden, mißhandelten sie und verwundeten zahlreiche Personen. 10 Juden sind mit lebenSgetährlichcn Wunden iu daS jüdische Kranken haus eingeliefert worden. Der jüdischen Bevölkerung namentlich in den äußeren Stadtteilen hat sich eine große Panik bemächtigt. * Das rumänische Parlament wurde nach einer Meldung aus Bukarest gestern mit einer vom König verlegenen Thronrede er öffnet, welche in erster Linie die befriedigenden Beziehungen des König reiches zum Ausland hervorhebt, sowie die Zusammenkunft deS Königs mit dem Kaiser von Oesterreich, die Besuche russischer Großfürsten, des Fürsten von Bulgarien und die mit dem Sultan ausgetauschten Missionen. * Die marokkanischen Wirren. Dem Journal „Dubais" wird aus Marrakesch vom 22. Novembergemeldet, daß der Sultan Abdul Aziz sich durch Vermittelung des in Marrakesch cingetroffenen „Times"- Korrespondenten Harris bemühe, eine Aussöhnung mit sein in Bruder Muley Hafid zu erlangen. Tic Bevölkerung von Marrakesch hält eine solche Aussöhnung für durchaus möglich. — Aus Tanger wird be richtet, daß der Gouverneur der Stadt die seit einigen Monaten zur Bewachung der Häuser und europäischen Notabilitäten in der Umgegend von Tanger anfgcbotenen Truppen zurückgezogen habe, da die Mann schaften anderweitig verwendet werden müßten. Fast alle Streitkräfte seien nach Mazagan und Mogador abgegangcn, so daß Tanger beinahe von Truppen entblößt sei. Diese Maßnahme werde stark getadelt wegen des Eindruckes, welchen sie auf die Landbevölkerung Hervorrufen müsic. Leipziger und sächsische Angelegenheiten, r^etterbericht -er Aönigl. Sachs. Landes-Wetterwarte zn Dresden. Voraussage kür den 3V. November. Zunehmende Bewölkung, nachher Regen- oder Schneefälle, mäßige Westwinde, etwas kühler. * Auszeichnung. Dem Großherzogl. Univcrsitätsbuchhändler Alfred Töpelmann in Gießen ist vom Großherzog Ernst Ludwig von Hessen das Ritterkreuz 1. Klasse vom Verdienstorden Philipp des Großmütigen ver liehen worden. * 40 jähriges Jubiläum Ser „schreibenden Hand". Allen unseren Leiern ist die „schreibende Hand" bekannt, jenes Klischee, LaS für die Anzeigen der Schreib- und Handelsschulen geradezu typilch geworden ist. 40 Jahre waren nun am 27. November verflossen, daß diese Hand und Feder zum ersten Male in den Schreib- und Unterrichtsanzeigen deS Kalligraphen August Rackow erschien, der der Begründer der 10 Rackowschcn Handelsschulen in Deutschland ist. Damals sührte die Hand noch den Puten- oder Gänsekiel, denn die Stahl feder hatte noch nicht die Herrschast erlangt, die sie heute mit der Schreib maschine teilen muß. Der Jubilar, der bekannteste Schreiblehrer seinerzeit, der Meister der vielen Hunderte von Schieiblehrern, die namentlich Erwachsene nach leiner Methode unterrichten, blickt heute mit Freude und Stolz aus die 10 kauf männischen Schulen in den großen Städten Deutschlands, die, von seinen Söhnen und zweien seiner ehemaligen Schüler geleitet, seinen Namen tragen, und zu Lenen cr den Grundstein gelegt hat. Tie Leipziger Anstalt, die im Jahre 1893 gegründet wurde, ist seit dem 1. April dieses Jahres mit dem Hanoels- unterrichlS-Jnstitut von C. Schmidt unter der Firma..UnterrichtSanstalt für Schreiben, Handelswissenschast und Sprachen von Rackow L Schmidt" vereinigt, und stedt unter persönlicher Leitung des Mitinhabers und Direktors C. Schmidt. * Unterbrochene Kirmcsfcier. Ein unerwartetes Ende fand gestern abend dieKirmes in Großdalzig bei Eythra. Gegen 6 Uhr brannte die zum Gasthofe gehörige, reich mit Erntevorräten gefüllte Scheune total nieder. Wahrscheinlich liegt Brandstiftung vor. Das Geoäude war versichert, doch erleidet der Bescher dadurch einen Schaden, daß ein Billard, welches nicht versichert war, mit verbrannte. * lieber den Berkaus des Banblocks II am Thomasring hatten die Stadtverordneten in ihrer Sitzung am 13. d. Mts. verhandelt und hier bei den Beschluß gefaßt, zwar die „grundsätzliche Geneigtheit" zum Ver kaufe für den Preis von 200 .X pro Quadratmeter auszujprechcn, aber den Rat zu ersuchen, zunächst Grundrißzeichnung im Maßstabc von 1 :100, sämtliche Ansichtsplänc im Maßstabe von 1:50, die hauptsächlich sten Detailpläne der Ansichten im Maßstabe von 1:20 und eine Be schreibung über die Ausfüyrungswcise der Ansichten von dem Käufer einzufordern und dem Kollegium vorzulegen. Wenn alle die Zeich nungen usw. den Wünschen der städtischen Kollegien entsprechen, dann sollte der Verkauf vor sich gehen. Es ist nahezu selbstverständlich, daß der Käufer, Architekt Georg Wünsch mann, diese Bedingungen ab- gelehni hat. Er nimmt in seiner Erklärung darauf Bezug, daß die An fertigung der Pläne usw. einen Zeitaufwand von etwa 4 Monaten, sowie Geld ko stcu von mehreren tausend Mark verursacht würde. Alles das würde verloren sein, wenn etwa einem Dritten auf Grund eines späteren höheren Gebotes unter gleichzeitiger Vorlegung anderer Pläne der Zuschlag erteilt werde. Der Rat bat sich diesen Bedenken angeschlosscn. Er bemerkt weiter, daß die Zahl der Kaufliebhaber für das in Betracht kommende Areal sich infolge der seinerzeit veranstalteten Konkurrenz wesentlich vermindert nabe. Er habe deshalb erneut be schlossen, den Baublock (dessen Fläche 1692 Quadratmeter beträgt) an den Architekten Wünschmann unter den früher gestellten Bedingungen zu verkaufen, und es werden die Stadtverordneten ersucht, von ihren weitergehendcn Anträgen Abstand nehmen zu wollen. * Beitrag zum Schuhmacher-Jnnnngs-VerbandStage. Vom 17. dis 21. Juli 1908 wird in Leipzig ein Schuhmacher-Jnnunas-VcrbandStag stattfinden, mit dem eine Ausstellung von Hilssmaschinen, Bedarfs artikeln, Lehrlings- und Fortbildungsschülerarociten verbunden sein wird. Die hiesige Schuhmacher-Innung hat den Rat um einen Bei trag von 500 -X für diese Zwecke ersucht. Mit Rücksicht darauf, daß bei derartigen Veranstaltungen stets ein städtischer Beitrag gewährt worden ist, hat der Rat beschlossen, dem Gesuche zu entsprechen. Die Stadtver ordneten sind um ihre Zustimmung ersucht worden. Ein Diebesnest ansgekioben. Ein Diebes- und Hehlernest wurde von der hiesigen Kriminalpolizei auSgehoben und hinter Schloß und Riegel gebracht. Wie bekannt, hatten sich in den letzten Monaten in unserer Stadt die Dieb stähle von Waren allerlei Art ans Schaukästen in auffallender Weise vermehrt. Nachdem in Berlin die Festnahme eines 24 Jahre alten Konditors aus Eilen burg erfolgt war, der sich wahrscheinlich an derartigen Diebstählen beteiligt hatte, führte die Spur der Komplizen wieder nach Leipzig. Es erfolgte hierauf die Festnahme eines schon vorbestraften 22 Jahre alte» Bäckers aus Kreuzberg in Oesterr. Schlesien, eines 20 Jahre alten FrbeurS aus Weißenfels, einer 18 Jahre allen Kontoristin von hier und einer 22 Jahre alten Näherin aus Hannowo. Die Personen hatten hier in der Kohlqartenstraße sich einlogirrt, ohne sich an- zumeldcn und hatten ihren ständigen Wohnsitz in Berlin. Daß die Burschen nicht ungefährlich waren, ergab sich daraus, daß sie, als sie von der Polizei noch im Bett liegend überrascht wurden, geladene Revol ver unter den Kopfkissen hatten. Bei einer Durchsuchung der Woh- nung wurden nun eine größere Partie Waren, die von Schaukästendieb, stählen herrühren, anfgefunden und in großen Körben und Koffern per Drolchken nach dem Polizeiamt befördert. Nicht nur derartige Diebstähle haben die gefährlichen Spitzbuben verübt, sondern sie sind auch unter Anwendung von Nachschlüsseln in GeschästSlokale eingedrungen und sind außerdem dringend ver dächtig, vor bereits längerer Zeit einen Einbruchsdiebstahl im Depot der Großen Leipziger Straßenbadn anSgesührt zu haben, wobei sie eine eiserne Kassette mit fortnahmen und dann öffneten, Geld aber darin nicht vorfanden. Das nötige Diebeshandwerkszeug wurde im Besitz der Verhafteten vorgefunden. Ein großer Teil der herbeigezogenen Sachen, die einen Wert von annähernd 2000 ./L erreichen mögen, wurde bereits von de» Eigentümern rekognosziert. Es sind aber noch eine Anzahl Gegenstände vorhanden, deren Eigentümer noch nicht bekannt sind und können sich Interessenten bei der Kriminalpolizei melden. Die mitverhasteten Frauenspersonen haben sich der Hehlerei schuldig gemacht. * Die Leipziger Bnchhandlungsgchilfcu in der Lohnbewegung. In einer gestern abend nn Schloßkcucr aogehaltenen starkbcsucylcn Vcr- sammlaina wurde nach einem Referat über „Die Lohnbewegung rm Leip ziger Buchhandel" eine Entschließung angenommen, nach der die Versam melten anerkennen, daß ihre wirtschaftliche Lage sehr schlecht und unbe dingt verbesserungsbedürftig ist und deshalb für die von der AUg. Ver einigung Deutscher Buchhandlungsgehilsen aufgestellten und am 25. No- vemoer an die Leipziger Prinzipale cinacreichten Forderungen voll und ganz einzutreten erklären. Diese sind: 1) Mindestgehalt von 110 .X sür alle kaufmännischen Angestellten, die Geyilfenarbett verrichten, im Aller von 18—20 Jahren. 2) Teuerungszulagen von 10 Proz. sür alle besser bezahlten Angestellten. 3) Allgemeine neunstündige Arbeitszeit mir zweistündiger Mittagspause. 4) Bezahlung der Ueberstunden von 6 Uhr früh bis 10 Uhr abends mit 75 Psg. für die Stunde. Von 10 Uhr abends ab und Sonntags mit IchO .K sür die Stunde, ohne daß das bisherige Einkommen dadurch geschmälert werden darf. 5) Ein jährlicher Urlaub von 14 Tagen. 6) Sonnabend-Frühschluß vom Sonnabend Nogatc bis 30. September um 5 Uhr, vom 1. Oktober bis lsonnabend vor Rogate um 6 Uhr nachmittags unter Einhaltung einer Mittagspauic von min destens 2 Stunden. * Für Erweiterungen des Wasscrrohrnetzes hatte der Rat Lei den Stadtverordneten die Bewilligung eines Berechnungsgeldes von 50 000 Mark beantragt. Die Stadtverordneten hatten nur unter der Bedingung zugestimmt, „daß dieses Berechnungsgeld lediglich zu regulativmäßigcn Herstellungen verwendet werden soll, während Herstellungen, die Ver zinsungen bedürfen, nicht der Beschlußfassung des Stadtverordnetcn- lollegiamrs dadurch entzogen werden sollen." Der Rat ist hiergegen vorstellig geworden und sagt, daß die überwiegende Mehrzahl der Anträge auf Wasserrohrlegungen sich auf Straßen beziehe, die noch nicht reaulativmäßia bebaut sind. Der Zweck der Bewilligung würde dann also nahezu illusorisch. Er ersucht die Stadtverordneten deshalb, die Natsvorlagc nochmals prüfen zu wollen. * Für Militärpensionäre und Rentenempfänger. Das Geschäfts- lokal der Kgl. Bezirkssteucrcinnahme und Agentur der Kgl. Alters- rentcnbank befindet sich seit Mitte Oktober Sccburgstraße 7 hicrsclbst. * Ter Stratzenhanöcl in Leipzig hat schon wiederholt zu Beschwerden seitens'der Einwohnerschaft und im Zusammenhang damit zur Verschärfung der einschlägigen Vorschriften im Straßenpolizei-Regulativ geführt. In Händler- kreisen urteilt man natürlich anders. Rian fühlt sich in seiner Existenz b.'drot't und man hat sich zusammengelan zu einem Verein, dem Verein Leipziger Händler, um die eigenen Standesintercssen so mit Nachdruck vertreten zu tönnen. Vor einer in den Rofensälen tagenden Händlerversammlung schilderte Rechtsanwalt Ullmann, Syndikus des genannten Vereins, die Lage der Händler als eine von der Gesetzgebung besonders schwer betroffene. Sei schon das Wetter ein schlimmer Feind deS Strahenhandels, so seien auch die Hausbesitzer und die Inhaber offener Ladengeschäfte dem Straßenhandel nicht gerade wohl gesinnt, erstere, weil sie in ihm eine Konkurrenz der bei ihnen wohnenden Geschäftsinhaber erblickten. Demgegenüber gelte es sür den Händlerstand, sich nach unserem Geschmack einen etwas grotesken Geschmack, wenn man iwrt, daß die Karrensnhrer sich mit „Euer Gnaden" anreden. Alles in allem — Portugal ist das reichere der beiden Länder, seine Vegetation eine üppigere, sein Volk fleißiger und bescheidener als in Spanien, und es ist ein Wunder, daß man so lange Jahre Portugal unbeachtet „vor den Toren Europas" liegen ließ, während sich der Strom der Touristen seit vielen Jahrzehnten nach Sevilla und Granada wandte. Allmählich — besonders so lange unsere großen Hamburger und Bremer Dampfer regelmäßig Lissabon anlanfen — lernt man Portugal nnd seine Schönheiten würdigen. Wer je bei Eascaes und '- steril die blaue Flut des Ozeans grüßte, je im Weinsiinde des Douro die Rebenhügel, in Oporto die wunderbarste Stadt Südeuropas sah, un dem herrlichen Strande bei Espinho und Foz in die kühle Flut des Atlantis stieg, die alte Via Latina in Coimbra unter den Studenten wandelte, der weiß, daß Portugal eins der schönsten Länder unserer 'Leit ist, und wird nicht zweifeln, wem er aus der Pprcnäenhalbinsel die Palme reichen soll. Schade, daß ein so schönes Land und tüchtiges 'ioll seit langer Zeit unter den Mißgriffen seiner Regierung zn leiden ?cit. Aber auch in dieser Richtung können sich die Portugiesen beruhigen -- sic stehen den Spaniern auch hier nicht nach! * Tie Hoskabellmcister-KrisiS in Weimar. Von unserem Mitarbeiter in Weimar wird uns geschrieben: Wie wir bereits telegraphisch meldeten, ist ter langjährige Ho'kapellmeister Krzyzanowski infolge von Differenzen mit der Generalimendanz bis aus weiteres seiner Funktionen enthoben worden, eine Maßrege! die schon laugst erwartet wurde lind um so einschneidender auf alle Verhältnisse, vor allem in moralischer Beziehung, wirkt, als gegenwärtig bereits an der musikalischen Ausstattung deS Eröffnungstages des neuen Hoftheaters gearbeitet wird. Es ist nicht unwahrscheinlich, dop gerade dieser Punlt die äußere Veranlassung sür die Generalintendanz einer- und Krzyzanowski ander seits gewesen ist, die erste Konsequenz aus dem peinlichen Verhältnis zu ziehen. Als Hoskapellmeister Peter Raabe mit vollaändig gleichen Funktionen, Rechten und Titel vor kurzem Krzyzanowski zur Seite gestellt wurde, da war man sich sofort klar, daß damit der Anfang vom Ende der Tätigkeit des letztgenannten ge kommen sei. Daß ein Ausgleich der Gegensätze noch stattsinden könnte, hallen wir sür ausgeschlossen. Voll persönlichen Differenzen beider Hoskapellmeister, wie sie bei Teilung der gemeinsamen Arbeit, der Stellung der Hofkavelle, dem Lpernpersonal usw. leicht vorkommen können, ja Vorkommen müssen, wollen wir hier ganz abseken, da die eigentlichen Gründe tiefer liegen. Man wird sich vielleicht noch der unliebsamen Vorgänge erinnern, welche die letzte Zeit der Tätigkeit des Künstkerpaores Krzyzanowski in Hamburg und sein Ausscheiden ans seiner dortigen Stellung begleiteten. Segenswünsche waren es wahrlich nicht, und ob es diese verdient hatte, wollen wir beute dahingestellt sein kaffen. Frau Krzyzanowski-Doxat sand als bochdramatische Sängerin Engagement am Hostheater in Weimar und ihr Gatte seine heutige Stellung. Wie der Eklat in Hamburg, so dürkte auch das plötzliche Ausichciden der Frau krzyzanowski aus dem Hostheaterverband im Novcmber 1904 ebenfalls noch nicht vergessen sein. Frau Ida Krzyzanowski hatte zweifellos Len Zauber ihrer Persönlichkeit und Kunst bedeutend überschätzt, als sie plötzlich in der arbeits reichsten Zeit und nachdem sie erst eine längere Erholung;- und Schonzeit hinter sich halte, an die Generalintendanz mit einem aus Monate bemessenen aber maligen Erholungsurlaub herantrat und, als ihr dieser rundweg ab geschlagen, die „Kabinettsfrage" stellte. Die Sache vollzog sich mit hochdiamatijcher Schnelligkeit, denn Frau Krzyzanowski mußte nun ihr Wort wahr machen und ohne jedes Aequivalent sich ins Privatleben zurückziehen. Seitdem wirkt ihr Gatte allein an der Weimarischen Kunststätte, seine Stellung galt aber seitdem als erschüttert. Bis Ende der letzten Saison führte Hofkapell- meister K. die Leitung in Gemeinschaft mit dem Kapellmeister Richard (jetzt Hof- tapcllmeisier in Altenburgs um mit Beginn der gegenwärtigen Saison Peter Raabe neben sich zu finden. Es ist nun eine alte Erfahrung und die Geschichte aller Hoskapellmeisterkriien lehrt es aufs neue, daß ein temperamentvoller Kapellmeister nicht gut mit einem Kollegen am gleichen Tikche arbeitet, ebenso wahr ist aber auch, daß ein Kapellmeister, der kein Temperament besitzt, das Kunstinstitut, das ihm anvertraut ist, nicht zu den Höch- sten Zielen sichren kann. Hoskapellmeister K. ist ohne Zweifel hoch ¬ talentiert , bat auch oftmals Geschmack bewiesen und gute Leistungen erzielt, aber Las letztere war nur vereinzelt nnd wurde nach dem Ausscheiden seiner Gattin immer mehr zur AuSnalnne. Man geht nicht fehl, wenn man den letzten Grund der gegenwärtigen Maßnahme der Generalintendanz in einer immer mehr zunehmenden Interesselosigkeit sür seine Stellung und Aufgaben sieht, die psychologisch ja einigermaßen erklärlich, aber auf die Dauer nicht geduldet werden kann. Das eifrigste Bestreben des Generalintendanten von Vignau geht allerseits dahin, die Hofkapelle und die Oper zu den ersten Instituten in ganz Thüringen zu machen — daS beweist die Verstärkung der Hofkavelle ans 60 Manu nnd neben anderen Unternehmungen auch das Engage ment Raabes — dazu bedarf er aber Männer, die in ständiger Fühlung mit dem lebendigen Operu-Repertoire stehen. * Tclitzsch über Christus. Professor Dr. Friedrich Delitzsch, dessen Vor träge über „Bibel und Babel" vor einigen Jahren so viel Beachtung sanden, hat dieser Tage in Berlin Borträge über die „Weiterbildung der Religion" gehalten. Wir müssen uns bescheiden, meinte der Vortragende, in bezug auf Christi Person den unzweideutigen Zeugnissen Christi selbst und seiner Apostel zu folgen. Für Christus, welcher sprach: „Nennet mich nicht gut, denn niemand ist gut als dec einige Gott", der die Menschen lehrte, zu Gott, seinem und unserem Vater, zu beten, wäre die dogmatische Lehre von seiner Wesenseinheit mit dem einigen ewigen Gott er» undenkbarer Gedanke ge wesen. Dasselbe gilt sür Vetrus und Paulus, für die Urevangetisten und Vie ganze ältere Christenheit. Wie die Wissenschaft nachgemiesen hat, sind die beiden einzigen Stellen im Neuen Testament, welche die übernatürliche Geburt Jesu berichten, auf einen Uebersetznngssehler und schweren exegetischen Mißgriff zuiückzusühre». In der ans dem Sinai-Kloster entdeckten syrijchen Evangelien- Ueberfeyung, welche an vielen Stellen einen um 200 Jahre älteren Text als unsere Bibelausgaben darbietet, heißt es: „Joseph, dem die Jungfrau Maria verlobt war, zeugte Jesus, der Messias genannt wird." Auf Grund einer mißdeuteten Jesaioslelle heißt es bei LukaS, daß Joseph mit Maria, seiner Verlobten, zur Schätzung nach Bethlehem zog. während das viel ältere Sinai-Evangelium Joseph init Maria, semem Weibe, dorthin ziehen läßt. Delitzsch begrüßt diese Aufklärung von Sinai, weil er die heidnisch-mylho- logische Legende von der übernatürlichen Zeugung und Geburt Jesu für ebenso unvereinbar mit einer geläuterten Gottesanschauung hält wie die Bolksvor- stellunge» von mythologischen Engel- und Dämonengestalten, welche die Israeliten mit anderen Völkern deS Altertums gemein hatken. ES sei höchst bedauerlich, daß dogmatische Spekulationen, zum Teil an die bei den alten Völkern tief eingewurzelte Verehrung der Dreizaht anknüpfend, schon zur Zeit der Entstehung der Evangelien einsetzten und der heidnische Polytheismus unter anderer Gestalt auch in der Kirche Einzug hielt. Die Voraussetzung zu einer glücklichen Weiterbildung der christlichen Religion sieht auch Delitzsch in der Rückkehr zum historischen Christus. Cine solche Rückkehr wäre nicht gleich bedeutend mit Rückschritt. Die Entwicklungsgeschichte der Menschheit weise Höhe punkte auf (z. B. Homer. Pnidias, Beethoven, Goethes die wohl nie wieder erreicht und deshalb für alle Zeiten Vorbilder bleiben werden. * HochschulNachrichten. Ter Großhrrzog von Hessen bat dem Professor der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule zu Darmstadt Geheimrat Kitt ter die goldene Verdienstmedaille sür Kunst und Wissenschaft verliehen. — Zum ao. Professor sür indogermanische Sprachwissenschaft an der Universität Innsbruck ist der Privatdozent tit. ao. Professor Dr. Atoys Walde ernannt worden.— Dr. W. F. Bruck hat cie Venia loxemli sür Botanik an der Universität Gießen erhalten. — Ter RegieruiigSbaumeiiier Johannes Müller in Stutt gart wurde zum Professor an der Baugewerkeschule in Karlsruhe ernannt.— Dem Lehrer des Türkischen am Seminar sür orientalische Sprachen der Ber liner Universität Dr. Phil. Friedrich Giese ist der Titel Professor verliehen worden. — Auf eine 25jührige Tätigkeit als akademischer Lehrer kann dieser Tage der Ordinarius der Psychiatrie an der Universität Dr. med. Konrad Rieger zurückblicken. * Mnsikchronik. Frl. Senta Wolschkc, eine ehemalige Schülerin des Leipziger KonlervatoriumS, ersang sich kürzlich im Sinfoniekonzert der städtischen Kapelle zu Chemnitz einen bedeutenden Erfolg. — Jean Louis Nicobss „Gloria"-Sinfonie, welche Anfang Oktober in Berlin nachhaltigem Interesse begegnete und starken Erfolg halte, gelangt nun auch mit dem Concert- gebouw-Orchesier in Amsterdam am 12. Dezember zur Aufführung. Der Komponist ist eingeladen worden, sein Werk selbst zu dirigieren. — Zum Direktor des Prager Konservatoriums wurde Professor v. Kaan gewählt. * Kleine Chronik. Mau schreibt »nS aus Jena: Julius Berstl, der Verfasser deS am Neuen Theater in Berlin vor kurzem ein paarmal auf- gesührten Stückes „Jhavatrathc" hat dieses Stück zugleich mit einer bisher noch unbekannien einakngen Groteske „Die Witwe von Ephesus" am Donners tag im Stadttbeater von Jena, wo sein Bruder Direktor ist, aussüdren taffen. Die Idee dieses Einakters könnte, wenn ein wirklicher Satiriker, der zugleich Dichter wäre, sich seiner nnnähmc, eine wirkliche Groteske mit psychischem Einschlag werde». In Julius Verslts Hand wird die Handlung, daß eine um ihren vom Galgen erschlagenen und nun an eben diesem Balgen hängenden Gatten trauernde Witwe sich dem Wächter dieses Galgens mit L-rbeS- und Eheanträgen an den Hals wirst, zur unleidlichen Farce, die auch den liberalsten Geschmack beleidigt. Hatte „Jdavatrathe" trotz ihrer ganz oberflächlichen und aus grobe Theatereffektc herauSaearbeilelen Charalleristik noch einigen Beifall gesunden, so erntete der „grMske" Einakter berechtigte Ablehnung. — Im Verlage G. I. Göschen er scheint von den Werken des Prinzen Emil von Schoeuaich-Carolath soeben eine Gesamtausgabe in 7 Bänden.
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